Читать книгу Dryade - Aline S. Sieber - Страница 8
San Francisco, Vereinigte Staaten von Amerika, 2011
ОглавлениеEin Vampir beugte sich über ihn. Nicos Körper war so kraftlos wie der einer Puppe, unfähig, sich dem Geschehen zu widersetzen. Tränen brannten in seinen Augen. "Bitte..", flüsterte er, unwissend, um was er eigentlich noch bat. Die vergangenen Stunden waren die schlimmsten seines Lebens gewesen: sein Vater hatte einen Herzinfarkt erlitten und er selbst war von irgendwelchen Wesen entführt worden, die sein Blut tranken. Einer von ihnen hatte gedroht, sich ihn sexuell gefügig zu machen. Er zweifelte nicht daran, dass auch diese Drohung in die Tat umgesetzt werden würde, wenn er auch nur eine falsche Bewegung machte. Dabei hatte er sich in den letzten Stunden so weit erniedrigt, sie um seine Freiheit anzubetteln und darum zu flehen. Die Vampire - die Vermutung lag nahe, nicht wahr? - hatten sich prächtig über seine Bemühungen amüsiert. Er konnte nur hoffen, dass seine Familie irgendwie von diesem Unglück verschont worden war. Er hoffte mit aller Kraft, dass es ihnen so gut ging wie unter gegebenen Umständen irgend möglich. Hoffte, dass sein Vater den widrigen Umständen zum Trotz bei guter Gesundheit war. Und, dass es ihm selbst vielleicht irgendwie gelang, zu fliehen, auch wenn er die meiste Zeit unter Beobachtung stand.
Seine Füße waren gefesselt, als er erwachte. Er sah direkt in die Augen eines Vampirs. Genau, wie es Vampire waren, die ihn schon seit Tagen gefangen hielten. Seit er Matt das letzte Mal gesehen hatte und ihm die Nachricht vom Herzinfarkt ihres Vaters überbracht hatte. Seinem Vater. Wie es ihm wohl gehen mochte? Ob er noch lebte? Nico hoffte es mit jeder Faser seines Herzens… Und seit dann herrschte in seinem Kopf irgendwie Leere, die aus der Unfähigkeit, zu denken, resultierte.
Sein Überlebenswille schaltete sich ein.
Nico zuckte zurück und schlug mit dem Kopf gegen die Wand. Prompt umfloss Schwärze seine Augenwinkel. Er zwinkerte mehrmals, um sie wegzubekommen. Wenn er ohnmächtig würde, würde alles nur noch viel schlimmer werden. Der Vampir lachte höhnisch.
„Du kommst hier nicht weg, Kleiner.“
Eine Hand schnellte vor und hielt ihn fest, wo er war. Der Vampir beugte sich vor.
„Wir werden sicher viel Spaß zusammen haben.“
Mit einem Fingernagel grub er eine blutige Furche in die Wange des Jungen. Dann leckte er das Blut ab. Die Hand, die noch frei war, umfasste Nicos Handgelenk. Der Junge schrie auf, als sein Peiniger plötzlich zudrückte. Es knackte schmerzhaft.
Während der Junge zurücksank, runzelte sein Peiniger die Stirn. Dann breitete sich ein sadistisches Grinsen auf seinem Gesicht aus. Er beugte sich vor, um dem Jungen etwas ins Ohr zu flüstern.
„Alles Gute zum Geburtstag, Dryade!“
Er lachte und ging, um die gute Neuigkeit seinen Kumpanen zu berichten. Sie hatten hier einen Fang gemacht, der Gold wert war! Ein Dryade, dessen Wandlung gerade erst begann, würde von Tag zu Tag besser schmecken!
Nico machte sich unterdessen so klein wie möglich, um den ständigen Zugriffen möglichst wenig Fläche zu bieten. Was hatte der Vampir zu ihm gesagt? Dryade? Was zum Teufel sollte das sein?
Vor seinen Augen verschwammen die Wände und begannen, sich zu drehen. Er schloss die Augen.