Читать книгу Atemlose Spannung für den Urlaub: Vier Krimis: Krimi Quartett - Alfred Bekker, Frank Rehfeld, Karl Plepelits - Страница 14
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ОглавлениеAls wir an diesem Morgen das Hauptpräsidium in Berlin erreichten, hatten wir von dem Anschlag auf MdB Johannes E. Moldenburg bereits aus den Nachrichten erfahren. Danach hatte sich am Vorabend eine Festhalle in Wismar in einen Ort des Schreckens verwandelt, als ein Unbekannter damit begann, den MdB unter Feuer zu nehmen.
Die Informationen, die in die Öffentlichkeit gelangt waren, blieben ziemlich dürftig, was mit Sicherheit auch fahndungstaktische Gründe hatte.
Aber ein terroristischer Hintergrund galt als sicher. Zumindest wenn man davon ausging, was in den Medien verbreitet wurde.
Als mein Kollege Rudi Meier und ich das Hauptquartier des BKA betraten, wussten wir noch nicht, dass man wenige Augenblicke später uns den Fall übertragen würde.
“Guten Morgen”, grüßte uns Dorothea Schneidermann, die Sekretärin unseres Vorgesetzten. Sie deutete auf die Tür zum Büro unseres Chefs. “Gehen Sie gleich weiter. Fahren Sie nachher mit dem eigenen Wagen nach Wismar oder soll ich Ihnen irgendwas buchen. Der nächste Flugplatz…”
“Sie scheinen schon mehr zu wissen als wir”, stellte Rudi fest.
Dorothea Schneidermann lächelte. “Jedenfalls habe ich Ihnen sicherheitshalber ein Hotelzimmer für die Nacht gebucht, da Sie vermutlich dort zu lange zu tun haben werden, um noch nach Berlin zurückzufahren.”
“Mit dem Wagen müssten das etwa zweieinhalb Stunden sein”, meinte ich.
“Planen Sie besser drei ein”, sagte Dorothea. “Und da seit dem Attentat auf MdB Moldenburg überall Kontrollen durchgeführt werden, dauert es vielleicht sogar noch länger.”
“Na, dann wissen wir ja immerhin schonmal so ungefähr, was auf uns zukommt”, sagte Rudi.
Wir betraten das Büro von Kriminaldirektor Hoch an seinem Schreibtisch und beendete gerade ein Telefonat.
“Guten Morgen”, sagte er knapp und deutete mit einer Geste an, dass wir uns schonmal setzen sollten. “Sie sehen, dass hier der Teufel los ist”, sagte Kriminaldirektor Hoch, während das Telefon erneut klingelte. Während wir uns setzten, nahm unser Chef ab. “Ich rufe gleich zurück”, versprach er und legte wieder auf. “Das war das Ministerium. Sie können sich denken, worum es geht.”
“Den Fall Moldenburg”, sagte ich.
“Exakt.”
“Die Medien berichten seit gestern Abend über nichts anderes als über das Attentat auf den MdB”, meinte Rudi.
Kriminaldirektor Hoch erhob sich von seinem Platz. Die Ärmel seines Hemdes waren hochgekrempelt. Die Krawatte hing ihm bereits zu dieser frühen Tageszeit wie ein Strick um den Hals und der erste Knopf war offen. Er ließ die Hände in den weiten Taschen seiner Flanellhose verschwinden und atmete dann einmal sehr tief durch. “Kurz gesagt, Sie beide werden damit beauftragt, diesen Fall zu lösen. Ihnen steht die gesamte Bandbreite unserer Möglichkeiten zur Verfügung - und Sie wissen ja, dass unsere Behörde da ein breites Repertoire hat. Das Attentat geschah in Wismar, und da ist das BKA hier in Berlin für die operative Umsetzung zuständig. Ich habe bereits mit dem zuständigen Dienstellenleiter telefoniert, genauso wie mit dem Chef der Landespolizei. Sie bekommen jede Unterstützung, die Sie brauchen. Und da der Terrorismus-Verdacht quasi auf der Hand liegt, wird es auch kaum irgendwelche juristischen Widerstände geben, wenn es um die Genehmigungen von Durchsuchungen und Abhörmaßnahmen und dergleichen geht.”
“Wenigstens ein Problem, das wir also in diesem Fall nicht haben werden”, seufzte ich.
Kriminaldirektor Hoch nickte. “Ich weiß, was Sie meinen, Harry. Der Druck der Öffentlichkeit und insbesondere aus der Politik wird in diesem Fall immens groß sein. Die ersten Statements von Abgeordneten wurden bereits verbreitet.”
“Lassen Sie mich raten: Die fordern vermutlich reihenweise schärfere Gesetze und versuchen die Geschichte dazu zu nutzen, dass sie mal wieder eine Fernsehkamera in den Fokus nimmt und sie sich vor ihren Wählern als tatkräftige, entschlossener Macher präsentieren können”, sagte ich.
“So läuft das Spiel”, nickte Kriminaldirektor Hoch. “Und wenn es dann um die Abstimmungen für den nächsten Haushalt geht, und man den Wählern erklären müsste, weshalb wir ein paar Euro mehr für unsere Arbeit benötigen, dann sind dieselben Leute plötzlich abgetaucht. Aber das ist ein anderes Thema. Ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um Sie vor dem Druck abzuschirmen, der aus dieser Richtung auf Sie ausgeübt werden sollte. Machen Sie einfach einen guten Job, wie ich es von Ihnen gewohnt bin.”
“Sie können sich auf uns verlassen”, erklärte Rudi.
“MdB Moldenburg ist bekannt dafür, sich immer wieder nachdrücklich für eine härtere Gangart gegen Terroristen im Ausland eingesetzt zu haben”, erklärte Kriminaldirektor Hoch. “Von daher ist es nicht aus der Luft gegriffen, dass das Attentat einen Zusammenhang mit diesem Themenkomplex hat.”
“Aber sicher ist das keineswegs?”, hakte ich nach.
Kriminaldirektor Hoch hob die Schultern. “Wir ermitteln in alle Richtungen, Harry. Ergebnisoffen. Natürlich liegt ein Zusammenhang zum internationalen Terrorismus nahe, aber bisher gibt es keine Bekenner-Nachricht. Also keine vorschnellen Festlegungen, auch wenn man den Medien zu folge annehmen könnte, dass das alles längst erwiesen ist.”
“Mal eine ganz andere Frage”, sagte ich. “Wie geht es dem MdB eigentlich?”
Kriminaldirektor Hochs Gesicht wurde sehr ernst. “MdB Moldenburg ist inzwischen in einer Klinik hier in Berlin untergebracht worden. Er liegt im Koma und es steht nicht fest, ob er daraus je wieder erwachen wird.”
“Darüber war in den Medien bislang noch nichts zu hören gewesen”, stellte ich fest.
“Der Gesundheitszustand von MdB Moldenburg ist top secret”, erklärte Kriminaldirektor Hoch. “Im Übrigen ist es wohl einzig und allein dem gleichermaßen beherzten wie fachgerechten Eingreifen unseres geschätzten Kollegen Dr. Wildenbacher zu verdanken, dass Moldenburg überhaupt noch lebt.”
“Wildenbacher war anwesend?”, fragte ich.
Kriminaldirektor Hoch nickte. “Er sollte eigentlich im Laufe des Abends eine Auszeichnung für seine Verdienste um das öffentliche Wohl aus der Hand des Ministers annehmen. Aber dazu ist es dann aus den bekannten Gründen nicht mehr gekommen.”