Читать книгу Wer braucht ein Herz, wenn es gebrochen werden kann - Alex Wheatle - Страница 12
7 DRUCKABFALL
ОглавлениеICH GING MIT ELAINE BIS ZU IHREM BLOCK, und wieder drängte sie mich, doch wenigstens noch auf ein Sandwich mit hochzukommen. Ich lehnte ab. Ich brauchte Zeit zum Nachdenken. Ich ging in den Park. Drei Brüder hingen auf dem Klettergerüst rum und teilten sich einen Joint. Junge Familien genossen die frühe Abendsonne. Mütter schubsten Kinder auf den Schaukeln an. Väter spielten Ball mit ihren Söhnen. Ich beneidete sie. Vielleicht konnte ich mich ja bereit erklären, Lloyds Sohn Jason zu treffen – war ja nicht seine Schuld, dass sein Vater im Knast gewesen war. Es mochte nicht die stinknormale Familie sein, von der ich immer geträumt hatte, aber eine bessere würde ich nicht bekommen. Immerhin lebten wir in South Crong. Mum stand schwer auf Lloyd und ich konnte einen Scheiß dran ändern. Ich musste ihn ja nicht mögen – einfach nur seiner XXL-Gestalt aus dem Weg gehen. Guten Morgen, guten Tag, wie lief dein letztes Vorstellungsgespräch, dann ab in mein Zimmer. Aber wenn er noch mal die Hand gegen mich erhob, würde ich noch was viel Übleres machen, als ihn bei den Bullen anzuzeigen. Das schwor ich mir.
Als ich mich auf den Weg zu meinem Block machte, war ich bereit, Lloyd eine letzte Chance zu geben.
Ich schob den Schlüssel ins Schloss. Schaute noch mal aufs Handy – kurz nach sechs. Ich ging durch den Flur. Der Boden war vollkommen staubfrei. Mum musste ihren Arsch gehoben und Putzfee gespielt haben. Das Radio war aus, also vermutete ich, dass sie arbeiten war. Aber dann roch ich Tabak aus der Küche und ging hin. Lloyd und Mum saßen am Tisch, hielten sich die Hände. Lippenspuren an zwei Kaffeebechern. Kekskrümel auf einer Untertasse. Die Ringe um Mums Augen waren zwei Töne dunkler als der Rest ihres Gesichts. Der Aschenbecher war voll. Vier ungeöffnete Bierdosen direkt daneben. Beide sahen mich an, als hätte ich ihnen auf ihre Valentinskarten gekackt.
»Hat sich Cristiano Ronaldo den großen Zeh gebrochen?«, fragte ich.
Lloyd schüttelte den Kopf. Mum strich ihm über den Unterarm, als wollte sie ein totes Eichhörnchen wiederbeleben. Sie brauchte eine Weile, bis sie mich ansah. Ihr Blick verhärtete sich wie der eines verunglückten Hypnotiseurs.
»Warum?«, fragte sie.
»Warum was?«, erwiderte ich.
Sie stand auf. Ein-aus, ein-aus atmete sie, ihre Adern pochten, ihre Lippen bebten, sie wartete auf den richtigen Moment, um ihre Schimpfattacke zu starten. Dann ging es mir auf, mit Wucht, als wäre mir das höchste Hochhaus von Crong auf den Kopf gefallen – die Bullen hatten sich gemeldet. Vor dem großen Ausbruch knetete sie Lloyds Schulter mit der Hand. Ein-aus, ein-aus. Ihre Adern tanzten wie in ihrem Hals gefangene Würmer. Lloyd starrte unter sich, strengte sich an, den Mund zu halten – Mum musste ihm das Versprechen abgenommen haben, zu schweigen. Gute Entscheidung.
»Darf ich nicht auch mal ein bisschen glücklich sein?«, schrie Mum. »Hab ich das nach all den Jahren nicht verdient? Ich hab mich weiß Gott mit genug Abschaum abgegeben und mich wie Scheiße behandeln lassen. Als du auf die Welt gekommen bist, hätte ich dich ins Heim stecken können, weißt du das? Mein Leben wäre so viel einfacher gewesen! Aber ich hab’s nicht gemacht. Ich hab dich behalten! Und das ist der Dank, verdammt noch mal?«
»Dein Freund hat mich aus dem Bett geprügelt, Mum! Was glaubst du wohl, was ich mache?«
Wütend starrte ich Lloyd an, forderte ihn mit Blicken heraus. Lieber bekriegte ich mich mit ihm als mit Mum. Er schaute weg und kaute auf seiner Lippe.
»Ich hab dir gesagt, dass es ihm leidtut!«, fauchte Mum. »Gestern hast du ihn provoziert. Du hast ihn getreten!«
»DAS IST KEINE AUSREDE!«, tobte ich. »Als er mich aus dem Bett katapultiert hat, hab ich ihn nicht getreten! Wie kannst du so was in deiner eigenen Wohnung zulassen? Du müsstest mich eigentlich beschützen.«
»Mo, es tut mir wirklich leid«, unterbrach Lloyd. »Aber als du mich gestern getreten hast, hab ich nicht zurückgeschlagen, oder?«
Ich hatte Elaines Stimme im Kopf. Sie wollte so was nicht tolerieren.
»Wenn’s dir so leidtut, dann schieb deinen Schwabbelarsch raus aus unserer Wohnung!«, tobte ich. »Ich lebe mit niemandem zusammen, der mich schlägt.«
»Hat dir Elaine das eingeredet?«, fragte Mum. »War sie das? Sag ihr, sie soll sich um ihren eigenen verdammten Scheiß kümmern. Ich hab immer schon gesagt, das Mädchen hat eine viel zu große Klappe – genau wie ihre Mum! Muss zu allem ihren Senf dazugeben, auch wenn’s keiner hören will. Sag ihr, sie soll ihre Nase nicht in anderer Leute Angelegenheiten stecken – und sich um ihren eigenen Typen kümmern, der was mit dieser Nutte in Crongton Green angefangen hat.«
»Elaine hat damit nichts zu tun. Und zieh bloß nicht ihre Familie da mit rein!«
»Warum bist du dann zur Polizei gegangen? Du weißt doch, wie die sind – die legen Leute rein, verprügeln sie – besonders solche, mit denen du dich gerne rumtreibst. Heute waren sie hier und haben Lloyd gesucht. Das hat ihm gerade noch gefehlt, verdammt! Jeden Tag ist er unterwegs und sucht Arbeit. Er will neu anfangen. Aber die Bullen haben ihm alle möglichen Fragen gestellt. Ich hab mir solche Sorgen gemacht, dass ich nicht zur Arbeit bin.«
»Das möchte ich wetten, dass du dir Sorgen gemacht hast. Wegen mir hast du dir nie solche Sorgen gemacht.«
»Hast du eine Ahnung, was ihm blühen kann? Hast du? Du weißt, dass er auf Bewährung draußen ist.«
»Nein, das weiß ich nicht, und mir ist scheißegal, was ihm blüht.«
»Das ist unnötig, Mo«, protestierte Lloyd und stand auf. »Ich bin der Mann deiner Mum und ich bleib’s auch. Wir können das alle zusammen hinkriegen, aber du machst es uns sehr schwer.«
»Du glaubst, das ist schwer? Du hast keine Ahnung. Und du wirst nicht noch mal deine fette Hand gegen mich erheben. Ich schwöre, wenn doch, dann blüht dir was viel Schlimmeres, als dass ich’s den Bullen stecke.«
»Wenn er wieder in den Knast muss, dann hast du das auf dem Gewissen«, wetterte Mum. »Denk nur an Jason. Der braucht seinen Dad. Hast du dir das mal überlegt, bevor du zur Polizei gerannt bist? Hast du? Du nimmst dem armen Jungen seinen Dad!«
»Mum, du kapierst es nicht, oder? Er hat mich geschlagen! Hast du daran mal gedacht? Läuten da keine Alarmglocken bei dir?«
»Und er hat sich dafür entschuldigt! Er hat mir geschworen, dass er’s nie wieder macht. Der Fall ist erledigt. Was willst du noch? Dass er um eine Audienz beim verfluchten Papst bittet und es dem auch noch verspricht?«
»Den Papst lügt er wahrscheinlich genauso an und klaut ihm seinen Wein«, feuerte ich zurück.
»Wenn Lloyd wieder ins Gefängnis muss, dann schwöre ich, das werde ich dir nie verzeihen. Niemals! Ich hab ein Recht, glücklich zu sein. Hast du nicht letztes Jahr noch zu mir gesagt, dass ich jemanden in meinem Leben brauche? ›Geh öfter mal aus, Mum.‹ Lern jemanden kennen, Mum. Genieß das Leben, Mum.‹ Hast du das gesagt?«
»Hab ich. Aber doch nicht mit dem!«
»Können wir das Ganze nicht einfach ein kleines bisschen runterfahren und …«, sagte Lloyd.
»Ich komm erst wieder runter, wenn du aus meiner Welt verschwunden und Geschichte geworden bist«, brüllte ich.
Mum kam auf mich zumarschiert, ihre Arme hingen an ihr herunter und ihr Gesicht war tränenüberströmt. Ich wich nicht aus. Sie packte mich an den Schultern und schüttelte mich. »Ich lass mir das nicht bieten, Mo. Du redest mit mir, als wär ich ein Stück Scheiße. ICH BIN VERDAMMT NOCH MAL DEINE MUTTER! ICH HAB DICH BEHALTEN, OBWOHL ICH DICH INS HEIM HÄTTE STECKEN KÖNNEN! Du kannst mir nicht vorschreiben, mit wem ich zusammen sein darf und mit wem nicht. Ich hab ein Recht, selbst zu entscheiden, wen ich in meinem Leben haben will!«
»Nimm die Finger weg von mir!«, schrie ich. »Finger weg!«
Mum liefen die Tränen immer weiter über die Wangen. Meine Ansage hatte tiefe Wunden gerissen. Gut! Sie schüttelte wild den Kopf, schloss die Augen. Holte blind aus und krallte mir ins Gesicht, kratzte mich bis hinter den Ohren. Das brannte wie ein Wespenstich. Ich versuchte, ihren Arm festzuhalten, aber sie machte auf Leopard, also ballte ich meine Finger zur Faust, holte aus und schlug zu.
Mum hatte sie nicht kommen sehen. Sie sackte zu Boden wie der Müllsack eines Bauarbeiters. Baduff! Ich starrte sie an, wie sie da ausgestreckt lag. Der Schmerz in meiner Hand schoss mir durch den Arm in die Schulter. Bevor ich was tun konnte, um den Schmerz zu lindern, war Lloyd schon mit geballten Fäusten hinter mir her. Er knurrte wie ein Kampfhund. Seine Augen waren zu Schlitzen verengt. Seine Wangen rot. O Gott, dieses Mal bin ich zu weit gegangen. Ich schluckte reine unverwässerte Angst. Scheiße! Der bringt mich um. Ich erstarrte.
Dann hörte ich jemanden an unsere Tür hämmern. Die Rettung! Ich konnte meine Beine wieder spüren und rannte in den Flur.
»Du verdammte Schlampe!«, wetterte Lloyd. »Ich geb mir Mühe, nett zu dir zu sein, aber du motzt bloß rum! Ich hab dir sogar angeboten, mal mit dir wegzugehen, aber du denkst nicht dran, beschimpfst mich auch noch. Dir werde ich dein Maul schon stopfen!«
Ich schrie so laut ich konnte, was Lloyd zu verunsichern schien. Jemand versuchte, unsere Wohnungstür einzutreten. Lloyd wich zurück, unsicher, was er tun sollte. Mum ging in den Flur. Blänngg, blänngg, blänngg! Lloyd und sie tauschten verzweifelte Blicke. Während sie noch zögerten, machte ich auf.
Sams Mum Lorna stand da und fuchtelte mit einem Brotmesser herum. Erleichterung! Was für ein abgefahrener Anblick. Sie trug ihre Busfahreruniform. Gebügelte graue Hose. Weiße Bluse. Grün-schwarz gestreifte Krawatte. Dienstmarke mit der Nummer 23182. Sie ging langsam, aber zielstrebig auf Lloyd zu. Ich hörte Mum nach Luft schnappen, sie blieb wie angewurzelt stehen. Lloyd wich zurück. Er hob die Hände, Handflächen nach vorne. Lorna trieb Lloyd bis vor Mums Schlafzimmertür. Gnadenlose Entschlossenheit im Blick. Ich hatte nie gesehen, dass jemand so lange nicht blinzelte. Ein Schweißfilm bedeckte mein Gesicht.
»Ich schwöre bei meinem letzten Atemzug, wenn du Mo je wieder was tust, ganz egal wann«, warnte Lorna mit einer Stimme aus reinem Granit, »dann sitze ich gerne die Strafe ab, die ich dafür kriege, dass ich dir die Organe aus deinem miesen Dreckskörper geschnitten hab!«
Mum hielt sich eine Hand vor den Mund. Die Klinge bebte in Lornas festem Griff. Funkelte im Licht der nackten Glühbirne. Lloyd erstarrte, er wirkte wie durch den gezackten Stahl hypnotisiert. Ich spürte, dass es von der geöffneten Tür her zog. Etwas Winziges kroch über den Boden.
»Das … das war bloß eine Meinungsverschiedenheit«, brachte Lloyd heraus.
»Hältst du mich für eine verfluchte Idiotin?«, erwiderte Lorna. »Soweit ich das mitbekommen hab, hast du versucht, sie umzubringen.«
»So war das nicht.«
»Mo!«, rief Lorna plötzlich. »Pack ein paar Sachen, du bleibst erst mal bei mir.«
Ich rannte in mein Zimmer, suchte meine Sporttasche und stopfte Klamotten rein. Auch mein Deo, meine Haarbürste und ein paar Kämme. Panisch suchte ich meinen Schulrucksack, bis ich merkte, dass ich ihn noch auf dem Rücken hatte. Ich ging zurück in den Flur. Lorna hielt Lloyd weiter mit dem Messer in Schach. Mum befand sich im Schockzustand, Tränen liefen ihr über die Wangen.
Ich raste ins Bad, nahm meine Seife und mein Shampoo. Dann kam ich wieder in den Flur. »Fertig«, sagte ich.
Lorna trat den Rückzug an.
Ich hatte was vergessen. Eilig flitzte ich noch mal in mein Zimmer, machte den Kleiderschrank auf und nahm mein Fotoalbum mit. Ich kann nicht glauben, dass ich das mache. Scheiße! Konnte ich Mum wirklich mit ihm alleine lassen? Vielleicht lässt er es an ihr aus. Ach was. Mach schnell. Hat sie sich selbst eingebrockt. Jetzt muss sie die Suppe auslöffeln.
Bevor ich ging, suchte ich noch Mums Blick, aber sie starrte leer an mir vorbei. Hielt die Arme verschränkt. Und rutschte mit dem Rücken an der Wand runter. Ich musste weg.
Ich nahm drei Stufen auf einmal. Fast wäre ich gestolpert. Sam stand vor der Tür. »Ich hab Geschrei gehört«, sagte er. »Mum wollte nicht, dass ich mit nach oben komme. Alles in Ordnung bei dir, Mo?«
»Nicht so richtig«, erwiderte ich.
Gar nichts war in Ordnung. Mein Kopf loderte. Halb fiel ich Sam in die Arme. Und ließ mein Fotoalbum dabei los. Sam hob es auf. Ich hörte, wie oben eine Tür zuknallte. Schritte auf dem Beton.
»Kannst sie behalten – die war uns sowieso bloß im Weg! Bleib bei deinem Freund, Mo. Sieh zu, wie du mit seiner irren Mutter klarkommst! Lass dich von denen durchfüttern! Sollen die doch deine Rechnungen bezahlen! Dir ein Dach über dem Kopf geben!«
Lorna und Sam halfen mir in die Wohnung. Meine rechte Hand schmerzte von dem Schlag, den ich damit abgeliefert hatte. Lorna atmete schwer. Erleichterung stand ihr ins Gesicht geschrieben. Die beiden stützten mich, führten mich in ihr Wohnzimmer. Auf Sky News lief ein Bericht über Flüchtlinge. Ein kleiner grüner Buddha saß auf dem Beistelltischchen. Ein Plakat von Nina Simone hing über dem Dreisitzersofa, auf das sie mich behutsam niederließen. Zärtlich packte Sam mir ein Kissen unter den Kopf. In einer Ecke stand ein Gummibaum, so groß, dass er beinahe die Decke geknutscht hätte. Ich musste an Jack and the Beanstalk denken. Als ich klein war, hatte Mum mir das Märchen immer vor dem Schlafengehen vorgelesen. Fee Fi Fo Fum! Traurigkeit durchflutete mich. Ich roch Räucherstäbchen.
»Alles in Ordnung mit Mum?«, brachte ich raus.
»Sie ist ein bisschen theatralisch drauf, aber sie wird’s überleben«, sagte Lorna. Jetzt entdeckte ich das brennende Räucherstäbchen auf dem Beistelltischchen.
Sam setzte sich neben mich und tippte mir auf die Schulter. »Du bist in Sicherheit hier«, sagte er.
»Leg den Riegel auch noch vor«, befahl Lorna.
Sam stand auf und zog seinen Schlüssel aus der Tasche. Lorna ließ sich in einen Sessel fallen. Sie stieß einen Monsterseufzer aus und starrte an die Decke. »Ganz schön dumm, so was zu machen. Der ist drei Mal so groß wie ich. Aber wir haben Schreie und Gebrüll gehört.«
»Eigentlich wollten wir die Bullen rufen«, sagte Sam.
»Die Polizei«, korrigierte Lorna ihn. »Aber dafür war gar nicht mehr genug Zeit. Es klang, als hätten die dich da oben umbringen wollen! Also hab ich mir einfach ein Messer geschnappt.«
Ich rieb meine rechte Hand und schloss die Augen. O Gott! Elaine wird stinksauer auf mich sein. Mit den Bullen wollte ich immer noch nicht reden, aber ich hätte mit ihr nach Hause gehen sollen.
»Das muss aufhören!«, beharrte Lorna. »Ich ruf jetzt die Polizei an.«
»NEEEIIIN!«, protestierte ich und wunderte mich selbst über meine Lautstärke. »Bitte nicht… ich geh da nicht wieder hin… nie mehr. Die haben sich gegenseitig verdient. Soll sie doch glücklich werden mit dem, wenn sie’s so haben will. Von mir aus soll sie verrotten.«
Sam und Lorna tauschten besorgte Blicke. Ich schloss erneut die Augen. In Gedanken konnte ich Mum sehen, wie sie nach mir ausholte. Sie sollte doch eigentlich auf meiner Seite sein! Wieso ist sie nicht auf meiner Seite?
»Warum hasst sie mich?«, platzte es aus mir heraus. »Wieso zieht sie ihn mir vor? Wenn sie mich nicht haben wollte, hätte sie abtreiben sollen. Wäre für alle besser gewesen. Sie wollte mich zusammenschlagen. Was hätte ich machen sollen? Die ist verdammt noch mal böse. BÖSE! Was hab ich verbrochen, um so eine Mum zu verdienen?«
Ich ballte meine Fäuste so fest ich konnte. Hörte meine Knöchel knacken. Meine rechte Hand fühlte sich heiß und wund an, alle möglichen Gefühle rauschten durch meine Brust. Mein ganzes Elend, lebenslanger Schmerz, das alles wirbelte mir durch den Kopf. Bis zum Anschlag war ich voll davon. Ich heulte nicht – ich schrie. Schrie, bis mir die Kehle wehtat. Bis meine Mundwinkel rissen. Und mir Rotz aus der Nase lief. Bis ich nur noch krächzen konnte. Ich wollte, dass sie mich hörten. Dass sie was von meinem Schmerz spürten. Bestimmt konnte man mich bis Crongton Heath hören.
Sam und Lorna taten ihr Bestes, aber ich wollte nicht angefasst werden. Ich schaukelte vor und zurück, die Arme an den Bauch gepresst. Als meine Stimmbänder um Gnade flehten, hörte ich auf. Wischte mir über die Augen. Versuchte mich zu konzentrieren. O Gott! Ich war erschöpft. Was habe ich bloß getan?