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"Was ist das denn?"

"Das ist Kaffee, Bount. Und zwar so stark, dass wenigstens eine geringe Chance besteht, dass du gleich nicht wieder einschläfst, wenn du deinem Klienten gegenübersitzt!"

Bount Reiniger, der bekannte New Yorker Privatdetektiv, verzog den Mund, nachdem er den ersten Schluck genommen hatte. Der Kaffee schmeckte bitter, aber im Moment bedeutete er wohl die einzige Chance, auf die Schnelle ein paar Lebensgeister zurückzurufen. In den letzten Nächten hatte der Privatdetektiv so gut wie überhaupt keinen Schlaf bekommen. Bount war im Auftrag eines Reeders Hafen-Piraten auf die Spur gekommen, die ganze Containerladungen verschwinden ließen. Nächtelanges Observieren hatte ihn schließlich zum Erfolg geführt und in der letzten Nacht war die Bande dann in flagranti erwischt und verhaftet worden.

Kein angenehmer Job, aber ein sehr einträglicher.

"Ich hoffe nur, dass dieser Klient einen Auftrag hat, der sich tagsüber erledigen lässt", murmelte Bount an seine hübsche Assistentin June gewandt, während er sich mit der flachen Hand über das Gesicht fuhr.

June strich sich das enganliegende, dunkelblaue Kleid glatt, das ihre wohlproportionierten Formen ziemlich exakt nachzeichnete.

"Wer weiß", erwiderte sie und warf dabei ihre blonde Mähne in den Nacken. "Vielleicht bekommst du den Auftrag gar nicht, wenn der Gentleman drüben im Büro etwas von deiner Verfassung mitkriegt. Der macht mir nämlich einen sehr dynamischen und energiegeladenen Eindruck."

"Wer ist es denn?"

"Er heißt Mark Franklin und leitet eine literarische Agentur, die sich auf das Vermitteln von Lizenzen sogenannter 'Bücher zum Film' spezialisiert hat. Mehr konnte ich ihm nicht aus der Nase ziehen. Er will mit dir persönlich reden."

Reiniger zuckte die Achseln, trank den Rest des Kaffees und betrat dann sein Büro. Er versuchte dabei einen halbwegs frischen Eindruck zu machen.

Mark Franklin unterzog Bount einer eingehenden Musterung. Der Privatdetektiv spürte deutlich, dass er in diesen drei Sekunden gewogen und eingeschätzt wurde. Bount reichte ihm die Hand und stellte sich vor.

"Sie sollen sehr gut in Ihrem Geschäft sein, Mister Reiniger", begann Franklin.

Er hob mit einer hilflosen Geste beide Hände und setzte dann hinzu: "Um die Wahrheit zu sagen: Es ist das erste Mal, dass ich jemanden wie Sie aufsuche. Man hat Sie mir empfohlen..."

"Wo brennt's denn?", fragte, während er sich hinter seinen Schreibtisch setzte.

"Es geht um einen meiner Mitarbeiter. Leslie Craven. Er ist verschwunden."

Bount runzelte die Stirn und lehnte sich etwas zurück. "Erzählen Sie", murmelte er, während er sich eine Zigarette zwischen die Lippen steckte.

Franklin hob die Schultern. "Letzten Mittwoch bat Leslie mich um ein paar Tage Urlaub. Gestern war Montag, da hätte er eigentlich wieder in der Agentur auftauchen müssen. Aber er ist nicht gekommen."

"Ist er während seines Urlaubs weggefahren?"

"Keine Ahnung, ich habe ihn nicht gefragt. Aber selbst wenn ihm etwas dazwischen gekommen wäre, so dass er am Montag nicht ins Büro hätte kommen können, dann hätte Leslie kurz durchgerufen und mir Bescheid gesagt. Da bin ich mir absolut sicher. Leslie ist ein hundertprozentig korrekter Mitarbeiter...", der Agent seufzte, "...und dazu noch ein sehr wichtiger!"

Reiniger rieb sich die Schläfen und versuchte krampfhaft, ein Gähnen zu unterdrücken, was ihm schließlich gelang.

"Was macht Craven bei ihnen?"

"Er ist sehr sprachgewandt", erklärte Franklin. "Französisch, Spanisch - und sogar Japanisch. Für das Auslandsgeschäft ist das ein unschätzbarer Vorteil. Und unser Geschäft ist längst international. Wenn ein Hollywood-Streifen auch in Übersee ein wenigstens mittelmäßiger Erfolg wird, dann besteht die Chance, dort auch die entsprechenden Buchprodukte zu vermarkten: Den Roman zum Film, ein Buch mit Fotos zum Film, ein Buch über den Star des Films, in dem einen oder anderen Fall sogar eine Comic-Adaption oder ein Fotoroman." Man konnte Mark Franklin den Verdruss deutlich ansehen, den er empfand. "Wie gesagt, die Auslandsgeschäfte lagen zum großen Teil in Leslies Händen und nun stehen wir ziemlich dumm da, wie Sie sich denken können!"

Bount nickte. Er konnte sich denken, worauf das Ganze hinauslief. Aber er war nicht sonderlich begeistert davon. "Ich soll diesen Craven für Sie auftreiben, stimmt's?"

"So ist es."

"Er ist erst seit gestern überfällig. Das ist eigentlich noch kein Grund, einen Privatdetektiv zu beauftragen."

"Unter normalen Umständen hätten Sie vielleicht recht. Aber kommen noch ein paar Dinge hinzu, die das Ganze in einem merkwürdigen Licht erscheinen lassen."

"Und was wäre das?"

"Ich gehe immer als letzter aus dem Büro. So auch am Mittwoch. Unten im Parkdeck beobachtete ich dann, wie Craven sich mit zwei Kerlen herumstritt. Ich konnte leider nicht verstehen, was gesagt wurde, weil ein Wagen vorbeifuhr. Aber eine freundliche Unterhaltung war das nicht. Einer der beiden Kerle hatte eine Pistole. Es sah aus wie ein Straßenraub oder so etwas. In diesen finsteren Parkdecks kann man sich seines Lebens heute ja nicht mehr sicher sein."

Bount horcht auf. "Was geschah dann?", fragte er.

"Leslie hat sie fertiggemacht, auch den mit der Waffe. Ein paar geübte Schläge und die Kerle lagen im Dreck. Ich hatte bis dahin keine Ahnung, dass er so etwas drauf hat! Leslie ist dann ins Auto gestiegen und davongebraust."

"Und die Kerle?"

"Keine Ahnung. Ich habe zugesehen, dass ich ebenfalls in meinen Wagen kam. Wie gesagt, ich hielt die beiden für Straßenräuber und ich hatte keine Lust, ihr nächstes Opfer zu werden."

"Ich verstehe", nickte Bount.

Franklin grinste. "Ich bin nämlich nicht gerade sportlich, wenn Sie verstehen, was ich meine."

"Haben Sie die Gesichter gesehen?"

"Nur von einem. Der zweite Mann stand im Schatten."

"Beschreiben Sie ihn!"

"Er hatte vielleicht Ihre Größe, Mister Reiniger. Ein paar Zentimeter weniger, aber nicht viel. Blondes Haar, hoher Stirnansatz. Ich habe ihn aber auch nur ganz kurz von vorne gesehen." Er machte eine kurze Pause, dann fiel ihm noch etwas ein. "Ach ja, er trug eine Lederjacke mit der Aufschrift Eagle."

"Und was vermuten Sie nun?", fragte Bount. "Eine Entführung? Vielleicht waren es wirklich Straßenräuber."

Franklin zuckte die Achseln. "Möglich. Aber ich bin gestern bei seiner Wohnung gewesen. Seine Vermieterin behauptete, niemanden zu kennen, der Leslie Craven heißt."

"Waren Sie in der Wohnung?"

"Nein. Aber es war ein Schild angebracht, dass sie zu vermieten sei. Außerdem ist sein Wagen abgemeldet."

Bounts Augen wurden schmal.

"Woher wissen Sie das denn?"

"Ich habe einen Bekannten bei der Zulassungsstelle. Ich dachte, dass die Adresse vielleicht nicht mehr aktuell ist, die in Cravens Papieren steht und hoffte, so vielleicht an ihn heranzukommen. Seine Wagennummer kenne ich ja, schließlich hat er einen reservierten Platz auf dem Parkdeck."

Bount nickte nachdenklich. Wenn man das alles zusammennahm, dann war schon einiges merkwürdig an der Sache.

"Was glauben Sie, was passiert ist?", fragte Bount.

Franklin zuckte mit den Schultern. "Ich habe nicht die geringste Ahnung. Irgendwelche Lösegeldforderungen hat es bis jetzt nicht gegeben, aber das kann ja noch kommen. Ich weiß nur, dass Leslie verschwunden ist."

"Haben Sie eine Vermisstenanzeige aufgegeben?"

"Ja, habe ich. Aber Sie wissen doch besser als ich, was bei so etwas herauskommt, Mister Reiniger. Und im Augenblick unternehmen die noch gar nichts. Ein Mann, der den zweiten Tag nicht ins Büro kommt! Die haben mich überhaupt nicht richtig ernst genommen!"

Das konnte Bount sich lebhaft vorstellen. "Okay", murmelte er. "Ich werde sehen, was sich machen lässt."

"Am Geld soll es soll es nicht liegen", meinte Franklin. "Gleichgültig, wie unverschämt Ihre Tagessätze auch sein mögen - ein Mitarbeiter wie Leslie Craven ist das auf jeden Fall Wert!"

"Erwarten Sie trotzdem keine Wunderdinge von mir, Mister Franklin."

"Ich bin Realist." Und im nächsten Augenblick legte Franklin dann eine Mappe auf den Tisch. "Das ist Cravens Personal-Akte. Ich denke, die werden Sie brauchen."

Bount Reiniger - Mörderspiel

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