Читать книгу Astrofotografie für Einsteiger - Alexander Kerste - Страница 18
ОглавлениеErscheinungen am Himmel
Auch wenn es bei der Astrofotografie in erster Linie um Sterne geht: Wenn Sie häufiger bei Nacht unterwegs sind, wird Ihnen noch mehr am Himmel auffallen als nur die Sterne. Für vieles sind Eiskristalle in unserer Atmosphäre verantwortlich, die die verschiedensten Effekte haben. Der Regenbogen ist mit Sicherheit das bekannteste atmosphärische Phänomen, aber wenn Sie aufmerksam sind, werden Sie noch mehr sehen.
Leuchtende Nachtwolken
Die Wolken aus Wasserdampf, die unser Wettergeschehen ausmachen, befinden sich keine zehn Kilometer über uns. In klaren Sommernächten können wir nachts gelegentlich eine gänzlich andere Art von Wolken sehen: leuchtende Nachtwolken. Sie bestehen aus Eiskristallen, die in 80 bis 85 Kilometer Höhe zu Wolken kondensieren. In Deutschland sind sie vor allem im Juni und Juli zu sehen: Dann steht die Sonne so niedrig unter dem Horizont, dass sie die extrem hochstehenden Wolken beleuchtet. In den Stunden nach Sonnenuntergang stehen sie dann hell erleuchtet am Horizont – oder auch vor Sonnenaufgang, noch bevor die eigentliche Dämmerung den Himmel erhellt.
Über Norddeutschland sind sie recht häufig zu beobachten, während Beobachter in Süddeutschland nur wenige Gelegenheiten haben. Die Aufnahme auf dieser Doppelseite entstand in einer der wenigen Nächte, in denen sie sogar aus dem Raum Augsburg gut zu sehen waren. Das Panorama aus zwei Aufnahmen entstand im manuellen Modus – wenn Sie mit Offenblende und vernünftiger ISO-Zahl arbeiten, werden Sie rasch sehen, welche Belichtungszeit nötig ist. Experimentieren Sie ruhig ein wenig: Wenn der Himmel noch nicht zu hell ist, können Sie auch ein paar Sterne mit auf das Bild bannen.
Panorama-Aufnahme von leuchtenden Nachtwolken
Diese Lichtsäule war nur wenige Minuten lang zu beobachten.
Lichtsäulen
Im Winter kann es bei ruhigem Wetter immer wieder geschehen, dass sich Eisplättchen in der Luft waagrecht ausrichten und das Licht der auf- oder untergehenden Sonne reflektieren. Dann sehen wir für wenige Minuten eine Säule aus Licht, die von der tiefstehenden Sonne direkt nach oben zeigt. Praktischerweise lässt sich dieses Phänomen bereits mit der Kameraautomatik gut im Bild festhalten – Sie müssen es nur rechtzeitig bemerken und die Kamera griffbereit haben.
Lichtsäulen sind recht häufig und an 20 bis 30 Tagen im Jahr sichtbar. Sie sind nur eine Spielart der zahlreichen Halo-Erscheinungen. Bei Tag sind immer wieder Nebensonnen zu sehen: Wie ein Regenbogen sind auf einer oder beiden Seiten der Sonne farbige Lichtspiele zu erkennen. Einen guten Überblick über die verschiedenen Halos gibt die Webseite des »Arbeitskreis Meteore« (meteoros.de) der Vereinigung der Sternfreunde.
Mondhalo
Die bekannteste Halo-Erscheinung ist der 22°-Ring, der den Mond mit einem Radius von eben diesen 22°-Radius umgibt. Er entsteht an willkürlich orientierten Eiskristallen in der Atmosphäre. Besonders in feuchten Herbstnächten und im Winter ist er oft zu sehen. Diese Nächte sind für die ernsthafte Astrofotografie unbrauchbar, da die Luft zu neblig ist. Einen schönen Anblick bietet dieses Phänomen trotzdem.
Um Halo-Erscheinungen zu fotografieren, benötigen Sie ein Objektiv mit möglichst großem Bildfeld – 44°-Halodurchmesser wollen auf den Sensor gebracht werden. Und damit es eindrucksvoll wirkt, sollte noch etwas Luft um die Erscheinung sein. Etwa 11 mm an APS-C-Kameras oder 16 mm an Vollformat-Kameras sind ein guter Richtwert. So haben Sie ausreichend Umgebung auf dem Bild, um später die Größe des Phänomens richtig einzuschätzen. Da gerade ein Mondhalo sehr lichtschwach ist (schließlich besteht er nur aus reflektiertem Mondlicht), sollten Sie ein Stativ verwenden. Bei Belichtungszeiten von wenigen Sekunden ist jeder Bildstabilisator überfordert und das Bild wäre verwackelt. Schalten Sie den Bildstabilisator aus (wie immer, wenn Sie auf einem Stativ fotografieren) und verwenden Sie möglichst einen Fern- oder Selbstauslöser, um Erschütterungen zu vermeiden.
Mondhalo über der Barentssee 11 mm, f/2.8, 1 s, 1600 ISO, Nikon D7100 (APS-C)
Im Lauf der Zeit werden Sie eine ganze Reihe von atmosphärischen Erscheinungen sammeln, wenn Sie den Himmel aufmerksam beobachten. Das hilft Ihnen dabei, auch Schlechtwetterphasen zu überstehen, ohne dass es zu langweilig wird.
Mondfinsternisse
Drei bis viermal im Jahr kommt es vor, dass der Mond in den Schatten der Erde eintritt. Damit sind Mondfinsternisse sogar seltener als Sonnenfinsternisse – aber da sie im Gegensatz zu diesen nicht nur von einem schmalen Streifen aus zu beobachten sind, sondern von überall, wo der Mond gerade über dem Horizont steht, können wir sie doch häufiger sehen.
Wie dunkel der Mond erscheint, lässt sich schwer vorhersagen: Es hängt davon ab, ob er den Kernschatten der Erde zentral durchläuft (dann dauert die Finsternis auch am längsten) oder nur streift, und wie viel Licht von der Erdatmosphäre in den Schatten gelenkt wird. Das zeigt auch an, wie sauber unsere Luft gerade ist. Bei einer totalen Mondfinsternis kann unser Erdtrabant fast unsichtbar sein oder in ein tief kupferrotes Licht getaucht werden.
Bei einer partiellen Mondfinsternis streift er den Erdschatten nur, was auf den ersten Blick fast wie ein Halbmond aussieht. Denselben Anblick hat man auch zu Beginn und Ende einer totalen Mondfinsternis, wenn er nur teilweise im Erdschatten ist.
Die Phasen einer totalen Mondfinsternis sind:
Eintritt in den Halbschatten: Beginn der Finsternis, für das bloße Auge unscheinbar.
Eintritt in den Kernschatten: Der Mond taucht in den Kernschatten der Erde ein, der Schatten ist mit bloßem Auge erkennbar. Der Anblick ist nun derselbe wie bei einer partiellen Mondfinsternis.
Beginn der Totalität: Der gesamte Mond ist nun im Kernschatten und rötlich gefärbt.
Maximum: Mitte der Finsternis.
Ende der Totalität: Der Mond wird wieder Stück für Stück heller.
Austritt aus dem Kernschatten: Hiermit endet die visuell interessante Phase.
Austritt aus dem Halbschatten: Offizielles, aber unspektakuläres Ende der Finsternis – die meisten Beobachter brechen vorher ab.
Typische Belichtungszeiten bei Mondfinsternissen. Doppelte ISO-Zahl bedeutet halbe Belichtungszeit.
Am 7. August 2017 kam es zu einer partiellen Mondfinsternis, bei der der Mond bereits teilverfinstert aufging. Aufnahme mit Nikon D7100 und 170-mm-Teleobjektiv bei f/5.6. 1/13 s und ISO 100.
Halbschattenfinsternisse, bei denen der Mond den Kernschatten verfehlt, sind sehr unauffällige Ereignisse. Nur, wenn Sie den Mond mit gleichen Kameraeinstellungen fotografieren, können Sie auf den Bildern sehen, dass seine Helligkeit sich leicht verändert – für das bloße Auge sind diese Helligkeitsschwankungen viel zu gering und ändern sich zu langsam.
Partielle Finsternisse kann ein Laie auf den ersten Blick mit den normalen Mondphasen verwechseln. Anders als bei einem viertel- oder halbvollen Mond verläuft die Licht-Schatten-Grenze jedoch nicht von einem Pol unseres Erdtrabanten zum anderen, sondern der runde Erdschatten schiebt sich über den Mond. Das Bild oben zeigt eine partielle Mondfinsternis. Hier stammt die Rotfärbung daher, dass er noch sehr tief am Himmel stand – die typische Rotfärbung einer Finsternis ist erst im Kernschatten zu sehen. Dieser Anblick bietet sich sowohl bei einer partiellen Mondfinsternis als auch in der partiellen Phase einer totalen Mondfinsternis.
Totale Mondfinsternisse können wir alle paar Jahre beobachten, ohne zu reisen. Abhängig von unserer Atmosphäre und davon, wie tief der Mond in den Kernschatten eintritt, erscheint er tiefrot oder fast unsichtbar. Auch während er im Kernschatten ist, können sich seine Helligkeit oder Färbung noch verändern. Je nach Verlauf der Mondbahn kann die Totalität etwa bis zu 1:45 Stunden dauern – es bleibt also ausreichend Zeit, um verschiedene Belichtungszeiten auszuprobieren.
Verlauf der in Deutschland nur teilweise sichtbaren Mondfinsternis am 7. September 2025, Zeiten in MEZ
Mondfinsternisse fotografieren
Bereits mit einem gängigen Teleobjektiv von 200 bis 300 mm Brennweite lassen sich die Phasen einer Mondfinsternis schön dokumentieren. Solange der Mond am Horizont steht, sind so auch eindrucksvolle Stimmungsaufnahmen möglich. Besonders eindrucksvoll finde ich es, eine Finsternis in der freien Natur zu erleben – die seltsame Stimmung einzufangen, wenn der Vollmond fast verschwindet, ist aber praktisch unmöglich.
Erst ab Brennweiten von 500 bis 600 mm erscheint der Mond so groß, dass Sie Details auf ihm deutlich erkennen können. Bei 1300 mm (an APS-C) bzw. gut 2000 mm (bei Vollformat) ist der Vollmond bildfüllend – als Faustformel können Sie sich merken, dass er pro Meter Brennweite knapp 10 mm groß auf dem Kamerasensor abgebildet wird. Es ist ratsam, etwas unterhalb dieser Brennweiten zu bleiben: Der Mond wandert rasch über den Himmel und wenn er komplett bildfüllend ist, kann leicht ein Teil abgeschnitten werden.
Mit einem Weitwinkelobjektiv lässt sich eine Mondfinsternis nur schwer eindrucksvoll im Bild festhalten – auch wenn Mond und Sterne gleichzeitig zu sehen sind, was bei Vollmond ein ungewöhnlicher Anblick ist. Panasonic LX100, 11mm, 1,6 s @ f/1.7, ISO 1600
Nehmen Sie mehrere Aufnahmen mit verschiedenen Belichtungszeiten auf: Der Kontrast zwischen dem verfinsterten und dem voll beleuchteten Teil kann sehr hoch sein, sodass wie z. B. auf dem Bild unten der beleuchtete Teil ausgebrannt ist. Unser Auge hat einen höheren Dynamikumfang als eine Kamera und kommt mit großen Helligkeitsunterschieden besser zurecht. Unterbelichtete Aufnahmen können Sie in der Bearbeitung noch aufhellen, ausgebrannte Bereiche sind verloren.