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Lass dich nicht gelüsten deines Nächsten Weibes …

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Schon der Gedanke daran sollte unter Strafe stehen, wenngleich ich persönlich die diesbezüglich empfohlenen und auf „selbstkritischer Eigenexekutive“ beruhenden Repressalien der Evangelien des Neuen Testaments für „leicht“ übertrieben halte. So ruft Jesus von Nazareth die Galiläer in seiner Bergpredigt mit allem Nachdruck zur Selbstverstümmlung auf, sollten sie es, obgleich verheiratet, wagen, einer anderen Frau wollüstige Blicke zuzuwerfen. Es steht in Matthäus, Kapitel Fünf, Verse Siebenundzwanzig bis Dreißig der Einheitsbibel geschrieben, und ich zitiere – ohne Einfügen einer Fußnote – wörtlich:

„Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen! Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch mit ihr begangen.

Wenn dich dein rechtes Auge zum Bösen verführt, dann reiß es aus und wirf es weg! Und wenn dich deine rechte Hand zum Bösen verführt, dann hau sie ab und wirf sie weg (…).

Denn besser ist für dich, dass eines deiner Glieder verloren geht, als dass dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird.“

Wohl dem, der damals Linkshänder war und so viel Geschick besaß, mit einem einzigen Hieb einen glatten Schnitt zustande zu bringen. Unterstellen wir mal, dass all dies wortwörtlich zu nehmen sei, warum dann eigentlich die Hand? Ich hätte ein ganz anderes Glied mit Strafe bedroht.

Mein Ex-Mann Marco war ein typischer Vertreter seines Geschlechts. Ich gehe natürlich davon aus, dass er es noch heute ist und seine derzeitige Flamme mit denselben männlichen Verhaltensweisen nervt, mit denen er mir jahrelang auf die Eierstöcke ging. Es gab Situationen, die man aushalten konnte, mitunter gar belustigend fand – zumindest im Nachhinein –, dann wieder solche, für die man ihm morgens etwas in die letzte Tasse Kaffee seines Lebens hätte tun mögen.

Marco hat(te), wie die meisten seiner Geschlechtsgenossen, einen ausgeprägten Tunnelblick und ein vorprogrammiertes, zielstrebiges Wesen. Wenn er sich beispielsweise in der Innenstadt befand, dann ausschließlich zu dem Zweck, ein besonderes Geschäft oder eine bestimmte Institution aufzusuchen, um danach ohne Verzögerung den Heimweg anzutreten. Während er vom Parkhaus aus auf sein Ziel zusteuerte, schaute er nicht nach links oder rechts, und so konnte es geschehen, dass er die eine oder andere Bekannte übersah und sich Vorhaltungen gefallen lassen musste. Von seinen männlichen Freunden, die ihm über den Weg liefen, hatte er das kaum zu befürchten; die nahmen ihn meist ebenso selten wahr wie er sie.

Merkwürdigerweise bekam es sein Unterbewusstsein aber mit, wenn er einer nach seinem Dafürhalten hübschen oder in sexueller Hinsicht akzeptablen Frau begegnete. Dann zwang es seinen Kopf, sich während des Weitergehens nach ihr umzudrehen. Das geschah und geschieht überall auf der Welt. Alle Männer sind so, habe ich mir sagen lassen. Das liegt wohl in ihrer Natur. Soll sogar experimentell nachgewiesen sein.

Bereits zu biblischen Zeiten erkannte man die Gefahren, in welche sich die Männer zu begeben drohten:

Schau nicht umher auf den Wegen zur Stadt,

streif nicht umher in ihren abgelegenen Winkeln!

Verhüll dein Auge vor einer reizvollen Frau,

blick nicht auf eine Schönheit, die dir nicht gehört.

Wegen einer Frau kamen schon viele ins Verderben,

sie versengt ihre Liebhaber wie Feuer.7

Meinetwegen hätte sich Marco ja versengen lassen, … also sich umdrehen können, nach wem er wollte. Ärgerlich war die Sache für mich nur, wenn er es in meiner Anwesenheit tat. Das nahm ich regelmäßig persönlich.

Einmal waren wir zusammen in der Stadt und gingen über den belebten Boulevard, als er es wieder tat. Ich kochte innerlich. Zu Beginn unserer Beziehung hatte ich mich zurückgehalten und so getan, als würde ich es nicht bemerken. Wir waren ja damals noch nicht derart „untrennbar“ liiert, sprich verheiratet, dass ich ihm hätte Vorhaltungen machen wollen. Doch nun fragte ich ihn: „Kennst du die Frau?“

„Welche Frau?“

„Die, nach der du dich gerade umgedreht hast.“

Er blieb stehen und wendete suchend den Kopf.

Ich beschloss ruhig zu bleiben. „Sag bloß, du kriegst das gar nicht mit. Du hast gerade die Brünette in dem hellblauen Kleid dort ins Visier genommen. Das hab ich genau gesehen.“ Ich deutete mit dem Kopf in die Richtung.

Er blinzelte und stand mit offenem Mund da wie ein begossener Pudel. Seine Augen stocherten in den Menschenmassen umher.

„Jetzt steht sie vor dem Lotto-Laden, geht hinein. Siehst du sie?“

„Nach der soll ich geschaut haben?“, fragte er kopfschüttelnd. „Die ist gar nicht mein Typ!“

Das kam ihm so treuherzig über die Lippen, dass ich lachen musste.


Ob Laternenmast oder nicht, bleibt sich gleich …

Hundert Meter weiter das gleiche Spiel. Diesmal war es eine aufgetakelte Blondine in grüner Bluse mit gewagtem Ausschnitt und engen, verwaschenen Jeans. Er wendete sich nach ihr um und musterte sie eindringlich, während seine Beine wie im Selbstlauf auf ursprünglichem Kurs blieben. Unglaublich!

Ich hatte indes nur drei Sekunden lang Zeit, zu überlegen, auf welche Weise ich ihn rügen sollte. Dann nahm mir ein Laternenmast die Entscheidung ab.

Der Typ aus Evas Rippe

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