Читать книгу Es lebt sich so dahin - Andrea Lieder-Hein - Страница 9
Wenn Männer sich unterhalten...
ОглавлениеIch habe da neulich ein paar Männer gesehen, die unterhielten sich. DAS ist ja schon paradox genug.
Frauen sind ja wahre Quasselstrippen. Immer und überall. Und auch nicht immer wichtig, was da so gesagt wird. Sagen Männer.
Aber Männer, die sagen Moin. Das ist dann schon die Unterhaltung. Oder noch ein Jo dazu. Das isses dann. Für den ganzen Tag.
Ja, komm ich mal zurück zu den Männern. Sagt der eine, er hätte sich jetzt ne Kamera gekauft. Für den Kopf. Die hatte er oben um seinen Helm geschnallt. Die Männer machten ne kleine Radtour.
Qualität HD und alles super. 1A. Teuer und gut. Und so interessant. Erzählt er.
Wenn er das dann zu Hause so zeigte, seinen Freunden, dann hätten die das Gefühl, die wären mitten drin im Geschehen. Konnte man alles sehen. Häuser. Gärten. Autos. Alles in Echtzeit, glasklar.
AHA ... so so
Ich erinnere mich noch zurück, als dunkle schwarze Autos durch Deutschland fuhren, mit Kameras auf dem Dach. Street-View. Da ging die Panik um. Der öffentliche Aufschrei war groß. Von ihrem Widerspruchsrecht machten allerdings nur wenige Anwohner Gebrauch.
NEIN, da kann man unser Haus sehen. Das wollen wir nicht. Verboten.
Und dann stellen sie selbst ein Selfie nach dem anderen rein, ins Netz. Mit Garten, Haus, sogar ihre Kinder bleiben nicht verschont. Ihr Essen auch nicht.
JA, WAS kann man denn noch mehr Privates auskippen über Millionen von Leuten? Und dann „Oh, mein Haus wird bei Google gesehen. Nein, das möchte ich nicht. DAS muss geschwärzt werden.“
Eric Schmidt, Googles Vorstandsvorsitzender, hatte dann in einem amerikanischen TV-Interview einen ungewöhnlichen Vorschlag gemacht. Wer das nicht wolle, müsse einfach nur aus den fotografierten Gebieten wegziehen.
Treffender kann man es nicht beschreiben. Aber auch nicht hochnäsiger.
Und die vielen Leute, die jetzt schon eine Kamera im Auto haben? Vorne? Eine so genannte Dashcam? Befestigt an der Windschutzscheibe eines Autos? Ständig alles filmen, wo man fährt? Den Straßenverkehr überwachen? Schöne Unfälle filmen? Zeitgleich ins Netz? Crash-Videos?
Das dabei entstehende Filmmaterial hat im Netz bereits Kultstatus. Nettes Feuer? Ab zu einer Zeitung. Schlägerei? Hin zu FB. Twitter. YouTube.
Aber das eigene Haus? OOOOha. Nein. Damals jedenfalls.
Und bei der Volkszählung vor Jahren? Tür nicht aufgemacht?
Aber jetzt! Ein Selfie jagt das andere. So bekloppt wie möglich. Da ist immer noch Luft nach oben. Eiswasser über die Rübe gießen, Torte ins Gesicht schmieren, Kinder filmen, während sie von der Schaukel fallen. Besonders beliebt sind Unfälle auf den Autobahnen. Leichenteile, Rettungsschere, Feuerwehren, ....
Tja, wenn Männer sich unterhalten, ist es sicher ähnlich niveauvoll wie bei uns. Hihihi. Nur nicht so technisch. Aber ich bin wieder abgeschweift. Oder heißt das geschwiffen? Abgeschwiffen? Klingt nicht richtig gut.