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Prolog

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Einst trafen sich die Götter bei Ägir, dem Meerriesen, zum alljährlichen Fest der Leinernte. Kaum ein Ase verpasste je das gesellige Zusammensein. Nur Thor fehlte, denn er befand sich auf Ostfahrt.

Frigg begleitete ihren Mann Odin, obgleich ihr Herz noch immer schwer über den Verlust ihres Sohnes war. Neben den Asen hatten sich zahlreiche Alben in der Halle versammelt. Statt Feuerlicht erhellte leuchtendes Gold den Raum. Auch Loki befand sich unter den Anwesenden. Vor nicht all zu langer Zeit hatte er Hödur die Mistel überreicht. Mit dieser schoss der blinde Gott auf seinen Bruder und tötete ihn damit. Nicht wenige Asen wollten Odins Blutsbruder für diese Tat sofort erschlagen, doch der oberste der Götter hatte alle zur Vernunft gerufen. Zwar mochte Loki Hödur überlistet haben, aber nicht er war es gewesen, der den Pfeil schoss. Deshalb beschwor der Allvater jeden Einzelnen, Asgard als Freistätte in Ehren zu halten. Diese Tatsache bewahrte Loki vor Schaden. Fortan schwieg man über die Ereignisse und niemand sprach Loki darauf an. Trotzdem schien der Sohn Laufeys von Missmut erfüllt. Mit finsterem Blick trank er das Äl. Immer wenn er den Becher geleert hatte, eilte ein Diener Ägirs herbei und schenkte ihm nach. Die Stimmung war ausgelassen, doch sie steckte Loki nicht an. Von Zeit zu Zeit fixierte er einzelne Personen mit seinem Blick, der immer dunkler wurde, je öfter die Anwesenden Ägirs Diener rühmten. Eldir und Fimafeng eilten rasch und unauffällig um die Tafel. Jedes Mal wenn sich ein Becher zu leeren drohte, füllten sie ihn.

Als Odin zum wiederholten Mal die Tüchtigkeit der Diener lobte und sich mit Ägir fröhlich zuprostete, übertönte ein Knurren die Gespräche. Es kam von Loki. Im nächsten Moment umklammerte er seinen Krug, sprang auf und zog ihn Fimafeng über den Schädel. Jäh herrschte Stille im Saal. Geschockt erhoben sich alle von den Stühlen. Ägirs Diener lag tot auf dem Boden.

Freya war die Erste, die in der Lage war, etwas zu sagen: „Bist du von Sinnen, Loki?“, rief sie.

„Was hast du getan?“, stieß Odin fassungslos aus. „Du hast eine Friedensstätte entweiht!“

Seine einzige Hand zu einer wütenden Faust geballt, sprang Tyr von seinem Platz. „Damit hast du den Bogen endgültig überspannt!“

Er nahm sein Schild, hielt es vor die Brust und baute sich vor Loki auf. Ullr folgte Tyrs Beispiel und stellte sich neben ihn. Jäh standen auch Skadi, Freya und Hermodr mit ihren Schilden da. Sie bildeten eine Wand wider Odins Blutsbruder und trieben ihn von seinem Platz. Plötzlich schnappte sich Vidar den Schild von Skadi und hieb ihn hart gegen Lokis Arm. Empört stöhnte Laufeys Sohn auf. Grimmig sah er auf den sich bildenden Schildwall und die dahinter wutschnaubenden Gesichter.

„Bekommt euch wieder ein!“, knurrte er. Noch einmal traf ihn Vidars Schild und Freyr stieß ihn mit dem seinen.

„Aua! Das tut weh, verflucht!“, rief Loki.

„Oh, du hast keine Ahnung, wie weh es tun kann, wenn wir erst fester zuschlagen!“, erwiderte Freya. Auch sie gab ihm einen Stoß.

Überrascht legte Loki die Hand auf die Schulter. Dann winkte er mürrisch ab und wich einen Schritt zurück. Die Angreifer bedrängten ihn weiter. Da nahm er plötzlich die Beine in die Hand und rannte davon. In ihrer übermäßigen Wut nahmen alle die Verfolgung auf. Doch dank seiner Zauberschuhe, war Loki schneller. Rasch verloren die Asen seine Spur im Wald. Ratlos kehrten sie zurück zu Ägirs Halle. Loki aber, saß kichernd auf einem Baum und schaute ihnen nach. Er hatte sich in eine Fliege verwandelt, kaum dass er aus der Sichtweite seiner Verfolger geraten war. Nachdem sie nicht mehr zu sehen waren, kehrte er in seine wahre Gestalt zurück und ließ die Füße von dem Ast baumeln, auf dem er saß. Lange dachte er darüber nach, was er nun tun sollte. Irgendwann wurde ihm langweilig. Kurzerhand kehrte er zu Ägirs Halle zurück.

Vor dem Saal wachte Eldir. Als er Loki erkannte, hielt er die Hand vor den Körper und baute sich vor dem Eingang auf. Die Stimmen der Feiernden drangen dumpf an ihre Ohren. Die Stimmung war gewandelt. Schimpf und Schande ergossen die Anwesenden über Odins Blutsbruder.

„Worüber reden sie?“, fragte Loki.

Eldir schnaubte verächtlich. „Von Waffen und ruhmvollen Kämpfen. Von dir, weiß niemand ein gutes Wort zu sprechen.“

Loki schob den Unterkiefer vor. „Lass mich ein! Ich will hören, was sie zu sagen haben. Sie wissen nichts Gutes über mich zu sprechen? Zu jedem Einzelnen von ihnen werde ich genauso viel zu sagen haben. Sie glauben, sie wären ohne Tadel und könnten mich verunglimpfen? Gift werde ich in ihren Met mischen!“

Gleichgültig zuckte Eldir mit der Schulter und gab den Weg frei. „An deiner Stelle würde ich vorsichtig sein. Solltest du sie noch weiter verärgern …“

„Ganz gleich was sie zu sagen haben, ich werde nicht um Antworten verlegen sein. Ich habe ihrem Treiben lange genug zugesehen und mich zum Sündenbock machen lassen.“

Als Loki in die Halle trat, verstummten alle Anwesenden. Er zwirbelte eine seiner Bartsträhnen und sah ihre Reihen. „Ich habe Durst! Ich bin einen langen Weg hierher zurückgegangen. Jetzt bitte ich die Asen, mir etwas von ihrem süßen Met zu schenken.“ Er trat an die Tafel und reckte das Kinn. Niemand sprach ein Wort, nicht einer erhob sich und hieß ihn willkommen.

„So still?“, knirschte Loki. „Ladet mich ein oder schickt mich weg!“

Bragi schob seinen Teller zur Seite. „Nie wieder werden wir dich einladen, Loki. Die Asen wissen sehr wohl, wen sie an ihren Tisch laden und wen besser nicht.“

Lokis Blick verschmolz mit dem Odins. „Schweigst auch du mich an, oberster der Götter? Willst du deinem Bruder ebenfalls den Platz an der Tafel verwehren? Du, der einst gelobt hat, nie wieder einen Trank anzurühren, es sei denn, er würde uns beiden gebracht. Dein Blut hast du mit meinem gemischt, Bruder!“

Odin sah Loki seufzend an. „Nun denn, Vidar. Steh auf und heiße den Sohn des Wolfs willkommen. Hier in Ägirs Saal soll er nicht über die Asen lästern.“

Schweigend erhob sich Vidar auf und schenkte Loki ein. Dieser setzte sich und trank. Dabei behielt er Bragi im Blick. Als er den Becher vom Mund absetzte, hob er ihn in die Höhe. „Heil euch Asen und Asinnen, euch hochheiligen Göttern! Heil euch allen, außer diesem einen hier.“ Herausfordernd sah er Bragi an.

Odins Sohn blickte finster. „Halte einfach den Mund, Loki. Aus meinem Reichtum gäbe ich Schwert, Pferd und Gold, wenn ich dich nur damit zum Schweigen brächte. Es gab schon genug Ärger für heute. Ziehe nicht erneut unseren Gram auf dich“, knirschte er.

Loki schmunzelte und fuhr sich über die Bartsträhnen am Kinn. „Oh, welch gute Tat, denn allzu reich, das wissen wir, bist du nicht. Ging es nicht gerade um Heldentaten? Haben die Asen auch über deine ruhmvollen Kämpfe gesprochen? Wohl kaum, denn von allen Alben und Asen hier innen, ist keiner anwesend, der den Streit so sehr scheut wie du und vor den Geschossen der Feinde flieht.“

Bragi ballte die Fäuste. „Hier drinnen magst du solche Reden schwingen, Loki, denn ich werde die heilige Stätte nicht entweihen, so wie du es getan hast. Anderenfalls hätte ich deinen Kopf schon in meiner Hand für diese Lüge!“

Loki lächelte höhnisch. „In diesem Saal magst du große Reden schwingen, Bragi. Im Sitzen, das weiß einjeder, bist du schnell mit deinem Mundwerk, du Bänkehüter! Komm doch mit hinaus zum Zweikampf, wenn du zornig bist!“

Idun legte ihre Hand rasch auf die von Bragi und hinderte ihn daran, aufzufahren. „Bitte Bragi, lass dich nicht von ihm provozieren. Sprich nicht mit lästernden Worten gegen Loki hier in Ägirs Halle.“

Loki fesselte Bragis Frau mit seinem Blick. „Du, Idun, mischst dich ein? Von allen Frauen hier im Saal, bist du doch die manntollste! Dem Mörder deines Bruders hast du gleich die Arme um den Hals geschwungen.“

Idun sah ihn scharf an. „Auch du solltest den Frieden in Ägirs Halle wahren und von deinem Geschmäh ablassen. Hör auf zu trinken, wenn du es nicht verträgst! Sei froh, dass ich den einen Betrunkenen besänftigt habe, ehe er dich zum Zweikampf forderte.“

Nun erhob sich Gefjon. „Hört schon auf. Es gibt keinen Grund mit bösen Worten zu streiten. Loki weiß doch, dass er scherzt und dass ihn alle Götter lieben.“

„Sei still, Gefjon. Vor den Ohren aller werde ich jetzt von demjenigen erzählen, der dich zur Liebeslust verführte. Der weiße Bursche war es! Er gab dir schönen Schmuck und du hast es ihm nur zu gerne gedankt.“

Odin runzelte die Stirn. „Verrückt bist du, Loki, und völlig von Sinnen, wenn du Gefjons Groll erweckst. Sie kennt das Schicksal der Welt ebenso wie ich.“

Loki ballte die Faust. „Schweig doch, Odin! Du verteilst den Schlachtentod nur zu gern dem Falschen. Viel zu oft gabst du den Erfolg demjenigen, dem du ihn nicht hättest geben sollen, nämlich dem Feigen!“

Erzürnt hieb Odin auf den Tisch „Ach, das denkst du also? Wenn ich, wie du behauptest, dem Falschen den Schlachtentod gab, dem Schlechteren, wie du sagst, was hast du dann gemacht? Acht Winter lebtest du unter der Erde wie eine milchgebende Kuh, hast dort geboren und dich benommen wie eine Frau. Unmännlich ist das!“

„Ach wirklich? Und du bist so männlich? Von dir erzählt man, dass du gezaubert hast auf Samsay und das Seidr triebst. Gehext hast du, wie die Seherinnen es tun. Als Zauberin bist du unter dem Menschenvolk gewandert. Auch das ist unmännlich, mein Bruder!“

Frigg schüttelte rügend den Kopf. „Eure vergangenen Schicksale solltet ihr verborgen halten. Was ihr vor Urzeiten getrieben habt, all die alten Geschichten, verschweigt ihr besser vor den Menschen.“

„Sei still, Frigg! Du bist Fjörgynns Tochter und warst stets lüstern nach Liebe. Vé und Vili hast du, Odins Gattin, beide an die Brust gedrückt.“

Friggs Gesicht blieb steinern, während sie antwortete: „Du sollst wissen, Loki, säße mir hier in Ägirs Saal ein Sohn zur Seite, der wie Balder ist, kämst du nicht hinaus. Wütend bist du. Die Kinder der Asen würden dir einen kecken Kampf bieten.“

Loki lächelte süffisant. „Du verlangst danach, dass ich noch weiter spotte, Frigg? Mein Werk war es, dass du Balder nie wieder zu Walhalls Sälen reiten siehst.“

Wal-Freya verengte die Augen zu wütenden Schlitzen. „Du bist von Sinnen, Loki, wenn du hier vor aller Ohren deine schlimmsten Taten gestehst. Als würde Frigg das nicht wissen. Sie kennt alle Schicksale, auch wenn sie selbst dazu nichts sagt.“

Loki deutete mit dem Finger auf die Liebesgöttin. „Schweig, Freya! Dich kenne ich ganz genau. Keine Verfehlung ist dir fremd. Von den Asen und Alben hier im Saal ist doch jeder dein Geliebter gewesen.“

Freya zuckte unmerklich mit einer Augenbraue. „Deine Zunge ist spitz und von Übel. Eines Tages wird sie dir Böses einbringen. Du hast jeden hier zornig gemacht. Betrübt wirst du heimwärts ziehen.“

Schmunzelnd schnalzte Loki mit der Zunge. „Sei einfach still, Freya. Du bist eine Frevlerin und voller Unheil. Die Asen haben dich bei deinem Bruder erwischt. Da musstest du wohl furzen.“

Nun sprang Freyas Vater vom Stuhl auf. Njörd biss sich auf die Zunge, bevor er sprach: „Was macht es schon, wenn sich eine Frau einen Ehemann, einen Geliebten oder beides nimmt? Es sollte uns eher wundern, wie du, der unmännliche Ase, hier hereingekommen bist, du, der doch selbst Kinder geboren hat.“

„Auch du schweigst besser, Njörd! Für das Götterreich wurdest du als Geisel ostwärts geschickt. Waren es nicht Hymirs Mädchen, die dir in den Mund pinkelten und dich als Nachttopf verwendeten?“

„Ich mag als Geisel fortgeschickt worden sein, doch ist es mir ein großer Trost, dass ich dort einen Sohn zeugte, den niemand hasst. Heute gilt er als der Beschützer der Asen.“

Loki lachte. „Hör auf, Njörd, und lass den Übermut! Ich werde es nicht länger verschweigen: Diesen Sohn hast du mit deiner eigenen Schwester gezeugt!“

Tyr knurrte erzürnt. „Freyr ist der mutigste aller kühnen Reiter an Asgards Höfen. Er kränkt weder ein Mädchen noch die Frau eines Mannes. Er befreit Gefesselte.“

Loki lachte auf. „Ach Tyr, auch du solltest besser den Mund halten. Du willst Recht schaffen? Ich erinnere alle hier an deine Schwurhand, die dir Fenrir abgebissen hat.“

Tyr seufzte und betrachtete den Stumpf an seinem rechten Arm. „Die Hand verlor ich, du aber den Wolf. Beide haben Schaden genommen. Fenrir hat es nicht gut. Gefesselt muss er auf Ragnarök warten.“

„Schweig, Tyr!“ Loki zuckte mit der Oberlippe. „Deine Frau hat mir einen Sohn geboren. Für dieses Unrecht hast du nie etwas bekommen, du armer Wicht.“

Freyr hob die Augenbrauen. „Gefesselt liegt Fenrir an der Flussmündung, bis die Götter vergehen. Du solltest endlich schweigen, wenn du nicht auch gebunden werden willst, du Bosheitsschmied.“

Nun lächelte Loki finster. „Ach Freyr, gut, dass du es erwähnst. Warst du es nicht, der Gymirs Tochter mit Gold gekauft hat? Dein Schwert hast du dafür verschenkt. Wenn Muspels Söhne über den Myrkwid reiten, wirst du dich nicht zur Wehr setzen können.“

Byggvir, ein Alb mit geflochtenem Bart und wilden Haaren, legte die buschigen Augenbrauen zusammen. „Wäre ich so edel wie Yngwi-Freyr und mein Hof so herrlich, zermalmen täte ich die Bosheitskrähe! Ihre Gebeine würde ich zerbrechen!“

Loki betrachtete den Alb mit dunkler Miene. „Wer ist das Kleine, das ich krabbeln sehe und das schnappgierig nach der Speise schnappt? In Freyrs Ohren liegst du und plagst dich mit Mägdearbeit!“

Der Alb reckte das Kinn. „Ich heiße Byggvir und ich bin schnell bei Asen und Irdischen. Darum ehrt man mich hier in Ägirs Halle, wo Odins Söhne Äl trinken.“

Loki rümpfte die Nase. „Schweig, Byggvir! Du verteilst das Mahl schlecht zwischen den Männern! Unter der Bank versteckst du dich, wenn mutige Krieger zum Kampf ziehen.“

Knurrend stellte Heimdall seinen Becher ab. „Betrunken bist du, Loki. Du hast den Verstand verloren! Warum lässt du nicht einfach die Finger vom Äl. In rauen Mengen bringt er jeden dazu, seine eigenen Worte zu vergessen.“

Anstatt den Äl zu meiden, nahm Loki einen weiteren Schluck. „Schweig, Heimdall! Als könntest du stolz darauf sein, dass dir vor Urzeit dieses hässliche Geschick auferlegt wurde. Mit nassem Buckel stehst du jede Nacht da und bewachst Walhall.“

Skadi schnaubte: „Lustig bist du, Loki; doch das wird dir vergehen! Bald fesseln dich die Asen mit den frostkalten Därmen deines Sohnes auf den Grad!“

„Och, Skadi! Wenn die Götter mich auf den Felsen schnüren, mit den frostkalten Därmen meines Sohnes, dann wisse, dass ich der Erste und Letzte war beim Lebensraub, als wir deinen Vater Thjazi töteten.“

Wütend streckte Skadi den Finger in Lokis Richtung. „Wisse, wenn du der Erste und der Letzte beim Lebensraub meines Vaters warst, wird dich mein ganzes Haus fortan verfolgen!“

Loki schnalzte mit der Zunge. „Du hast deine Worte lieblicher gewählt, als du Laufeys Sohn, mich, in dein Bett einludst. Das möchte ich nicht verschweigen, wenn wir nun all unsere Schandtaten nennen.“

Nun trat Sif heran, reichte ihm Met in einem Kristallkelch und sprach: „Heil dir nun, Loki! Nimm den Eiskelch, mit Firnmet gefüllt! Lass eine unter den Asen mit Schmähreden verschont!“

Hersausfordernd hob Loki die Augenbrauen. „Ach Sif, ich würde dich gerne verschonen, wärst du anderen unzugänglich geblieben. Einen kenne ich, den ich zu kennen glaube, mit dem hast du Thor betrogen.“

Beyla hieb ihren Becher auf den Tisch. „Ruchlos schmähst du Asen und Irdische! Hörst du die Berge zittern? Ich denke, er zog gerade aus vom Hofe Hlorridi. Er, der dich gleich zur Ruhe bringen wird!“

Loki trat nahe an die Albin heran. „Schweig doch, Beyla! Du bist Byggwirs Weib und von Falschheit erfüllt. Kein eklerer Auswurf kam zu den Asensöhnen, ganz voll Mist bist du, Magd!“

Da kam Thor herein und sprach: „Schweig, arger Wicht! Dir soll mein Wuchthammer, Mjölnir, den Mund schließen. Den Kopf hau ich dir vom Halse ab, verloren ist dein Leben dann.“

Preisend hob Loki die Hände. „Seht an! Der Sohn der Jörd ist in den Saal gekommen. Wer hat dich gerufen? War es Freya? Was tobst du so, Thor? Wenn der Wolf kommt, wagst du nichts und er verschlingt den Schlachtengott!“

Thors Halsschlagader schwoll daumendick an. „Schweig, arger Wicht! Mjölnir soll dir für immer den Mund schließen! Ich werfe dich nach oben in die Ostlande! Niemand wird mehr einen Gedanken an dich verschwenden!“

Loki grinste. „Die Geschichten deiner Ostfahrten lässt du anderen lieber verborgen, seit du Held im Däumling des Handschuhs hocktest und dich nicht getraut hast Thor zu sein!“

Thors Faust umschloss den Hammer fester. „Sei endlich still, oder Mjölnir wird dafür sorgen. Meine Hand trifft dich mit Hrungnirs Töter, dass dein Gebein zerbricht.“

Loki lachte. „Ich denke, ich werde noch sehr lange Zeit leben, selbst wenn du den Hammer hebst. Die Riemen Skrymirs bekamst du nicht auf. Nichts zu essen hast du bekommen in jener Nacht.“

Thor knurrte. „Dein Gespött wird gleich verklingen! Hrungnirs Töter wird dich zur Hel senden hinter das Tor des Totenreichs! Richte Balder einen schönen Gruß aus!“

Ein elektrisches Knistern zuckte um den Hammer. Loki hob in einer enttäuschten Geste die Hände. „Ich habe vor den Asen und den Asensöhnen nur ausgesprochen, was meinem Herzen behagte. Einzig vor dir will ich abziehen, denn mich dünkt, du schlägst wirklich zu.“ Sein Blick wanderte auf den Meeresriesen. „Für diese Feier, Ägir, hast du viel Äl gebraut. Aber fortan sollst du kein Gastgelage mehr geben! All dein Eigentum, das die Halle erfüllt, soll die Feuersbrunst erfassen! Ich verbrenne dir den Buckel!“ Loki verzog das Gesicht zu einer aggressiven Fratze und hob die Hand.

Die Midgard-Saga - Asgard

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