Читать книгу Der Typ aus Evas Rippe - Andrea Ralfbüchert-Mener - Страница 7
Rollentausch
ОглавлениеIrgendwann stellte ich mir die Frage: Wie hätte sich wohl die Menschheit entwickelt, wäre es Gott eingefallen, zunächst Eva aus dem Lehm zu polken und erst danach Adam aus einer ihrer Rippen zu formen? Wäre dann alles anders gekommen? Hätte es zum Beispiel einer Sintflut bedurft, die ersten paar Millionen, mit allzu menschlichen Schwächen behafteten Individuen, in die Gosse der Weltgeschichte zu spülen?
Schon klar, Frauen sind im Wesentlichen nicht besser als Männer, nur eben anders. Das hätte am Zustandekommen der Sintflut also nichts geändert. Möglicherweise jedoch würde nun die Bibel über hunderte von Seiten nicht vor Eroberungszügen und Kriegen strotzen, dafür nur so vor Intrigen, konspirativen Zusammenkünften von Giftmischerinnen und Mordkomplotten aller Art. Die Zahl der Opfer wäre sicherlich annähernd gleich geblieben. Haben vielleicht die – aller Wahrscheinlichkeit nach durchweg männlichen – Autoren sämtlicher Überlieferungen und schlussendlich der Bibel die Schöpfungsgeschichte absichtlich so dargestellt, dass damit den Frauen ihre, über mehrere Jahrtausende gewachsene, „angestammte“ Rolle testamentarisch auf den sündigen Leib geschrieben wurde, um ja keinen Zweifel an deren Berechtigung aufkommen zu lassen?
Wie war es gleich zu Beginn der Menschwerdung, als Gott grübelte, wen er Adam zur Seite stellen könne?
Dann sprach Gott, der Herr:
Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt.
Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht.1
An dieser Stelle muss ich kurz auf die etwas eigentümlich anmutende Chronologie der Genesis zu sprechen kommen, damit der Bibeltext nicht Verwirrung stiftet, sofern man jetzt nur die Sieben-Tage-Schöpfung der ersten beiden Seiten vor Augen hat, denn Gott dachte beileibe nicht sofort an ein weibliches Pendant zu seinem männlichen Prototypen.
Im ersten Kapitel (Die Erschaffung der Welt) werden am dritten Tag alle Pflanzen und Bäume des Landes, am fünften die Meeresbewohner und Vögel und am sechsten zunächst die Tiere des Festlandes durch Gottes Wort zur existenziellen Tatsache, bevor der Mensch, sozusagen als letztes Schöpfungswerk und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen – ich vermute am späten Nachmittag kurz vor Feierabend –, das Licht der Welt erblickt.
Im zweiten Kapitel (Das Paradies), aus welchem unser Zitat stammt, wird der Mensch Adam vor (!) allen anderen Lebewesen der Fauna und Flora zum Leben erweckt, und erst als Gott den Garten Eden mit seinen Bäumen, Sträuchern, Blumen, Flüssen, weißen Sandstränden und köstlichen Früchten aus dem Boden gestampft hat, setzt er den Menschen hinein, damit dieser sich im Weiteren um die Edelparzelle kümmern kann.
Ich überlege an dieser Stelle immer, wo Adam in der Zwischenzeit abgeblieben sein mochte, doch da es der Herr ja bekanntermaßen fertigbrachte, innerhalb eines Wimpernschlags riesige, komplexe Landschaften entstehen zu lassen, wird sein erstes Menschenunikat nicht allzu lange auf unbestelltem Acker, im luftleeren Raum, in der Gürteltasche des Herrn oder wo auch immer „zwischengeparkt“ worden sein.
Zurück zum Bibelzitat: Da der Herr, will man den Chronisten Glauben schenken, anfangs noch nicht auf den naheliegenden Gedanken verfallen war, eine Menschenfrau aus dem Ärmel zu zaubern, wollen wir gnädig sein, und das Wort „Hilfe“ im engeren Sinne nicht mit Sklavin, Haushälterin, Dienerin, Putzfrau oder Ähnlichem gleichsetzen, denn erst als Gott, der Herr, einsehen musste, dass keines der vielen verschiedenen Tiere, die er Adam zuführte, diesem eine wirkliche Hilfe, so wie er sie sich vorstellte, sein konnte, hatte er DIE zündende Idee und betätigte sich als Anästhesist und Chirurg zugleich:
Da ließ Gott, der Herr, einen tiefen Schlaf
auf den Menschen fallen, sodass er einschlief,
nahm eine seiner Rippen und verschloss
ihre Stelle mit Fleisch.2
Rein rechnerisch müsste nun jeder männliche Nachkomme Adams mit einer ungeraden Anzahl Rippen umherlaufen; da das aber nachweislich nicht der Fall ist, bleiben sowohl die Beschreibung dieser göttlichen OP als auch ihre anatomische Auswirkung auf alle folgenden Generationen für jene, die darüber ernsthaft ins Grübeln geraten, ein unergründliches Phänomen. Das nur am Rande.
Um Ihnen nicht gar zu viele Bibelzitate zuzumuten: Der Herr baute nun aus der Rippe eine Frau, brachte sie auf annähernd gleiche Größe seines männlichen Prototypen – an dieser Stelle ist der Bibeltext unvollständig, doch dass der Herr solches getan haben muss, liegt wohl auf der Hand – und führte sie Adam zu. Der signalisierte freudestrahlend Einverständnis, erkannte er in dem liebreizenden Wesen ja nun sein Ebenbild: „Das endlich ist Bein (Knochen) von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch …“, soll er gesagt haben.
Wenn ich mir den Sündenfall vor Augen führe, zu dem wir noch kommen werden, stelle ich mir immer wieder die Frage, ob Adam ohne Eva nicht ungleich besser dran gewesen wäre. Wozu hätte er im Paradies eine Hilfe benötigt? Es gab keine Bekleidung zu waschen oder gar zu bügeln; die Nahrung fiel unserem Menschlein von den Bäumen in den Mund und um das Sammeln von Feuerholz wäre es angesichts der für den Nackedei gottgewollten Wohlfühltemperaturen auch herumgekommen, kurz: Es hätte ein sorgenfreies, wenngleich etwas langweiliges, ewiges Leben im Schlaraffenland führen können, und die Begründung, dass es ja eines Pendants bedurfte, um sich vermehren zu können, lasse ich auch nicht gelten, da der Herr ja sicherlich des Klonens kundig war und es ihm ein Leichtes gewesen sein dürfte, innerhalb kürzester Zeit ein paar hunderttausend Adams, meinethalben geschlechtslos, zustande zu bringen. Aber nein, man benötigte ja einen Sündenbock, eine Sündenziege, wenn Sie so wollen, und ich kann mich des Gedankens nicht erwehren, dass Gott damals bereits wusste, oder zumindest ahnte, worauf das alles hinauslaufen würde. Immerhin soll er ja, wenigstens ab und zu, allwissend sein. Doch wie Sie merken, schweife ich schon wieder ab.
Es geht mir gar nicht darum, jeden Bibeltext ins Gegenteil zu verkehren, selbst wenn der Buchtitel diese Vermutung nahe legt; ich will lediglich zum Nachdenken anregen: Was, wenn es nun Adam gewesen wäre, der seiner Frau, sofern vom Herrn zuerst in die Welt gesetzt, als Hilfe hätte dienen sollen? Nein, nicht doch, bitte nicht zu konsequent denken! Es liegt mir fern, dass Sie nun vor Augen haben, wie Männer schwanger werden (theoretisch denkbar – der Bierbauch hielte es aus) und Kinder gebären, obgleich ich zugeben muss, dass mich der Gedanke an sich reizt: Ein Mannsbild mit all den Problemen und Leiden, die eine Frau in der Schwangerschaft durchmacht, bis hin zum Showdown im Kreißsaal. Hier allerdings würde sich die Spreu vom Weizen trennen! Wie sich wohl die Machos mit der vormals so großen Klappe stöhnend, schreiend, schwitzend, hechelnd und pressend winden … – nein, Schluss. Spätestens beim Gedanken daran, wie sie ihre Säuglinge an ihren ringsum behaarten Brustwarzen zum Zwecke des Stillens andocken lassen, verlässt mich die Vorstellungskraft.
Zurück zum roten Faden: Adam und Eva genossen nun also eine Weile das sorglos-süße Nichtstun auf ihrer Spielwiese Eden, bis es einem niederträchtigen Reptil, welches Gott – Absicht oder nicht?! – mit einem gewissen Grad an Intelligenz ausgestattet hatte, einfiel, Eva in Versuchung zu führen, von den Früchten des Baumes der Erkenntnis von Gut und Böse zu kosten, obgleich dies der Herr streng verboten hatte.
Warum wendete sich die Schlange nun eigentlich an die Frau und nicht an den Mann? Sollte hier bereits das Schubfach beschriftet werden für die generelle Abstempelung der Frau zur Verführerin in allen nachfolgenden Generationen? Nach dem Motto: Und ewig lockt das Weib?!
Jedenfalls aß Eva von den Früchten, denn es schien ihr gar zu verlockend, neben der neuen Köstlichkeit überdies noch die Klugheit, sozusagen als Gratisbeigabe, zu sich nehmen zu dürfen. Sie bot auch ihrem Mann davon an (es bleibt ihr Geheimnis, ob sie ihm damit einen Liebesdienst erweisen oder ihn einfach mit ins Boot holen wollte), und dieser Depp langte tatsächlich zu, wohl wissend, dass er etwas Verbotenes tat. Von Gott zur Rede gestellt, versuchte er, die Verantwortung von sich zu schieben:
Die Frau, die du
mir beigesellt hast,
sie hat mir von dem Baum gegeben,
und so habe ich gegessen.3
„Adam, wo bist du?“ „Mit seiner Allwissenheit scheint es auch nicht weit her zu sein …“
Und Gott sprach zu Adam:
Weil du auf deine Frau gehört
und von dem Baum gegessen hast,
von dem zu essen ich dir verboten hatte:
So ist verflucht der Ackerboden deinetwegen.
Unter Mühsal wirst du von ihm essen (usw.).4
Fazit: Männer, hört nicht auf eure Frauen! Die wollen euch eh nur in Versuchung führen. Oder was soll uns diese Textstelle sonst lehren? Adam war schließlich der Erste (und Einzige) gewesen, dem Gott das Verbot, von diesem Baum zu essen, auferlegt hatte, lange bevor Eva auf der Bildfläche erschien. Es hätte also der Urteilsbegründung: „Weil du auf deine Frau gehört hast …“ überhaupt nicht bedurft.
Im Weiteren ist Adam vergleichsweise gut davongekommen, war doch neben der Sterblichkeit, die seine Frau ebenso ereilte, „nur“ die Rede davon, dass er in Zukunft hart arbeiten und sein Brot im Schweiße seines Angesichts essen sollte. Anders bei Eva als Verführerin:
Zu der Frau sprach er (Gott):
Viel Mühsal bereite ich dir,
sooft du schwanger wirst.
Unter Schmerzen gebierst du Kinder.
Du hast Verlangen nach deinem Mann;
er aber wird über dich herrschen.5
Das hat man nun als Frau davon. Du lieber Himmel, ich hätte die Feldarbeit und das Herrschen über meinen Mann vorgezogen, wäre Adam der Verführer gewesen und ich an seiner Stelle die Verführte.
Apropos Stelle. Stellen wir uns einmal vor, wie sich die Geschichte im Weiteren bei vertauschten Rollen entwickelt hätte: Der Mann als Verführer, als Wurzel allen Übels. Und später dann? Womöglich Schwesternstatt Brudermord? In der Küche am heimischen Herd mit riesiger, hölzerner Schöpfkelle? Oder gar Giftmord? Sumach, Stechapfel, Tollkirsche, Fliegenschwamm oder etwas in dieser Art? Hätte man dann den Frauen von vornherein die Rolle zugebilligt, welche die Männer bis heute auf der ganzen Welt innehaben, zumindest noch größtenteils, nämlich die des sogenannten „starken Geschlechts“?
Wenn ich „noch größtenteils“ sage, hat das durchaus seinen Grund, denn, man höre und staune: Die Männer sterben aus! Das recht instabile menschliche Ypsilon-Chromosom wird, vertraut man wissenschaftlichen Prognosen, infolge hausgemachter Umweltgifte (Chemikalien, Pestizide und anderes mehr) und damit verbundener, hormoneller Veränderungen, in den nächsten hunderttausend Jahren völlig verschwunden oder derart „deformiert“ sein, dass es männliche Attribute wie die derzeitigen nicht mehr auszuprägen imstande sein kann. Bereits heute verfügt es nur noch über rund fünfundvierzig Gene. Ein X-Chromosom darf das Vierundzwanzigfache sein Eigen nennen! Damit besitzt eine Frau, die ja bekanntermaßen mit zwei X-Chromosomen ausgestattet ist, in etwa tausendfünfundfünfzig Gene mehr als der Mann. Zumindest rein rechnerisch. Ha, geahnt habe ich das irgendwie schon immer.
Weitere Studien belegen, dass sich bereits innerhalb der letzten fünfzig Jahre die Spermaproduktion der Männer weltweit halbiert hat. Hält dieser für die Herren der Schöpfung so beunruhigende Trend an, dürfte es keine tausend Jahre mehr dauern, bis die Erde ausschließlich von Frauen oder ähnlich gearteten Wesen bevölkert sein wird, vorausgesetzt, dass es sich bei dem Zeitraum von fünfzig Jahren um eine Art Halbwertszeit handelt. Das hieße, dass nach weiteren fünfzig Jahren nur noch ein Viertel der Männer zeugungsfähig sein wird, abermals ein halbes Jahrhundert später ein Achtel und so weiter, bis eben Schluss ist mit lustig.
Litten in den Fünfzigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts knapp anderthalb Prozent der Männer unter Erektionsstörungen, sind es heute schon weit über dreißig! Und da ist die Dunkelziffer noch gar nicht berücksichtigt. Erschreckende Zahlen, wenn man das auf die nächsten hundert Jahre hochrechnet. Da ist es die Überlegung wert, ein paar der noch über einen normalen Testosteronspiegel verfügenden Exemplare im Interesse der Wissenschaft und als historische Anschauungsobjekte für die kommende, männerlose Gesellschaft einzufrieren, auszustopfen oder in Spiritus einzulegen. Letzteres meinethalben sogar stückweise, wenn es die Größe der gängigen Einmachgläser nicht anders hergibt.
Sicherlich kann man all diesen Prognosen nicht recht trauen; Studien aus den USA wollen nämlich ergeben haben, dass das Ypsilon-Chromosom stabiler ist als gedacht. Doch mit US-amerikanischen Studien habe ich mein Problem. Ständig werden neue veröffentlicht, und meist führen sie ältere Studien – natürlich ebenfalls aus den USA – ad absurdum. So war Kaffee lange Zeit als entwässernd und ungesund verschrien. Jetzt ist er plötzlich gesundheitsfördernd, ja gar herzstärkend, sofern man nicht mehr als sechs Tassen pro Tag konsumiert.
Fett ist nicht länger DER Auslöser für Übergewicht, sondern nur noch in Verbindung mit der Aufnahme von Kohlehydraten, auf welche man deshalb weitestgehend, insbesondere abends, verzichten sollte.
Auch werden neuerdings Dicke älter als Normalgewichtige, weil sie angeblich weniger stressempfindlich sind und seltener an Alzheimer oder Parkinson erkranken. Genug der Beispiele.
Gehen wir spaßeshalber einfach mal davon aus, dass es tatsächlich irgendwann eine reine Frauengesellschaft geben wird. In der Praxis wäre das Überleben der Menschheit dann ohnehin nur durch gentechnische Manipulation und Selbstbefruchtung realisierbar. Es sei denn, die Evolution kriegt vorher irgendwie die Kurve. Bei den Tellerschnecken hat das ja auch geklappt.
Als die Urahnen der Menschen von den Bäumen stiegen und so nach und nach ihre Instinkte verloren …– vergessen Sie es, ich war irrtümlicherweise bei Darwin gelandet. Wie ich bloß darauf komme? Also noch mal von vorn!
Tiere vermehren sich instinktiv. Was nicht heißen soll, dass sie nicht auch Spaß an der Sache haben können, wie man es bei einigen Menschenaffenarten, insbesondere bei den Bonobos, nachgewiesen hat. Doch im Allgemeinen tun sie es, weil es die Natur – innerhalb eines zumeist eng begrenzten Zeitfensters – eben verlangt. Beim Menschen ist dies etwas großzügiger geregelt. Gott sei Dank, werden einige sagen, während andere die Augen verdrehen. So ist das nun mal auf der Welt, insbesondere zwischen Männlein und Weiblein: Des einen Freud – der anderen Leid.
Den Spruch: „Männer könnten immer!“, kennen Sie bestimmt. Mithin ist er falsch. Eigentlich müsste er lauten: „Frauen könnten immer“. Wenn sie denn nur wollten. Bei Männern ist das umgekehrt. Mein Ex-Mann Marco beispielsweise kam stets in Fahrt, wenn er etwas getrunken hatte, und damit meine ich nicht Mineralwasser, Tee oder Gemüsesaft. Das Problem: Mit zunehmendem Alkoholgenuss waren sowohl er als auch sein „bester Freund“ kaum noch in der Lage, aufrecht stehen zu können. Mit anderen Worten: Der Wille war da, aber das Fleisch schwach – Sie wissen, was ich meine. Deshalb ist es für Männer im Nachhinein mit Schwierigkeiten verbunden, sich eine nicht besonders attraktive Frau schön zu saufen. Spätestens nach dem sechsten Glas Gerstensaft – die Menge des benötigten Enthemmungsmittels richtet sich nach den optischen Reizen des Objektes der Begierde – ist es die im wahrsten Sinne des Wortes „Bierschaumgeborene“ zwar wert, abgeschleppt zu werden, hat allerdings, wie eben auch der Mann, in den meisten Fällen nicht mehr viel davon.
Vor Jahrtausenden muss die Welt für die Männer, ihre Manneskraft betreffend, dagegen mehr als in Ordnung gewesen sein. Nehmen wir nur den Sündenfall der Töchter Lots (Neffe des Stammvaters Abraham) als Beispiel: Als Gott, der Herr, Sodom und Gomorrha∗ in Rauch und Asche aufgehen ließ, und Lots Frau, die trotz himmlischer Warnung aus der Ferne einen Blick riskierte, zur Salzsäule erstarrte, zog Lot mit seinen beiden Töchtern zunächst in die kleine Stadt Zoar, die Gott auf seine Bitte hin nicht zu zerstören versprochen hatte. Doch er, Lot, fürchtete sich, in der Stadt zu bleiben (warum, wird nicht offenbart; möglicherweise war sein Gottvertrauen nicht so ausgeprägt, wie es hätte sein sollen), zog wenig später ins Gebirge und hauste dort mit den Töchtern in einer Höhle, umgeben von Sand, Gesteinsbrocken und nacktem Fels.
Hier am Ende der Welt ließ sich kein einziger Mann blicken, worauf die beiden Jungfrauen irgendwann die Krise bekamen und beschlossen, sich von ihrem Vater schwängern zu lassen.
Warum sie so scharf darauf waren, Kinder zu bekommen, um sie dann unter den lebensfeindlichen Bedingungen der Wüste und in Verbindung mit großen Entbehrungen aufzuziehen, erklärt die Bibel nicht näher, und so wollen wir ihre Beweggründe dahingestellt sein lassen. Jedenfalls gingen aus ihren Söhnen die Stammväter der Moabiter und Ammoniter hervor, was sich ja trotz des Inzests für den Werdegang der Menschheitsgeschichte im Weiteren auch ganz hübsch machte.
Sie gaben also ihrem Vater am Abend
Wein zu trinken; dann kam die Ältere
und legte sich zu ihrem Vater.
Er merkte nicht, wie sie sich hinlegte
und wie sie aufstand.6
Und weil das so gut klappte, versuchte es anderen Tags die Jüngere auf selbige Art und Weise. Der abermals trunkene Vater, der sich in seine Rolle als Verantwortung tragender Alleinerziehender wohl noch immer nicht recht finden konnte, bekam wieder nichts mit, und seine Sprösslinge wurden tatsächlich gleich auf Anhieb schwanger.
Wenn zu biblischen Zeiten Männer selbst während des Vollrauschs und Tiefschlafs in der Lage waren, Kinder zu zeugen, wird man sich angesichts der heutigen Exemplare fragen müssen, welche Ursachen für das zunehmende Versagen des Mannes als solcher eine Rolle spielen. Umweltgifte dürften selbst vor hundert Jahren noch nicht den entscheidenden Beitrag geleistet haben, und doch beklagten die Frauen schon zu dieser Zeit weltweit die „Standhaftigkeit“ ihrer Cavaliere. Bevor die Frau in Fahrt kam, war der Mann fertig.
„Erster!“