Читать книгу Dreimal fachgerecht gemordet: Krimi Großband 3 Romane 10/2021 - Alfred Bekker - Страница 22
Оглавление15
Ich folgte dem Mann im grauen Anzug. Er kaute auf irgendetwas herum oder tat zumindest so. Es ging einen schmalen Flur entlang. Wir kamen in einen Sektor, der als PRIVAT gekennzeichnet war.
Vor einer Stahltür hatte ein Leibwächter im Maßanzug Posten bezogen. Die Ausbuchtung des Jacketts ließ auf eine Waffe schließen. Aber offenbar wusste der Kerl Bescheid. Er machte keinerlei Schwierigkeiten, trat zur Seite und öffnete uns die Tür wie ein wohlerzogener englischer Butler.
Wir betraten ein weitläufiges Büro in modernem Design.
Russo schien ein Mann von Geschmack zu sein. An der Wand hingen einige Expressionisten. Und vermutlich waren sie echt.
Mario Russo war ein wabbelig wirkender Mann, der ungefähr zweieinhalb Zentner wiegen musste. Sein Gesicht wirkte aufgedunsen und konturlos. Sein edler Cool Wool-Anzug war eine Sonderanfertigung, die perfekt auf seine Körperformen hin maßgeschneidert zu sein schien. Die grellgelbe Seidenkrawatte mit dem aufgestickten doppelten Dollarzeichen wirkte geschmacklos. Ein seltsamer Kontrast zu den Expressionisten...
Auf seinem Knie saß eine schlanke, sportlich wirkende Blondine mit festen Brüsten und einem volllippigen Schmollmund. Das Kleid, das sie trug, war so knapp, dass ihre Beine fast in gesamter Länge zu bewundern waren.
Sie wirkte etwas irritiert.
»Ihr könnt gehen!«, grunzte Russo seine Leute an. Der Mann mit der hakenförmigen Narbe atmete tief durch und zögerte zunächst. Erst nachdem sein Chef ihm einen durchdringenden Blick zuwarf, verzog er sich. Zusammen mit dem Türwächter.
»Für dich gilt das auch!«, wandte er sich dann an die Blonde und schob sie von seinem Knie herunter. Er gab ihr noch einen Klaps auf den Hintern, bevor sie den Raum verließ. Russo erhob sich.
»Darf ich nochmal Ihren Ausweis sehen?«
»Sicher.«
Ich gab ihn ihm und er warf einen nachdenklichen Blick darauf. Er wollte Zeit gewinnen, das war alles. Mein Instinkt sagte mir das. Ich nahm den Ausweis wieder an mich und Russo fragte: »Wie kann ich Ihnen helfen, Herr Jörgensen?«
»Indem Sie die Wahrheit sagen!«
»Sehr witzig. Wollen Sie meine Zeit verschwenden?«
»Bei Ihnen war ein Mann namens Hansgeorg Kallmann angestellt.«
»Kallmann...«
»Barmixer, hier im Magic!«
»Ach ja, Georgie! Ich habe ihn heute Abend noch nicht gesehen. Muss wohl seinen freien Tag haben.«
»Er ist heute Abend erschossen worden...«
»Oh, wie schrecklich!« Aus Russos Mund klang das wie Hohn.
»Ich würde sagen, dass Ihnen das sehr gut ins Konzept passt!«
»Was Sie nicht sagen, Herr Jörgensen. Wird es jetzt Zeit für mich, meinen Anwalt zu rufen? Sie wollen ein Alibi?«
Mein Lächeln war äußerst dünn.
»Ich nehme an, Sie haben sich auch in dieser Hinsicht gewappnet!«
Er grinste frech. Und seine Augen wurden noch kleiner dabei.
»Das Zuckerpüppchen, dem Sie gerade begegnet sind, wird jederzeit jedes Alibi bestätigen, Herr Jörgensen...«
»Ich sage auch nicht, dass Sie Kallmann umgebracht haben...«
»Was wollen Sie dann hier?«
»Ich nehme an, dass Sie der Auftraggeber sind!«
»Eine fantastische Geschichte, Herr Jörgensen! Gute Barmixer sind so schwer zu kriegen wie...«
»Gute Geschäftsführer?«, vollendete ich.
Er lief dunkelrot an. Er verstand sofort, worauf ich anspielte. Auf die Sache mit Victor Voß, der in seinem Wagen erschossen worden war.
»Auch so eine Sache, die man mir anhängen wollte... Ich scheine ein paar Feinde beim Kriminalpolizei zu haben...«
»Ganz im Gegenteil«, sagte ich. »Es hat den Anschein, als hätten Sie einen ganz besonders guten Freund dort gehabt...«
»Ach, ja?«
»Jedenfalls sagte uns das Kallmann, als er sich mit uns am Hafen traf.«
Russo wurde blass. Ich studierte genau sein Gesicht. Die Augen flackerten unruhig. Für diesen kurzen Moment hatte er die Fassung verloren. Ich konnte ihm förmlich ansehen, was er jetzt dachte. Er zermarterte sich das Hirn darüber, wie viel Kallmann uns noch erzählt hatte...
War ja möglich, dass die Killer zu spät zugeschlagen hatten...
»Einer der Killer, die Kallmann umgebracht haben, wurde bei der anschließenden Schießerei übrigens selbst über den Jordan geschickt...«
»So?«
»Sandro Marin. Der arbeitet doch für Sie...«
»Glauben Sie, ich kenne die Namen all meiner Angestellten?«
»Aber den Namen kennen Sie, da bin ich mir ganz sicher, Herr Russo. Und das wird sich auch beweisen lassen... Jedenfalls ist auch da eine Spur, die direkt hierher, in dieses Büro führt.«
»Was Sie nicht sagen... Entweder Sie legen langsam mal Beweise auf den Tisch, oder ich werfe Sie achtkantig raus, Herr Jörgensen! Kommen Sie wieder, wenn Sie einen Haftbefehl oder so etwas haben!«
Er bewegte sich mit einer für ihn erstaunlichen Schnelligkeit zum Schreibtisch. Sein fetter Arm langte zum Telefonhörer. Ich war genauso schnell und drückte auf die Gabel.
»Sie sind vorläufig festgenommen, Herr Russo. Sie sind verdächtig, den Mord an Hansgeorg Kallmann in Auftrag gegeben zu haben. Sie haben das Recht zu schweigen...«
»In achtundvierzig Stunden bin ich wieder auf freiem Fuß, Sie Schmalspur-Bulle!«
»Abwarten«, erwiderte ich.
In diesem Moment ging die Tür auf.
Es war Roy.
Aber er war nicht allein. Mit ihm kam unser Kollege Kronburg. »Unsere Leute sind jetzt da!«, meinte Roy.
Ich wandte mich an Jörg. »Ich hoffe, du bringst auch einen Durchsuchungsbefehl für diesen Laden mit!«
»Aber sicher! War ganz schön schwierig, das heute Abend noch hinzukriegen...«
Russos Gesicht wurde jetzt völlig formlos. Eine dicke Furche erschien mitten auf seiner Stirn.
»Was haben Sie vor?«, fragte er.
»Wir werden jeden befragen, der für Sie arbeitet oder sich hier öfter aufhält. Und aus den Aussagen wird sich dann ein Mosaik zusammensetzen«, sagte ich. »Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn Sie all diese Leute so gut instruiert hätten wie ihr Zuckerpüppchen!«