Читать книгу Wenn du die wahre Liebe suchst: Sammelband 5 Bergromane - Alfred Bekker - Страница 11
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ОглавлениеDer Bernmayer-Bauer und seine Frau kamen erst aus dem Dorf zurück, als es schon lange dunkel war. Der Bauer war noch auf ein Glas ins Wirtshaus gegangen und die Bäuerin hatte auf einen Sprung bei ihrer Schwester vorbeigeschaut, die die Frau des örtlichen Lehrers war.
Die Marianne hatte immer wieder aus dem Fenster geschaut, um nachzuschauen, ob ihre Eltern denn nicht endlich heim kämen.
Sie fieberte dem geradezu entgegen, denn sie hatte sich fest vorgenommen, ihnen heute von den Heiratsplänen zu erzählen, die sie und der Krainacher-Max hegten.
Sie hatte sich auch schon in ihrem Innern zurechtgelegt, wie sie am günstigsten beginnen könnte, denn ihr war klar, dass weder der Bauer noch die Bäuerin sonderlich begeistert von dem sein würden, was sie vorhatte.
Aber sie hatte es sich nun mal in den Kopf gesetzt und dickköpfig war sie schon als kleines Mädchen gewesen. Daran hatte sich bis auf den heutigen Tag nichts geändert. Wenn sie etwas wirklich wollte, dann wusste sie es am Ende auch durchzusetzen.
Am heutigen Abend sollte die Sache über die Bühne gehen.
Noch länger konnte sie es nicht aufschieben, das konnte sie dem Max einfach nicht antun.
Marianne saß gedankenverloren in der Stube und in ihrem Innern sah sie den Max vor sich.
Ein fescher Bursche war er. Und gut sah er aus, in seinem grünen Rock, den er so voller Stolz trug. Er war wirklich mit ganzer Seele Jäger. Für ihn war der Beruf nicht nur Broterwerb, sondern Berufung - und das gab es ja nicht allzu oft.
Wahrscheinlich werd' ich ihn net dazu überreden können, hier dereinst auf dem Bernmayer-Hof Bauer zu sein!, überlegte sie. Und selbst wenn sie es schaffte, was bei ihrer Beharrlichkeit so abwegig nun auch wieder nicht war, so würde der Krainacher-Max doch vermutlich nicht glücklich dabei werden.
Vielleicht würde er das Opfer ja sogar bringen!, dachte die Marianne bei sich. Aber es wär' gar net gut, wenn ich's annehmen tät!
Sie zuckte mit den Schultern.
Ich werde auch als Jägersfrau mit ihm glücklich werden!, war sie überzeugt. Hauptsach', wir zwei haben einander! Das ist das Wichtigste!
In diesem Augenblick hörte Marianne etwas an der Tür. Die Eltern kamen heim!
Sie sprang auf, aber da war der Vater schon in die Stube gekommen und begrüßte sie.
"Servus, Marianne! Bist denn noch net müd?", fragte der Vater. Aber sie schüttelte den Kopf.
"Nein, bin ich noch net."
Jetzt meldete sich entschuldigend die Mutter zu Wort. "Es hat heute halt etwas länger gedauert, weil ich deinen Vater net hab aus dem Wirtshaus loseisen können!", meinte sie mit leichtem Vorwurf in der Stimme.
Der Bernmayer lächelte und schien insgesamt recht gut gelaunt zu sein. Die rote Nase verriet, dass er wohl dem Wein recht fleißig zugesprochen haben musste.
"Mei, stell dir vor, Marianne, wen ich im Wirtshaus getroffen hab!"
Marianne blickte auf.
"Wen?", erkundigte sich das Dirndl und überlegte gleichzeitig dabei, wie sie am günstigsten ihre eigene Sache voranbringen konnte.
"Den jungen Krainacher! Den Toni, meine ich, der manchmal schon auftritt, als er wär' er der Bauer, und net sein Vater!"
"Ach den!"
"Ein feiner Bursche ist das!", fuhr der Bernmayer fort und auch seine Frau war dieser Ansicht.
"Ja, der Toni das ist ein tüchtiger Bauer!", bestätigte die Bernmayerin lauthals.
"Er bemüht sich ja schon länger um dich", begann der Vater dann. "Ich will dich ja net bereden, aber willst dir net mal durch den Kopf gehen lassen, ob das net der rechte Mann für dich sein könnt?"
"Vater!", seufzte die Marianne. Nun waren sie also auf die Sache zu sprechen gekommen, aber auf ganz andere Art, als es in ihrem Sinne gewesen wäre. "Der Toni soll sich keine Hoffnung machen." Sie zuckte die Schultern und fuhr dann fort: "Er ist ein netter Kerl, aber nicht nett genug, um mit ihm was Ernsthaftes anzufangen, gell?"
Jetzt meldete sich die Bernmayerin zu Wort und gab zu Bedenken: "Auch die großen Höfe haben es heut' zu Tage net leicht, ihr Auskommen zu finden. Und wenn aus den zweien mal einer würd... Mei, das wär ein schöner Besitz, denkst net? Man muss auch an die Zukunft denken, Madel!"
"Aber wenn ich ihn doch net lieb!", rief die Marianne. "Doch da wir schon einmal so am reden sind..."
"Ja?" Die Mutter sah die Marianne fragend an, als diese nun zögerte. Und der Vater runzelte die Stirn.
"Einen Krainacher tät ich schon gern heiraten. Aber net den Toni, sondern den Max!"
"Den Jäger?", fragte der Vater. Er sagte es nicht gerade abfällig, aber begeistert war er auch nicht, das konnte man ihm wohl anmerken.
Die Marianne nickte entschieden.
"So ist's!", bestätigte sie. "Den Jäger!"
"Hab ich ihm net erst vor einiger Zeit klarzumachen versucht, das er sich von dir fernhalten soll?", brummte der Vater. "Ich dachte, das wäre längst vorbei mit euch beiden. So eine zwischenzeitliche Schwärmerei, sozusagen, aber doch nix Ernsthaftes!"
"Nein, das ist mehr", behauptete Marianne im Brustton der Überzeugung. "Wir lieben uns und sind uns einig. Im Frühjahr soll's soweit sein."
Der Bauer war überrascht.
"Du meinst, im Frühjahr soll's schon vor den Altar gehen, Marianne?"
"Ja, so ist es! Und das lass ich mir auch net ausreden! Net von dir und net von der Mutter!"
Die Bernmayer-Bäuerin schlug die Hände über dem Kopf zusammen.
"Mei, ich hoffe, du weißt, was du da tust und hast es dir auch gründlich überlegt, Madel!", meinte sie, nachdem sie die erste Bestürzung überwunden und sich wieder ein wenig gefasst hatte.
"Aber freilich", nickte die Marianne.
"Soll der Max vielleicht sein Grünröckl ausziehen und seine Flinte für immer an den Nagel hängen, nur um hier als Bauer zu arbeiten?", erkundigte sich die Bäuerin ziemlich aufgebracht. "Das kannst doch net verlangen? Wozu ist er denn so lange auf der Schule gewesen?"
Aber die Marianne schüttelte energisch den Kopf.
"Nein, das soll er net!", erklärte sie fest, woraufhin sich auf der Stirn ihrer Mutter unwillkürlich ein paar Falten bildeten.
"Net?", vergewisserte sich die Bäuerin, so als glaubte sie, sich vielleicht verhört zu haben. "Aber wie denkst du dir denn dann euer Leben?"
"Ich werd' Jägersfrau."
"Und verzichtest auf den Hof?", rief jetzt der Bauer und schüttelte dabei ungläubig den Kopf.
Die Marianne schien wirklich zu allem entschlossen. Sie nickte entschieden.
"Wenn's net anders geht, wär' ich dazu bereit!", erklärte sie in einem fast feierlichen Tonfall. "Obwohl es mir schwerfallen tät. Aber das wäre doch net die wahre Liebe, wenn man net auch zu einem Opfer bereit ist!"
Indessen stieß die Bäuerin ihren Mann in die Seite und raunte: "Nun sag doch was, Loisl! Das Madel ist ja voller Flausen im Kopf! Es muss doch einen Weg geben, dass sie wieder zu Verstand kommt!"
Aber als der Loisl Bernmayer nun seine Tochter ansah, da ahnte er, dass es wohl kein Kraut gab, das dagegen gewachsen war.
"Mei, du siehst, die Marianne ist halt deine Tochter!", meinte er zur Bäuerin gewandt. "Weißt noch, wie wenig dein Vater davon hielt, dass du hier Bäuerin wurdest? Einen aus der Stadt hättest heiraten sollen, wenn's nach ihm gegangen wär'!"
Die Bernmayerin stemmte ärgerlich die Arme in die Hüften.
"Freilich weiß ich das noch!", rief sie. "Aber dies hier ist doch was ganz anders!"
"So?", lächelte der Bauer.
"Mei, Loisl, auf welcher Seite stehst du denn eigentlich?"
Der Loisl Bernmayer seufzte hörbar und zuckte dann die breiten Schultern. "Ich überleg halt nur so!"
"Das überlässt du besser den Pferden! Die haben allemal einen größeren Kopf dazu, Loisl!", rief die Bäuerin ziemlich ärgerlich.
Und die Marianne wusste jetzt, dass sie schon halb gewonnen hatte.
Ein bisschen würden sich die beiden noch sträuben, aber schließlich mussten sie sich doch an den Gedanken gewöhnen, dass ihre Tochter und Hoferbin im Frühjahr den Grünrock Max Krainacher heiraten würde.
"Ich wusst', dass wir uns wegen dieser Sache net entzweien würden!", meinte die Marianne nun erleichtert.