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1.2. Ziele & Visionen – Ihre Zukunftsausrichtung

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„Kein Wind ist demjenigen günstig,

der nicht weiß, wohin er segeln will.“

MICHEL DE MONTAIGNE

„Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg.“

LAOTSE

Aller Fortschritt basiert auf Weiterentwicklung. Gezielte Weiterentwicklung setzt voraus, dass Sie wissen, wo Sie stehen und wo Sie hingehen wollen.

Ausgehend vom Bewusstsein, was Sie derzeit können (im Sinne von Qualifikation und Möglichkeiten unter den gegebenen Rahmenbedingungen), was Sie derzeit haben (Wissen, materiellen Dingen, Kontakten) und was Sie derzeit wollen (Wünsche, Bedürfnisse) sind konkrete Ziele und Wege für die Weiterentwicklung festzulegen.

Ziele richtig definieren

Merkmale „wohlgeformter Ziele“

Um Ziele motivierend zu gestalten, sodass sie Orientierung geben und Energie für das „Anpacken“ freisetzen, bedarf es einer richtigen Formulierung. Entscheidende Merkmale einer solchen Formulierung sind:

1. Schriftlichkeit 5. Positive Formulierung
2. Realismus 6. Aktive Formulierung
3. Terminierung 7. Verantwortungszuweisung
4. Messbarkeit 8. Visualisierung

1. Schriftlichkeit

Fühlen Sie sich an ein beliebiges Silvesterfest zurückversetzt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind Sie in das neue Jahr mit einigen Zielen oder guten Vorsätzen gegangen. Wie viele dieser Ziele haben Sie über die Jahre gesehen tatsächlich realisiert? Hatten Sie diese schriftlich fixiert? Ein entscheidender Faktor für die Zielerreichung, noch vor der richtigen Formulierung an sich, ist die schriftliche Fixierung. Wenn Sie etwas aktiv zu Papier gebracht haben, hat das Ganze psychologisch eine wesentliche höhere Selbstverpflichtung, als beispielsweise einfach nur gedanklich ein paar gute Vorsätze fürs neue Jahr ins Auge zu fassen. Zudem ermöglicht die Schriftlichkeit eine spätere Kontrolle: Was Sie einmal schwarz auf weiß auf dem Papier festgehalten haben, können Sie später nicht einfach umdeuten oder aufweichen (Kapitel 4.4.).

Stärkere Selbstverpflichtung

Ebenso wie ein Vertrag bindend ist, erzeugen niedergeschriebene Ziele ein höheres Commitment. Diese persönliche Selbstverpflichtung wirkt dabei noch stärker, wenn der Betroffene das Ziel selbst aktiv niederschreibt. Dies ist insbesondere im Rahmen von Zielvereinbarungsgesprächen bedeutsam: Vereinbarte Ziele für das nächste Jahr sollte jeder Mitarbeiter selbst schreiben und nicht von der Führungskraft das fertig ausgefüllte Blatt vorgesetzt bekommen.

2. Realismus

Nur realistische Ziele motivieren

Ihre Ziele müssen realistisch formuliert sein, um motivieren zu können. Nur ein Ziel, an das Sie auch glauben, wird genug Energie freisetzen, um loslegen und beständig auf die Zielerreichung hinarbeiten zu können. Halten Sie die Zielerreichung für unrealistisch, werden Sie nur mit halber Kraft arbeiten. Dies gilt ebenso für alle anderen an der Zielerreichung beteiligten Personen. Das Motto „Warum sollen wir uns anstrengen, den Termin schaffen wir doch eh nicht“ ist verständlich und psychologisch ein Schutz für den Menschen, sich sinnlos zu verausgaben. Auf der anderen Seite dürfen Sie das Ziel jedoch nicht zu tief hängen, denn dann besteht keine Notwendigkeit, sich anzustrengen. Dies ist gerade für Führungskräfte ein wichtiger Aspekt: Überzogene Ziele führen zu Überlastung, Stress, innerer Kündigung, eingeschränkter Einsatzbereitschaft und Unzufriedenheit. Zu niedrig angesetzte Ziele führen auf Dauer ebenso zu Unzufriedenheit und Demotivation, vor allem aber zu suboptimalen Ergebnissen.

Erfolg macht zuversichtlich

Jeder braucht eine gewisse Herausforderung. Ein realistisches Ziel soll also weder über- noch unterfordern, jedoch ein gewisses Herausforderungspotenzial enthalten. Ebenso wie die Wertschätzung von Dingen häufig davon abhängt, wie viel jemand dafür aufgeben musste, so resultiert die Zufriedenheit eigener Betätigung daraus, wie anstrengend und herausfordernd der Weg zum Ergebnis war. Konnten Sie Ihr Bestes geben und an der Aufgabe wachsen, können Sie mit Stolz auf das erreichte Ergebnis und den Weg dorthin zurückblicken. Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein und Selbstachtung wachsen, und die Motivation für anstehende Herausforderungen steigt. Nichts macht zuversichtlicher, als Erfolg zu haben. Eine realistische Zielsetzung ist letztlich nicht nur Voraussetzung für die Zielerreichung und unter gegebenen Rahmenbedingungen für optimale Ergebnisse, sondern nebenbei auch Motor für persönliches Wachstum in einer Aufwärtsspirale.

3. Terminierung

Eine Aufgabe nimmt immer so viel Zeit in Anspruch, wie zur Verfügung steht.

Terminieren stellt sicher, dass Projekte auch abgeschlossen werden.

Zu jeder Zieldefinition gehört ein konkreter Termin, bis zu dem die Aufgabe oder Zielstellung realisiert ist. Nur so wird die Sache angepackt, vorangetrieben und der innere Schweinehund mitsamt seiner „Aufschieberitis“ überwunden. Zwar sorgt die wachsende Projektkultur mit knappsten Terminvorgaben – so genannten „Deadlines“ – für permanenten Stress unter Mitarbeitern. Auf der anderen Seite zeigt sich jedoch, dass die meisten Aufgaben und Ziele doch irgendwie immer in der gegebenen Zeit realisiert werden können. Je näher die Deadline rückt, umso effizienter wird in der Regel gearbeitet. Je knapper die Zeit, umso eher verzichtet man auf Kleinigkeiten und Details, die mehr Zeit kosten als Nutzen bieten.

Natürlich muss die Terminierung auch hier realistisch sein. Voraussetzung ist aber, dass überhaupt ein Terminziel besteht, an dem die Aufgabe oder das Projekt fertig gestellt sein müssen. Ohne Termin bleibt das Ziel in der Regel ein Wunsch, dessen Realisierung sich permanent nach hinten verschiebt.

4. Messbarkeit

Die Terminierung Ihres Ziels ist ein erster Schritt in Richtung Messbarkeit. In der Regel wird die Zielerreichung jedoch nur sekundär am Termin und primär an anderen qualitativen und quantitativen Faktoren gemessen. Die Identifikation und Formulierung dieser Faktoren sowie die Vorgabe eines konkreten Zielwertes bzw. Zielzustands ist eine wesentliche Aufgabe bei der Zieldefinition. Ziele müssen konkret messbar formuliert sein, sonst haben Sie keine Chance zu überprüfen, ob und wann das Ziel erreicht wurde.

Ungünstige und günstige Zielformulierungen

Ungünstige Zielformulierungen sind „Ich will Karriere machen“, „Ich will weniger rauchen“ oder „Ich möchte mehr Zeit mit Martina verbringen“. Richtig sind konkrete Zielformulierungen wie „Ich will meine Zwischenprüfung mit 2,0 abschließen“, „Ich rauche nur noch fünf Zigaretten am Tag“ oder „Ich möchte jeden ersten Montag im Monat mit Martina verbringen“.

5. Positive Formulierung

„Es ist ein großer Unterschied, ob wir spielen, um nicht zu verlieren, oder ob wir spielen, um zu gewinnen.“

BODO SCHÄFER

Bewusstsein auf erfreulichen Zustand lenken

Die Einstellung macht den Unterschied. Die Zielformulierung muss deshalb positiv abgefasst sein, also ohne negative Wörter wie „nicht“, „kein“, „weniger“ und so weiter. Derartige Formulierungen lenken das Bewusstsein auf den negativen Umstand, statt es auf einen positiven Zielzustand zu fokussieren und positive Energie freizusetzen.

Statt „Ich will weniger rauchen“ formulieren Sie Ihr Ziel in der Art: „Als Nichtraucher führe ich ein gesundes Leben und fühle mich fit.“ Diese zweite Formulierung lenkt das Bewusstsein auf den erfreulichen Zustand eines Nichtrauchers, während der erste Versuch eher ein negatives Zwang- und Schuldgefühl im Format „Ich rauche – das ist schlecht. Ich muss damit aufhören“ erzeugt.

6. Aktive Formulierung

Neben einer positiven Formulierung ist bei der Zieldefinition insbesondere auf eine aktive Beschreibung des Ziels bzw. der Maßnahmen zu achten. Dies erhöht die Verbindlichkeit und fördert das Anpacken der Aufgabe. Statt einer Formulierung nach dem Schema „SAP-HR wird eingeführt“ oder „Einführung SAP-HR“ verwenden Sie aktive Formulierungen wie „Einführen von SAP-HR“. Eine gute aktive Formulierung macht klar, dass Sie Maßnahmen zur Realisierung in Angriff nehmen müssen und nicht passiv auf das Eintreten des Zielzustands warten können.

7. Verantwortungszuweisung

Klare Verantwortlichkeiten erhöhen die Verbindlichkeit

Der nächste Schritt nach einer aktiven und positiven Formulierung ist das Einbinden der Verantwortung in die Zieldefinition. Die Zieldefinition soll klar werden lassen, wer konkret für die Zielerreichung zuständig ist. Die Verantwortlichen sollen sich darüber hinaus konkret angesprochen und tatsächlich für die Realisierung und alle dazu notwendigen Maßnahmen verantwortlich fühlen. Die Zieldefinition „Einführen von SAP-HR“ können Sie somit erweitern zu „Einführen von SAP-HR durch die IT-Abteilung bis zum 31.12. dieses Jahres“. Ebenso erzeugt die Formulierung eines persönlichen Ziels „Website Segelverein“ in der Form „Ich erstelle die Website für unseren Segelverein bis zum Jahresende“ eine deutlichere Identifikation mit der Aufgabe und dem Ziel.

8. Visualisierung

Die Zielerreichung erfolgt in der Regel umso effizienter, je höher die motivatorische Kraft in der Zielformulierung ist. Eine schriftliche, realistische, aktive und positive Zielformulierung ist eine essenzielle Grundlage für die gewünschte Motivierung der Beteiligten. Ein bemerkenswerter Effekt lässt sich darüber hinaus erreichen, wenn Sie das Ziel bzw. den Zielzustand so konkret wie möglich visualisieren.

Je konkreter und klarer die Vorstellung vom Ziel, umso höher die motivatorische Kraft des Ziels.

Diese Visualisierung kann entweder tatsächlich in Bildform erfolgen, oder aber auch in geschickter Formulierung des Ziels als Zielzustand. Zum Beispiel so: Statt „Ich möchte der Jahrgangsbeste werden“ formulieren Sie das Ziel so, als ob Sie es bereits erreicht hätten: „Ich bin der Jahrgangsbeste“. Statt „Ich möchte mit 40 ein Haus am See haben“ heißt es dann „Ich bin 40 und habe ein Haus am See“.

Je konkreter die Vorstellung vom Zielzustand, umso klarer halten Sie sich das Ziel jederzeit vor Augen. Je klarer die Vorstellung, umso greifbarer das Ziel. Je greifbarer das Ziel, umso höher die Motivation, die letzten Schritte zu diesem Ziel in Angriff zu nehmen. Das Ziel scheint nicht mehr so weit entfernt, wird realistischer. Je realistischer und konkreter es sich abzeichnet, umso mehr Energie wird für die Zielerreichung freigesetzt und aufgewendet.

Wünsche konkret visualisieren

Aus diesem Grund empfiehlt es sich, gerade materielle Ziele so konkret, detailliert und ausgeschmückt wie möglich zu visualisieren. Wenn Sie für ein Auto sparen und zum Beispiel unbedingt ein bestimmtes Cabrio Ihr Eigen nennen wollen, stellen Sie sich ein Bild von diesem Wagen auf den Schreibtisch und stecken Sie ein Bild davon in Ihre Geldbörse. Wie soll das Haus am See konkret aussehen? Machen Sie sich einen Plan. Wo soll die Terrasse hin, wie sieht es aus, wenn die Sonne ins Wohnzimmer fällt? Stellen Sie sich vor, wie das Boot am Bootssteg befestigt ist und im Wind schaukelt. Planen Sie den Kamin – gehen Sie in einen Baumarkt und schauen Sie sich nach einem Wunschmodell um. Stellen Sie sich vor, wie Sie im Winter mit einem Glas Rotwein davor sitzen und guter Musik lauschen. Solche plakativen Vorstellungen verstärken den Wunsch, konkretisieren das Ziel und setzen unglaublich viel Energie und Motivation frei.

Wenn Sie wissen, wo Sie hinwollen und wie es dort aussieht, fühlen Sie tief in sich den Wunsch, sofort loszulaufen. Die konkrete Vorstellung und die Begeisterung sind Ihr Motor! Stellen Sie sich wie ein Marathonläufer das Ziel vor, das unbeschreibliche Gefühl, durch das Ziel zu laufen. Das gibt Kraft, auch zwischenzeitliche Schwächen und Probleme zu überwinden. Sie wissen, wo Sie hinwollen. Sie haben Ihr Ziel visualisiert und motivierend vor Augen!

Tabelle 1: Richtige und falsche Zielformulierungen

Falsche Zielformulierung Richtige Zielformulierung
„Wir wollen die Prozesse im Unternehmen verbessern.“ „Zum Jahresende liegt die durchschnittliche Fehlerrate in der Produktion unter 5 %.“
„Wir müssen kundenfreundlicher werden.“ „Wir führen bis zum 1. Juli ein System fester Kundenbetreuer sowie kostenlose Service-Rufnummern ein. Der Erfolg wird durch eine jährliche Kundenzufriedenheits-Befragung evaluiert.“
„Ich will mehr lesen.“ „Im Sommerurlaub werde ich die Bücher ‚Soft Skills für Young Professionals’ und ‚Omnisophie’ lesen.“
„Mehr Zeit mit meinen Freunden verbringen.“ „Ich treffen mich jeden Montag mit Gordon, Toni und Sebastian in der Lykia-Bar zum Kartenspielen.“
„Ich ernähre mich gesund.“ „Ich mache jeden Sonntagmorgen einen Obstsalat und frisch gepressten Orangensaft für das Familienfrühstück.“

Zielbildung und Strukturierung

Von der langfristigen Vision zum Ziel für den Tag

Bei der Auseinandersetzung mit Zielen gilt es, sich die Hierarchie von Zielen zu verdeutlichen. Eine – im Folgenden erarbeitete – Lebensvision stellt zwar eine grobe Orientierung dar, bietet jedoch eine zu geringe Konkretisierung und Verbindlichkeit, um tägliche Aktivitäten daran auszurichten. Langfristige Ziele und Visionen sind wichtig, um dem Leben Sinn und Richtung zu geben, aber weniger geeignet, um im Jetzt und Hier wirklich Aktionen anzustoßen. Aus diesem Grund ist es erforderlich, Ziele von einem langfristigen Zeithorizont auf mittelfristige Zielstellungen bis hin zur kurzfristigen Zielvorgabe herunterzubrechen.

Natürlich gibt es für Ihre Ziele und Zeitplanung unterschiedliche Zeithorizonte. Deshalb macht es Sinn, langfristige Ziele auf mittelund kurzfristige Ziele herunterzubrechen. Eine solche Zielhierarchie kann dann wie folgt aussehen:

1. Lebensziele 5. Quartalsziele
2. Fünfjahresziele 6. Monatsziele
3. Zehnjahresziele 7. Wochenziele
4. Jahresziele 8. Tagesziele

Was möchten Sie im Laufe Ihres Lebens erreichen? Was möchten Sie in den nächsten zehn Jahren erreichen? Was in den nächsten fünf Jahren? Was müssen Sie dafür im Laufe des nächsten Jahres machen?

Zeitpunktund zeitraumbezogene Ziele

Grundsätzlich lassen sich bei der Betrachtung des Zeitaspektes zeitpunkt- und zeitraumbezogene Ziele unterscheiden. Ein zeitpunktbezogenes Ziel sieht vor, dass die Zielerreichung zu einem bestimmten Zeitpunkt gewährleistet ist, zum Beispiel zum Jahresende ein Körpergewicht von 75 kg auf die Waage zu bringen. Ein zeitraumbezogenes Ziel verlangt hingegen die permanente Zielerreichung innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums, so zum Beispiel der Wunsch, im gesamten Jahresablauf das Körpergewicht im Bereich von 75 bis 80 kg zu halten.

Typisierung und Ausgewogenheit von Zielen

Die Gesamtheit Ihrer Ziele muss ausgewogen sein

Neben der Unterscheidung nach ihrem zeitlichen Horizont lassen sich Ziele auch nach anderen Perspektiven typisieren. Eine solche Typisierung ist sinnvoll, da Sie erst dadurch erkennen können, wenn alle Ihre Zielstellungen in nur eine bestimmte Richtung tendieren. Das können Sie zwar als „konsequent“ bezeichnen, eine zu einseitige Ausrichtung aller Ziele ist im Sinne einer ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung erfahrungsgemäß aber eher problematisch (Kapitel 3.1.).

Besteht das persönliche Zielsystem hauptsächlich aus materiellen Zielen, stellen sich früher oder später Konflikte und Zweifel über den Sinn alles Zielstrebens ein. Da nach Maslow Bedürfnisse grundsätzlich unbegrenzt sind, lässt sich hier nie eine vollständige Zufriedenheit erreichen. Zudem stellt sich früher oder später Frustration ein, weil der reine Materialismus natürlich nicht glücklich macht. Gefragt ist also ein ausbalanciertes persönliches Zielsystem, das Elemente möglichst verschiedener Zieltypen enthält. So lässt sich mit einem ausgewogenen Konzept von materiellen und immateriellen Zielen, zum Beispiel ein bestimmtes Wohnumfeld, Auto, Hobby, die Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen, geistiges Wachstum, Gesundheit und Sport, Kultur oder Kreativität, viel eher ein Zustand des Glücks realisieren. Ist alles Handeln nur auf das Erarbeiten der „ersten Million“ ausgerichtet und bleiben andere Zielbereiche auf dem Papier und im praktischen Leben leer, fehlt ein ausgewogener Zielmix im Sinne eines ganzheitlichen Lebenskonzepts (Kapitel 2.1.).

Je größer das individuelle Zielbündel wird, umso wichtiger ist, dass Sie eine Priorisierung vornehmen. Dieses Thema fällt schwerpunktmäßig in den Bereich des persönlichen Zeitmanagements, zu dem Sie im Weiteren detaillierte Informationen erhalten.

Erkennen und Umgehen mit Zielkonflikten

Komplementäre Ziele

Einen möglichst ausgewogenen Zielmix zu finden, kann schwieriger als erwartet sein. In der Praxis treten regelmäßig Zielkonflikte auf, die es im Vorfeld zu erkennen und möglichst zu umgehen gilt. Im Idealfall handelt es sich bei allen Zielen um komplementäre Ziele, das heißt, eine höhere Zielerreichung des Ziels A führt automatisch zu einer höheren Zielerreichung des Ziels B. Ein Beispiel dafür kann verallgemeinert „Gesünder ernähren und dadurch Abnehmen“ sein. Im täglichen Leben ist dieser Idealfall leider relativ selten anzutreffen – an der Tagesordnung sind häufig eher Zielkonflikte.

Konkurrierende Ziele

In diesen Bereich fallen konkurrierende Ziele. Eine Zielkonkurrenz liegt vor, wenn eine erhöhte Zielerreichung von A zu einem geringeren Zielerreichungsgrad des Ziels B führt. So lässt sich in der Regel der Vorsatz, mehr Biokost in Naturkostläden zu kaufen, kaum mit dem Ziel in Einklang bringen, weniger Geld für die monatlichen Lebensmittel auszugeben.

Zielantinomie und Zielindifferenz

Problematisch sind Zustände der Zielantinomie, bei denen die Zielerreichung von A die Zielerreichung von B ausschließt. Ein Beispiel: So widersprechen sich die Zielstellungen, sich vermehrt und regelmäßiger telefonisch bei Freunden und Verwandten zur Kontakterhaltung und -pflege zu melden, gleichzeitig aber die Telefonrechnung innerhalb der nächsten 6 Monate zu halbieren. Zielindifferenz dagegen liegt vor, wenn sich die Ziele A und B in ihrer Zielerreichung nicht beeinflussen. So besteht zwischen der Naturkost und der Telefonrechnung weder ein Konflikt noch ein Zusammenhang.

Lebensvision und Mission Statement

„Um wirklich glücklich zu sein, muss man eine Aufgabe und eine große Hoffnung haben.“

RICARDA HUCH

Eine große Aufgabe schafft Sinn für das persönliche Leben

Eine der wichtigsten Aufgaben im Rahmen einer gezielten und ausgewogenen Persönlichkeitsentwicklung ist das Formulieren einer Lebensvision. Die Amerikaner nennen eine solche Vision auch „Mission Statement“. Ihre Lebensvision, Ihr Mission Statement ist essenziell. Das Zitat „Kein Wind ist demjenigen günstig, der nicht weiß, wohin er segeln will“ zu Beginn des Kapitels 1.2. veranschaulicht die Bedeutung einer solchen Richtungsvorgabe und Orientierung so treffend, dass es an dieser Stelle noch einmal erinnert sei.

Ein möglichst konkreter, individuell, aus tiefem Herzen und mit gesundem Verstand erarbeiteter Lebensentwurf bildet nicht nur die Grundlage für das Herunterbrechen und Operationalisieren von Teilzielen. Eine konkrete, visualisierte, voll Begeisterung erfüllte Vorstellung vom eigenen Leben setzt eine unglaubliche Menge an Energie, Hartnäckigkeit, Ehrgeiz und Leistungsanreiz frei. Sie bietet Orientierung in schweren Phasen, bei Rückschlägen und persönlichen Tiefschlägen, in harten Zeiten.

„Der Weg ist das Ziel“

KONFUZIUS

Ganzheitliche Sicht relativiert Probleme

Die Vorstellung vom Ziel bzw. die ganzheitliche Sicht vom Lebensweg hilft Ihnen, Konflikte und Probleme des Alltags in der Gesamtsicht zu relativieren und ihnen so die negative Energie zu nehmen. Das Wissen um das langfristige Oberziel, die klare Vorstellung, wohin Sie in Ihrem eigenen Leben wollen, beugt Selbstzweifeln und Sinnkrisen vor. Eine ganzheitliche Sicht über den gesamten Lebensweg mildert oder verhindert gar die typische Midlife-Crisis, wie sie in den modernen westlichen Gesellschaften immer häufiger und früher anzutreffen ist.

Ihre konkrete Lebensvision verhilft Ihnen zu Zuversicht, Ausgeglichenheit und Souveränität. Wenn Sie genau wissen, was Sie wollen, können alltägliche Probleme Sie nicht aus der Ruhe bringen. Alles relativiert sich in der Gesamtsicht. Schwierigkeiten können Sie eher als Chancen verstehen, als wenn Sie sich in einer sehr kurzfristigen Sicht von Problem zu Problem und Termin zu Termin hangeln, ohne sich eines umfassenden Kontexts für das eigene Handeln bewusst zu sein.

„Ein Mann mit einer Idee ist unausstehlich, bis ihm die Idee zum Erfolg verholfen hat.“

MARK TWAIN

Die langfristige Vision als Maßstab für heutiges Handeln

Die konkrete Lebensvision ist der Maßstab, an dem Sie Ihr Tun im Hier und Jetzt ausrichten können. Das gibt Ihnen Kraft und Motivation, auch wenn es am einen oder anderen Tag mal nicht so gut läuft. Sie haben jederzeit im Hinterkopf, warum Sie das alles machen und worauf Sie langfristig hinarbeiten.

Auch Glück und Zufall spielen eine Rolle

Machen Sie sich bei aller gezielten Persönlichkeitsentwicklung, beim Entwurf einer Lebensvision und bei der Planung Ihrer Karriere bewusst, dass Ihr Leben auch durch eine Reihe von Zufällen und Glück beeinflusst wird. Zwar lässt sich über diesen Aspekt aus philosophischer und religiöser Sicht trefflich streiten, wenn es um die Auseinandersetzung mit Vorbestimmung und Schicksal versus Zufall und Glück geht. Fakt ist jedoch, dass Ihr Lebensweg von verschiedenen, für Sie unvorhergesehenen Umständen geprägt sein wird. Diese Tatsache sollten Sie zumindest so weit wie möglich einplanen, zum Beispiel dadurch, Zeitpuffer in der persönlichen Planung zu reservieren und Alternativ- und Notfallpläne zur Hand zu haben („was mache ich, wenn …“).

Ebenso wichtig wie zu wissen, was Sie wollen, ist zu wissen, dass nicht alles planbar und vorhersehbar ist. Sofern Sie sich das nicht bereits bewusst gemacht und verinnerlicht haben, machen Sie es an dieser Stelle!

So viel ist sicher: Nichts ist sicher.

Übung 1.2

(A) Nennen Sie sechs Merkmale richtiger Zielformulierungen.


(B) Formulieren Sie anhand der o. g. Merkmale ein persönliches Ziel für die nächsten 14 Tage. Mein Ziel:


(C) Gibt es einen Unterschied zwischen Lebensvision und Mission Statement? Wenn ja, worin liegt dieser für Sie? Wenn nein, was verbinden Sie mit beiden Begriffen persönlich?


(D) In welchem Zusammenhang können Ziele zueinander stehen? Welche Arten von Zielkonflikten kennen Sie?


(E) Versuchen Sie an dieser Stelle, auf einem leeren Blatt oder am Computer einen ersten Entwurf einer möglichen Lebensvision zu verfassen. Dabei geht es nicht um ein verbindliches Ergebnis, sondern vielmehr um den damit verbundenen Prozess des Nachdenkens über sich und das eigene Leben. „Der Weg ist das Ziel!“ – Nehmen Sie Konfuzius beim Wort, vielleicht ein Glas guten Rotwein und zwei oder drei Stunden Zeit (vorerst nicht mehr!) – und fangen Sie an!

(F) Vermerken Sie den heutigen Tag im Kalender (z. B. 16. Juni) und markieren Sie diesen Tag in den Folgemonaten (16. Juli, 16. August etc.). Nehmen Sie an diesen Tagen den Entwurf zur Hand, überdenken Sie ihn und entwickeln Sie ihn weiter. So bleiben Sie am Ball und sind Tag für Tag für die Langfristigkeit Ihrer Ziele und Aktivitäten sensibilisiert. Nach und nach entwickeln Sie so ein sorgfältig überdachtes Lebenskonzept und eine konkrete, visionäre Vorstellung von dem, was Ihnen wichtig ist.

Soft Skill für Young Professionals

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