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Meine Merle

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Als Merle gerade vier geworden war, machten wir alle Urlaub. In Travemünde. Das war nicht so weit weg von Middelgaard, und der Strand war für die Kinder einmalig.

Merle dar damals so zart, wog so wenig, dass wir ihr immer ein paar Steine in ihre Tasche steckten, damit sie bei dem strammen Ostwind nicht weggepustet wurde.

Merle und die beiden Jungs wanderten mit Begeisterung am Brodtener Ufer entlang. An der Steilküste. Zur Hermannshöhe. Da gab es Eis und andere schöne Sachen. Zum Spielen. Und Essen. Und Trinken. Für alle.

Aber an der Steilküste war es gefährlich. Da reichten Steine nicht. Deshalb spielten wir mit den Kindern immer Pferdekutsche. Ich hatte Merle an der professionell geknoteten Leine und Rudi die beiden Jungs. Und dann ging es HÜA, Hotta, an der abbrechenden Steilkante entlang. Im Galopp oder Trab. Je nach Kondition.

Ach Rudi. Wo du wohl bist? Kein Lebenszeichen mehr von dir!!! Seit all den Jahren. Gut, zwei waren es nur. Aber immerhin.

Nein, fehlen tust du mir nicht. Hast ja immer nur gejammert. Wir armen Schweine, alle anderen haben es besser. Eigenes Haus und immer Urlaub. Und wir, Lotti? Wir können immer nur mit dem Bus oder Zug mal nach Lübeck oder Travemünde. Oder Timmendorfer Strand.

Ja, ist das denn schlimm? Uns hat es gefallen, mir und den Kindern. Aber Rudi wollte immer was Besseres sein. Vielleicht ist er deshalb weg. Vielleicht ist er jetzt was Besseres. Aber in der Zeitung hab ich noch nix gelesen von ihm. Oder mal im Fernsehen. Na ja, ist auch alles schon so lange her. Zwei Jahre.

Inzwischen wohnt Merle ja in Kiel. Immer noch extrem dünn. Aber ohne Steilküste. Also ohne Steine in der Tasche.

Merle ist seit einiger Zeit geschieden. Kinderlos. Glücklich.

Es lebt sich so dahin

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