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Wir stöberten Kevin Kunze an einem der nächsten Abende in einer Bar in Hamburg Eppendorf auf. Sie hieß Sloppy's und war relativ gemütlich.

Es war dort nicht viel los an diesem Abend.

Kevin Kunze saß in sich zusammengesunken am Schanktisch.

Vor ihm stand ein Glas, das so leer war wie der Blick seiner Augen.

Als er uns bemerkte, wirbelte er ruckartig herum.

»Sie?«, ächzte er.

Wir nahmen auf den Barhockern rechts und links von ihm Platz. Roy bestellte Drinks für uns alle.

»Danke«, sagte Kevin. »Ich suche mir meine Trinkgefährten lieber selbst aus...«

»Für mich gilt normalerweise dasselbe«, erwiderte ich.

»Was Sie nicht sagen...«

»Wir sind nicht zum Spaß hier, Herr Kunze.«

»Habe ich mir fast gedacht.« Sein Lächeln war nichts weiter als eine müde Maske. Zynismus und Verzweiflung bildeten eine seltsame Mischung in seinen Zügen. Er sah mich an. »Sie spionieren mir noch immer nach?«

Die Wahrheit war, dass wir ihn durch Kollegen beschatten ließen. Roy und mich kannte er ja. Wir kamen dafür nicht in Frage. Jeden seiner Schritte hatten wir überwachen lassen, genau registriert, mit wem er sich wann traf...

»Was wollen Sie?«, fragte er.

»Immer noch dasselbe«, erklärte ich. »Den Mörder von Maik Sutthoff.«

»Und wieso denken Sie da immer noch an mich?«

»Nun...«

»Eine Art fixe Idee, nicht? Sie haben mich durchleuchtet, haben sich in meiner Wohnung umgesehen... Aber Sie können einfach nicht verlieren, was?«

Ich lächelte dünn. »Sagen wir es so: Ich habe die Angewohnheit, nicht so schnell aufzugeben.«

»Ach!«

»Es hat inzwischen einen weiteren Toten gegeben«, stellte ich fest. »Robert Jäschke. Sagt Ihnen der Name was?«

»Ich habe davon gelesen...«

»Sie kannten ihn, Herr Kunze!«

Er sah mich ärgerlich an. Sein Gesicht war aschgrau geworden.

»Was soll das? Wollen Sie mir diesen Mord auch anhängen?«

»Ich will nur Antworten auf meine Fragen.«

»Da kann ich Ihnen leider nicht helfen. Das ist Ihr Job!«

Unsere Blicke begegneten sich. Ich sah das unruhige Flackern in seinen Augen. Es war ein stummes, mehrere Sekunden langes Duell zwischen uns.

Jetzt mischte sich Roy ein.

Er versuchte es mit einer anderen Tonart. Etwas versöhnlicher.

»Erzählen Sie uns darüber, wie Sie Sutthoff kennengelernt haben.«

»Das war in Afghanistan. Das wissen Sie doch.. Dort befand sich ein riesiges Depot der Streitkräfte. Wir waren beide bei der Wachmannschaft. Aber nur ein paar Monate, dann kam ich zur Sprengstoff-Sondereinheit. Danach haben wir uns aus den Augen verloren.« Er zuckte die Achseln. »Als nachher die Taliban alles überrannten, fiel das gesamte Depot mitsamt den schweren Waffen in deren Hände... Aber das war nach unserer Zeit. Die meisten Soldaten waren da schon weg.« Er grinste mich an. »Soll ab und zu vorkommen, dass man etwas Vergebliches tut, Herr Jörgensen!«

Ich verkniff mir eine Bemerkung.

Roy führte das Gespräch weiter.

»Wann sind Sie Sutthoff wieder begegnet?«

»Was soll das?«, wich Kunze aus. »Sind Sie zu faul die Akten zu lesen?«

»Es war bei der Polizei«, sagte ich dann. »Sie haben beide im selben Revier gearbeitet.«

»Und dieser Robert Jäschke war zur selben Zeit dem Revier zugeteilt!«

Wir hatten Stunden vor dem Computer gebraucht, um das zu bemerken. Aber so war das im Zeitalter der Datenverarbeitung manchmal. Fast jede Information war verfügbar, aber es war gar nicht so einfach, immer das Richtige herauszufiltern.

Kevin Kunze lief rot an.

Sein Zeigefinger richtete sich wie der Lauf einer Waffe auf mich.

»Bei Sutthoff hätte ich ein Motiv gehabt! Und ich gebe mir nicht einmal die Mühe, Ihnen vorzumachen, dass ich dem Kerl eine Träne nachweinen würde... Und jetzt versuchen Sie krampfhaft, auch einen Zusammenhang mit diesem Jäschke herzustellen!«

»Warum reagieren Sie denn so aggressiv?«, fragte ich. »Wir stellen lediglich Zusammenhänge fest! Da gibt es übrigens noch jemanden, der einst in diesem Revier war...«

»So?«

»Sie haben ihn heute besucht. Er heißt Jan Dahms.«

»Sie lassen mich beschatten!« Er lachte heiser »Hätte ich mir ja denken können.«

»Was haben Sie erwartet?«

Kevin atmete tief durch.

»Ja, ich kenne Jan seit damals. Es hat ihn hart erwischt. Seit einer Schießerei sitzt er im Rollstuhl. Aber das war nicht in Afghanistan, sondern später, als er bei der Polizei war. Er hat seit diesem Vorfall nie wieder richtig Fuß gefasst...Ich sehe manchmal nach ihm.« Er wandte sich zum Gehen. »Sie fischen im Trüben«, sagte er dann.

Er ging grußlos davon, nachdem er ein paar Euro auf den Schanktisch neben sein Glas gelegt hatte.

»Das Schlimme ist, dass er vermutlich Recht hat«, brummte Roy.

Ich zuckte die Achseln.

»Es ist so verdammt leicht, Briefe zu verschicken, Roy!«

Und neben jeden Briefkasten einen Kollegen zu stellen war schlicht unmöglich.

Wir tranken unsere Gläser leer.

Wir hatten sie gerade beinahe gleichzeitig auf den Schanktisch gestellt, da sahen wir Kollege Medina sich mit schnellen Schritten durch die Bar bewegen.

Wir schauten ihn an.

»Kunze hat hier ganz in der Nähe ein paar Briefe in den Kasten geworfen. Unsere Leute sind schon dort...«

Ein paar Sprengstoffspezialisten würden an diesem Abend Überstunden machen müssen, um einige hundert Briefsendungen nach explosiven Beigaben zu durchleuchten...


Dreimal fachgerecht gemordet: Krimi Großband 3 Romane 10/2021

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