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Die vier Exkursionen

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Bei den vier Exkursionen handelte es sich um eine Serie von Ereignissen, bei denen Siddhartha Gautama seinen Palast verlässt und dabei Alter, Krankheit, Tod und einem weisen Mann begegnet. Diese führen letztendlich dazu, dass er sein bisheriges Leben im Überfluss beendet. Wie Schumann es erzählt, verließ Siddhartha Gautama die Palastmauern viermal in einem Pferdewagen, der von vier Pferden gezogen wurde (Schumann 2004, S. 60). Das erste Mal nahm er wahr, wie ein älterer Mann dem Tode nahe war. Bei den folgenden Ausflügen begegnete er einem kranken Mann, einem Leichnam und einem Mönch. Indem er die Begrenzungen und Veränderungen des Lebens erkannte, festigte sich sein Wunsch, Mönch zu werden. Genau zu diesem Zeitpunkt stand die Geburt seines Sohnes Rahula an.

Wenn man diese Geschichte liest, ist es kaum zu glauben, dass Siddhartha Gautama bis zum Alter von 29 Jahren in einer so beschützten Umgebung aufwachsen konnte. Wenn ich an meine eigene Kindheit in Indien denke, wuchsen wir westlichen Kinder ebenfalls in einem geschützten Rahmen in großen Häusern und wundervollen Gärten auf, die von einer hohen Mauer umringt waren. Nur wenige Meter außerhalb der Mauern konnte das reale, pulsierende und chaotische Leben Indiens erfahren werden. Ich kann mich noch gut an Bettler, Erdnussverkäufer und Leprakranke auf der Straße erinnern ebenso wie an die vielen streunenden heiligen Kühe. Als Kinder versuchten wir wiederholt, von Zeit zu Zeit aus dieser beschützten und begrenzten Umgebung zu entfliehen, indem wir von der Schule zu Fuß nach Hause liefen, obwohl uns dieses streng von unseren Eltern verboten war. Eines Tages sah ich einen Begräbnisumzug in den Straßen, was in Indien ein öffentliches Ereignis darstellt. Ich sah zum ersten Mal einen toten Menschen nicht in einem Sarg, sondern offen in weißem Leinen eingehüllt auf einem Pferdewagen, gefolgt von trauernden Familienangehörigen. Es war die erste Begegnung mit einem Leichnam. Ich muss ca. sieben Jahre alt gewesen sein und war tief berührt durch die Erkenntnis, dass Menschen irgendwann aufhören zu leben und dass das Leben an sich nicht unendlich ist. Das Bild des Leichnams hinterließ einen intensiven Eindruck, der mich seitdem begleitet.

Meine eigenen Ausflüge aus unserer beschützten Umgebung ereigneten sich zu einem viel früheren Alter als die von Siddhartha Gautama – und sie hatten eine viel geringere Auswirkung. Siddhartha Gautama war erschüttert und tief berührt über das, was er gesehen hatte, nämlich universelle und unausweichliche Bedingungen des Lebens, die alle Menschen erfahren, nämlich Alter, Krankheit und Tod sowie die Rolle des Mönches als Beispiel für die spirituelle Suche.

Buddhismus und kindliche Spiritualität

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