Читать книгу Schläge der Lust | Erotischer SM-Roman - Alexandra Gehring - Страница 4
ОглавлениеMojito
Sie betraten sein Haus am Rande des Waldes. Vanessa staunte nicht schlecht. Es war ein rustikales, auf einer Holzkonstruktion aufgebautes, relativ großes Landhaus, direkt am Waldrand. Im Mittelpunkt stand ein großer Kamin mit einer offenen Feuerstelle. Über dem wuchtigen, rustikalen Holztisch hing ein schwerer, schmiedeeiserner Kronleuchter. In der Ecke stand ein betagtes Klavier. Ein Wandteppich zeigte Jagdmotive.
Vanessa fand es etwas kitschig, altbacken, aber hier in diese ländliche Schwarzwaldidylle passte es.
»Schön gemütlich. Hier kann man sich wohlfühlen«, sagte sie.
»Danke, ich habe das so übernommen. Naja, Teile der Einrichtung sind natürlich Geschmackssache, inzwischen habe ich mich daran gewöhnt. Ich kümmere mich um das Feuer, dann ist es hier gleich mollig warm. Kannst du bitte die Sachen im Kühlschrank verstauen.« Er gab ihr einen Rucksack voller Lebensmittel.
Nachdem sie alles verstaut hatte, schaute sie ihm beim Feuermachen zu. Es kribbelte in ihr. Sie hatte Glück, wie es schien – und das gleich bei ihrem ersten SM-Date. Alles fühlte sich gut an.
Jessi hatte also doch recht gehabt.
Alexander stapelte mehrere Holzscheite übereinander. Bald schon erwärmte das knisternde Feuer den Raum.
Beide saßen sich gegenüber und unterhielten sich weiter.
Vanessa erzählte ihm, dass sie beruflich Lektorin in einem großen bekannten Verlagshaus sei.
Alexander war sehr angetan, wollte Genaueres über ihren interessanten Job wissen.
Nach ihrem Germanistikstudium hatte sie zunächst in kleineren Verlagen gejobbt. Seit einigen Jahren arbeitete sie nun für diese Top-Adresse im Verlagswesen, war auf ihrer Karriereleiter oben angekommen. Heute suchte sie nach Autoren und Manuskripten, die zur Philosophie und dem Programm des Verlagshauses passten, erstellte Zeitpläne, kalkulierte die Kosten, begleitete die Buchprojekte.
Alexander war Mitinhaber einer Software-Firma und in ganz Europa unterwegs, um vor Ort Kunden zu besuchen. »Wir sind bekannt für die Entwicklung von individuellen branchenspezifischen Anwendungsprogrammen. Auch das Thema Datensicherheit ist brisanter denn je, erweitert zurzeit unseren Kundenkreis um ein neues Klientel.«
Gesprächsthemen hatten beide genug. Es wurde ein lockerer Austausch von Informationen auf Augenhöhe.
»Jetzt bist du hier. Wie kam es dazu?«, wollte Alexander wissen.
»Meine Freundin Jessica empfahl mir bestimmte Erotik-Portale. Ich nahm allen Mut zusammen und meldete mich als ›Neuling mit wenig Erfahrung‹ an. Manche Anschreiben waren ganz ansprechend. Leider war die Mehrzahl einfach nur nervig, und wie ich oft dachte, einfach nur bescheuert. Es gab keine Schamgrenze. Hauptsache frech, deutlich und direkt. Ich war nahe dran, mein Profil zu löschen. Ohne mehrfaches, anständiges Schreiben ging bei mir nichts. Du hast mich höflich und humorvoll angeschrieben. Diese lockere, unverbindliche Art gefiel mir. Ich spürte ein Kribbeln, wenn ich deine Texte las. Ich besprach mich mit Jessica. Auch sie fand dein Profil und deine Schreibweise ansprechend. Immer wieder staunte ich über mich selbst, wie ich mich verändert hatte. Zum ersten Mal würde ich freiwillig die Kontrolle abgeben, mich einem Fremden unterordnen, ein nicht kontrollierbares Risiko eingehen, was bisher nun absolut nicht meinem Naturell entsprach.«
Alexander hob die Hand, unterbrach sie. »Wie unhöflich von mir, ich lass uns hier auf dem Trockenen sitzen. Lust auf einen Cocktail? Kennst du Mojito?«
»Mojito ist doch mit weißem Rum und Rohrzucker, oder? Ja, ich liebe den minzigen, süßlichen Geschmack.«
»Schön, dann mixe ich uns einen.«
Sie atmete tief durch, entspannte sich, erfreute sich an dem knisternden, wärmenden Kaminfeuer. Wie unkompliziert hier alles ablief. Was hatte sie sich im Vorfeld für Gedanken gemacht ... Sie beobachtete ihn beim Mixen des Cocktails und die Anspannung fiel immer mehr von ihr ab. Sie musste sich eingestehen, da war schon vom ersten Moment an Sympathie mit im Spiel.
»Stoßen wir auf uns und die kommende Tage an«, sagte Alexander.
Es war das Letzte, an das sich Vanessa erinnern sollte ...
***
Sie erwachte mit starken Kopfschmerzen, rieb sich die Augen, blickte sich irritiert um. Durch das etwas abgedunkelte Dachfenster kam ein wenig Helligkeit. Nur langsam gewöhnten sich ihre Augen an das diffuse Licht.
Sie war im ausgebauten Dachgeschoss eines Hauses. Außer einem Tisch und ein paar übereinandergestapelten Stühlen war es unmöbliert. Mehrere wuchtige Holzbalken durchzogen die schrägen Wände.
Jetzt erst spürte sie ein Ziehen an ihrem Knöchel. Ein Bein war an einem Balken angekettet. Ein Metallreif mit einem Schloss um ihren Fußknöchel hinderte sie am Weggehen.
Sie lag auf zwei übereinandergelegten Matratzen auf dem Boden, konnte sich nicht erinnern, wann oder wie sie in diesen Raum gekommen war. Vergebens versuchte sie, sich an die zurückliegenden Stunden zu erinnern. Der Grund ihres Hierseins war klar: Das musste zum Spiel gehören.
Sein Text »Ich kann mit dir machen, was ich will« kam ihr in den Sinn. Alexander ließ sie seine Dominanz spüren, eine andere Erklärung fand sie nicht. Wie in einem von ihr gesehenen Video, war sie seine Gefangene.
»Warum aber diese Kopfschmerzen?«, murmelte sie vor sich hin. Mit sich selbst redete sie nur, wenn sie nervös war.
Ihre Kleidung bestand aus einem sehr kurzen Rock und einer weißen Bluse – kein BH, kein Slip.
Wer hatte sie ausgezogen und dann wieder so angezogen? Was sollte das alles? In ihrem Kopf pochte es heftig. Krampfhaft versuchte sie, sich zu konzentrieren. Seit dem Cocktail konnte sie sich an nichts mehr erinnern.
»Der Mojito!«, kam es ihr laut über die Lippen.
Sie zählte eins und eins zusammen: Alexander hatte ihr etwas in das Getränk gegeben. Sie war wie vor den Kopf gestoßen, konnte es nicht fassen. Von K.-o.-Tropfen hatte sie natürlich schon gehört. Jetzt erklärten sich auch ihre Kopfschmerzen. Aber warum das Ganze? Sie hätte doch freiwillig mitgespielt. Deshalb war sie ja hier. Was sollte das also?
Sie versuchte, Klarheit in ihre Gedanken zu bekommen.
»Das kann doch nicht wahr sein«, haderte sie mit sich, hoffend, dass sich alles ins Positive klären würde.
Weitere Zeit verstrich, ohne dass etwas geschah. Warum meldetet sich Alexander nicht? So langsamen hatte sie kein gutes Gefühl mehr. Irgendetwas stimmte hier nicht ...
Wie lange befand sie sich schon hier? Ohne Uhr oder Handy war alles reine Spekulation. Der Kaminschacht erwärmte den Raum – wenigstens frieren musste sie nicht. Aber sie spürte den Druck ihrer vollen Blase. Sollte sie laut nach Alexander rufen?
Jemand kam die Treppe hoch ...
Das Licht wurde eingeschaltet.
In schwarzen Jeans und einem dunklen T-Shirt stand eine sehr attraktive, mit sichtbaren weiblichen Attributen ausgestattete Frau vor ihr, etwa Mitte Vierzig.
Vanessa war total irritiert, regelrecht geschockt – hatte sie doch mit Alexander gerechnet.
»Hi! Ich bin Jana. Ich bringe dir etwas zu essen und trinken.« Sie stellte ein Tablett auf den Boden.
Erst langsam fand Vanessa ihre Sprache wieder, war noch immer perplex. »Was geht hier vor? Wo ist Alexander? Was soll das Ganze? Mach mir sofort die Fessel los. Das war so nicht abgesprochen.«
»Das ist typisch für euch geilen Dinger. Wenn es ernst wird, wird erst mal gejammert. Ruf doch gleich nach deiner Mama, oder bete zum lieben Gott, dass er dich rettet.«
Jana holte eine Glasschüssel aus einer Ecke des Raumes und stellte sie neben die Matratze, auf der Vanessa lag. »Wenn du pissi musst, hier bitte. Und noch etwas: Verhalte dich ruhig. Denk nicht daran, zu rufen oder gar zu schreien. Hast du mich verstanden! Wir würden sehr sauer darauf reagieren. Überleg es dir zweimal. Du siehst ja, wir kümmern uns um dich, aber natürlich können wir auch ganz anders.«
Jana verließ den Raum.
Vanessa war wie gelähmt. Noch immer konnte sie sich keinen Reim auf das Geschehen hier machen. Jana sprach von »wir«. Das konnte doch nicht von Alexander ausgehen, das konnte er doch nicht wollen ... Sie hatte ein Date nur mit ihm, sonst mit niemandem.
Bei Licht konnte sie sich erstmals umsehen. Sichtbar war eine Überwachungskamera installiert.
Vanessa setzte sich, so gut es mit der Fußfessel ging, über die Schüssel und ließ es laufen. Die Überwachung war ihr egal. Was sollte sie auch tun. Sie wurde also jederzeit beobachtet, auch beim Pinkeln. Klasse! Sollten sie doch.
Trotzig streckte sie ihren ausgestreckten Mittelfinger in die Kamera. So taff wie sie sich gerade gab, war ihre Gefühlslage allerdings nicht. Im Gegenteil.
Nachdem sie ein paar Bisse von dem belegten Brot gegessen hatte, nahm sie die Wasserflasche und legte sich auf die Matratze.
Das Licht ging aus. Es war ihr recht, so konnte sie besser nachdenken. Nach einem kräftigen Schluck gab sie etwas Wasser in die Hand und befeuchtete ihr Gesicht damit, hoffte, klarer denken zu können.
Hätte Alexander ihr das Essen gebracht, wäre es ein Teil ihrer Erziehung zur Sub. Aber wer war diese Frau, diese Jana? Ihre Gedanken drehten sich im Kreis.
Vanessa hörte ihr Herz klopfen, schloss die Augen, atmete tief durch und beruhigte sich so gut es ging. Warum war sie nur so müde ...