Читать книгу Astrofotografie für Einsteiger - Alexander Kerste - Страница 14
ОглавлениеIn den wenigen Minuten eines Überflugs verändert sich die Größe der ISS beträchtlich.
Mit einem Weitwinkelobjektiv können Sie einen Überflug leicht im Bild festhalten. Im Prinzip gehen Sie dabei genauso vor wie für eine Strichspuraufnahme: Setzen Sie die Kamera auf ein Stativ und nehmen Sie während des Überflugs ein Bild nach dem anderen auf, mit möglichst kurzen Abständen zwischen den einzelnen Aufnahmen. Verwenden Sie den manuellen Modus und stellen Sie eine Belichtungszeit ein, bei der das Bild etwa dem Anblick mit bloßem Auge entspricht. Bei einem Fünf-Minuten-Überflug sind die Sterne dann bereits zu Strichen verzogen; die Bahn der ISS verläuft quer zu den Sternen.
Für das Bild auf Seite 13 verwendete ich eine kurze Belichtungszeit bei einer ISO, die noch kein besonders auffälliges Rauschen verursacht. Eine längere Belichtungszeit hätte nur dazu geführt, dass der Himmel zu hell würde – nach fünf Minuten Belichtungszeit am Stadtrand wäre das gesamte Bild weiß geworden und von der ISS wäre nichts mehr zu sehen gewesen.
Auch wenn die ISS nur 400 km von uns entfernt ist, wenn sie direkt über unsere Köpfe hinwegzieht, bleibt sie auf den Fotos doch nur ein Punkt. Um mehr zu erkennen, benötigen Sie eine viel größere Brennweite. Mit einem Teleskop ist es bereits möglich, Details auf der ISS zu erkennen.
Für die Detailaufnahmen auf Seite 14 habe ich meine Kamera (eine Nikon D7100 mit 24 Megapixel) auf Serienaufnahme gestellt und statt eines Objektivs ein Schmidt-Cassegrain-Teleskop mit 3900 mm Brennweite verwendet. Bei dieser Brennweite ist das Gesichtsfeld winzig und noch etwas kleiner als der Vollmond. Um die ISS zu erwischen, verfolgte ich sie im Sucher des Teleskops, das ich manuell auf seiner Montierung schwenkte, während sich der Kameraspeicher mit Aufnahmen füllte. Auf etwa einem halben Dutzend Bilder war die Raumstation dann auch zu sehen … Als sie sich dem Zenit näherte, wurde das Verfolgen zunehmend schwieriger, da das Teleskop auf einer parallaktischen Montierung (siehe Seite 148) saß – diese Art der Montierung ist zwar ideal für die Astrofotografie, aber es ist schwer, Ziele über den Meridian hinaus zu verfolgen. Da Jupiter an diesem Abend ebenfalls hoch am Himmel stand, nahm ich noch ein Vergleichsbild mit demselben Aufbau auf – im geringsten Abstand erscheint die ISS bei gleicher Vergrößerung etwa genauso groß wie Jupiter, der größte Planet des Sonnensystems.
Mit einer azimutalen Montierung (siehe Seite 148) können Sie die ISS leichter verfolgen. Für einige Steuerungen gibt es auch die Möglichkeit zur automatischen Verfolgung. Das Programm Sattracker (heavenscape.com) wird leider nicht mehr weiterentwickelt und unterstützt nicht mehr jede Montierung.
Eine besondere Herausforderung sind Vorbeiflüge der ISS vor Sonne oder Mond. Webseiten wie transit-finder.com berechnen, wann man so ein Ereignis beobachten kann. Dabei gibt es immer nur einen schmalen Korridor, von dem aus die ISS vor diesen Himmelskörpern vorbeizieht. Der eigentliche Vorüberflug dauert weniger als eine Sekunde. Statt Einzelbilder aufzunehmen, wird hier gerne gefilmt. Selbst in der Serienbildfunktion einer DSLR verliert man sonst zu viel Zeit. Programme wie der kostenlose VLC erlauben es, Einzelbilder aus einem Video zu extrahieren, um sie zu bearbeiten oder zu einem Komposit zusammenzufügen.
Achtung
Wenn Sie die Kamera mit Objektiv oder Teleskop auf die Sonne richten, müssen Sie einen geeigneten Sonnenfilter (siehe Seite 140) vor dem Objektiv verwenden – ansonsten riskieren Sie bleibende Schäden an der Kamera oder gar an Ihrem Auge!
Für diese Aufnahmeserie der ISS am 3. Juli 2015 wurde während des Transits mit einem Celestron Skyris 274M Videomodul (1600 × 1200 Pixel) und 560 mm Brennweite bei maximaler Framerate aufgezeichnet, die zwölf Bilder mit der ISS wurden anschließend in Photoshop überlagert. Der Transit dauerte nur 0,6 Sekunden, als Sonnenfilter wurde AstroSolar-Folie OD 3.8 verwendet. Bild: Johannes Baader
Sternschnuppen
Jeden Tag prasseln mehrere hundert bis tausend Tonnen Weltraumstaub auf die Erde. Das meiste sind Staubkörnchen von wenigen Millimetern Größe, die mit Geschwindigkeiten von bis zu 72 km/s in der Erdatmosphäre verglühen. In einer Höhe von etwa 100 km entsteht dabei ein mehrere 100 Meter breiter Bereich, in dem die Luft für wenige Sekunden durch Ionisierung zum Leuchten angeregt wird. Dieses Leuchten sehen wir als Sternschnuppe, das Staubteilchen, das gerade verglüht, heißt »Meteor«. Teilchen ab einer Masse von etwa zwei Gramm und einem Zentimeter Durchmesser liefern ein prächtiges Schauspiel: Sie verglühen als helle Feuerkugel oder »Bolide«. Bei ihrem Flug durch die Erdatmosphäre können sie sogar zerbrechen. Nur wenige Meteore sind groß genug, um den Erdboden zu erreichen, wo sie als »Meteorit« gefunden werden können.
Obwohl ständig kosmischer Staub in der Erdatmosphäre verglüht, gibt es Zeiten, zu denen besonders viele Sternschnuppen zu sehen sind. Dann durchquert die Erde die Bahn eines Kometen und fängt die Bestandteile auf, die dieser verloren hat. Die beste Zeit für Sternschnuppen ist die zweite Nachthälfte, idealerweise in den frühen Morgenstunden: Da sich die Erde auf ihrer Bahn um die Sonne auch um ihre eigene Achse dreht, sind wir dann auf der »Bugseite« und blicken in Flugrichtung. Und genau wie bei einem Auto, das durch einen Schneesturm fährt, scheint alles direkt von vorne zu kommen.
Wenn die Erde die Bahn eines Kometen kreuzt, der erst kürzlich zu sehen war, gibt es besonders viele Sternschnuppen – über 100 pro Stunde sind möglich (wobei das auch nur ein bis zwei Sternschnuppen pro Minute bedeutet). Die Sternschnuppen sind dabei nicht zufällig über den Himmel verteilt, sondern scheinen aus einem bestimmten Sternbild zu kommen, also denselben Ursprung am Himmel zu haben – den sogenannten »Radiant«. Das ist ein perspektivischer Effekt, der vor allem dann deutlich wird, wenn man mehrere Sternschnuppen im Bild hat (denken Sie hier wieder an die Autofahrt im Schneesturm). Die Sternschnuppenströme werden nach ihrem Radiant bezeichnet – die Perseiden im August zum Beispiel kommen aus einem Punkt im Perseus, die Leoniden aus einem Punkt im Sternbild Löwe und so weiter. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die größten Sternschnuppenströme.
Die wichtigsten Sternschnuppenströme
Richten Sie Ihre Kamera während eines Sternschnuppenmaximums einfach auf das Sternbild, in dem der Radiant liegt, und lassen Sie sie arbeiten. Dabei gehen Sie wie bei einer Strichspuraufnahme vor (siehe Seite 4), halten die Belichtungszeit jedoch so kurz, dass die Sterne noch Punkte bleiben und sie nicht wesentlich länger ist als die Leuchtdauer einer Sternschnuppe – ansonsten erscheinen die Sterne unverhältnismäßig hell. Setzen Sie die Empfindlichkeit (ISO) ruhig höher, sodass Sie auch schwächere Meteore erwischen. Durch die Rauschreduzierung können Sie schwache Sternschnuppen verlieren, ein Dunkelbild (dazu später mehr auf Seite 49) ist besser. Verwenden Sie ein Weitwinkel-Objektiv und nehmen Sie ruhig den Vordergrund mit ins Bild.
Wenn Sie mehrere Bilder kombinieren wollen, um den Radiant deutlicher zu machen, gehen Sie wie bei einer normalen Strichspuraufnahme vor. Das Ergebnis zeigt dann die geraden Bahnen der Sternschnuppen vor den runden Sternspuren. Das Problem dabei: Der Radiant bewegt sich mit den Sternen mit, was über längere Zeit hinweg den Eindruck verzerrt. Daher wirken kurze Einzelbilder besser, die Sie zudem in Photoshop »stacken« können (mehr zu dieser Technik ab Seite 129) – zumindest solange Sie den Vordergrund nicht im Bild haben.
Um den Radiant im Bild festzuhalten und viele Aufnahmen zu kombinieren, benötigen Sie eine kleine Nachführeinheit (siehe Seite 63), die die Erddrehung ausgleicht. Dann stört der Vordergrund jedoch, da er sich von Bild zu Bild zu bewegen scheint (dank der Nachführung folgt Ihre Kamera ja der Erdrotation), und Sie sollten ihn möglichst nicht mit ins Bild nehmen.
Glückstreffer dank Masse: Auf einer von 170 Aufnahmen waren drei Sternschnuppen gleichzeitig zu sehen. Nikon D7100, 15mm, f/2.8, 1600 ISO, 30 s
Kometen
Sie sind seltene Gäste an unserem Himmel: die Kometen. Gelegentlich werden mehrere Dutzend Kilometer große Brocken aus Eis und Gestein von ihrer Bahn am Rand des Sonnensystems abgelenkt und kommen der Sonne nahe. Die meisten bleiben Ziele für ein Teleskop. Nach Hyakutake 1996 und Hale-Bopp 1997 lieferte erst Neowise im Sommer 2020 wieder ein schönes Schauspiel.
Seitdem waren die wenigen hellen Kometen enttäuschend: Entweder waren sie von Deutschland aus kaum in der hellen Dämmerung zu sehen, bevor sie untergingen, oder sie entwickelten keinen auffälligen Schweif. Besonders frustrierend war der als Jahrhundertkomet angepriesene Komet ISON (C/2012 S1), der seinen nahen Vorbeiflug an der Sonne nicht überlebte – anstatt ein schönes Schauspiel zu bieten, verdampfte er fast vollständig. Da Kometen sich in Sonnennähe sehr schnell bewegen, ändert sich ihre Position am Himmel von Tag zu Tag deutlich.
Der Komet C/2020 F3 (Neowise) war 2020 etwa eine Woche lang hell an unserem Abend- und Morgenhimmel zu sehen. Endlich gab es wieder einen Komet mit großem, hellen Schweif, der noch dazu so hoch über dem Horizont stand, dass einerseits der Horizontdunst nicht störte und andererseits die Bäume ein Gefühl für den Bildmaßstab vermittelten.
Mein Teleskop hatte ich am 10. Juli 2020 ab etwa zwei Uhr morgens aufgebaut, aber die eindrucksvollsten Aufnahmen entstanden mit der "Backup-Kamera": Eine Micro Four Thirds-Kamera mit Fernauslöser und einem besseren Zoom-Objektiv auf einem normalen Fotostativ. Während die große Kamera am Teleskop arbeitete, konnte ich mit der kleinen Kamera experimentieren und schöne Stimmungsaufnahmen in der beginnenden Dämmerung einfangen. Bei den kurzen Brennweiten störte die Erdrotation auch noch nicht, und die Aufnahmen mussten nur minimal nachbearbeitet werden. 800 ISO war das Maximum, bei dem das Rauschen der Kamera noch nicht zu sehr störte.
Seien Sie bereit
Niemand kann mit Sicherheit sagen, wann der nächste helle Komet zu sehen sein wird. Die Kometen, die der Sonne regelmäßig nahe kommen, sind bereits »verbraucht« und haben nur noch wenig Material, aus dem sich ein prächtiger Schweif entwickeln könnte. Die unverbrauchten Kometen, die noch genug Eis und Gas für ein schönes Schauspiel haben, sind in der Regel noch unentdeckt – meist gibt es nur einige Monate Vorwarnzeit, daher existieren auch in den Jahrbüchern noch keine Hinweise auf sie. Die Internetseiten der Astronomie-Zeitschriften und die Internetforen sind die verständlichsten Quellen für Neuentdeckungen. Der Webauftritt der Fachgruppe »Kometen« der Vereinigung der Sternfreunde unter fg-kometen.vdsastro.de enthält eher trockene Daten.