Читать книгу Killer zwischen Hamburg und Ostfriesland: Krimi Paket 5 Küstenkrimis - Alfred Bekker - Страница 50
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Die Tür flog auf und Björn Kilian kam schwungvoll herein. Er hatte den Mantel bereits ausgezogen, knöpfte sich nun den obersten Hemdknopf auf und lockerte dann seine Krawatte etwas.
"Guten Morgen, Eltje!", grüßte er gut gelaunt Eltje Dirksen, seine Assistentin.
"Moin, Björn!"
"Moin, Moin. Ich weiß, ich bin etwas spät dran. Aber dieser verdammte Verkehr!"
"Emden wird umgebaut."
"So kann man es auch ausdrücken."
Eltje erhob sich von ihrem Platz und trat zu Kilian heran, der unterdessen seinen Mantel irgendwo abgelegt hatte.
"Du hast Glück, Björn!"
"Inwiefern?"
"Die Klientin, die seit fast einer Stunde in deinem Büro wartet und der ich bereits die dritte Tasse Kaffee aufgebrüht habe, sieht dermaßen verzweifelt aus, dass sie wahrscheinlich auch noch ein paar weitere Stunden auf sich genommen hätte!" Björn zuckte mit den Schultern.
"Leute, die ein sorgloses Leben führen und keinerlei Probleme haben sind ja auch nicht gerade die typische Kundschaft eines Privatdetektivs, oder?"
Als Björn Kilian einen Moment später sein Büro betrat, wusste er, was Eltje gemeint hatte.
Da saß eine junge Frau vor ihm im Sessel, die wirklich alles andere, als ein glückliches Gesicht machte. Sie hatte ausdrucksstarke, grüngraue Augen, ein fein geschnittenes Gesicht und das lange blonde Haar fiel ihr auf die Schultern herab.
Sie gefiel Björn.
Aber es war ihrem Gesicht anzusehen, dass sie große Sorgen haben musste.
Björn grüßte höflich.
"Moin, Frau ..."
"Undine Lübbert", sagte sie.
Björn gab ihr die Hand und versuchte zu lächeln.
"Angenehm."
"Sie sind Björn Kilian, der Privatdetektiv?"
"Richtig."
"Eigentlich eine dumme Frage. Ich habe Ihr Bild nämlich vor ein paar Tagen in der Zeitung gesehen ... Sie sollen der Beste sein, Herr Kilian."
"Man tut was man kann", erwiderte Björn bescheiden und setzte sich hinter seinen Schreibtisch. "Aber nennen Sie mich Björn! Und dann sagen Sie mir bitte, was Sie auf dem Herzen haben."
"Waren Sie ein Hippie?"
"Wieso?"
"Weil Sie sich Björn nennen lassen. Eigentlich sind Sie nicht ganz der richtige Jahrgang, um diese Zeiten noch erlebt zu haben. Oder biedern Sie sich an diesen amerikanischen Business-Umgang an, der auch die inflationäre Benutzung des Vornamens vorsieht."
Björn atmete tief durch.
"Wie gesagt, nennen Sie mich Björn, wenn Sie wollen", sagte er dann. Eine komplizierte Frau, dachte er. Vielleicht auch ein komplizierter Fall. Mal sehen.
Sie sagte: "Vielleicht haben Sie schon einmal den Namen meines Vaters gehört - Ihno Lübbert."
Björn überlegte kurz, aber dann schüttelte er den Kopf.
"Nein, tut mir leid. Jedenfalls fällt es mir im Moment nicht ein."
"Ihno Lübbert von der Ihno Lübbert Holding."
"Ich lese zwar nicht regelmäßig den Wirtschaftsteil in der Zeitung, aber den Namen der Firma habe ich schon gehört. Was ist mit Ihrem Vater?"
"Auf ihn wurde gestern ein Mordanschlag verübt. Es steht heute in den Zeitungen."
Björn sah das zusammengefaltete Exemplar der Emder Nachrichten auf seinem Tisch liegen.
"Ich bin heute noch nicht dazu gekommen, die Zeitung zu lesen oder ins Internet zu sehen!", gab er zu. "Und abgesehen davon war ich eine Woche in Holland. Zum Segeln. Darum bin ich vielleicht nicht so ganz im Bilde, was sich hier in Emden so ereignet hat."
"Das hiesige ‘Große Meer’ ist zu klein für einen Mann von Welt - wie Sie?"
Björn Kilian hob die Augenbrauen.
"Manchmal ja."
"Wechseln Sie nur die Segelreviere oder sind Sie auch sonst ein wechselhafter Charakter?"
"Jedenfalls kann sich jeder, der mir einen Ermittlungsauftrag gibt, darauf verlassen, dass ich ihn auch so weit wie irgend möglich zu Ende führe."
"Das freut mich zu hören."
"Das dachte ich mir."
"Nun ..."
"Erzählen Sie mir, was passiert ist und ich werde Ihnen dann sagen, ob ich etwas für Sie tun kann."
Sie nickte.
"In Ordnung."
Björn Kilian lehnte sich etwas zurück und schlug die Beine übereinander.
"Ich höre."
"Ein Wagen kam vorbei. Mit verdunkelten Scheiben. Und dann wurde geschossen. Der Chauffeur ist dabei ums Leben gekommen, aber es sieht wohl ganz so aus, als hätte man es eigentlich auf Pa abgesehen gehabt ... Mein Vater liegt jetzt noch immer auf der Intensivstation. Er ist noch nicht über den Berg."
"Hat die Polizei schon ...?"
"Die können nicht viel machen."
"Aber ..."
"Es ist nicht der erste Versuch, Papa umzubringen, Herr Kilian - ich meine: Björn!"
"Ach, nein?"
"Nein. Einmal hat jemand seinen Wagen in die Luft gesprengt. Das ist drei Wochen her. Er hatte Glück, denn er ist noch mal ausgestiegen, weil er etwas vergessen hatte. Da ist der Wagen in die Luft gegangen."
"Stimmt - davon habe ich gelesen."
"Selbst das Fernsehen hat darüber berichtet. War leider nicht zu verhindern."
"Das sieht nach der Arbeit von Profis aus", meinte Kilian. Undine Lübbert nickte.
"Ja, das haben die Leute von der Polizei auch gesagt."
"Haben Sie eine Ahnung, wer dahinterstecken könnte?"
"Ja. Die Sache ist ziemlich eindeutig." Björn runzelte die Stirn.
So etwas hatte man selten. Eindeutig, dachte der Privatdetektiv, ist ein großes Wort und sie spricht es sehr gelassen aus.
Björn fragte: "Und wer?"
"Darko Markovic. Ich denke, dass er hinter den Killern steckt."
Björn pfiff durch die Zähne.
"Markovic?" Er atmete tief durch. "Wenn das der Markovic ist, den ich im Auge habe, dann hat Ihr Pa aber keinen besonders guten Umgang!"
"Ich weiß, Björn."
"Haben Sie Polizeischutz für Ihren Vater gefordert?"
"Nein."
"Warum nicht?"
"Er hat seine eigenen Bewacher und Sicherheitsleute!"
"Die kann Markovic mit seiner Portokasse kaufen!"
"Das könnte er auch bei einem Polizisten, oder etwa nicht?" Da musste Björn ihr Recht geben.
"Stimmt. Aber er ist in Gefahr. Und Sie auch."
"Ich bin nicht ängstlich!"
"Das sollten Sie in diesem Fall aber. Markovic war mutmaßlich schon eine große Nummer im organisierten Verbrechen Norddeutschlands, als ich noch bei der Polizei war. Man konnte ihm allerdings nie etwas nachweisen, obwohl jedem klar war, dass seine Geschäfte faul waren. Waffen, Drogen, Geldwäsche, Schutzgelderpressung - der hat seine Finger überall, wo es viel zu verdienen gibt." Björn beugte sich etwas vor. "Was hatte Ihr Vater mit Darko Markovic zu tun? Wie kommt es, dass Markovic ihn tot sehen will? Vorausgesetzt es stimmt, was Sie mir da erzählt haben."
Undine schwieg.
Björn lehnte sich zurück und legte etwas die Stirn in Falten. Etwas war faul an der Sache. Etwas stimmte hier nicht, vielleicht betraf das nicht die junge Frau, die vor ihm saß, aber bestimmt ihren Vater.
"Dazu möchte ich nichts sagen", meinte sie. "Und ich denke, Sie müssen das auch nicht wissen! Ich möchte einfach nur, dass Sie dafür sorgen, dass mein Vater am Leben bleibt. Mehr nicht!"
"Warum können das nicht die Sicherheitsleute Ihrer Firma?"
"Sie können das schon, aber ich traue ihnen nicht."
"Aber mir trauen Sie?"
Sie zuckte mit den Schultern.
"Vielleicht. Irgendetwas muss man ja unternehmen!" Björn sah sie einen Moment lang nachdenklich an. Dann sagte er: "Sie sollten mir sagen, was zwischen Ihrem Vater und Markovic war und wodurch er ihm auf die Füße getreten hat!"
Einen Moment lang schien sie unschlüssig zu sein. Dann schüttelte sie mit Entschiedenheit den Kopf.
"Nein", sagte sie. "Das kommt nicht infrage!"
"Dann kann ich leider nichts für Sie tun!"
"Aber ..."
"Ich muss wissen, worum es geht, wenn ich Ihren Vater schützen soll! Jedenfalls ungefähr! Ansonsten sollten Sie sich jemand anderen suchen!"
Björn hatte sich erhoben.
"So war das nicht gemeint", beeilte sich Undine. "Kann ich mich auf Ihre Diskretion verlassen?"
"So, als wenn Sie zur Beichte gehen würden."
Sie schluckte.
"In Ordnung."
"Gut."
"Dann hören Sie mir jetzt zu ..."