Читать книгу Rebellische Leidenschaft - Ally Park - Страница 10

FÜNF

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Die Lifttüren öffnen sich und ein Paradies offenbart sich mir. Wie in einem Traum liegt mir ein weißes Zauberschloss zu Füßen. Gedankenlos schlendere ich zu einem überdimensionalen, weißen, samtenen Sofa. Mein Spiegelbild im kleinen Schwarzen erkenne ich in einem edlen Wandspiegel, der sich über eine komplette Seitenwand erstreckt und den ohnehin sehr riesigen Raum ins unendliche wachsen lässt.

Ron zaubert zwei Champagnergläser herbei, und steht mir nun gegenüber. „Du sieht wie immer umwerfend aus, heute schwarz? Es macht dich sehr gefährlich – anziehend“, beginnt mich Ron mit Küssen zu umschmeicheln. Wir sinken auf das Sofa und Ron ergreift meine Mähne, diesmal trage ich meine langen Locken offen, frei und wild. Mit beiden Händen meine Haare fest im Griff wandern Rons Lippen wieder meinen Hals entlang. Mich durchdringt eine Welle der Erregung. Meine Hände streifen das weiße Jackett ab. Das weiße Hemd lässt sich leicht aufknöpfen, doch mit einem Mal wird mir das verwehrt. Ron? Tatsächlich verschränkt er meine Arme und hält sie nun zusammen. Meine Haare umtosen wild sein Gesicht und dabei vernehme ich: „Angie, ich will spielen“, jetzt haben meine Hände ihre Freiheit zurück. Ron streift mir mein Kleid ab, nun kommt mein schwarzes knappes Bustier samt Strümpfen zum Vorschein. Dieser Anblick stößt geradezu auf Euphorie. Wieder wollen meine Hände mitspielen. Und wieder werden sie zurückgehalten, diesmal energisch – bestimmend energisch. Ron nimmt aus dem nichts einen Seidenschal und bindet meine Hände an die eine Armlehne des Sofas fest. Gefangen dürfen meine Hände nun nicht mitspielen. Das hat er also gemeint? Ron richtet sich auf und sein Hemd fällt zu Boden, mir bleibt nur, ihn anzusehen und zu begehren. Mit meinen Beinen immer noch geziert von meinen schwarzen Stilettos, von Glamloop-Dior, erreiche ich Rons Hüfte. Langsam ziehe ich ihn zu mir, auch das scheint mir verboten. Gekonnt dreht mich Ron.

Mein am Rücken verspielt gebundenes Bustier lädt ihn förmlich mehr zum Spielen ein. Meine Arme sind nun eng neben meinem Kopf gestreckt, keiner Bewegung wirklich mächtig. Einzig ich bin vollkommen ausgeliefert. Das ist sein Spiel? Sein Becken schmiegt sich an das meine. Wallungen durchdringen mich, ertränken meine Hilflosigkeit in einem Rausch. Unsere Körper so vereint, zum ersten Mal, eine Woge des Genusses übertrifft die andere. Wild und hart drückt mich Ron immer und immer wieder gegen die Sitzfläche des Sofas. Seine Hände halten meine Hüften schier erbarmungslos, er spielt, er regiert, er alleine gibt den Takt an. Er hat die Macht.

Ron richtet seinen Oberkörper auf, zieht meine Haarpracht zu sich, dirigiert mein Gesicht seitwärts und sieht mich jetzt an. Der Rhythmus, er wird rascher und heftiger. Mein Becken verfangen, gebannt in einem Griff der Ungeduld. Immer wieder lenkt Ron meine Blicke. Mein Körper dient ihm ergeben, mein Blick ist ihm Untertan. Ich füge mich, lausche der Lust und gebe dabei mein Lustempfinden mit immer kürzeren Atemzügen nach. Mein Unterleib bebt. Hinter mir regt sich Ron dem Himmel entgegen, meine dunkle Haarpracht wie Zügel inständig im Griff, seine Muskeln angespannt, sein Kopf nach hinten gerissen und dann sinkt er in völliger Zufriedenheit langsam herab. Im siegenden Glücksgefühl entspannt sich mein Körper berauscht. Geradezu regelwidrig genieße ich mit geschlossenen Augen ein zuvor nie zugängliches Empfinden, das ich solange vermisst habe. Ron wendet mich triumphierend ihm zu, lauscht meinem Herzschlag und endlich werden nun meine Hände wieder freigegeben. Er stützt nun seinen Kopf auf einen seiner Arme ab und sieht mir tief in meine erfüllten Augen.

„Ich war böse. Ich bin böse und ich werde mich nicht mehr ändern“, beginnt er – völlig überraschend.

Körper und Geist erliegen bei mir noch dem exotischen Genuss. Als sich endlich mein Geist meldet, er springt förmlich hervor und ich frage mich, ob Ron sich soeben abreagiert hat? Frust, denn der Deal in Paris ist ja geplatzt, war es nur das?

Shit, ich habe hier doch keine Gefühle mitgenommen? In mir regt sich plötzlich Hektik. Ja, ich will diese Leidenschaft, aber ist es dabei geblieben? Meine Hände streifen jetzt meine wilden Locken aus meinem Gesicht und ich fühle den fragenden Blick von Ron. „Wie ist es dann, wenn du mal nicht böse bist?“, ich danke meinem Geist, der anscheinend noch am schnellsten wieder Einsatz zeigt und Worte findet.

„Hm, es ist interessant wie du reagierst, ganz anders…“, stöhnt Ron. „Vergleich mich nicht, das kann ich nicht leiden“, braust es aus mir, bevor ich überhaupt klar denken kann. Ron schmunzelt und triumphiert: „Du solltest nicht emotional sein, das steht dir nicht.“ So wendet er sich ab.

Ich bin enttäuscht – vielleicht? Nein, nicht wirklich, es ist vielmehr gekränkt in meinem Stolz. Umso mehr interessiert er mich. Interessiert mich, was diesen Reiz zwischen uns ausmacht.

„Ich würde dich nie vergleichen, ich wollte nur sagen, ich habe mir deine Reaktion immer und immer wieder ausgemalt, aber darauf bin ich nicht gestoßen.“ Jetzt sieht er mich wieder an, ganz kühl. „Angie, ich kann‘s nicht leugnen, aber du faszinierst meine Seele.“ Rons Gesicht nähert sich und er verschlingt mich. Fasziniert? Das ist das richtige Wort, das könnte stimmen? Nicht mehr gekränkt gibt mein Stolz zu, das muss es sein. Regen sich meine Gedanken, es sind keine Gefühle, es dürfen keine Gefühle sein, das verbiete ich mir. Dennoch erwidere ich seine Sehnsucht.

Diese Nacht verbringe ich nicht in meinem schönen Hotelzimmer. Als es hell wird, werde ich zärtlich von Lippen, die auf meiner Schulter tanzen, geweckt. Mich durchdringt ein Schaudern, ich fühle mich schlecht, denn ich habe dermaßen gut geschlafen…

Ich grinse Ron irgendwie verlegen an und begebe mich mit ihm an den bereits gedeckten Frühstückstisch im Nebenraum unseres kleinen Schlosses hier. Mein Becken zerspringt einerseits vor Entzückung, andererseits vernehme ich die tiefen, festen Stöße von gestern beinahe heute noch.

Was ist passiert? Was habe ich getan? Unsicherheit macht sich mehr und mehr in mir breit, nicht zu wissen, was ich will und worauf ich mich einlasse, ist wohl das Schlimmste was mir passieren kann.

Elegant verschwinde ich mit einem: „Entschuldige mich kurz“, ins Bad. Ohne zu zögern stelle ich mich beinahe gleichgültig in eine Dusche, die keine Wünsche offen lässt, umgeben von Luxus aus purem Marmor. Meine Augen suchen nach einem Kaltwasserhahn, einfach nur kaltes Wasser, denke ich. Solche Duschen mit all dem erdenklichen Schnickschnack bin ich nicht gewöhnt. Endlich ertappe ich etwas in diese Art und kühler Regen fällt über mich. Nach einer Weile kann ich wieder klarer Gedanken fassen, ich erhöhe den Wasserdruck und strecke mein Gesicht dagegen. Das Abperlen der kalten Tropfen erfrischt. Mit einem Schlag beende ich den Regen und wickle mich in ein kuschliges, rein weißes Riesenbadetuch. Meine Haare binde ich mit einem anderen zu einem Turban hoch. Ich sehe mich im Wandspiegel an und bin nicht einverstanden mit dem, was meine Leidenschaft mir hier antut. Jetzt darf ich frühstücken, entscheide ich und gehe wieder nach draußen.

Ron scheint seine Zeitung zu genießen, er sieht zu mir: „Es gefällt mir, du wirkst so unschuldig in den Handtüchern.“ Shit, denke ich mir, ich will nicht, dass hier Gefühle reinkommen und Ron forciert das beinahe mit dieser phänomenalen Leichtigkeit.

„Was willst du eigentlich von mir?“, reagiere ich direkt, wohlwissend, das kann auch schlecht für mich ausgehen. „Angie, diese Frage stelle ich mir, seit ich dich zum ersten Mal in Brüssel gesehen habe. Ich gestehe, bis jetzt habe ich keine Antwort darauf, ich weiß nur, dass ich nicht genug von dir bekommen kann.“ Er lächelt, ist schon aufgestanden und geht an mir vorüber. „Ich muss jetzt zu einem Meeting und ich denke du auch“, so verlässt Ron den Raum.

Ich komme mir vor wie ein Schulmädchen, ich hadere mit meinen Gefühlen. Langsam begreife ich, wie Männer hier ticken müssen, um sich so zu geben. In uns Frauen regieren zu viele Gefühle, viel zu viele. Wir sind getrieben von ihnen, folgen ihnen euphorisch und ersticken manchmal alles darin.

Es ist mir nie als Frau gelungen, für einen Mann nicht sinnlich zu wirken. Ist es das? Wird mir das zum Verhängnis? Mit aller Kraft versuche ich, mich an meine Prinzipien zu klammern und mich zu besinnen.

Noch nie habe ich es geschafft, meine Haare so schnell zu stylen. Noch nie wusste ich so rasch, mein Outfit zu wählen. Am Weg zum Meeting hält mein Taxi an meinem Hotel. In Rekordzeit werfe ich mich in violette und schwarze Robe, heute bin ich ganz Vamp, das passt zu meiner Stimmung. Noch nie bin ich so schnell mit allem fertig gewesen. Ich schnappe die Unterlagen und sause nach unten. Mit demselben Taxi fahre ich weiter zum Meeting.

Noch vor Ron und den meisten anderen trete ich in den Meetingroom 12 ein. Es ist einer dieser riesen Räume mit einem großen, rechteckigen Glastisch, an den Stirnseiten können jeweils drei Personen Platz nehmen, an den Längsseiten geschätzt zehn an jeder Seite, die Sessel sehen auch ohne Armlehnen ganz bequem aus. So mein erster Eindruck. Ich habe heute scheinbar eine sehr starke Aura, denn ein leichtes Staunen durchfährt die kleine bereits anwesende Runde, als ich eintrete. Zuviel Vamp? Nein, das kann nicht sein. Ich genieße meinen Auftritt und begrüße mir bekannte Gesichter.

Keine zehn Minuten später betritt Ron den Raum. Denn auch jetzt hält die Menschenriege inne und blickt Richtung Türe, der ich mit dem Rücken zugewandt bin. Ron betritt mit einem überlauten Gruß den Raum. Ich wende mich um, so kenne ich Ron nicht, irgendwie plump denke ich mir. Meine Aufregung steigt, als ich Blondchen wieder im viel zu kurzen und diesmal schwarzen Rock mit engem Top und Highheels neben Ron sehe. Ron besetzt mit seinen Unterlagen und Koffer einen Stirnplatz, daneben positioniert sich Blondchen. Der Geschäftsführer unseres heutigen Gastgebers begrüßt auch Ron und seine Begleitung. Na da bin ich mal gespannt, heute bin ich ja nur in Beraterfunktion hier und leite kein Meeting, das wird nicht uninteressant. Ich wähle meinen Platz neben Sergej, nicht weil ich das will, sondern weil ich glaube, dass es für mich der richtige Platz heute ist. Sergej ist höflich und hilft mir meinen Sessel zurecht zu rücken.

Ron sieht das und hilft Nicole ebenso, dabei sehen sie ein wenig aus wie ein Turtelpaar, völlig überzogen lacht Ron und Nicole piepst beinahe im Takt dazu. Ein negatives, einfach missmutiges Gefühl macht sich in mir breit. „Ron hat immer ein süßes Mädchen dabei, wissen Sie, nur für den Fall, dass es ihm langweilig ist, sorgt er da vor“, grinst mich Sergej seitlich an und wahrscheinlich will er dabei nur nett sein. Was will Ron mit dem Spiel hier bezwecken, denke ich mir. Mir kommt Sonja in den Sinn, das will ich ihr erzählen, da muss mehr dahinter stecken.

In mir brodelt eine Küche der Erzürnung, gepaart mit herber Enttäuschung und versalzen, so startet für mich die Begrüßung, die der heutige Meetingleiter Zlatko Zlatic übernimmt. Eine Weile dauert es, dann akklimatisiere ich mich und beginne die einzelnen Herrschaften zu mustern. Schließlich bin ich zum Arbeiten hier. Es fällt mir echt nicht leicht, aber ich versuche die Überschwänglichkeit von Ron zu ignorieren und Blondchen generell auszublenden. Jetzt geht es um technische Details, ich muss aufpassen, da bin ich nicht so firm, aber ich bin gut vorbereitet.

„Vielleicht kann uns da Mrs Miller noch mehr Details zum Verlustgrad bei der Wandlung ins Speichermedium und wieder zurück nennen?“, bestimmt Ron mit einem breiten Lächeln plötzlich in die Runde hinein und lehnt sich zurück, dabei legt er seinen Arm auf die Rücklehne von Blondchen, dreht sich zu ihr, grinst auch sie an und seine Zunge wandert über seine Lippen.

Mein Herz rast, mein Becken bebt und meine Aufregung steigt völlig unkontrolliert hoch. „Wäre das möglich Mrs Miller, hätten Sie da Zahlen?“, hilft mir Zlatko ins Gespräch. Ich halte kurz inne, dann nehme ich eine aufrechte Sitzposition ein und beginne: „Nun selbstverständlich kann ich das.“ Ich lächle in die Runde, dabei lege ich meine Beine umhüllt von engen schwarzen Jeans elegant übereinander und spiele mit meinen violetten Stilettos, von Buffalo, indem ich hin und her wippe. Nicht zu übersehen, denke ich mir und besinne mich auf die Einschulung unseres Technikers Peter, der mir vor geraumer Zeit jedes kleinste Detail bereitwillig solange erklärte, bis ich es tatsächlich verstanden habe.

Gekonnt schildere ich jetzt gestückt mit technischen Feinheiten den Ablauf. An Hand der Unterlagen, die jeder der Teilnehmer vor sich hat, erläutere ich noch Quotienten und anschließend technische Analysen, wende mich zuletzt an Ron mit meinem bezauberndsten Lächeln, das ich für solche Fälle fleißig heimlich vor meinem Bürospiegel geübt habe und trällere: „Wenn Sie das eine oder andere jetzt so nicht gleich verstanden haben, dann können wir das gerne zu einem anderen Zeitpunkt in kleiner Runde tiefgreifend erörtern, Ron.“ So, das hab ich mir nicht nehmen lassen, die übrigen Herren starren ein wenig verlegen über den Tisch.

Schmunzeln macht sich in der Runde breit. Ja, das ist mir gelungen, ich bin zufrieden. Sergej applaudiert neben mir und fällt ein: „Mrs Miller, alle Achtung, das war ausgezeichnet. Das Verfahren ist genial, das habe ich verstanden! Ich schätze du auch, Ron? Die Dame an meiner Seite ist nicht zu unterschätzen, nicht wahr, Ron?“ Er scheint als einziger wirklich mitbekommen zu haben, was hier eigentlich gespielt wird.

Ron sieht herüber und sein Blick fällt tief in mich hinein, seine Zunge streift wieder über seine Lippen und ich starre ihn bewusst an. Er soll den Blick zuerst abbrechen lassen. Das tut er nicht, er richtet sich auf stützt seine beiden Ellenbogen vor sich auf den Tisch, lässt seinen Kopf auf seinen verschränkten Händen ruhen und spricht ganz ruhig, „Mrs Miller, eine letzte Frage habe ich noch, Sommers-Hall errechnet einen WACC von 7,9, ist das nicht unrealistisch?“ Ron gefällt mir wieder. Ich kenne meine Unterlagen, ich weiß, wovon er spricht und wir sind in der tiefsten Gaswirtschaft und der Wirtschaftlichkeit eines Projektes. „Das ist eine Annahme basierend auf Wirtschaftsfaktoren die mit Jänner diesen Jahres erhoben wurden, diese Tabellen passen sich an Werte an, die die Wirtschaft vorgibt. Ob hier Ihre Bezeichnung unrealistisch angebracht ist, müssen wir alle hier im Raum fragen, denn wie realistisch sind Wirtschaftsfaktoren?“ Ich wende nun meine Augen bewusst nicht von Ron ab und spiele mit meinen Stilettos: Kreise zeichnen. Blondchen, Nicole, macht sich jetzt wichtig und fragt mit piepsiger Stimme: „Brauchst du die Wirtschaftsfaktoren auch Ron?“ Kurzes zurückhaltendes Gelächter trifft nun ins Schwarze. Ron senkt seinen Blick und greift mit beiden Händen in seine ergrauten Wellen, dann taucht er darunter hervor und schenkt mir ein Lächeln. Das Spiel ging eindeutig an mich.

Jetzt triumphiere ich. Sergej lehnt sich zu mir und flüstert mir ein Kompliment ins Ohr, das ich nicht einmal registriere, ich genieße viel mehr, dass Ron das mitbekommt und es ihm überhaupt nicht passt, was hier herüben bei mir abgeht.

Beim Mittagessen mit Sergej erfahre ich vieles über Ron. Glaubt man den Geschichten von Sergej, so ist Ron ein kaltblütiges, kläffendes, frauenvernichtendes Ungetüm ohne jeden Skrupel. Es scheint fast so, dass Ron für jedes Projekt, das er kennenlernen will, eine neue Assistentin bemüht. Demnach folgere ich: Für Sommers-Hall scheint das also Nicole zu sein. Wonach er wohl seine Assistentinnen aussucht? Grüble ich kurz darauf, während mir Sergej weiter tiefen Einblick in diese ferne Welt gibt. „Heute hat Ron eine herbe Enttäuschung einstecken müssen“, drückt sich Sergej für seine Verhältnisse sehr eloquent aus. „Sein Mädchen, Nicole, hat ihm die Show ruiniert. Aber einen Busen hat die.“ Nach diesem sprachlichen Lichtblick hat sich Sergej treffend in seinem Stil deplatziert. In Gedanken frage ich mich, ob hinter Nicole nicht doch mehr steckt, als es für mich nach außen den Anschein macht.

Der Nachmittag bringt Langeweile, denn es geht mehr um politischen Kram den Osten betreffend, ich flüchte mich vorzeitig in mein Hotelzimmer, um eine Stunde auch mal nur für mich zu haben, das brauche ich.

Ein Telefonat mit meinen Kindern erfrischt mich. Die Testergebnisse in der Schule stimmen mich zufrieden, immerhin habe ich fleißig mit beiden gelernt. Ich bin stolz auf meine Jungs und nachdem ich jetzt weiß, dass es ihnen gut geht, nehme ich die Gelegenheit wahr!

Es bleibt mir noch Zeit die hausinterne Wellnessanlage zu testen, ein Saunagang wäre jetzt das Ideale für mich…

„Mmmmh…“, gebe ich von mir, es ist herrlich, 85Grad genau richtig für mich. Alleine, einfach nur ich, perfekt. Meine Gedanken streifen durch den Dunst gepaart mit einem Aromastoff, der in mir Erinnerungen an die Südsee weckt.

Lange ist es her, ich war frisch verliebt – nein, ehrlich gesagt voll verknallt – in John, er war mein Hero. Er war anders als alle anderen Männer, die ich kannte. Er war aufregend, geheimnisvoll und so athletisch mit seinem Wassersportfanatismus. Ich war damals viel zu jung, doch den musste ich haben…

Es ist heiß und grinsend hebe ich mein Gesicht, lass meinen Kopf dann im Nacken verweilen und träume weiter.

John ist Windsurfer und fährt Motorboot, auch heute noch. Damals wollte ich das auch alles können, an seiner Seite mit eben anders sein. Im Sturm haben wir uns erobert, uns gezähmt. Gemeinsam haben wir viel erlebt, viel hab ich von ihm gelernt. So wie er später von mir.

Mit meinem Handtuch tupfe ich mir die Stirn ab und schwelge weiter: Mein Leben war nie ein ruhiger, langer Fluss, immer habe ich eine Stromschnelle nach der anderen förmlich angezogen und letztlich genommen. Manchmal war es hart, oft war es härter. Dennoch habe ich mich entwickelt, bin zu einer Frau geworden, die ich immer sein wollte.

Und heute ist dieser einzigartige Reiz, den John in mir immer wieder auslöste, verschwommen, einfach verdeckt. Beide haben wir unsere Lust am Anderssein und am Sport nicht verloren, nur der Reiz am Gemeinsamen scheint mir ein wenig abhanden gekommen? John ist immer noch verdammt gut gebaut – ein Lächeln kann ich mir nicht verkneifen. Er ist der Vater meiner Kinder, das wird er immer sein. Gewiss liebe ich ihn und werde ihn immer lieben.

Seitdem jedoch feststeht, dass er die Anstellung im Labor wieder verlieren wird, ist es in mir mehr als je zuvor unruhig geworden. Mit der Schließung des Labors aus wirtschaftlichen Gründen, wie es so schön heißt, wird John so schnell nicht wieder Arbeit finden, das haben wir in den letzten Monaten im Bewerbungsmarathon erlebt. So wie früher, als John jahrelang keinen geeigneten Posten fand, werde ich alleine für das familiäre Einkommen verantwortlich sein.

Gerade damit oder dadurch ist mir meine Unzufriedenheit erst wirklich bewusst geworden. Grübelnd über unser Tief streife ich mir wieder mit meinem Handtuch über das Gesicht. Oder ist es mein Tief?

Angie, womit bist du unzufrieden? Mit meiner Ehe? Mit meiner Beziehung zu John? Mit mir? Fragen, mir kommen nur Fragen, aber es gesellt sich keine einzige Antwort dazu. Mir ist zu heiß, ich ergebe mich und verlasse die Sauna.

„Grrrrrrrrr…“, ich lösche meine Fragen mit eiskaltem Wasser, zuerst die Beine, dann meinen Oberkörper. Es prickelt. Meine Brüste werden straff und ich wage es und tauche mit dem Kopf unter den kalten Wasserstrahl. Ein Gefühl von eiskalter Erregung und Entzücken. Einfach nur ich. Vielleicht ein kleiner Nebensatz in einer der Antworten? Komme ich manchmal zu kurz?

In meiner Sorge um die Kinder vergesse ich auf mich? Ist es das? Es sollte John an nichts fehlen, im Büro will ich immer, dass alles passt und jeder soll zufrieden sein – und ich? Bin ich zufrieden? Zufrieden wie es mir geht? Doch es kommt keine Antwort – wieder nur eine Frage nach der anderen!

Frisch geduscht und eingeölt – duftend nach Rosen – begebe ich mich zurück in mein Zimmer, um mich für den heutigen Abend in Schale zu werfen. Ich will umwerfend aussehen, Blondchen mag knackig sein und Busen haben, hat sie auch Scharm wie ich?

Shit, ich mag doch keine Vergleiche, also lass ich es lieber, mich selbst zu necken und erkunde meine mitgebrachte Robe. Im Bademantel und mit noch nassen Haaren knie ich zunächst vor meinen vier Paar Highheels, die ich mitgebracht habe. Meine Entscheidung fällt auf perlmuttfarben, da habe ich nur Jeans mit? Welch ein krasser Fehler, das geht abends gar nicht? Was mach ich jetzt? Es muss wieder schwarz werden, anders hab‘ ich es nicht vorbereitet?

Es läutet? Ich schrecke auf, was ist jetzt wieder? Ich schaffe es nicht, nicht mal hier, einfach mal für mich zu bleiben. Also haste ich zur Türe und öffne etwas unüberlegt – gebe ich zu.

Ron stürzt herein und schließt hinter sich ab. Er zieht mich zu sich hin und küsst mich heftig, immer stärker, seine Hände raffen meinen Bademantel und ich bekomme kaum noch Luft. Eine Welle der Begierde überrollt mich, ohne dass ich dagegen auch nur einen Funken einer Chance habe. Ron ist stark, er packt mich an den Hüften. Mich fest im Griff, küsst er meinen Hals. Packt nun meine nassen Haare und zieht sie nach hinten. Weit nach hinten, ich muss ihm folgen, es geht zum Bett. Er drückt mich darauf, jetzt erst kann ich wieder atmen und reagiere forsch: „Willst du spielen?“ Er beugt sich über mich und diesmal flüstert er gar nicht: „Nein!“ Ron lässt von mir ab, absonderlich geradezu grotesk diese Situation. Was höre ich jetzt? Unsicher kauere ich mich zusammen und ziehe meinen Bademantel über meine Beine. „Was ist los? Ich habe dir nur nett geantwortet beim Meeting, bist du deswegen hier?“, lasse ich mich nüchtern weiter aus. „Wage es nicht mich bloßzustellen vor anderen!“, vernehme ich von einem Ron, den ich so noch nie gesehen habe.

Angst, tatsächlich Angst macht sich breit. Ron ist gefährlich?

Jetzt kommt er mir näher, beugt sich über mich und noch nie habe ich mich so erstarrt gefühlt. Keine Regung meinerseits.

Einen Augenblick später fühle ich seine Lippen auf den meinen. Ich erwidere das nicht, diesmal nicht und will mich aufrichten. Ron aber drückt mich nieder und hält mich fest. Endlich habe ich das Rebellische in mir wieder gefunden: „Lass mich los, ich bin kein Dummchen für dich!“ Tief und sicher, wie ein Fels in der Brandung, sehe ich Ron in die Augen. Da erkenne ich seine Zungenspitze, wieder streift sie über die Lippen und er wispert:„Du wirst nie ein Dummchen sein können, auch nicht für mich.“ Ron lässt ab und scheint seinen größten Ärger überwunden.

Habe ich da eine Lektion erteilt? Bin ich dazu überhaupt fähig, solch einem Mann etwas beizubringen? Ich erhebe mich und verlasse nun lieber den Schlafbereich. Ron folgt mir und seine Hände ergreifen noch einmal meine Hüften. Nein, er hat nicht gelernt? Mein Becken in seinem Griff, wende ich mich zu ihm um. Er sieht mir direkt in die Augen und spricht leise und tief: „Verzeih mir, aber ich bin es nicht gewohnt, dass Sergej neben schöneren Frauen sitzt als ich, das macht mich wahnsinnig.“ Er senkt sein Gesicht und schreitet in Richtung Türe. Ich lasse zu, dass er mein Zimmer so verlässt. Doch ich habe ihn belehrt?

Schmunzelnd sitze ich jetzt wieder bei meinen Schuhen, der männliche Stolz ist unergründlich und doch so leicht zu durchschauen. Schwarz ist gut – heute. Schwarzes, teilweise transparentes, langes Kleid mit tiefem Ausschnitt, Hochsteckfrisur und langen schwarzen Handschuhen, das passt jetzt gut. Genau Richtig, ein wenig Diva, belehrend…

Sergej ist also ein wirklich rotes Tuch und ich denke, den kann ich gut lenken. In mir ruht der Stolz zu wissen, dass ich Meisterin darin bin, Kleinigkeiten aufzunehmen und für mich zu nutzen. Denn auf diese kleinen Errungenschaften, die es im Business zu oft ausmachen und spielentscheidend sein können, kommt es in meiner Branche einfach an.

Zufrieden mit meinem atemberaubenden Styling begebe ich mich ins Foyer des Hotels, von dort mache ich mich auf die Suche nach einem Taxi, als ich auf Sergej treffe.

Rebellische Leidenschaft

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