Читать книгу Der Typ aus Evas Rippe - Andrea Ralfbüchert-Mener - Страница 8

Lasst uns an dem Bekenntnis festhalten!

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Einmal wurde ich während eines Bewerbungsgesprächs gefragt, welcher Konfession ich angehöre, sofern ich überhaupt ein Bekenntnis hätte. Ich begriff nicht, welchen negativen oder positiven Einfluss die Religion auf eine Tätigkeit als Verkäuferin haben sollte; allenfalls hätte ich mir vorstellen können, dass man ihr, wäre die Bewerberin Muslimin oder zum Islam konvertiert, das tägliche, mehrmalige Beten von der Arbeitszeit abzuziehen gedächte und sie bereits jetzt darauf hinweisen wollte. Und so antwortete ich, obgleich es nicht stimmt, aus einer Laune heraus und mit einer gehörigen Portion Schalk im Nacken: „Ja, ich bin Atheist. Oder Atheistin, wenn Sie wollen.“

Mir war in dem Moment natürlich völlig bewusst, dass ich mir mit dieser Äußerung die geringe Chance, in der Filiale eine Anstellung zu finden, von vornherein verbaute, doch hatte ich aufgrund der eisigen Atmosphäre im bisherigen Gesprächsverlauf ohnehin nicht den besten Eindruck gewonnen. Und ich konnte es mir leisten, mit dem Feuer zu spielen, denn ich hatte – Gott sei Dank – noch mehrere Pfeile im Köcher.

Mein Gegenüber, eine korpulente, gestreng wirkende ältere Dame mit akkurater Hochsteckfrisur, der man die humorlose Chefin auch ohne Teleskop schon aus astronomischer Entfernung ansah, und die ihre nur als Rudimente vorhandenen, weiblichen Attribute mit Hilfe eines Damenbarts, Dauerstirnrunzelns und leicht vorgeschobenen Unterkiefers erfolgreich daran hinderte, wahrgenommen werden zu können, nahm die Brille ab, blinzelte ein paarmal und musterte mich schließlich mit einem verunsicherten Blick.

„Atheist?“

„Ja.“

„Wissen Sie, was das Wort bedeutet?“

„Ja, klar.“

„Nun?“

„Na“, sagte ich und setzte die unschuldigste Mine auf, zu der ich fähig war, „ein Atheist ist jemand, der nicht an Gott glaubt.“

„Aber, das – das – das ist doch keine Konfession!“

Ich stellte mich dumm. „Tatsächlich? Entschuldigen Sie, aber dies ist mir neu. Ich hatte bislang immer gedacht, Konfession würde Glaubensbekenntnis bedeuten, und wenn ich als Athe…“


„Das tut es auch.“

„Und Atheismus zählt nicht darunter?“

„Natürlich nicht!“

„Das ist seltsam“, sagte ich kopfschüttelnd und starrte auf das kleine Kreuz gegenüber, das sich vor meinem geistigen Auge zu vermehren begann, bis die ganze Wand damit übersät war. „Dabei habe ich ja einen Glauben.“

„Sie sagten doch gerade, dass Sie – dass Sie nicht an Gott glauben.“

„Richtig, das sagte ich.“

„Ja – woran glauben Sie denn dann?“ Ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie an meiner geistigen Gesundheit zweifelte.

„Na, ich glaube eben, dass es keinen Gott gibt.“

Ihr leicht zur Seite geneigter Kopf, der offenstehende Mund und der starre Blick, welcher, der Welt entrückt, über meinen Kopf hinweg irgendwo in den Raum zielte, ließen meine Hand unwillkürlich über mein Haar streichen, um sicherzugehen, dass mir nicht etwa ein goldenes Geweih oder Schlimmeres wuchs.

Um es abzukürzen: Ich bekam die Stelle nicht. Auf eine offizielle Begründung warte ich heute noch.

Der Typ aus Evas Rippe

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