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DAS SAKRILEG

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Wie schon gesagt, geht die Familie Pirandello nicht in die Kirche San Pietro. Sonntags geht sie nicht einmal zur Messe. Sie sind die wohlhabendsten Bewohner dieser Straße von armen Schluckern und geben, in den Augen des Pfründeneigners, Padre Sparma, ein schlechtes Beispiel für alle ab.

In der Novelle Die kleine Madonnenstatue, die eine wichtige Episode aus der Kindheit des kleinen Luigi erzählt, kann Padre Sparma (der hier Don Fiorìca heißt, während der Name Pirandello in Greli verändert wird) keinen Frieden über dieses Verhalten finden, das irgendwie Anstoß erregt.

Der hochwürdige Pfarrer Fiorìca hatte ja seit Jahren den Stachel im Herzen, daß diese Familie der Heiligen Mutter Kirche ferne stand, nicht weil sie dem Glauben tatsächlich feindlich gesonnen war, sondern deshalb, weil die Kirche nach dem Urteil Herrn Grelis (der ein alter Garibaldiner war, einer der Genueser Carabinieri im Feldzug von 1860, in der Schlacht von Milazzo am Arm verwundet) darauf beharrte, die Feindin des Vaterlands zu bleiben: Und das mußte für einen Patrioten wie Herrn Greli Grund genug sein zu glauben, er könne sie nie wieder betreten.

Padre Sparma versuchte es auf alle nur möglichen Weisen, die Sympathie des Ex-Garibaldiners zu gewinnen: oft postierte er sich eigens, wenn er merkte, daß Stefano Pirandello vorbeikommen würde, und wenn dieser im Visier auftauchte, grüßte er ihn mit einer freundlichen Verbeugung, mit würdevoller Demut und einem breiten Lächeln. Doch der stirn runzelnde Don Stefano wich schon von weitem aus und erwiderte den Gruß kaum merklich, mit brüsker Härte.

Natürlich war es das Hausmädchen Maria Stella, die dem kleinen Luigi von der lieben Madonna, von dem lieben Herrn und von dem lieben Jesuskind erzählte. Aber sie war viel zu ängstlich, den Kleinen mit in die Kirche zu nehmen ohne die Einwilligung ihrer Herrschaften, die sie ihr mit Sicherheit verweigert hätten.

Don Stefanos tägliche Arbeit war hart und ermüdend, oft kehrte er am Rand der Erschöpfung nach Hause zurück. Nach dem Essen war er in der Lage, eine knappe Stunde zu schlafen, um neue Kräfte für den Rest des Tages zu schöpfen.

Einmal, nach dem Mittagessen, als er sich gerade aufs Bett geworfen hat, kann er kein Auge zumachen, weil die Glocken von San Pietro unaufhörlich für ein religiöses Fest bimmeln. Don Stefano wirft sich im Bett von einer Seite auf die andere und wird immer zorniger und nervöser.

Schließlich, als es ihm zuviel wird und er meint, er würde jetzt verrückt werden, springt er aus dem Bett, ergreift das Gewehr, steigt, so wie er ist, in der Unterhose auf die Dachterrasse und feuert von dort zweimal aus seiner Lupara auf die Glocken.

Von den dreien traf er auf der rechten Seite die mit dem grellsten Klang – er hatte eben noch das scharfe Auge des ehemaligen Genueser Carabiniere! Aber die arme Glocke! Sie benahm sich wie eine Hündin, die aus dem Hinterhalt ein Stein trifft, während sie gerade lärmend ihren Herrn begrüßt, und die dann plötzlich von freudigem Gebell in ein schrilles Heulen umschlägt. Die ganze Pfarrgemeinde, die sich zur Feier des Festes vor der Kirche versammelt hatte, geriet in Aufruhr und empörte sich über dieses Sakrileg. Und es war eine wahre Gnade Gottes, daß es dem hochwürdigen Pfarrer Fiorìca gelang, mit seiner Autorität zu verhindern, daß unter seinen Gläubigen vollends Tumult ausbrach und ihr Zorn sich am Haus der Greli entlud.

Der vertauschte Sohn

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