Читать книгу Wäldar ka nüd jedar sin! - Alois Niederstätter - Страница 11
....... EXKURS Die sagenhafte »Weiberschlacht« an der »Roten Egg«
ОглавлениеZum Bild von der starken und selbstbewussten Wälderin trug eine Geschichte bei, die im Dreißigjährigen Krieg anlässlich der Eroberung von Bregenz und der Besetzung Vorarlbergs durch Truppen des schwedischen Feldmarschalls Gustav Wrangel im Jahr 1647 spielt. Der Lingenauer Kaplan Johann Konrad Herburger (1780–1845) schrieb sie 1818 nieder: Als in Lingenau einquartierte Soldaten zu einem ihrer Plünderungszüge auf brachen, entschlossen sich die Frauen aus Egg, Andelsbuch und Schwarzenberg, ihnen mit Arbeitsgeräten bewaffnet entgegenzuziehen. Am Fallenbach bei Egg trafen die Schweden auf die in Schlachtordnung aufgestellten Wälderinnen, hielten sie wegen ihrer weißen Tracht für österreichische Soldaten und wollten deshalb fliehen. Dazu kam es nicht mehr, die Frauen stürzten sich mit großer Wut auf sie und machten alle nieder. Der mit dem Blut der Getöteten getränkte Platz hieß fortan »die Rote Egg«. Weil dieser Sieg um zwei Uhr nachmittags errungen worden war, läutete man fortan in den Pfarrkirchen der drei Orte um diese Zeit die Glocken, außerdem erhielten die Frauen das Recht, beim Opfergang um den Altar den Männern voranzugehen.
Schwarzenberg vor 1900.
Die wehrhaften Bregenzerwälderinnen als Ansichtskartensujet.
Wenige Jahre später veröffentlichte der in Wien wirkende, aus Hittisau stammende Historiker Joseph Bergmann Herburgers Text und machte ihn damit einem breiteren Publikum bekannt. Mit der Variante, die Wälderinnen seien von den überraschten Schweden für himmlische Wesen gehalten worden, und dem Zusatz des Gelöbnisses der Frauen, die weißen Kleider gegen dunkle zu tauschen, legte Josef Ellensohn 1866 die Grundlage für die Aufnahme der Geschichte in die späteren Vorarlberger Sagensammlungen.
Als »historischer Sage« wird der Geschichte zumindest ein »wahrer Kern« zugestanden, zumal sich die Geschichtsschreibung redlich bemühte, sie in das regionale historische Geschehen am Ende des Dreißigjährigen Kriegs einzubetten. Auch an literarischen Verarbeitungen fehlt es nicht. Bereits 1869/70 nahm sich kein Geringerer als der deutsche Schriftsteller Wilhelm Raabe (1831–1910) nach einem Sommeraufenthalt in Vorarlberg des Stoffs in seiner Erzählung »Der Marsch nach Hause« an. Der Theaterverein Bizau führte 1936 das »Schwedenspiel« von Kaspar Meusburger sowie 1953 eine Dramatisierung des ebenfalls auf dieser Thematik beruhenden Romans »Schicksal auf Vögin« (1942) von Nathalie Beer auf.
Dass ein Quellenbeleg für die Geschichte fehlt und vor allem die zeitgenössische Kriegsgeschichte des Benediktinerpaters und Priors von Lingenau Franz Ransperg (1609–1670) sie nicht kennt, mindert ihre Popularität nicht – genauso wenig wie die schon vor mehr als hundert Jahren vorgenommene Einordnung der »Schlacht an der Roten Egg« als Lokalisation eines alten Mythos, zu dem unter anderem die Walküren und die Amazonen gehören. So ist sie bis heute ein wichtiger Bestandteil der Bregenzerwälder Identität.
Bei den Feierlichkeiten anlässlich der Eröffnung der Bregenzerwaldbahn durften szenische Darstellungen der »Weiberschlacht an der Roten Egg« nicht fehlen.
Bestandteile der Bregenzerwälder Frauentracht: Juppe, Gürtel, Schapel.