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Es würde einige Zeit dauern, bis Jana Herzog über das schreckliche Erlebnis hinwegkommen würde, das hinter ihr lag. Nachdem ich mit ihrer Vernehmung fertig war, nahm Roy mich zur Seite.

Er schien sehr darauf bedacht zu sein, dass Jana nicht mitbekam, was er mir zu sagen hatte.

»Was ist los?«, fragte ich.

»Hier, das war in Maiks Schreibtisch«, sagte er und hielt mir einen Hefter mit Kontoauszügen unter die Nase. Ich nahm den Hefter und blätterte etwas darin herum.

»Er hatte einen beneidenswert hohen Kontostand«, stellte ich fest. »Außer Miete, Strom und dergleichen scheint fast nichts abgebucht worden zu sein...«

Roy nickte.

»Das kann zweierlei bedeuten«, raunte er. »Entweder Maik war sehr sparsam oder...«

»Du meinst, er hat seinen Lebensunterhalt aus einer anderen Quelle als seinem Gehalt bestritten?«

»Das hast du jetzt gesagt«, gab Roy zu bedenken.

Wir wechselten einen Blick.

Uns war beiden nicht wohl dabei, einen solchen Gedanken überhaupt auszusprechen. Jana kam aus dem Schlafzimmer heraus. Sie blickte kurz zu uns hinüber und vermied es sichtlich, den Kopf zu Maiks Leiche hinzuwenden.

Ich atmete tief durch und gab Roy den Hefter mit den Auszügen zurück.

Ein Verdacht war schnell gesät. Auch gegen einen Kollegen. Ich dachte im ersten Moment daran, Jana auf den Kontostand anzusprechen.

Aber dann ließ ich es. Nicht heute, dachte ich. Später, falls sich der Verdacht erhärten sollte. Wir wussten einfach noch zu wenig. Außerdem konnte ich mir nicht vorstellen, dass ein Vorzeige-Kollege wie Maik Sutthoff vielleicht Honorare der anderen Seite kassierte. Natürlich gab es auch bestechliche Beamte in allen Bereichen der Polizei. Aber sie waren die absolute Ausnahme.

Und bei Maik konnte ich einfach nicht glauben, dass es bei ihm auch der Fall sein sollte.

»Es ist nur ein Indiz«, gab Roy zu bedenken. »Aber eines, das wir im Auge behalten sollten.«

»Ja«, murmelte ich.

Jana ging auf mich zu. Ich trat ihr entgegen.

»Brauchen Sie mich noch?«

»Im Moment nicht... Haben Sie jemanden, der sich ein bisschen um Sie kümmern könnte?«

»Ich habe eine Schwester, die wohnt in Altona. Ich denke, dort werde ich für ein paar Tage hinziehen...«

»Das ist keine schlechte Idee. Sagen Sie mir die Adresse, damit ich Sie erreichen kann.«

»Natürlich«, hauchte sie.

In diesem Augenblick ertönte eine Stimme von einem Bandgerät. Es war der Anrufbeantworter, der auf einer Kommode stand. Stefan Carnavaro hatte ihn eingeschaltet. Nur ein Anruf war gespeichert worden. Eine Männerstimme meldete sich, ohne den Namen zu nennen.

»Na, wie fühlst du dich jetzt, du Superbulle!« Die Stimme klang rau und kehlig. Und sehr wütend. »Hast du schon die Zeitung gelesen? Heute haben Sie Leon verurteilt... Das Leben meines Sohnes ist jetzt ruiniert, Maik. Und meins auch. Nur, weil du nicht über deinen Schatten springen konntest. Ich hoffe, du fühlst dich gut dabei!« Eine Pause folgte. Dann ein heftiges Atmen. »Du kotzt mich an, Maik...« Dann ein Knacken in der Leitung. Der Anrufer hatte aufgelegt.

Ich bemerkte Janas Anspannung.

»Wer war das?«, fragte ich.

»Kevin Kunze«, gab sie Auskunft. »Vor ungefähr einem Jahr hat sein Sohn Leon einen Mann erschlagen, bei dem er Spielschulden hatte. Es war Maiks Fall. Er hat Leon überführt. Kevin hat von Maik verlangt, ein Auge zuzudrücken und Beweise zu unterdrücken. Das wäre damals auch möglich gewesen. Maik hätte nur die Ermittlungen in eine andere Richtung lenken müssen, bis etwas Gras über die Sache gewachsen wäre. Schließlich wäre das nicht der erste unaufgeklärte Todesfall in Hamburg gewesen...«

»Wie kam dieser Kunze auf die Idee, dass Maik so etwas tun würde?«

»Weil sie in Afghanistan Kameraden gewesen waren. Bei derselben Einheit. Deshalb. Kevin meinte immer, Maik sei ihm noch etwas schuldig. Aber Maik machte seinen Job.«

»Und von wann stammt dieser Anruf?«

Sie zuckte die Achseln. »Muss gestern gewesen sein. Ich glaube nicht, dass einer von uns beiden den Anrufbeantworter noch abgehört hat.«

»Sie haben das jetzt zum ersten Mal gehört?«

»Ja«, nickte sie. »Außerdem - gestern war die Urteilsverkündung gegen Leon Kunze. Ich habe es in der Zeitung gelesen.«

Stefan Carnavaro, der uns die ganze Zeit über zugehört hatte, machte jetzt einen Schritt auf Jana zu. Er hielt einen Schlüssel in der Hand.

»Wissen Sie, wozu der hier passt?«, fragte er.

Jana schüttelte den Kopf.

»Keine Ahnung.«

»Sieht nach einem Schließfach aus«, kommentierte ich.

Jana wurde sehr einsilbig. Eine leichte Röte überzog ihr Gesicht. »Wenn Maik so etwas besessen hat, dann hat er mir nichts davon gesagt. Ich sehe den Schlüssel zum ersten Mal! Wo haben Sie ihn her?«

Stefan hob die Augenbrauen.

»Er war hinter der Leiste des Türrahmens versteckt!«


Dreimal fachgerecht gemordet: Krimi Großband 3 Romane 10/2021

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