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Astrofotografie mit stehender Kamera
ОглавлениеEinmal am Tag dreht sich die Erde um ihre eigene Achse und damit unter den Sternen hinweg. Für einen Beobachter in Deutschland auf etwa 50° nördlicher Breite bedeutet das, dass er in einer Stunde über 1600 Kilometer zurücklegt. Davon merken wir in der Regel nichts, da wir samt unserer Umgebung ja Teil dieser Bewegung sind. Auch in einem Zug bemerken wir die Bewegung erst, wenn wir aus dem Fenster schauen. Aber achten Sie einmal darauf, wie rasch die Sonne hinter dem Horizont verschwindet oder wie flott der Mond aufgeht!
Daher setzt die Natur den Belichtungszeiten eine Grenze, sobald wir Sterne auf dem Bild haben. Als Faustregel gilt die »500er-Regel«:
500/Brennweite = Belichtungszeit [s]
Mit anderen Worten: 500 geteilt durch die Brennweite des Objektivs ergibt in etwa die maximale Belichtungszeit, die ohne eine automatische Nachführung zum Ausgleich der Erdrotation möglich ist. Mit einem 18-mm-Objektiv sind also maximal Belichtungszeiten von etwa 500/18 = 27 Sekunden möglich, bevor die Sterne keine nadelscharfen Punkte mehr sind, sondern zu Strichen verzerrt werden. Der Effekt fällt schon früher auf, wenn Sie Sterne in der Nähe des Himmelsäquators fotografieren (weil die Sternbewegung mit zunehmender Entfernung zum Himmelspol sichtbarer wird, siehe Bild auf Seite 5) oder falls Ihre Kamera kleine, hochauflösende Pixel hat. Zur Sicherheit halbieren Sie die mögliche Belichtungszeit.
Leider lässt sich die Belichtungszeit nicht beliebig verkürzen: Astrofotografie ist praktisch immer Langzeitfotografie, da die Sterne lichtschwach sind. In vielen prächtigen Astrofotos stecken mehrere Stunden Belichtungszeit! Kein Wunder, dass die Astronomen immer größere Teleskope bauen und auch viele Amateure dem »Öffnungswahn« verfallen – je größer der Durchmesser eines Teleskops ist, desto mehr Licht kann es in derselben Zeit einfangen und desto kürzere Belichtungszeiten werden möglich.
Schon bei einer Belichtungszeit von 3 Minuten werden die Sterne durch die Erddrehung deutlich zu Bögen verzerrt. 3 Min @ 400 ISO, 18-mm-Objektiv an Nikon D50 (APS-C)
Nur mit einer automatischen Nachführung bleiben die Sterne Punkte und das Sternbild Großer Wagen wird sichtbar. 3 Min @ 400 ISO, 18-mm-Objektiv an Nikon D50 (APS-C)
Zum Glück ermöglicht die moderne Technik auch mit kurzen Belichtungszeiten schon eindrucksvolle Aufnahmen.
Sie benötigen lediglich ein stabiles Stativ, eine rauscharme Kamera, die auch höhere ISO-Zahlen erlaubt, und ein möglichst lichtstarkes Objektiv: Eine Blende von f/2.8 oder gar f/1.4 ist optimal. Die Standard-Kit-Objektive vieler Einsteigerkameras sind lichtschwächer und erfordern längere Belichtungszeiten. Die Kamera muss einen echten manuellen Modus bieten, damit Sie zumindest Blende, Belichtungszeit, ISO und Fokus frei einstellen können. Viele Kompaktkameras begrenzen die mögliche Belichtungszeit, damit der Sensor sich nicht zu sehr erwärmt und das Bildrauschen erträglich bleibt. Die Lichtempfindlichkeit (ISO) der Kamera kann nicht beliebig hochgedreht werden, da das Bild sonst zu sehr rauscht und die Sterne im Rauschen untergehen. Ein Fernauslöser ist ideal, damit das Bild nicht verwackelt, sonst hilft der Selbstauslöser. Wenn Sie mit einem Weitwinkelobjektiv fotografieren, können Sie länger belichten als mit einem Teleobjektiv, da der Abbildungsmaßstab dann kleiner ist und die Bewegung der Sterne nicht mehr so auffällt. Die Tabelle enthält Richtwerte für die maximale Belichtungszeit an einer Kamera, deren Pixel die bei modernen Spiegelkameras gängige Größe von 5 µm haben. Bei Modellen mit kleineren Pixeln wie Micro-Fourthirds-Kameras sind kürzere Belichtungszeiten notwendig. So sehen die Sterne noch ziemlich punktförmig aus, bei längeren Zeiten werden sie sichtbar zu Strichen. Näher am Himmelspol sind längere Belichtungszeiten möglich.
Bildfeld und maximale Belichtungszeit bei einer Kamera mit 5 µm großen Pixeln.