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Es war bereits Nachmittag, als wir Chovsky vernahmen.

Das Gespräch fand in einem kahlen Verhörraum statt und das erste, was mich überraschte war die Tatsache, dass kein Anwalt anwesend war.

„Er weiß von diesem Termin nichts”, sagte Chovsky.

„Vielleicht ist das auch besser so”, sagte ich. „Denn Sie sollten darüber nachdenken, wessen Interessen der im Zweifel vertritt: Ihre oder die von demjenigen, der ihn bezahlt.”

„Ja, das hat Annalisa auch gesagt…”

„Ich bin überzeugt davon, dass Sie mit jedem Pflichtverteidiger besser dran sind.”

Ich setzte mich. Rudi blieb stehen. Chovsky beugte sich über den Tisch. Er sprach jetzt in einem gedämpften Tonfall, so als befürchtete er, dass selbst hier, in diesem isolierten Verhörraum, jemand mithören könnte, der nichts von dem erfahren sollte, was Chovsky zu sagen hatte.

„Zuerst will ich mal folgendes klarstellen: Glauben Sie wirklich, dass ich so blöd wäre, einen meiner besten Kunden umzubringen? Denken Sie das wirklich? Dazu hätte ich doch gar kein Motiv! Dieser Werbe-Fuzzi war völlig problemlos. Der hat seinen Stoff gekauft und ist gegangen. Und meistens hat er viel zu viel dafür bezahlt, weil er gar keine Ahnung hatte, wo gerade der aktuelle Preis lag. Aber ich glaube, das war ihm auch egal. Der hatte ja wohl Geld genug, wenn das stimmt, was ich so über ihn gehört habe.”

„Für dieses Argument habe ich durchaus ein offenes Ohr”, sagte ich. „Vielleicht fangen wir nochmal ganz von vorne an. Erzählen Sie mir einfach, was passiert ist.”

„Na, es war so, wie Annalisa es Ihnen auch schon gesagt hat.”

„Ich brauche es in Ihren Worten!”

„Ein Typ kommt daher, spricht mich an und sagt mir, dass ich eine ganz bestimmte Portion Stoff an meinen nächsten Kunden verkaufen sollte. Und dafür kriegte ich einen Tausender.”

„Und das haben Sie gemacht?”

„Hätte ich da noch überlegen sollen?”

„Das sollte man immer.”

„Dieser Nöllemeyer war so gierig, der hat das Zeug schon geschnupft, kurz nachdem ich es ihm verkauft habe. Das war schon richtig widerlich.“ Er zuckte mit den Schultern. „Naja, vielleicht hatte er einen stressigen Tag gehabt.”

„Haben Sie gesehen, wie er zusammengebrochen ist?”

Chovsky druckste herum. „Nein. Das habe ich nicht mehr mitgekriegt. Aber ich habe mich auch nicht mehr weiter darum gekümmert.”

„Hatten Sie nicht von ähnlichen Fällen gehört, die sich in letzter Zeit hier in Frankfurt ereignet haben?”

Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Wenn ich mir von jeder Horror-Geschichte, die auf der Straße kursiert, das Geschäft verderben ließe, dann hätten mich ein paar Leute in der Organisation so zur Sau gemacht, dass ich das ganz schnell wieder vergessen hätte. Ich bin nur ein kleiner Dealer, mehr nicht. Und offenbar hat mich jemand benutzt, um einen Kerl platt zu machen. Keine Ahnung warum! Das müssen Sie mir glauben!”

„Wer war der Kerl, der Ihnen den Stoff gegeben hat?”

„Wenn ich das wüsste! Er trug einen ausgeleierten Parka und hatte die Kapuze tief ihm Gesicht, deswegen habe davon auch nicht viel gesehen. Nur das Kinn und den unteren Teil, verstehen Sie?”

„Durchaus.”

„Er hatte einen Bart. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen.“

„Würden Sie ihn auf einem Bild wiedererkennen?”

„Glaube ich eher nicht. Wie gesagt, ich habe nicht viel von ihm gesehen. Seine Augen zum Beispiel gar nicht. Außerdem stand er fast immer seitlich zu mir. Scheiße, wenn ich so daran denke...”

„Was?”

„Er kam mir irgendwie bekannt vor, aber ich kann Ihnen nicht sagen woher.”

„Dann denken Sie darüber noch einmal nach. Und zwar sehr intensiv.”

„In Ordnung. Aber wie schon gesagt, ich habe nicht viel von ihm gesehen. Aber es käme auf einen Versuch an. Seine Stimme vielleicht. Zeigen Sie mir ein Foto!”

„Vielleicht später”, sagte ich.

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