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Unsere Unterhaltung hatte sich irgendwie totgelaufen, und so beendeten wir sie dann in stillschweigendem beiderseitigem Einvernehmen.

Wir hatten jeder etwas erfahren, das wir zuvor noch nicht gewusst hatten. Und jeder von uns hatte dafür auch etwas bieten müssen.

Doch dieses Spiel war jetzt ausgereizt. Keiner wollte mehr drauflegen.

Ich für mein Teil blieb skeptisch, als ich die Bank verließ und Flash Gordon nachsah, der eigentlich Oswald hieß und anscheinend ein nicht so schlimmer Finger war, wie ich bisher geglaubt hatte.

Eines stand wohl fest: Vor Oswald würde ich in Zukunft Ruhe haben − zumindest wenn er wirklich ein Profi-Schnüffler war, denn dann musste ihm klar sein, dass seine Rolle als mein Schatten zu Ende war. Er war aufgeflogen, sozusagen verbrannt.

Wahrscheinlich würde sich in Zukunft einer seiner Kollegen meiner annehmen.

Ich dachte an mein Rendezvous mit der Friedrichs, und mein Blick ging unwillkürlich zur Uhr am Handgelenk.

Ich war zu spät dran. Vermutlich war sie nicht mehr am Treffpunkt.

Aber egal, eine Tasse Kaffee konnte ich jetzt ohnehin vertragen. Und so konnte ich sie dort einnehmen, wo wir uns verabredet hatten.

Es war ein Stehcafé der besseren Sorte, schon deshalb, weil es nicht so zog und an ein paar Haken Zeitungen für die Gäste hingen. Dafür war der Kuchen nicht besonders toll, aber man kann ja nicht alles haben.

Mein Blick ging die runden Tische entlang.

Ich sah ein paar Frauen in den Wechseljahren lebhaft schnattern und in einer so atemberaubenden Schnelligkeit Wörter und Sätze produzieren, dass es selbst mich, immerhin einen Profi auf diesem Gebiet, in Erstaunen versetzte.

Und dann waren da noch ein paar Schüler, vielleicht fünfzehn oder sechzehn, von denen man kaum etwas hörte. Ab und zu ein schrilles Gekicher von einem der Mädchen oder ein sonores Brummen von einem der Jungen, aber es blieb recht verhalten.

Jedenfalls, bis einer plötzlich ausrief: "Mann, das ist ja echt geil! Endgeil sogar!"

Die Entwicklung der deutschen Sprache ist halt noch nicht ganz abgeschlossen!, dachte ich.

Ein anderer Tisch wurde von drei Türken besetzt. Sie hatten alle drei Schirmmützen und schwarze Schnurrbärte. Und jeder von ihnen nannte zusätzlich auch eine stramme, dicht oberhalb des Gürtels gelegene Kugel sein Eigen, die man gemeinhin wohl Bauch nennt.

Von ihrer Unterhaltung verstand ich kein Wort. Von den mittelalten Frauen dafür mehr, als mir lieb war.

Sie hatten furchtbar penetrante, eindringliche Stimmen, und in diesem Moment hätte ich mir kaum etwas so sehr gewünscht, als dass sie ihre Unterhaltung auf Türkisch geführt hätten.

Ich blieb in der Nähe des Eingangs stehen und sah mich eingehend um.

Von Annette war nirgends eine Spur zu entdecken, und ich wusste im Augenblick nicht so recht, ob ich das wirklich bedauern sollte. Schließlich schien es ja ganz so, als seien diejenigen, die sie mir als die bösen Buben hingestellt hatte, in Wahrheit gar nicht so böse, während sie selbst entschieden fauler sein musste, als ich bisher angenommen hatte.

Ich ließ mir einen Kaffee geben und balancierte meine bis zum Rand gefüllte Tasse schließlich an einen Tisch, an dem noch Platz war.

Der aufgedunsene, hoch aufgeschossene und im Gesicht puterrote Mann, mit dem ich diesen Tisch nun teilte, schien von meiner Anwesenheit alles andere als begeistert. Er musterte mich kritisch, und ich revanchierte mich, indem ich mit ihm dasselbe tat. Jägerhut, Jägerjacke, ein dickes Jägerfernglas ...

Ich war froh, dass er im Moment nicht auch noch seine Flinte dabei hatte. Er schaute mich ziemlich böse an. Aber in dieser Beziehung bin ich hart im Nehmen.

Er schnaufte unüberhörbar und nahm einen Schluck von seinem Kaffee. Meine Güte, du trinkst Kaffee? Siehst aber ganz danach aus, als würdest du schon von einer halben Tasse Malzkaffee an den Rand des Herzinfarkts gebracht!

Während sich der Jäger dann in die Überschriften der Bildzeitung vertiefte, kehrten meine Gedanken zu Annette Friedrichs zurück. Vielmehr zu ihrer Handtasche, die in diesem ganzen Drama − oder war es vielleicht nicht doch eher eine groteske Komödie? − eine wie auch immer geartete Schlüsselrolle zu spielen schien.

Ich versuchte, mir noch einmal die Dinge zu vergegenwärtigen, die Rehfeld aus der Tasche herausgeholt hatte. Da waren der Schlüsselbund, die Pillen, die Tampons, die Filme für eine Kleinbildkamera und das Kokain.

Rehfeld, diese bornierte und etwas zu fett geratene Kopie von Batman, dem Schrecken aller Supergangster, hatte natürlich nur auf das Kokain geschaut und triumphiert. Er hatte das weiße Zeug genommen, um es mir dann in Form einer Schlinge um den Hals zu legen.

Aber was die Substanz der ganzen Geschichte anging, hatte ihn dieses Manöver nicht einen Zentimeter weitergebracht.

Nicht einen!

Was war es, das − nach Oswalds Worten, nicht ihr gehörte?

Das bisschen Kokain konnte es kaum sein. Dafür veranstaltete niemand ein solches Theater. Das galt sowohl für Annette als auch für denjenigen, der Oswald und seine Spießgesellen engagiert hatte.

Aber was dann?

Vielleicht war Rehfeld inzwischen schon schlauer, vorausgesetzt, er hatte die Filme entwickeln lassen. Möglich, dass es nur Urlaubsfotos waren, vielleicht aber auch etwas anderes. Etwas, das solch einen Aufstand lohnte und auch noch die Spesen eines Privatdetektivs trug.

Etwas, das vielleicht auch den Mord an Jürgen Lammers gelohnt hatte!

Dasselbe galt auch für den Schlüsselbund. Vielleicht nur Wohnungs- und Autoschlüssel, vielleicht aber auch Schlüssel für ein Bankschließfach oder Ähnliches, in dem düstere Geheimnisse begraben lagen!

Die Tampons schienen mir alles in allem am wenigsten verdächtig zu sein. Was konnte man damit schon anstellen − mit Ausnahme dessen, wofür sie gemacht waren?


Acht besondere Krimis: Roman-Koffer

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