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1.1 Interkulturelle Wurzeln

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Der 1818 in Heidelberg geborene Carl Metz gilt zu Recht als der führende Pionier in der Entwicklung des von Südwestdeutschland ausgehenden freiwilligen Feuerwehrwesens in Deutschland. Der in Mannheim ausgebildete Mechaniker kehrt nach Wanderjahren im französischen Elsass 1840 zurück in seine Heimat und beginnt seine berufliche Laufbahn als Werkführer in der seit 1838 bestehenden Betriebswerkstätte der Badischen Staatsbahn in Heidelberg (vgl. Feuerwehrverband BW (Hrsg.), 2018). Bereits zwei Jahre später gründet Metz in der Stadtmitte Heidelbergs seine eigene Fabrik, in der er bald auch kleinere Löschgeräte produziert. Die Spezialisierung auf Löschgeräte geschieht vermutlich aufgrund des Hamburger Brandes vom 5. bis zum 8. Mai 1842, einer Katastrophe, wie sie sich in deutschen Städten in diesem Umfang seit dem Dreißigjährigen Krieg nicht mehr ereignet hat. Der, ungeachtet einer vorhandenen Löschmannschaft, auswärtiger Hilfe und Sprengversuchen unter Artillerieeinsatz über Tage hinweg nicht eindämmbare Brand führt vor Augen, wie hoch und dringend der Reformbedarf hin zu einer effektiven Methodik der aktiven Brandbekämpfung ist. Heinrich Heine bringt es 1844 rückblickend in seinem Gedicht »Deutschland ein Wintermärchen« auf den Punkt:

»Baut eure Häuser wieder auf, Und trocknet eure Pfützen, Und schafft euch bessere Gesetze an, Und bessere Feuerspritzen!«

Der Weg von den städtischen Löschmannschaften, Rettungs- und Löschgesellschaften, oder wie sie sich auch immer nennen, hin zu einer effektiven Feuerwehr, die als Ausbildungs-, Ausrüstungs- und Organisationssystem in der Lage ist, dem überfallartig auftretenden Brand ebenso überfallartig entgegenzutreten, basiert in den deutschen Landen auf einem interkulturellen Transfer. Am 1. Juli 1810 endet der Ball anlässlich der Hochzeit des französischen Kaisers Napoleon Bonaparte mit der österreichischen Prinzessin Marie-Louise mit einem verheerenden Brand, dem über 20 Menschen zum Opfer fallen (manche Quellen sprechen von bis zu 90!). Dies schockiert Bonaparte derart, dass er das Pariser Pompier-Corps straff unter energi[15]scher Kommandoführung als vollständig militärische Formation reorganisiert. Carl Metz kopiert später nicht nur die technische Ausrüstung der Franzosen, sondern ebenso die Organisation der Brandbekämpfung. Gemeinsam mit dem Stadtbaumeister Christian Hengst aus Durlach formt er 1846 die älteste Feuerwehr Deutschlands: das Durlacher Pompier-Corps. Der französische Name Pompier-Corps weist augenscheinlich auf den Ideen- bzw. Impulsgeber hin (vgl. Schunck, 1996).

Der heute gebräuchliche Name »Feuerwehr« ist erstmals in der Karlsruher Zeitung No. 318 vom 19. November 1847 nachweisbar. Was ist geschehen? Am 28. Februar 1847 ist im Hoftheater in Karlsruhe ein verheerender Brand ausgebrochen, der die städtischen Löschanstalten völlig überfordert. In überörtlicher Hilfeleistung rückt nur 36 Minuten später das zitierte Pompier-Corps aus dem benachbarten Durlach an und löscht mit seinem eingeübten Personal den Brand fachmännisch (vgl. Strumpf, o. J.). Der grundlegende Unterschied zur Herangehensweise der üblichen städtischen Löschanstalten liegt augenscheinlich im direkten (Lösch-)Angriff des eigentlichen Brandherdes und nicht in der (Lösch-)Verteidigung der umliegenden Gebäude. Diese, aus dem militärischen Sprachgebrauch entnommene Ausdrucksweise, schlägt sich auch in der, an den Begriff »Bürgerwehr« erinnernden, neuen Namensgebung Feuerwehr nieder.

Interkulturelle Kompetenz bei der Feuerwehr

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