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004 FEE

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Am späten Nachmittag ging Mia in den Garten des Pfarrhauses und pflückte einen riesigen Strauß gelber, roter und weißer Tulpen. Danach lief sie über den angrenzenden Friedhof zum ältesten Teil, der weit hinten zwischen gewaltigen Rotbuchen lag.

Neben einem Grab mit einem Findling kniete sie nieder. Der Findling hatte die Größe eines Bauernbrotes und war so schwer, dass man ihn gerade noch mit einer Schubkarre transportieren konnte. Auf dem Stein waren vor vielen Jahren Buchstaben und Zahlen eingehämmert worden.

FEE

16.05.1798 – 16.05. 1807

Vorsichtig nahm Mia die verwelkten Blumen aus der grünen Plastik-Vase und sortierte die frischen Tulpen hinein. „Fein“, sagte sie laut und erzählte Fee von ihrem peinlichen Erlebnis mit der Sahne in der Lateinstunde.

Ungefähr vor drei Jahren erfuhr Mia zufällig, dass ein kleines Mädchen vor mehr als 200 Jahren in der Kirche als Findelkind abgelegt worden war. Danach hatte sie im Internet den Namen Fee und den Ortsnamen Waddehörn eingegeben. Staunend las sie die Legende.

***

Waddehörn ist ein Dorf im Landkreis Wittmund. Es liegt 4,3 Kilometer von Wittmund entfernt und hat 925 Einwohner. Urkundlich wird Waddehörn erstmalig im 17. Jahrhundert erwähnt. Die 72 Einwohner bauten damals ihre eigene evangelische Kirche, und zwar aus selbst gesammeltem Holz. Die kleine Kirche nannten sie Betstube. In dieser Betstube, so sagt es die Legende, wurde am 16. Mai 1798 ein Säugling abgelegt. Da die Mutter nie gefunden wurde, nannten die Bewohner das kleine Mädchen FEE. Fee wuchs praktisch bei allen gemeinsam auf. Sie half, als sie älter wurde, mal beim Füttern, holte die Tiere von der Weide, putzte und bereitete Essen für die Bauern auf dem Feld zu.

Kurzum, sie war der Sonnenschein im Dorf und bei allen beliebt wegen ihrer Fröhlichkeit und Hilfsbereitschaft“, ist in einer alten Chronik nachzulesen.

An FEEs neuntem Geburtstag soll ihr ein Traum erfüllt worden sein. Sie bekam von Bauer Hinnerk Janssen ein Pony geschenkt. Bei einem kleinen Geburtstags-Ausritt traf es sich, dass Bauer Ubbe Ubsen seinen Hund erschießen musste, weil eine Falle seine Beine zerschmettert hatte. Dieser Schuss erschreckte das Pony von Fee derart, dass beide stürzten und das Mädchen sich auf einem Stein das Genick brach. Seit der Zeit blieb ihr Grab nie ungeschmückt.

Im 19.Jahrhundert galt die Kirche als einsturzgefährdet. Sie wurde danach abgetragen und durch einen Klinkerneubau ersetzt. Erst 27 Jahre später wurde der Kirche ein Turm angefügt.

Um die Kirche herum befand sich damals wie heute der Friedhof. Durch einen kleinen Gang, den Karkpad, gelangte man zum Pfarrhaus und zum Gemeindehaus.

Die drei Gemeinden Waddehörn, Upmeer und Ikenbargen teilen sich inzwischen Kirche, Friedhof und Gemeindehaus. Von den rund 2300Einwohnern der drei Gemeinden zählt die Kirchengemeinde stolze 1523 Mitglieder. (Stand 2013).

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Mia schaute ein letztes Mal auf FEEs Grab. Genau an ihrem Geburtstag geboren. Schade, sie hätte FEE gerne kennen gelernt. Nur neun Jahre durfte sie leben. Furchtbar. Aber alle hatten sie lieb, und sie hatte ein Pony bekommen. Ihr Traum war in Erfüllung gegangen, wenn auch auf makabre Art.

Noch lange wanderten Mias Gedanken um FEE und ihren tragischen Tod, bis sie endlich über den Karkpad zurück zum Pfarrhaus eilte. Durch die Scheiben des Gemeindehauses konnte sie ihre Mutter sehen, wie sie sich auf den Chorabend vorbereitete. Donnerstags war immer Frauenchor. Im Vorbeigehen winkte Mia ihrer Mutter zu. Insgeheim wünschte sie sich, dass sie am Freitag niemand ab 23:45 Uhr vermissen würde, wenn sie mit ihren Mitschülern in der Leichenhalle hinter der Kirche ihren 14. Geburtstag feiern würde. Vollmond, das war Voraussetzung, denn sie wollten einen Okkulten Abend feiern.

BÖSE im Bett

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