Читать книгу Schläge der Lust | Erotischer SM-Roman - Alexandra Gehring - Страница 3
ОглавлениеTreffen
Es war verdammt kalt. Er stellte den Mantelkragen hoch und trat einen Schritt zurück. Auf Bahnsteig sieben donnerte ein Güterzug durch. Ein kalter Luftzug durchzog den Wartebereich. Eine Stimme aus dem Lautsprecher kündigte die Einfahrt des Zuges auf Gleis vier an. Die Reisenden schauten dem einfahrenden Zug entgegen und nahmen ihre Koffer in die Hand.
Nach drei Stunden Fahrzeit war Vanessa am Ziel. Mit nur wenig Verspätung traf der ICE aus Köln ein.
Alexander schaute sich um. Er kannte Vanessa nur durch den Mailkontakt. Das kleine Profilfoto hatte wenig Aussagekraft, da sie eine Sonnenbrille trug. Er hatte kein Foto in seinem Profil. Es war ein Teil des Spiels. Sie sollte ihn zwischen all den Passanten finden. Seine Körpergröße und sein Alter – mehr Informationen hatte sie nicht. Sie würde andere Männer ansprechen müssen. Mit hochgeschlagenem Mantelkragen hatte er sich in den Eingang des Bistros gestellt, um etwas Schutz vor dem eisigen Wind zu haben. Aufmerksam schaute er dem bunten Treiben auf dem Bahnsteig zu, versuchte, sie zu entdecken.
Vanessa war dreiundvierzig Jahre alt, hatte langes, mittelblondes glattes Haar, war etwas über eins siebzig und trug an diesem Tag ihre dunkelroten Winterstiefelletten. Das war das Erkennungszeichen.
Schon bald hatte er sie entdeckt. Amüsiert beobachtete er, wie sie sich umschaute, nach ihm suchte. Was für eine attraktive Person! Der lange schwarze Mantel stand ihr gut, betonte ihre schlanke, sportliche Erscheinung. Einen breiten roten Wollschal hatte sie sich mehrfach um den Hals geschlungen.
Trotz winterlicher Temperaturen hatte er darauf bestanden, dass sie ein Kleid oder Rock trug und keinen Slip.
Gerade hatte sie einen Mann angesprochen, unterhielt sich mit ihm. Amüsiert schaute er den beiden zu. Nach einer kurzen Unterhaltung sah sie sich suchend weiter um. Sie kam auf ihn zu. Er gab sich überrascht, spielte den Unbeteiligten.
»Hi ... ich bin Vanessa, entschuldigen Sie, ich werde von einem Herrn namens Alexander erwartet. Er soll mich hier abholen. Bin ich bei Ihnen richtig?«
»Leider nein! Wäre mir allerdings ein Vergnügen und eine Freude, wenn es so wäre.«
»Danke, sehr nett von Ihnen, bitte entschuldigen Sie.«
Er ließ sie einige Meter weiterlaufen. Suchend schaute sie in alle Richtungen, zog ihren Schal strammer.
Jetzt wollte und musste er sie erlösen. Zügig ging er auf sie zu und trat von hinten an sie heran. »Wenn du keinen Slip anhast, bist du hier richtig.«
Erschrocken drehte sie sich um. Erleichtert, und mit einem erlösenden Lächeln im Gesicht, wandte sie sich ihm zu. »Ich dachte schon, ich finde dich nie. Und dann auch noch dein böses, freches Spielchen mit mir ... lässt mich hier fast erfrieren! Das fängt ja gut an.«
Sie begrüßten sich, umarmten sich kurz.
»Sei willkommen. Was für eisige Zeiten, lass uns schnell ins warme Bistro gehen.«
Man sah ihr die Erleichterung an.
***
Ein sympathischer Mann stand vor ihr. Er war vierundfünfzig, schwarzhaarig, mit leicht grauem Haaransatz und sportlicher, stattlicher Statur, etwa knapp unter eins neunzig Körpergröße. Sein klarer Blick, seine dunklen Augen ...Vanessas Herz klopfte schneller. Der erste Eindruck war überaus positiv.
Natürlich hatte sie mitbekommen, dass es viele Fakes in diesen Foren gab. Die Realität stand dann in keinem Verhältnis zu den angegebenen Daten im Profil.
Auch sie war schon enttäuscht worden. Aus dem vollen Haar war eine Glatze geworden. Bei der Größenangabe wurden schon mal mehrere Zentimeter »falsch« gemessen. Ob Frau oder Mann, einige Kilos fielen oft von der Waage und bei den Altersangaben wurden einfach die letzten Geburtstage vergessen.
Zum Glück gab es auch korrekte Profile. Einige wenige hatte sie in die engere Wahl genommen. Ihre weibliche Intuition und ihr Bauchgefühl hatten einen klaren Favoriten ausgemacht.
Jetzt war sie hier.
Beide hatten einen Cappuccino bestellt. Alexander wirkte ruhig, entspannt und gelassen auf sie. Vom ersten Moment an fühlte sie sich wohl in seiner Nähe. Die Chemie stimmte. Sie spürte, wie er sie taxierte.
»Bei dir hat der liebe Gott aber auch an nichts gespart. Bist ein wirklich tolles Mädel. Mein Respekt.«
Vanessa war gesegnet mit besten weiblichen Proportionen, hatte ein hübsches, dezent geschminktes Gesicht mit großen, lebendig leuchtenden Augen.
Er fragte sie einige persönliche Dinge. Ihre leichte Nervosität hatte sich endgültig gelegt. Entspannt unterhielten sie sich, tranken in aller Ruhe ihren Cappuccino. Sie hatte das Gefühl, ihn schon länger zu kennen, so, als würde man nach langer Zeit einen guten Freund treffen.
»Lass uns essen gehen. Du bist ja einige Stunden unterwegs gewesen. Ich kenne ein gemütliches indisches Lokal, nicht weit von hier. Du bist natürlich mein Gast.«
»Da lass ich mich nicht zweimal bitten. Ja, gern.«
***
Das Lokal hatte Flair und war nach ihrem Geschmack. Nachdem sie ihre Bestellung – Chicken Tikka Masala und zwei Gläser Wein – aufgegeben hatten, vertieften sie ihr Gespräch.
»Hattest du so ein Treffen schon öfters? Was gab den Ausschlag, dass du mich hier besuchst? Hast natürlich die richtige und beste Wahl getroffen.« Er sah sie schelmisch an.
Vanessa schüttelte leicht den Kopf, schaute ihm verschmitzt in die Augen.
»Also ... wie kam es zu unserem Date?«, wollte er wissen.
»In dem BDSM-Forum war alles neu für mich. Es hat mich einige Überwindung gekostet, ein Profil zu erstellen. Ohne Jessica, meine beste Freundin, hätte ich das nie getan. Sie trieb mich an, ließ nicht locker. Obwohl man anonym auftritt, sich mit einem Pseudonym anmeldet, stehe ich mit meiner Persönlichkeit dahinter. Ich kann das nicht trennen, vielleicht ein typisch weibliches Denken. Fesselspiele, Augenverbinden, Klammern an die Nippel und mal ein paar Schläge auf den Po waren schon Bestandteile unserer ehelichen Sexualität. Auch Dirty Sex war ab und zu angesagt. Ich vermisste nichts. Wenn Jessica über Sex und ihre Neigung mit mir redete, spürte ich, wie wichtig das für sie war. Das hat mich schon nachdenklich gemacht. Hatte ich bisher etwas verpasst, obwohl ich sexuell vollkommen zufrieden war? Neugierig geworden, schaute ich mir Porno-Videos im Internet an, war erstaunt, wie mich das doch nicht unberührt ließ. Besonders Filmchen mit Erniedrigung und Bestrafung erregten mich. Es war wie ein ›Aufwachen‹, ein vollkommen neues Gefühl. Auch faszinierten mich die unzähligen Spielvarianten, die es zu sehen gab. Vieles lehnte ich ab, fand es sogar abstoßend. Anderes saugte ich förmlich auf, spürte, wie es mich in eine andere unbekannte, aufwühlende Gefühlswelt mitnahm. Das war schon eine seltsame Erkenntnis. Manchmal zweifelte ich daran, ob ich meine Sinne noch beisammen hatte. Es kam mir vor, als führte ich mich wie ein pubertierendes Mädchen auf.«
Alexander sah ihr schmunzelnd in die Augen. Wie oft hatte er dies schon gehört. Dieses »Aufwachen« war für ihn nichts Neues, fast schon die Norm.
Als das Essen kam, wünschte er ihr: »Guten Appetit. Lass es dir schmecken.«
Doch nach einigen Minuten fragte Alexander erneut nach: »Warum bist du hier?«
»Du hast mich durch deine Schreibweise überzeugt. Intuitiv hatte ich ein gutes Gefühl. Ich wollte einfach mal so etwas total Verrücktes durchziehen, ausbrechen aus meiner bisher so kontrollierten Welt. Meine Vernunft, meine Erziehung und mein bisheriges Denken sprachen dagegen. Mein Kopfkino sah es anders, wischte alle Bedenken weg. Deswegen bin ich jetzt hier. Kann ja sein, dass der Schuss nach hinten losgeht ...« Sie lachte ihn mit strahlenden Augen an.
»Ich hoffe doch, dass ich nicht der Rohrkrepierer bin«, konterte Alexander und trank einen Schluck Wasser.
»Nein, ich bin positiv überrascht. Wirklich! Alles bestens.«
»Freut mich. Du bist eine tolle Frau, aber wir sind ja nicht nur zum Reden hier.«
Beide mussten schmunzeln.
»Ich lasse jetzt meine Serviette fallen. Diese Kontrolle muss sein. Zeig mir, dass du keinen Slip anhast, mach deine Beine breit«, sagte Alexander.
Das kam dann doch plötzlich und überraschend, aber es war sein Recht, es einzufordern, sie zu kontrollieren. Er hatte ihr diese Order gegeben und sie stand dazu.
»Was hast du zu tun? Lass es mich hören«, wollte er wissen.
»Ich habe dir meine Pussy zu zeigen.«
»Was hast du mir zu präsentieren?«
Sie hatte verstanden, schluckte kurz und antwortete ihm, was er hören wollte: »Du möchtest meine Votze sehen.«
Hier, in einem öffentlichen Lokal, war es dann doch etwas anderes. Verstohlen schaute sie sich um. Fast alle Tische waren belegt. Am Nachbartisch saß ein älteres Ehepaar. Der Mann hatte schon manchen diskreten Blick auf sie geworfen.
Jetzt wollte und hatte Vanessa es zu tun. Sie raffte ihr Kleid soweit hoch, dass Alexander der Blick auf ihre rasierte Pussy, wie sie diese bisher nannte, möglich war.
Sie änderte die Sitzposition, rutschte etwas mehr nach vorn und präsentierte ihm ihre Votze so deutlich, wie es ihr in dieser Situation möglich war.
In ihrem Mailkontakt hatte Alexander diese deutliche Wortwahl klar eingefordert. Es kostete sie zunächst einige Überwindung, damit klarzukommen. Sie hatte so zu denken und so zu sprechen. Verbale Deutlichkeit war für ihn unabdingbar. Er hatte ihr geschrieben, dass das den Respekt oder die Achtung vor der Person in keinster Weise minderte. Die deutliche Ansprache ist eine der Grundlagen des Spiels, findet natürlich nur Situationsbedingt statt.
Das Präsentieren erregte sie weit mehr, als sie es erwartet hatte. Solch ein relativ harmloses Spielchen zeigte Wirkung. Dieses Frivole, Unanständige gefiel ihr. Anmerken lassen wollte sie sich das nicht. Sie schaute ihm frech in die Augen und spielte die Coole.
Der nächste Blick galt dem Mann am Nebentisch, er hatte bestimmt etwas mitbekommen. Für Sekunden hatte sie Augenkontakt mit ihm, spürte, wie sie das zusätzlich erregte. Umgehend widmete sie sich wieder ihrem Gegenüber.
»Bist ein folgsames, geiles Mädel. Hat mir gefallen, was ich gesehen habe, auch wenn es nur ein kurzer Blick war.«
***
Nachdem Alexander bezahlt hatte, ging er auf die Toilette.
Gedankenversunken nahm Vanessa ihr Glas in die Hand und trank es leer. Nochmals schaute sie auf den Herrn am Nebentisch. Wieder hatte er sie fixiert. Also doch, er hatte sicher etwas mitbekommen. Sollte er ruhig! Trotzig frech schaute sie zu ihm hinüber, öffnete andeutungsweise etwas ihre Beine. Schnell wandte er sich seiner Frau zu.
Dieser Tag war jetzt schon Kopfkino pur.
Während der Zugfahrt hatte sie immer das Gefühl gehabt, als würden alle ihr kleines Geheimnis kennen. Die Blicke der Männer ...
Als attraktive Frau wurde sie zwar immer beachtet, daran hatte sie sich gewöhnt, aber heute empfand sie das viel intensiver, viel frecher, viel lasziver.
Schmunzelnd musste sie sich eingestehen, dass sie es war, die alle Männer mehr als sonst beobachtete, dass sie sich die Reaktionen schlicht und einfach einbildete. Dann diese deutlich spürbare Nässe zwischen ihren Beinen. Es kam ihr vor, als konnten die Mitreisenden im Abteil sie »riechen«, als wüssten alle den Grund und das Ziel ihrer Bahnfahrt.
Es war keine normale Zugfahrt gewesen. Ihr Abenteuer hatte bereits nach dem Einsteigen begonnen. Gegenüber saß ein gut aussehender Mann mittleren Alters, schaute ab und zu an seiner Zeitung vorbei. Sie spürte seine Blicke.
Wenn sie jetzt die Beine etwas breitmachte ... Für Sekunden dachte sie tatsächlich darüber nach, spürte, wie eine Hitzewallung ihren Körper durchflutete. Tatsächlich schaute er sie gerade und musternd an. Schmunzelnd blätterte sie zur nächsten Seite ihrer Zeitschrift. Sie musste sich eingestehen, dass diese versauten Gedanken sie ganz schön aufgeilten. Auch der Grund ihrer Zugfahrt, ihr Reiseziel, hatte es in sich. Hier wurde nicht die Oma besucht, nicht Tante Anna oder Opa Karl, auch nicht eine ihrer Freundinnen, sondern es war eine Zugfahrt in ein sinnlich erotisches Abenteuer, mit einem ungewissen Ausgang. Nicht umsonst hatte Alexander die Anreise mit der Bahn »angeordnet«. Er wusste mit Bestimmtheit um die Wirkung.
Sie atmete tief durch. Ein Kribbeln ging durch ihren Körper, ließ sie kurz erschauern. Wenn die wüssten ...
Sie musste nochmals an Alexanders letzte Mail denken, hatte sie sich Wort für Wort eingeprägt: »... wenn du zu mir kommst, gehörst du mir. Ich kann mit dir machen, was ich will. Du wirst meine devote Sub und Votze sein, hast voller Stolz deine Weiblichkeit zu präsentieren. Willig, gehorsam und folgsam akzeptierst du deine devote Erziehung und Benutzung. Du gehst an deine Grenzen, um eine perfekte Sub zu werden. Ich zeige dir deinen Weg ... Bestätige mir das Wort für Wort in deiner nächsten Mail.«
Oft dachte sie an diese Mail. So deutlich hatte sie das nicht erwartet. Schon beim Lesen spürte sie damals, wie ihr Pulsschlag sich erhöhte, ihr Blut in Wallung geriet. Umgehend war sie mit ihren Fingern an ihre nasse Votze gegangen, hatte den Kitzler bearbeitet. Diese mehr als deutliche Ansage hatte sie total aufgewühlt, aufgegeilt. Nochmals hatte sie den Text gelesen, war dabei immer tiefer in einen sinnlichen Rausch gesunken.
Fast schon hörig hatte sie ihm Wort für Wort seiner Mail bestätigt. »... du kannst mit mir machen, was du willst ...«
Was für ein Satz, was für eine Aussage!
Die Buchstaben wurden mehr und mehr unschärfer, wie in Trance taumelte sie damals einem heftigen Orgasmus entgegen. Das war ihr schon lange nicht mehr passiert.
Votze ... Präsentieren ... Gehorsam ... Benutzung ... was für ein Kopfkino!
Wie leicht, lustvoll und intensiv war es ihr gekommen.
Jetzt war sie hier.
***
Vanessa hatte nur Handgepäck dabei. Sie packte die Tasche in den Kofferraum des dunkelblauen Mercedes, warf einen Blick auf das Nummernschild. Sicher war sicher.
Mit Jessica wollte sie über Handy in Kontakt bleiben.
Es musste wohl ein Geschäftswagen sein, denn es war kein hiesiges Kennzeichen.
»Ich wohne etwas außerhalb«, erklärte Alexander. »Es sind etwa zwanzig Minuten Fahrzeit. Wir fahren zu meinem zweiten Wohnsitz. Da ich viel unterwegs bin, um meine Kunden in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz zu betreuen, muss ich so nicht immer in Hotels übernachten. In Hannover wohne ich nahe an meinem Firmensitz. Vor einigen Jahren hat mir ein Freund das Haus angeboten und ich habe es gekauft. Auch wenn das klischeehaft und kitschig klingt, ein paar Tage hier inmitten der Natur, und meine Akkus sind wieder aufgeladen.«
Sie dachte darüber nach, wie Alexander das Spiel mit ihr beginnen würde, gab es aber sofort wieder auf. Sie musste sich eingestehen, dass sie schlicht und einfach keine Ahnung hatte. Sie wusste nicht, was auf sie zukam. Ein seltsames, etwas beängstigendes, anspannendes, aber auch aufwühlendes sinnliches Gefühl.
»Erzähl mir etwas mehr über dich, über dein Leben«, unterbrach er ihre Gedanken.
»Wie fange ich an ... vielleicht mit meiner Ehe. Es war eine schöne Zeit, wir waren viele Jahre glücklich miteinander. Mein Ex und ich hatte guten deftigen Sex, auch aus seiner Sicht war das so, um das Thema mal gleich abzuhandeln.« Sie schaute Alexander lächelnd an. »Aber irgendwie hatten wir uns einfach immer mehr auseinandergelebt, unsere Interessen veränderten sich, wurden zu verschieden. Als es unseren Sohn beruflich nach Amerika zog, spürten wir, dass es nicht mehr passte. Wir wollten beide einen Neuanfang. Nach der Trennung hatte ich lange Zeit keine sexuellen Bedürfnisse. Ich freundete mich mit der neuen Lebenssituation an, genoss es, meine Freizeit nach Lust und Laune zu gestalten. Es war ein neues Leben, unabhängig und frei. Jessica, meine Freundin, lebte seit Jahren in einer offenen Beziehung. Ihr gutdotierter Job ließ ihr alle Freiheiten. Heiraten kam für sie nicht in Frage. Sie hatte eine andere Art der Lebensgestaltung, lebte unter anderem auch ihre Sexualität aus. Jessi redete offen über das Thema mit mir, nannte mir ein paar Partnerbörsen, die ich mir mal anschauen sollte. Sie meinte, dass die Zeit reif sei und ich mich ja ohne Verpflichtung umsehen könnte. Nach vielen Monaten des Single-Daseins, spürte ich eine Veränderung in mir. Vor dem Einschlafen dachte ich doch häufiger an Sex, befriedigte mich wieder öfters selbst. Zunächst ging ich aber in eine normale Single-Partnerbörse, wollte mich einfach mal umsehen. Die Ernüchterung war jedoch groß. Trotz der Masse des Angebotes, entsprachen nur wenige meiner Vorstellung. Die Daten und das Foto eines Mannes gefielen mir. Vierzehn Tage später kam es zum ersten Treffen. Nach dem Besuch eines Cafés folgte ein Stadtbummel. Wir kamen uns näher. Ständig erhielt ich Komplimente, die mir zunächst schmeichelten und ausgesprochen guttaten. Liebesbezeugungen per SMS trafen mehrmals täglich ein, fast pausenlos bezeugte er mir seine Liebe. Abends wurde zusätzlich telefoniert. Das Ganze war mir dann doch etwas zu viel ... Ein ›Ich liebe dich‹ mit mehreren Herzchen, alle drei Stunden ... Er war ein liebevoller und zärtlicher Mann. So war auch der Sex zwischen uns. Es war normaler Sex, etwas zu kontrolliert, etwas zu behutsam. Anfänglich war das für mich so in Ordnung, aber ich spürte schon bald, dass etwas fehlte. Das männliche Element kam zu kurz. Als ich es ihm bei einem Kaffee sagte, fiel er aus allen Wolken. Aber auch nach mehreren Gesprächen ergab sich keine Veränderung. Ich beendete die Beziehung. In diesen Stunden wurde mir bewusst, dass ICH mich verändert hatte. ICH wollte einen neuen, anderen Weg gehen.«
»Wir gleich am Ziel. Erzähl mir nachher, wie es zu dieser Veränderung kam. Ich hatte schon unzählige Gespräche über dieses Thema. Dieses plötzliche ›Aufwachen‹ fasziniert mich immer wieder. Viele empfinden das so, aber dann den Mut zu haben, es auch umzusetzen, den sicheren, eingetretenen Pfad zu verlassen, das erfordert meinen tiefen Respekt. Ich bin sehr neugierig auf deine Version.«