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Das Schicksal der Erde wird besiegelt

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Der Ethikwahrer auf Akriba schaute sich zufrieden in seinen Räumlichkeiten um.

Wenn sich alle Menschen Gedanken darüber machen würden, wo ihr Lebensraum heute steht und weiterhin Überlegungen darüber, wohin sie dieses derzeitige Vorgehen treiben würde, müssten sie doch zu dem Schluss kommen, dass die Menschheit geradewegs auf die Katastrophe zusteuertre. Wo aber lag der Wert einer Katastrophe gegenüber einem normalen Erdendasein? Die Verlockungen dieser Katastrophe schienen unermesslich, als hätte eine dritte Macht den Menschen diese Art Sucht eingeimpft?

Offenbar setzte bei nahezu allen Menschen die Vernunft aus, wenn es um den Schutz des eigenen Planeten ging. Respekt vor der Natur und den Menschen war ihnen abhanden gekommen. Sie waren nicht die Untertanen der Natur. Sie waren die Beherrscher der Natur. Unverständlicher umso mehr, da erkennbar war, wie sie die Natur bekämpften. Auch wenn es durch Unachtsamkeit und Selbstherrlichkeit geschah. In ihren Köpfen schien zu viel durcheinander geraten zu sein.

In der wahren Erkenntnis versagten sie. Die Größe des Lebens hatten sie in ihrer Gesamtheit verkannt. Viele konnten nicht mehr bewusst „Ja“ zum Leben sagen. Andere maßen das Leben ausschließlich an der Größe ihres Aktienportefeuilles und das blieb immer zu klein.

Bald würde C6 bei ihm auftauchen und voller Lebensenergie über seine Erderfahrungen berichten. Er hatte dort bestimmt etwas entdeckt, was ihn in Sehnsucht zur Erde aufrieb. A1 wusste darüber Bescheid, so war es in den vergangenen Perioden gelaufen. So würde es auch diesmal laufen. Mit einem Unterschied, vielleicht. C6 war dem Jünglingsalter entwachsen. Das könnte … Na ja, mal sehen, dachte er. Und schon klopfte es an die Tür, die danach von selbst aufsprang. Er trat ein, C6, der wunderschöne Mann, der es sich nicht hatte nehmen lassen, diesmal seinen Erdenkörper nach Akriba mitzubringen.

A1 schaute ihn an und hatte Freude daran seinen stolzen „Menschen“ wiederzusehen. Die Gestalt von C6 lockte wahrlich Bewunderung bei ihm hervor. Die Gedanken gingen ihm durch den Kopf: „Wenn die Erdenbürger jetzt auch noch wüssten, wie man vorgehen müsste, um ein solches Vergnügen des Körpertausches in andere Sternensysteme zu verlagern, wäre die Unendlichkeit des Alls nicht mehr sicher in seiner Einzigartigkeit.“

A1 ließ seinen Erdenspion an seinen neuen Anschaffungen teilhaben.

An der gegenüberliegenden Wand seiner gemütlichen Wohnung mit integriertem Büro prangte ein Hologramm dieser Erde. Darin hatte der Blaue Planet, in leuchtenden Farben dargestellt, einen Durchmesser von 2,5 m. Um diese Kugel herum rotierte ein Kreis wie die Ringe des Saturn, ebenfalls eines Sonnentrabanten. Allerdings war es kein Gürtel aus Steinen, Felsen und Eis. Der Heiligenschein der Erde stellte sich aus hellblauer, durchscheinender Farbe dar, eine Reflexion der Luftschichten, die den Planeten umgaben. Nach außen hin wurde die Farbe blasser, um ihn in einer tiefen Schwärze nach dem Ring in der Weite des Weltraumes zu versenken.

„Hast Du Ähnliches auf der Erde erlebt, wie dieses Hologramm darstellt?“, fragte er seinen Boten.

„Wenn Du die durchsichtigen Scheiben um den Erdball herum meinst“, ergänzte der junge All-Reisende, „ist etwas gar zu Betrübliches festzustellen.“

„Du meinst die äußeren Ringe? Sag, wie machen sie sich aus?“

„Du wirst einen neuen Pinsel mit stetig wechselnder Farbe nehmen müssen. Das Blau verblasst in der Wirklichkeit. Es wird gelb und grau. Der Blaue Planet, wie er auch auf Erden noch dargestellt wird, ist zu einem Wunschdenken verkommen.“

„Wie wirkt sich das aus?“, fragte A1 erneut überrascht.

„Selbst das Gelb ist kein reines Gelb mehr. Es ist eher giftig, schmutzig.“

„Kein Wunder“, meinte der Boss. Er zog die Stirn kraus und befand sich zum wiederholten Male zwischen allen Stühlen. Er bedauerte außerordentlich die Zerstörung des Planeten durch die eigenen Bewohner und fühlte sich auf der anderen Seite glücklich, in Kürze die Erde ohne großes Tamtam übernehmen zu können.

A1 machte sich Gedanken über die Entwicklung der Menschen.

In den letzten Erdenjahren hatte sich eine dramatische Wandlung vollzogen.

Jetzt tat sich etwas Neues. Die Bedrohungen der Kontinente mit Raketen und dem riesigen Nukleararsenal. Einer hat mehr Tötungsmaschinen als der andere, Raketen, die jeden Winkel des Feindes erreichen könnten, gleichzeitig aber selbst nicht erreichbar sein sollten für die Abwehrmaßnahmen des Feindes.

Es waren die Dinge, auf die ein Staatenlenker zurückgriff, um von sich reden zu machen. Als wahrer Künstler, der den Menschen die Schönheit des Lebens nahebringen konnte, verfehlte er mit einer solchen Verhaltensweise sein Ziel. Ganz im Gegenteil. Sein Lächeln über die Kraft ihrer Tötungsmaschinerie streifte ebenso die von Leid geprägten Gesichter der Menschen, hier und dort.

Die Erdenbewohner versifften ihren eigenen Lebensraum. So wie ihre Waffen immer vernichtender wurden, ihr Kriegspotenzial an Brutalität zunahm, so verdreckten sie andererseits die Luft, die Erde und das Wasser, für viele Generationen. Die einen Waffen waren nach außen gegen einen mutmaßlichen Feind gerichtet, die anderen nach innen, beide waren geeignet, den Lebensraum der Menschen zu zerstören. Beide waren gleichermaßen abscheulich vernichtend. Gerade in dieser Zeit drohte die eine Supermacht mit einer Hyperschall Rakete, die von niemandem aufgehalten und vernichtet werden könnte.

Wie es dem Unternehmenschef gleichgültig zu sein schien, welche Gifte aus den Schornsteinen seiner Fabrik in zweihundert Meter Entfernung von seinem Büro und dreißig, vierzig Meter Höhe geblasen wurde, so zogen sich die Staatenlenker aus der Verantwortung zurück.

Wie die Mutter, die mit einem Geliebten schwatzt, ihre Wahrnehmung ausschließlich auf den Körper des Angebeteten richtete, während der Kinderwagen unbeobachtet mit ihrem Baby auf den Abgrund zurollt.

„Komm, ich will Dir etwas zeigen“, lockte er C6 in einen weiteren benachbarten Raum von der gleichen Größe wie der erste.

Ebenfalls in dem Büro, das sie nun betreten hatten, drehte sich an einer Wand ein Hologramm der Erde im gleichen Format wie in dem Raum zuvor. Und doch unterschied sich dieses Bildnis dramatisch von seinem Vorgänger. Diese dreidimensionale Verkörperung der Erde in leuchtenden Farben zeigte die ganze Misere, in die sich die Menschen hinein katapultiert hatten. Sie hörten es rauschen und klatschen.

„Was ist das Klatschen?“, fragte C6.

„Es ist die Begleitmusik des Untergangs, das aufeinander Schlagen der Plastiktüten und anderer Plastikteile bei geringstem Wellengang. Bisher haben die Menschen keine ernst zu nehmenden Ideen geäußert, wie sie ihrem eigenen Drama entgehen könnten. Es fehlt ihnen dazu, wie sie selber sagen, der politische Wille, zumindest handeln sie so. Lieber kippen sie weiterhin zwanzig Millionen Tonnen Plastikmüll Jahr für Jahr mit zunehmender Tendenz in die Weltozeane. Das Denken und Handeln der Erde ist zu kurzsichtig angelegt, als dass sie davon Abstand nehmen könnten. Dabei aber neigen sie dazu, jeweils die andere Seite der Fehler zu bezichtigen.“

Der Gestank berührte ihre Nasen und schmatzende Filme liefen an ihren Augen vorbei. A1 lächelte, schnippte mit den Fingern, trat drei Schritte zurück und kreierte den Gedanken: „Los geht’s“.

Die Bilder der Erdkugel vor ihren Augen gewannen an Schärfe und Farbintensität. Das Hologramm legte in der Umdrehung an Geschwindigkeit zu. Mit ihren Gedanken näherten sie sich der Oberfläche des Planeten auf den er es abgesehen hatte.

„Ja, leider ist es genau so, wie das Hologramm es darstellt. Ich habe es oft genug erlebt. Die Atmosphäre verdunkelt sich, die Meere werden vergiftet mit Plastik und schwimmendem Dreck. Niemand denkt daran, ihn herauszufischen“, untermalte C6 die Vorführung. „Niemand denkt auch nur annähernd daran, das Plastik Zeugs aus Ihrem Leben zu verbannen.“

Und A1 kam erneut der Gedanke an Menschen, die bewusst eine negative Tendenz in das Streben junger Menschen, die sich um den Planeten Sorgen machten, einfließen ließen, indem sie das Wort „Verzichtgesellschaft“ als bedrohlich darstellten.

Und diese mit Plastik überschwemmten Meere formten sich in dem Augenblick zu einer anklagenden Visage, der Fratze des Untergangs. Allein an der amerikanischen Küste sammelt sich ein Plastikdreck von der fünffachen Größe Deutschlands, hieß ein Kommentar zu den Hologrammbildern.

„Macht weiter so“, empfahl A1 zynisch. Ein starker Strahl verließ sein Gehirn und die winzigen Gedankenwellen erreichten in Ideenschnelle die Oberfläche der Erde. C6 erschrak heftig. A1 schaute ihn mit einer großen Vermutung an. Hatte C6 jetzt bereits eine starke Bindung zur Erde? Und welcher Art war diese?

„Geht weiterhin so leichtfertig mit den Ressourcen eurer wunderschönen Erde um“, sagte er grinsend und schüttelte seinen Kopf dabei.

Dort, auf dieser traumhaften Erde hatte der Boss mehrere Ziele auserkoren von sogenannten Negierern. Es waren mächtige Menschen, deren Stimme überall galt, die aber den Schutz der Natur und der ganzen Erde in Ihren Aktionen vernachlässigten. Deserteure, die sich vom Volk abgewandt hatten und ausschließlich das Ego im Sinn hatten. Er machte sich die Verräter zu Partnern, die die Klima Veränderung, das Dahinsiechen der Gletscher, die Verseuchung der Luft durch industrielle Schadstoffe und einiges mehr, verleugneten. Er war folglich dabei, die zerstörerischen Elemente auf der Erde zu unterstützen. Alles, was ihm half, den Planet Erde möglichst ohne Kampf zu übernehmen, fand seine Unterstützung. Und die Menschen sind zu dumm, als dass sie die gezielte Einflussnahme von außen erkennen konnten.

Die radikal erscheinende Argumentation des Chefs ließ den jungen Spion erschauern. Die glatten Vernichtungsszenarien von A1 veranlassten den zurückgekehrten Erdenbesucher seine Position zu überdenken, während A1 seine weitere Vorgehensweise erläuterte.

„Einige bedeutende Menschen können mir helfen, den schönen Planeten ohne großen Kampf zu übernehmen. Es sind die Verräter an der eigenen Erde. Sie sind die Nestbeschmutzer und Zerstörer des Lebensraumes Erde. Es ist für mich leicht gewesen, die leeren Köpfe für mein Ziel so zu beeinflussen, dass sie politisch gesehen jeden weltweit schützenden Eingriff zum Wohle der Natur verhinderten.“

C6 zeigte sich entsetzt ob der krassen Vernichtungsorgie, die A1 inszenierte.

Auch dieses Mal erreichte die gesonderte Klientel der Gedanke von A1: „Alles in bester Ordnung. Ein Klimawandel, wenn überhaupt, ist durch die Sonneneruptionen bedingt, der Mensch kann nichts daran ändern.“ Diese Gläubigen des alleinigen Sonneneinflusses und Verleugner menschlichen Dazutuns sprachen ab sofort mit seiner Stimme.

„Es ist wirkungsvoller als es sich die Menschen vorstellen können“, flüsterte C6, als spräche er über ein Geheimnis. „Die Menschen denken stets nur von Nachricht zu Nachricht, die als Einzelgeschehnis unbedeutend bleiben würde. Die Summe all der vielen Katastrophen, hat niemand je addiert, natürlich auch die gleichzeitigen Wirkungen nicht. Auf Erden sprach man höchstens von einzelnen katastrophalen Klimaveränderungen. Die Kumulierung einzelner Katastrophen zu nicht umkehrbaren Veränderungen waren nicht sichtbar genug. Sie, die Erdenbürger brauchten dazu gröbere Erkenntnisse. Sie verleugnen den heran rauschenden Untergang. Sie wollen ihn nicht wahrhaben. Das Abstreiten der Probleme ist ihr Versagen.“

„Ein Problem wird dadurch nicht geringer, wenn man es verleugnet. Mir scheint, es ist die Angst vor der Wahrheit. Es ist die unverantwortliche Vogel-Strauß-Politik, die den Erdball in den Untergang treibt.“

In dem Moment wälzte sich auf ein Naherholungsgebiet aus einer hohen Ritterburg mit vielen Schornsteinen in Raubrittermanier ein unbegrenzter Schwall giftiger, dunkler Gase und stinkender, blutrünstiger Todesengel und stürzte sich auf die wehrlosen Bürger, raubte ihnen den Atem und die klare Sicht.

Sie hinterließen Atemnot, Krankheiten, siechende Qual und bösartige Todeskrämpfe . Über kurz oder lang stahlen sie den Menschen das Leben. Die Schwärze für sich allein hinterließ eine tödliche Bedrohung, geschweige denn die Zutaten und böswilligen Turbulenzen des chemischen Angriffs.

Es waren die schädlichen Abgase eines Chemiegiganten, die sich, unbeachtet ihrer Gefährlichkeit, ohne Kontrolle und Warnung auf den Weg machten, die Erde zu vernichten und mit ihr jegliches Leben.

„Dies ist das, was man auf der Erde wissenschaftlichen Fortschritt in der Wirtschaft nennt,“ gab C6 betrübt von sich.

Der Boss auf dem fremden Planeten grinste angeekelt, als er den Film gedanklich auf Details schaltete. Sichtbar wurde in einem der großen Ozeane ein riesiges Schiff, das sich der Kategorie Kreuzfahrtschiff zugehörig fühlte und das die Wellen durchpflügte. Ein Schiff, zwar neu, aber hässlich wie die Nacht. Wohnblock an Wohnblock gereiht, keine Unterschiede. Ein Projekt, dass beispielhaft die Ziele der Menschen verkörperte: Gier und Gewinn. Wo blieb die Ästhetik einer Seereise?

„Sieh Dir das an“, meinte A1, „dieses prachtvolle Schiff mit so viel Geldgier stiehlt die Ästhetik.“

In dem Moment öffnete der Ozeanriese eine seiner gewaltigen Heckklappen und spuckte tonnenweise dreckigen, stinkenden Müll heraus, der sich in Windeseile breitflächig auf der Wasseroberfläche verteilte. Die Zoomanlage von A1 konnte mehr als nur die Objekte näher heranholen. Sie zeigte ihm über die Fakten hinaus, die Wirkungen und Konsequenzen des Fehlverhaltens. Mit einer intergalaktischen Brille war er in der Lage das Bild in jedem Detail nahe zu sich heranzuziehen. A1 nahm alles wahr, was in Strichen und Punkten, in Farben, Geräuschen und Gerüchen geschah.

Er hustete und schwenkte seinen Blickkontakt zu einer anderen Seite. Dort glitzerte und blinkte es aus Millionen Plastiktüten, schwimmenden Dosen und vielfältigen Medikamentenschachteln, die das Wasser zu einer einzigen chemischen Brühe verkommen ließen. Sie alle bedeckten inzwischen einen Großteil der Ozeane. Jetzt schon fragte sich A1: „Wie viel Dummheit der Menschen vertragen die Meere eigentlich noch?“

„Stell Dir vor“, erwähnte er seinem Boten gegenüber, „all die feinen Damen und Herren in ihren vornehmen Kleidern beim Kapitänsdinner würden ab sofort an der nächsten Anlegestelle hinausgeschickt werden und müssten nach einer ersten Runde des Hirndurchschwimmens durch diesen Plastikdreck vier oder fünf Stunden arbeiten, um den Müll, der sich inzwischen an den Ufern angesammelt hätte, wieder einsammeln. Natürlich ohne Lohn. Ich kann nicht verstehen, was an meinem Vorschlag schlecht sein sollte? Ja, sie werden es tun müssen“, ließ er sich vernehmen. „Es ist ein letzter Versuch, sie wieder zur Vernunft zu bringen.“

Er demonstrierte seinem Mitarbeiter C6 mit welcher Macht die Akribaler die Erde retten und zur Vernunft bringen könnten, wenn sie denn wollten.

„Einen Teil dieser Fähigkeiten werde ich Dir beibringen“, sagte er.

C6 überlegte, was sein Boss nun wirklich vorhätte. Die letzten Worte zumindest bewiesen seine Zerrissenheit bezüglich der Erde.

A1 wiegte seinen Kopf. Er entschied sich für ein Gefühl der Einsicht und lächelte dazu. Nichts konnte ihm lieber sein, als die Zerstörung des Lebensraumes der Erde durch die derzeitigen Bewohner selbst. Obwohl ihn immer wieder der Widersinn seiner Gedanken verwirrte ob seines Zynismus’:

„Ich hätte es am liebsten, wenn die Erde in ihrer ganzen Schönheit erhalten bliebe. In diesem Fall allerdings sind die Menschen mit der Zerstörung der Ozeane intensiv beschäftigt.“

„Ja“, bestätigte C6. „Erstaunlich, sie berichten zwar ab und zu in den Fernsehnachrichten und den Zeitungen darüber, als wäre es in einem Kindernachrichtensender, mehr geschieht aber nicht. Die Entrüstungen über den Dreck der Anderen halten bei den meisten gerade die Zeit der Lektüre durch. Grund dafür ist auch sicherlich, dass nahezu jeder dieser Erdenbürger an der Verseuchung seines eigenen Lebensraumes mitwirkt. Nein, nicht alle Schiffe spucken den Plastikmüll ins Meer. Aber viele, wie ebenso viele Menschen in jedem Wald, an jedem Bach und Fluss ihren Plastikabfall einfach fortwerfen. Wer es nicht glaubt, sollte mal ein paar Mal an verschiedenen Tagen durch den gleichen Wald spazieren. Selbst hundert alte Autoreifen habe ich dort schon gefunden. Rücksichtsloses, unüberlegtes Handeln.

Gerade auch, was das Thema Feinstaub anbelangt, beeilt sich jeder Bürger, sich mit Autofahrten, Kaminheizungen, Flugreisen an der Zerstörung der Atemluft zu beteiligen.“

„Tja,“ ergänzte C6, „So geschieht es vorrangig in Industriegebieten auf der Erde. Es heißt zwar immer wieder, das ist wichtig und erhält Arbeitsplätze, dennoch ließen sich viel mehr Schadstoffe aus den Abgasen und der stinkenden Luft herausfiltern, wenn sie nur endlich wollten. Eher verlautet von offizieller Seite: Das geht nicht, das kostet zu viel Arbeitsplätze. Oh nein, oh nein, das ist völlig falsch. Es würde das Topmanagement vielleicht einen Teil ihrer Aktien kosten. Sie sind aber nicht bereit, ihre Gewinne mit den Leuten aus der Umgebung zu teilen.“ Na ja, schob er hinterher. Das mit den Aktien sei nicht so wörtlich gemeint. Aber die Gewinne der Unternehmen ließen schon gute Filteranlagen zu.

Und wenn schon, müsste man sich fragen, welche Arbeitsplätze würde es kosten? Es können nur Arbeitsplätze von denen sein, die das Gift in die Luft blasen, und die uns damit vergiften wollen. In anderer Hinsicht können Arbeitsplätze bei den Herstellern entsprechender Filteranlagen und neuer hilfreicher Produkte und erfindungen geschaffen werden.

„Was meinst Du damit?“, fragte ihn der Boss, „gibt es da brauchbare Ansätze?“

„Nun, mehr als das. Da gibt es Unternehmen, zumindest habe ich eins kennen gelernt voller junger Leute und voller Ideenreichtum. Sie sind dabei ein System zu entwickeln, das es ihnen ermöglicht, diesen Dreck wieder aus der Luft zu ziehen und ihn nicht nur gut abzulagern, sondern noch als Brennstoff für die Heizungsanlagen sowohl privater als auch öffentlicher und industrieller Gebäude zu nutzen. Eine fantastische Idee, allerdings mit starken Widerständen.Es gibt sogar Stahlproduzenten, die eine neue Art der Energiegewinnung über Wasserstoff schufen. Aber auch die leiden unter heftigsten Widerständen.“

„Warum das?“

„Öl, Gas, Industrieunternehmen, Energieproduzenten, bestehende Verschmutzer der Erde haben etwas dagegen.“

„Ach“, meinte A1, „die übliche Gier nach Kapital.“

Nach kurzer Gedankenpause meinte er:

„Alles Quatsch, es ist eher so, als planten sie bewusst den Untergang.“

Es war die Situation, bei der sich C6 fragte, wo A1 eigentlich stehen würde. Will er den Untergang der Erde bewusst beschleunigen oder will er sie lieber retten. Er erkannte die Zerrissenheit, in der sich der Boss befand, daraus würde sich noch manch eine gestresste Situation ergeben. Gleichzeitig entschied er sich bei allen Wegen, die er vorhatte, seine eigene, klare Entscheidung vor Augen zu halten. Die war nun seit kurzer Zeit ein wenig verändert. Er hatte in Erfahrung gebracht, dass es wohl Unternehmen und vor allem junge Startups gab, die sich mit neuester Technologie für die Rettung der Erde beschäftigten. Um ihr wohltuendes Potenzial würde er sich in Zukunft mehr kümmern müssen.

C6 hatte sich ob der Heftigkeit der Reaktion von A1 erschrocken. Offenbar war das Maß über die Zerstörungswut der Menschen an ihrem eigenen Planeten bei seinem Boss voll. So voll, dass er an eine Lösung im guten Sinne nicht mehr glaubte, was seine Entscheidung offenbar sehr stark beeinflusst hatte.

„Na, wenn sie denn so wollen“, sagte der Chef an C6 gewandt, „wenn sie wüssten, dass sie ihr Lebenselixier vernichten. Dass sie die Ozeane brauchen wie die Luft zum Atmen, ja es ist die Luft zum Atmen. Und es geht nicht nur um das gesamte Zerstörungspotenzial. Sie merken noch nicht einmal, dass es auch um das eigene Leben, um das Leben der Kinder und Kindeskinder geht.“

Er lächelte seinen Starspion an und meinte süffisant: „Ich hoffe nicht Deinem Nachwuchs auf Erden Leid antun zu müssen.“

C6 schwieg verlegen dazu.

Ein schneller Blick auf das eingezoomte Bild auf seinem Hologramm verschaffte ihm einen Überblick über die Vernichtung der Regenwälder. Gewaltige zerstörerische Maschineneinheiten mit Baggern, Raupen, Kettensägen-Kolonnen von riesigen Lastwagen, nahmen den dort lebenden Eingeborenen den Lebensraum. Kreischende Motorsägen und hausgroße Kraftwagen, die abgesägte Bäume, die Hunderte von Jahren zum Wachstum gebraucht hatten, hinweg schleppten, zeichneten ein Bild der Vernichtungswut der Erdenbewohner.

„Hier ist ein Feiglingsspieler am Werk,“ sagte A1. „Jetzt hat er auch noch angefangen den Urwald Amazoniens in Flammen aufgehen zu lassen. Er wird erst damit aufhören, wenn die letzte Flamme von selbst erlöscht. Der Preis für die Hölzer ist jetzt schon zu niedrig, das kann also nicht der wahre Grund für sein desaströses Verhalten sein. Er will die Waldflächen als Ackerflächen nutzen, das hat er den Bauern im Wahlkampf versprochen. Jetzt muss er sein Versprechen einhalten. Sein engster Berater ist einer der größten Landwirte oder Farmer, wenn Du willst. Der Diktator bringt sich in die Verlegenheit, seine Landwirtschaft am südlichen Ende seines Imperiums zu vernichten. Die werden nämlich bald keinen Regen mehr für ihre Viehweiden bekommen. Die Regenwaldbäume haben bisher das Wasser für den Ertrag an Wolken abgegeben. Keine Bäume, keine Wolken, keine Winde mehr nach Süden, dort keinen Regen, keine Weiden und keine Rinder mehr. An Kurzsichtigkeit ist dieser Feiglingsspieler bisher von niemandem übertrumpft worden. Er reißt sich mit seinen Entschlüssen selbst die Klippen hinab. Wahrscheinlicher aber ist noch eine andere Variante seiner Spieltheorie. Es gibt überall auf der Welt große und mächtige Vorbilder für sein irres Verhalten. Ich denke, sie will er alle in die Tasche stecken. Doch bevor er die Taschen auch nur geöffnet haben wird, ist sein Spiel schon zu Ende.

„Da, schau da,“ rief er seinem Boten zu, „siehst Du den kleinen Indianerjungen, er ist gerade einmal vier Jahre alt oder so etwa. Was macht er jetzt? Er schleicht sich an den großen LKW heran, er will die Luft aus dem Reifen lassen. Oh, was ist das?“, rief A1 entsetzt.

Beide sahen, wie der LKW plötzlich anfuhr und den Jungen zermalmte.

Der LKW-Fahrer hatte wohl bemerkt, dass da etwas nicht stimmte, hielt an, fand den Jungen und warf die zerquetschte Leiche angeekelt in das nahegelegene Gebüsch, dann setzte er seine Fahrt fort. Das Thema schien erledigt.

A1 formte die Hände seines Akriba Körpers und streckte sie mit nach vorne gerichteten Zeigefingern aus. Einen kurzen Moment hielt er im Reden inne, konzentrierte sich kurz auf das Geschehen im Urwald. Der gewaltige LKW löste sich in Nichts auf, zerquetschte Sträucher erhoben sich wieder, aus dem Gebüsch krabbelte ein kleiner Junge und lief in sein Dorf. Abgesägte Bäume erhoben sich wie Schmetterlinge vom Boden, standen an ihrem bisherigen Stammplatz und warfen Schatten auf die Erde.

„So könnte es gehen,“ lächelte A1. So wird es aber zukünftig nicht gehen. Wir überlassen euch eurer freien Entscheidung.“

C6 bemerkte erneut die schwankenden Überzeugungen seines Chefs.

Dann fragte er: „Was brauchen die Menschen noch, um die Gefahr zu erkennen? Jeder Straßenköter weiß heute um die Bedrohung. Die CO² Emissionen, verstärkt durch die Abholzung der Regenwälder und die Zerstörung der Meere, wird dramatisch zunehmen. Eines Tages wird der Rest Luft der Erde mit dem übrig gebliebenen Sauerstoff in einer plötzlichen Explosion wie bei einem ungeahnten Gewitter die Erde verlassen. Eine letzte Sauerstoffglocke wird, nur für die Astronauten auf der ISS sichtbar, wie eine Zipfelmützen von dem Blauen Planeten gezogen werden. Nicht mehr rückführbar. Umgehend werden die Menschen ersticken bis auf die letzte Frau oder den letzten Mann. Das Taschentuch vor dem Mund wird nicht mehr helfen, wenn sie hechelnd nach nicht vorhandener Luft schnaufen. Die letzten Feiglingsspieler sitzen erstarrt vor ihren Whiskygläsern.“

Ein neuer Gedanke von A1 über die zahlreichen Müllschiffe schaltete sein Hologramm auf „Summe“. Sogleich wurde ihnen eine Addition aller Schiffe gezeigt und von allen gleichen oder ähnlichen Vorfällen auf der Erde. An diesem Tag, zu dieser Stunde und Minute entleerten 15324 Schiffe, gleich welcher Größe, ihre Müllkontainer in das Wasser

„Die Statistik sagt uns, dass allein damit viele Millionen Fische ihren qualvollen Tod finden und den Menschen als Nahrung versagt bleiben. Allein in dieser Minute! Wie viel andere mögen jämmerlich an dem Plastikzeugs zugrunde gehen? Ihre Speiseröhren, Luftwege und Ausscheidungsorgane versperren sich mit dem Müll. Wo bleibt die Verantwortung aller? Die Reiseveranstalter, die Reedereien, die Schiffbauer, die Kunden, die Kapitäne? Sie alle geilen einer Sucht nach, die da heißt: Ich habe den größten Geldbeutel.

Diese gewaltige Menge an Plastik wird in den Meeren zerrieben und treibt sich als Mikroplastik in den Ozeanen herum, bis hin zur Antarktis, wie neuere Messungen der Erdwissenschaftler ergeben haben. Aber ebenso in Flüssen, Seen, in Wäldern, auf den höchsten Bergen und schönsten Aussichtsplattformen. Mikroplastik gelangt schnell und einfach in die Nahrungskette, in den menschlichen Magen, von dort ins Blut und macht aus den Menschen in wenigen Jahren eine Plastikfigur, auf die sie auch noch stolz zu sein scheinen. Von Plastik durchdrungene Gehirne scheinen sie jetzt schon zu besitzen, sonst würden sie anders handeln.“

A1 gab sich damit nicht zufrieden. Wobei es ihm widerlich war, mit diesen Seelen in Übereinstimmung zu sein. Viele schienen wirklich nicht mehr ganz klar im Kopf. Kaputt in dem Sinne, dass parallel zur Zerstörung der Umwelt zu erkennen war, dass sie im gleichen Takt die Zerstörung der eigenen Seele und des Körpers betrieben oder längst betrieben hatten. Warum das so ist, fragte er sich selbst und gab sich auch selbst seine eigene Erkenntnis als Antwort: „Ihnen fehlt vollends die Verantwortung! Wem die Verantwortung fehlt, der hat keinen Sinn für diese Erde, der kann sie nicht lieben, der ist in seinen Handlungen zu primitiv und in egozentrischem Gedankengut verfangen.

Das Verrecken als Wunsch, sogar als Ziel, ungeheuerlich.“

„Zurückzuführen ist diese verkorkste Gesellschaft, dieser Haufen Kleingeister sicher darauf, dass ihm zum großen Teil schon seit langem und mit wachsender Bereitschaft dieses Verantwortungsbewusstsein komplett abhandengekommen oder nur noch bruchstückhaft vorhanden ist“, drückte A1 seine Sorgen aus. „Sie begründen ihre eigene Hölle mit Wollust. Es ist die Wollust, ein pralles Bankkonto zu haben, die Wollust, großen Besitz zur Schau zu stellen, die Wollust, sich alles leisten zu können, die Wollust, am meisten Mikroplastik im Körper zu haben“, schob er nach.

Noch einmal schaltete A1 auf Naheinstellung. Sie entdeckten in dem Meeresmüll eine Menge halb gefüllter Kondome, Baby- und Seniorenwindeln, rot gefärbte Damenbinden und Tampons.

„Alles für die Hygiene der Fische“, warf A1 ein. „Als aparte Geschmacksverstärker für die menschliche Nahrungskette.“

„Die Erde braucht keinen Einschlag eines Asteroiden, um zu verrecken“, ergänzte C6. „Luft, Erde und Wasser sind willkürlich dem Genuss, der Verschwendungssucht und Zerstörungswut der Menschheit preisgegeben. In diesem Fall geht es auch um Genussgier. Vor allem Luft und Wasser, aber ebenso Boden und generell das Leben werden von Unternehmen extensiv genutzt, weil sie darin ihr Versagen verbergen können. Ein Versagen, das demonstriert, dass sie zwar Filter in entsprechend guter Qualität entwickeln, sie aber aus mangelnder Bereitschaft die Umwelt und die Menschen rundherum zu schonen, nicht einsetzen wollen. Und das warum?

Weil es Geld kostet und ihre Gewinne verringert. Luft steht scheinbar jedem Unternehmen unbegrenzt für die Produktion zur Verfügung. Es bekommt sie frisch und kostenlos herein und gibt sie verdreckt wieder ab. Sie brauchen nichts dafür zu bezahlen. Weder die Menge des Eingangs noch der Ausgang des Luftverbrauchs und der Luftqualität sind zu kontrollieren. Ein Bild konnte ich mir davon machen, als ich gerade kürzlich nachts über Chemieanlagen und Stahlwerke der Erde schweifte. Diese Unternehmen, die ich antraf, sorgen selbst für die gute Möglichkeit einer eingehenden Wahrnehmung des Ausstoßes ihrer giftigen Gase.“

„Sag das einem eingefleischten Kapitalisten“, bestätigte A1, „und er spricht nur noch von Dir als Nörgler, als Schwarzseher, als Schöpfer von Untergangsszenarien, die Wahrheit will niemand hören.“

„Sie kann keiner mehr vertragen“, nickte C6. „weil sie zu grausam ist und alle mehr oder weniger daran beteiligt sind. Nun zurück zu meinem letzten Nachtgeisterflug über Industrieanlagen.

Über den Dächern und Schornsteinen, von auffallenden Scheinwerfern, wie auf einem Jahrmarkt angestrahlt, qualmt das Verderben der Menschheit über große Auspuffrohre in die Luft gestoßen, die sie Schornsteine nennen. Um der dreckigen Luft noch den letzten Sauerstoff zu entziehen, werden aus vielen Abgasrohren bissige Gase abgeflämmt. Sie werden Katalysatoren genannt. Das lateinische Wort soll dem Giftpfeil mehr Harmlosigkeit verleihen. Wie all den vielen giftigen Ausstößen der chemischen Industrie. Wie viel giftiges Zeug in die Luft geblasen wird, sich nach kurzer Zeit auf die Erde herabsenkt, ließ sich nicht feststellen. Es wird auch kaum von jemandem gemessen.

So, wie ich gesehen habe, werden vorrangig nachts die Gifte der Produktion ungefiltert in die Luft gepustet. Menschen bei ihren rauschenden Sex-Spielen, die sich auf die gegenseitigen Körpergerüche einlassen wollen, erhalten stattdessen Chemiegestank, der nach Benzol, Toluol, Styrol stinkend ihren Reizhusten verstärkt und statt Ejakulation bei Männern und Frauen einen Hustenauswurf oder Erbrochenes verursacht.“

A1 erinnerte sich bei diesen Bildern an den Dieselskandal der größten Automobilhersteller. Immer, wenn es zum TÜV zur Abgasmessung ging, setzte die Bauernschläue des Managements von Automobilherstellern, wie VW, Audi, BMW, Mercedes usw. ein.

„Die Software im Computernetz des Autos registrierte sofort, aha, das ist eine Kontrolle: ‚Abgasminderung einschalten’. Eine ähnliche Betrugsgeschichte schrieb eine Tochter dieses Konzerns, die nur Sportwagen produzierte. Es kam der Tag, an dem die Behörde 60.000 Wagen in die Werkstätten zurückrief: wegen eines solchen Betruges. Und wie hieß es vonseiten des Herstellers dieser Fahrzeuge?

'Ach es tut uns furchtbar leid, da haben wir uns vertan', ließ ein Hersteller verlauten.

Na Gott sei dank haben sie sich nicht vertan, als es um ihre Managergehälter ging. Eine irrtümlich aufgespielte Software hätte ihnen die Löhne des Reinigungspersonals gezahlt. Die Arbeiter aber erhielten die monatlichen Beträge des Top-Managements. Wäre doch einmal ein guter Gag. Aber es ist die Geilheit der Verantwortungslosigkeit, die Sucht nach Geld und Gewinn, die selbst die Sucht nach Rauschmitteln bei weitem übertrifft.“

„Wer wollte jetzt behaupten, eine ähnliche Betrugstechnik könnte nicht bei den Schornsteinen bzw. Abgasrohren eingesetzt werden? Wenn es um Betrug geht, scheint das Management unerschöpfliche Gedankenwege zu verfolgen, überlegte C6 laut.

Dabei werde auch Geruch in feinen und feinsten Partikeln weitergegeben, diese Art von Partikeln ließe sich durch Filter eliminieren und in feste Salze übertragen, die offenbar nicht mehr stinken und sich besser entsorgen ließen, hatte er zumindest vom Innenministerium gehört.

„Es ist immer dasselbe, mit Wonne pusten ihre Fabrikschornsteine die giftigen Abgase in die Luft, zulasten aller anderen, nur nicht zu eigenen“, erwähnte er noch A1 gegenüber

„Ich werde bei einigen Abhilfe schaffen“, dachte C6 lapidar, „ich werde meine Fähigkeit, die Dinge zur Umkehr zu zwingen, einsetzen.“

Das wiederum war es, was A1 nicht wollte, den Zugriff seiner fähigen Mannen auf das System der Erde. Es wäre zu einfach für die Menschen. Sie sollten selber sehen, wie sie zurecht kämen. Aber er erwähnte seine Gedanken C6 gegenüber nicht. Auch zwischen ihnen galt das Prinzip der Nichteinmischung. C6 würde wissen, was er zu tun hätte.

„Einzelne ernst und bedeutsam dreinblickende Unternehmensfürsten einiger Wirtschaftsgattungen verstehen es immer wieder, sich als Schaffer von Arbeitsplätzen und damit als elementar für die Gesellschaft darzustellen“, meinte C6, „als Schaffer von Grabplätzen auf dem Friedhof wollen sie nicht gelten, dabei wäre das der logische Umkehrschluss.“

Dabei lächelte der Ethikwahrer still in sich hinein. Er freute sich über diese Einstellung einiger Gier-Kommandanten, die ihn seinen Zielen näher brachte.

„Das ist ihre neue Religion“, sprach er zu C6. „Der anderen, der seit mehr als 2000 Jahren vorherrschenden christlichen Religion, bedienen sie sich nur noch des Scheins wegen.“

„Es ist tatsächlich so?“, fragte C6 und erhielt gleich die Antwort darauf:

„Der Manager, nicht jeder, aber etliche, besucht sonntags die heilige Messe, um gesehen zu werden, und werktags vergiftet er die Luft zum Atmen, das Wasser zum Trinken und die Erde zum Gemüseanbau. Letztlich vergiftet er das Leben. Dieses Leben und die Unversehrtheit der anderen spielt schon lange keine Rolle mehr. Es steht sehr viel auf dem Spiel. Es sind zwei Seiten ein und derselben Medaille. Hier das Wohl des Unternehmens und des Managements, dort die Gesundheit der gesamten Menschheit.“

C6 hatte die einseitig gefärbte Antwort seines Bosses wohl vermerkt, der darauf sofort weiterfuhr:

„Das „Ich“ gegenüber dem „Wir“ steht im Vordergrund dieser Leute. Vergifte den anderen, nur nicht mich, ist ihr Glaubenssatz. Die Menschheit kennt dieses Prinzip seit langem“, ergänzte A1. „Es ist ein Verhaltenskodex, der darauf abgerichtet ist, eine potenzielle Bedrohung oder Gefahrenlage nicht zu lösen, sondern auf andere zu verschieben:

Heiliger Sankt Florian, Verschon’ mein Haus, Zünd’ andre an!“

A1 machte sich Gedanken über die verschiedensten Entwicklungsstufen des Menschen. So wie es schon immer Parallelentwicklungen der Menschengruppen gab in den Jahrhundert, Jahrtausend und Jahrmillionen dauernden Prozessen, so kann es sie heute noch genauso geben. So kann es sein, in der Gruppe radikaler Unternehmer befinden sich wie bei den Radikalen schlechthin Menschen aus der Gruppe der Denisova, die sich parallel zum Homo Sapiens entwickelten und sich letztlich mit diesem Homo Sapiens vermischten, allerdings mehr aus dem Wesen der Denisovaner übernommen haben. Kein Wunder, wenn dieser Typus das gleiche Aussehen des Homo Sapiens hat, dennoch von seiner Entwicklung her andere Charakterzüge aufweist. Ich würde niemals einen Menschen abwerten“, meinte A1 lächelnd, „wir müssen stets seine individuelle Entwicklung berücksichtigen, vor allem wenn er eben aus dieser Gruppe der Denisova stammt.“

Grinsend wiederholte er für alle Erdenbewohner: „Wir werden bei der Übernahme die teuflischen Sünden der Gesellschaft ohne Ansehen der Person aufdecken. Wir werden Korruption bekannt geben, die Verbrechen der vernetzten Kreise darlegen und Namen nennen.“

Er schaute C6 an, der in lautes Lachen gefallen war.

„Das sind die Worte neuer Politikerkreise, die eine Regierung übernehmen. Hat sich danach etwas geändert? Nichts. Absolut nichts“, sagte sein kluger Bote, nachdem er sich beruhigt hatte.

„Wird der Mensch noch von einer besseren Entwicklung profitieren können, oder ist er längst über den vergifteten Bach gesprungen?“, fragte er sich selbst nachdenklich.

In dem Moment rief eine gewaltige Explosion die beiden Akribaler an das Hologramm zurück.

A1 wusste, es war ein Geschehen aus der kürzlichen Vergangenheit, die aber für die Wesen von Akriba zur Gegenwart zählte. Ein Chemiewerk, das sich Seveso nannte, war in die Luft geflogen. Tausende von Tonnen Feinstaub, Chemieabfälle und Gifte überschwemmten ein schönes Land, reagierten untereinander zu noch stärkeren Gifteinheiten und schufen eine neue No Go Area, also „nicht betretbares Gebiet“. Vor allem aber trugen sie zu ungeheurem Leid bei, blinde, neugeborene Behinderte und tief Verletzte gab es in dieser Gegend danach vielfach verstärkt. Ein Grund mehr, die Erde zu übernehmen. Denn auch nach diesem Unglück kam nirgendwo eine Entschuldigung und ein eventueller Ausgleich. Das Sicherheitsniveau wurde kaum verändert.

„Ja“, meinte A1, „wir sehen schon allein auf diesem Gebiet der Abgasemissionen genügend Potenzial, die Betreiber auf ihre Verantwortung der Menschheit und nicht der Quartalsbilanz gegenüber hinzuweisen. Nützt es etwas? Nichts, absolut nichts. Allein dieser Bereich der Verfehlungen verschiedener Menschheitsbosse reicht uns, um bei der Ethikgruppe des Planetenrates die Erlaubnis einzuholen, die Erde in ein paar Jahren zu übernehmen.“

Sie fragten sich dagegen still ohne Wirkung für ihr Handeln:

„Wo bleibt die Liebe bei den Bossen der Menschheit?“

Das Feiglingsspiel

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