Читать книгу Die besten Geheimnisromane März 2022: Romantic Thriller Sammelband 6 Romane - Alfred Bekker - Страница 22
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ОглавлениеGegen fünf schaute Maureen bei Jason Cormick vorbei. Sie war ein paar Minuten zu früh und traf ihn daher noch nicht zu Hause an. So parkte sie ihren Austin vor Cormicks Haus und sah sich ein bisschen um.
Der Wind pfiff kühl über das Moor. Am Himmel begannen die Wolken sich aufzutürmen und Maureen fragte sich, ob es heute wohl noch regnen würde.
Die ersten Tropfen fielen bereits, als Cormick endlich auftauchte. Als er aus dem Wagen stieg, stand für einen kurzen Augenblick ein erstaunter Zug in seinem Gesicht, dann lächelte er, ging auf Maureen zu und schüttelte ihr die Hand.
"Ich hätte nicht gedacht, dass Sie wirklich kommen würden", bekannte er.
"Warum nicht?"
"Nun, es war war einfach so ein Gefühl. Aber ich habe mich getäuscht... Kommen mit mir, sonst werden wir noch richtig nass!"
Cormick führte sie zur Haustür und öffnete diese.
Innen herrschte Halbdunkel, an das Maureen sich erst etwas gewöhnen musste. Der Flur, durch den Cormick sie führte war sehr hoch. Wenig später kamen sie in ein Wohnzimmer, durch dessen Fenster das Tageslicht hereinfiel.
Das erste, was Maureen auffiel, waren die Unmengen von Büchern, die Cormick besaß und die die Wände bis oben hin verdeckten. Große, in Leder eingebundene Folianten waren darunter, über die sich bereits eine sichtbare Staubschicht gelegt hatte.
Ein seltsamer Geruch hing in der Luft, den Maureen nicht so recht einzuordnen wusste. Vielleicht war es der allgegenwärtige feine Staub oder altes Papier, das sich langsam zersetzte.
"Sie sehen überrascht aus, Miss Stanley", stellte Cormick kühl lächelnd fest.
Maureen nickte.
"Ich hätte nicht erwartet, in einem Ort wie Dunmoore eine derartige Menge von Büchern an einer Stelle versammelt zu sehen!", gestand sie.
"Das kann ich mir denken!", nickte Cormick und beobachtete sie indessen unablässig.
Maureen wandte sich zu ihm herum.
"Sie sind ein... ein Sammler?"
Er hob die Schultern und machte eine unbestimmte Geste.
"Man kann es so ausdrücken", nickte er schließlich. "Obwohl ich den Großteil dieser Bücher nicht selbst angeschafft habe."
"Ach nein?"
"Mein Vater hat sie übernommen, als er vor vielen Jahren dieses Anwesen erwarb. Allerdings befand der Großteil dieser Bücher im Keller und moderte vor sich hin. Als ich alles geerbt hatte, habe ich sie dann ans Tageslicht zurückgeholt. Es waren interessante Raritäten darunter."
Maureens Blick ging die Reihe der dicken, oft kunstvoll in Leder gebundenen Folianten entlang.
"Darf ich?", fragte sie und hob dabei die Hand in Richtung eines der dicken Wälzer.
"Nur zu!", meinte Cormick. "Aber seien Sie vorsichtig! Manche dieser Bände sind leider in einem nicht mehr sehr stabilen Zustand! Der Zahn der Zeit hat schon kräftig an ihnen genagt, wie Sie feststellen werden!"
Maureen nahm einen der Wälzer heraus und öffnete es. "Von Junszt, Unaussprechliche Kulte", murmelte sie und klappte es wieder zu. "Ein Roman?"
"Nein. Ein..." Er zögerte bevor er weitersprach. "Ein wissenschaftliches Buch", vollendete er dann mit einem verlegenen Lächeln. Er hob leicht die Hände und schränkte dann ein: "Allerdings würden die meisten Menschen es wohl kaum so bezeichnen."
Er trat näher an sie heran, nahm ihr das Buch wieder aus der Hand stellte es zurück an seinen Ort.
Maureen musste ein Niesen unterdrücken. Der Staub war ihr in die Nase gestiegen.
"Ich glaube, ich verstehe nicht so recht, was Sie meinen...", erklärte sie dann.
"Ich interessiere mich nicht nur für alte Sagen und Legenden, so wie die von Lord Kavanaugh, dem Ruhelosen, sondern auch für das, was man gemeinhin Okkultismus nennt..."
"Eine interessante Kombination", stellte Maureen fest.
"Veranstalten Sie Seancen, auf denen Tarotkarten gelegt oder Stühle gerückt werden?"
Er schüttelte den Kopf.
"Aber nein", sagte er. "Diese Art Kunststücke führt ihnen jeder Zirkus-Magier vor. Das meine ich nicht..."
"Und was meinen Sie dann?"
"Sehen Sie, ich interessiere mich zum Beispiel dafür, in wie weit es möglich ist, dass der Geist eines Verstorbenen von einem Lebenden Besitz ergreift..."
Maureen blickte auf.
Bis jetzt hatte sie die Unterhaltung so vor sich hin plätschern lassen, ohne dass es sie sonderlich interessierte, was Jason Cormick ihr zu sagen hatte. Ein bisschen Smalltalk zum Warmwerden sozusagen. Später hätten sie sich dann über die Legende unterhalten können, über die Cormick geforscht hatte. Aber jetzt, stand alles in einem ganz anderen, neuen Zusammenhang.
Jason Cormick sah das blanke Erstaunen im Gesicht der jungen Frau und lächelte dünn.
"Haben Sie über diese Frage auch schon einmal nachgedacht, Miss Stanley?"
"Nun, ich..."
Cormick unterbrach sie, noch ehe sie weitersprechen konnte.
"Wahrscheinlich werden Sie mich jetzt für verrückt halten, nicht wahr? Aber sehen Sie, ich habe Sie nicht ohne Grund hier her eingeladen."
Maureen nickte.
"Sie wollten mir etwas über die Legende von Lord Kavanaugh erzählen!", stellte sie fest.
"Ja, so ist es. Es hat einen bestimmten Grund, dass Sie sich dermaßen für diese Geschichte interessieren, habe ich recht?"
Maureen fühlte sich plötzlich ziemlich unbehaglich.
"Ich weiß nicht, was Sie meinen, Mister Cormick", gab sie reserviert zurück.
Aber Cormick blieb unbeirrt.
"Erinnern Sie sich an Ihre Ankunft, hier in Dunmoore?"
"Sicher."
"Es war ein furchtbar regnerischer Abend."
"Ja, ich weiß."
"Sie kamen zusammen mit McCullum, dem Taxi-Fahrer und haben mir von einem Reiter erzählt..."
Maureen schluckte. Gleichzeitig wurde sie jetzt sehr hellhörig. Worauf wollte Cormick hinaus?
Die junge Frau nickte fragte dann: "Sie haben sich damals nicht sehr dafür interessiert!"
"Das stimmt nicht. Ich habe nur so getan, um nicht in den Verdacht zu geraten, verrückt zu sein. Sie sind die einzige hier im Dorf, die im übrigen etwas von meinem Hobby, dem Okkultismus weiß. Solche Dinge machen hier schnell die Runde und ehe man sich versieht, werden Dinge über einen geredet, die einem nicht gefallen. Sie verstehen?"
Maureen strich sich eine Strähne aus den Augen nickte eilig.
"Durchaus", erklärte sie.
"Also, gehen Sie bitte damit nicht hausieren, ja?", bat Mister Cormick eindringlich.
"Versprochen", gab Maureen zurück. "Was ist nun mit dem Reiter, den ich gesehen habe?"
Cormick hob abwehrend die Hände.
"Zuvor eine Frage!"
"Bitte!"
"Hat sich die Sache inzwischen vielleicht anderweitig geklärt? Etwa auf die Art, dass Ihnen jemand einen Streich gespielt hat oder dergleichen?"
"Nein."
Er nickte. "Dieser Reiter ist der Grund dafür, dass Sie sich so sehr für Lord Kavanaugh und seine Legende interessieren, nicht wahr?"
"Ja."
"Ist der Reiter Ihnen noch einmal begegnet?"
Maureen zögerte einen Moment und dachte nach. Dann bestätigte sie: "Ja, er ist mir erneut begegnet." Maureen erzählte Cormick in knappen Worten, was in der letzten Nacht geschehen war. "Haben Sie eine Ahnung, wer oder was dahintersteckt?"
"Nur Vermutungen, Miss Stanley. Und Theorien, die Ihnen nicht gefallen werden!"
Maureen verschränkte die Arme.
"Glauben Sie vielleicht, ich habe einen Geist gesehen oder etwas in der Art? Oder halten Sie mich nur zum Narren?"
"Ich glaube, dass es möglich ist, dass die Seele eines Toten, die aus irgendwelchen Gründen keine Ruhe zu finden vermag, von einem Lebenden Besitz ergreifen kann! Davon bin ich überzeugt, Miss Stanley - und genau das, scheint mir hier der Fall zu sein!"
Maureen stand mit offenem Mund da und schien einige Augenblicke lang völlig fassungslos.
Aber Jason Cormick schien völlig zu meinen, was er da sagte. Er machte eine hilflos wirkende Geste und Maureen wich unwillkürlich einen Schritt zurück.
"Das ist doch absurd!", meinte sie dann entschieden.
Sich für Okkultismus zu interessieren war eine Sache, wirklich an die Wiederkehr von Toten zu glauben, aber eine ganz andere.
"Ich weiß, dass es schwer ist, zu akzeptieren, was ich Ihnen da aufgetischt habe!", versuchte Cormick, ihre Erregung ein wenig zu dämpfen.
"Allerdings!", kam ihre eisige Erwiderung.
"Vielleicht würden Sie anders darüber denken, wenn ich Ihnen sage, dass Sie nicht die einzige sind, der Lord Kavanaugh begegnet ist!"
"Nein?"
"Wie gesagt, ich habe mich eingehend mit dieser Legende beschäftigt. Sie haben mich nach meiner Privatmeinung gefragt, ob diese einen historischen Kern hat. Den hat sie. Sowohl Lord Kavanaugh, als auch Ann und James haben meiner Ansicht nach wirklich gelebt..."
Maureen zuckte die Achseln.
"Aber was hat das alles mit diesem Reiter zu tun?"
"Seit Jahrhunderten gibt es immer wieder Berichte darüber, dass der tote Lord Kavanaugh von einem Lebenden Besitz ergriffen hat..."
"Das sind nur Geschichten!"
"Ich habe lange in alten Archiven gestöbert. Es gibt Berichte von Ärzten darunter... Immer wieder ist der tote Kavanaugh aufgetaucht, um Rache zu nehmen für das, was ihm widerfahren ist. Immer wieder hat es in dieser Gegend unaufgeklärte Morde an Frauen gegeben, die mit einem
Säbel erschlagen wurden, nachdem sie halb wahnsinnig geworden waren und etwas von einem Reiter faselten, den niemand gesehen außer ihnen gesehen hatte..."
"Wie Mrs. Bradshaw!", entfuhr es Maureen.
"Ja, wie Mrs. Bradshaw!"
"Dann muss es ein Wahnsinniger sein!"
Cormick zog die Augenbrauen hoch. "Ein Wahnsinniger, der Jahrhundertelang lebt? Ich habe recherchiert und es gibt da beispielsweise einen Fall aus dem Jahre 1812, der auch vor ein Gericht gekommen ist und an dem wohl kaum etwas anzuzweifeln wäre!" Er schüttelte energisch den Kopf. "Es ist der ruhelose Geist von Lord Kavanaugh, von dem irgendeiner der Leute aus Dunmoore oder der Umgebung besessen ist. Er hat Sie als sein Opfer auserwählt, Miss Stanley."
"Aber... Warum ich?"
Cormick zuckte die Achseln. "Ich weiß es nicht", bekannte er.
"Zwischen mir und dieser Ann besteht doch überhaupt kein Zusammenhang!"
"Vielleicht keiner, den Sie kennen."
"Mein zweiter Vorname ist Ann."
"Sehen Sie! Und Sie treffen sich auffallend oft mit einem Mann dessen Vorname Jim - James - ist."
Einen Moment lang stutzte Maureen.
Er ist gut über mich informiert!, dachte sie. Und das, obwohl Jason Cormick alles andere, als ein kontaktfreudiger Mann zu sein schien, der bei Harry's saß und sich den neuesten Dorfklatsch anhörte.
Cormick fuhr fort: "Vielleicht glaubt Lord Kavanaugh, in Ihnen so etwas wie eine Wiedergeburt von Ann gefunden zu haben. Ich kann es mir nicht anders erklären."
"Irgendwie klingt das alles nicht sehr überzeugend für mich", erklärte Maureen dann nach einigem Zögern, wobei sie sich ein paar Haare aus den Augen strich.
"Ich kann Sie nur warnen", erklärte Jason Cormick in sehr ernstem Tonfall. "Sie sind in höchster Lebensgefahr, wenn es stimmt, was ich annehme!"
"Und was soll ich Ihrer Meinung nach tun? Vielleicht zur Polizei gehen und sagen, dass irgendwo hier in der Gegen jemand vom Geist eines Toten besessen ist? Sergeant Knowland zweifelnd sicher ohnehin schon an meinem Verstand! Wenn das so weiter geht, verliere ich am Ende noch meine Anstellung denn wer will seine Kinder schon von einer Lehrerin unterrichten lassen, die im wahrsten Sinne des Wortes Gespenster sieht?"
Cormick hob die Hände. In seinem Gesicht stand blanke Hilflosigkeit. Ein gequältes, etwas verlegenes Lächeln ging über seine Lippen.
"Ich wollte Sie warnen, Miss Stanley. Deshalb habe ich Sie hier her zu mir eingeladen, um Ihnen begreiflich zu machen, dass Sie in Gefahr sind!"
Er wandte sich zur Seite und ging dann ein paar Schritte auf und ab. Maureen spürte die Nervosität, die von Cormick ausging.
Maureen sah ihn mit einer Mischung aus Verwunderung und Unverständnis an und sagte dann schließlich: "Okay, Mister Cormick. Sie haben mich jetzt gewarnt. Aber was soll ich jetzt Ihrer Meinung nach tun, wenn dieser Reiter erneut auftaucht?"
Jason Cormick schluckte und drehte sich dann langsam zu Maureen herum.
"Ich weiß es nicht", murmelte er. "Wenn ich Sie wäre, würde ich..." Er zögerte.
"Ja?", fragte Maureen.
"Ich würde aus der Gegend verschwinden. Lord Kavanaugh scheint auf die Gegend um Dunmoore beschränkt zu sein. Vielleicht wäre das eine Chance."
Maureen sah ihn kopfschüttelnd an und murmelte dann: "Das kommt nicht in Frage, Mister Cormick."
Cormick zuckte die Achseln.
"Sie müssen selbst wissen, was Sie tun", erklärte er. "Aber wenn ich Sie wäre, dann würde ich die Entscheidung nicht mehr allzu lange vor mir herschieben. Der Reiter wird wiederkommen und Sie töten, Maureen!"
"Ich glaube, Sie sind verrückt, Mister Cormick!", versetzte Maureen kühl.
"Ich nehme Ihnen das nicht übel, Miss Stanley", erwiderte Cormick freundlich. "Aber ich möchte Ihnen doch empfehlen, über das nachzudenken, was ich Ihnen gerade gesagt habe."
Sie nickte zögernd.
Dann sagte Sie: "Vielleicht gehe ich jetzt besser..."
"Tun Sie das", nickte er.
"Auf wiedersehen, Mister Cormick."
"Warten Sie, ich werde Sie noch zur Tür bringen."
Sie gingen durch den Flur.
Als Cormick die Tür öffnete, meinte er: "Es regnet noch immer ein bisschen. Am besten, ich gebe Ihnen einen Schirm, damit sie trocken zum Wagen kommen!"
"Lassen Sie nur", gab Maureen zurück. "Es sind ja nur noch ein paar Tropfen, die da vom Himmel kommen."
"Es macht aber keine Umstände!"
"Beantworten Sie mir besser eine Frage!"
Cormick blickte Maureen verwundert an und zog beide Augenbrauen in die Höhe.
"Bitte! Fragen Sie!"
"Ist der Reiter Ihnen schon einmal begegnet?"
"Vielleicht treffen wir uns ja mal wieder, Miss Stanley. Dann können wir uns ausführlich darüber unterhalten!"
"Warum sagen Sie nicht einfach ja oder nein?"
"Auf wiedersehen, Miss Stanley."
Maureen zuckte die Achseln.
Offenbar steckte doch nicht allzu viel hinter dem, was Cormick ihr weiszumachen versucht hatte. Ein Schaumschläger schien er zu sein, der sich und seine zweifelhaften Theorien wichtig machen wollte.
Möglicherweise bin ich verrückt, dachte Maureen. Aber dann war Cormick es mindestens ebenso!
"Auf wiedersehen, Mister Cormick!", murmelte sie also und ging hinaus den Nieselregen. Bis zum Wagen waren es nur ein paar Schritte.
Sie hatte den Austin gerade erreicht und ihre Hand an den Türgriff gelegt, da hörte sie hinter sich Cormicks Stimme und glaubte, ihren Ohren nicht zu trauen.
"Passen Sie auf sich auf, Ann!"
Maureen lief es auf einmal eisig über den Rücken. Sie wandte sich herum, aber da hatte Cormick die Tür bereits zugeschlagen.