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Die Jugendtorheit

Unwissenheit

Schlüsselbegriffe

Unerfahren / ahnungslos / Anfänger / Lehrling / naiv / unreif / unkultiviert / undifferenziert / kindlich / Pubertät / Jugendsünde / selbstbezogen / befangen / Hilflosigkeit / orientierungslos / ratlos / kopflos / voreilig / einfältig / begriffsstutzig / Konfusion / Verleugnung / aus Erfahrung lernen / Erziehung / Therapie / Verhältnis von Lehrer und Schüler / Belehrung / Bildung …

Das Leben stellt uns vor allem eine Aufgabe, nämlich wir selbst zu werden – was sich aber leichter anhört als es ist. Wir ahnen wohl, dass wir weitaus umfassendere Möglichkeiten haben, als wir bereits ausfüllen, und wollen deshalb dazulernen und wachsen. Der unwissende junge Tor in uns sucht zu diesem Zweck einen weisen Lehrer, der ihm den Weg zeigt. Allerdings schwankt unser unreifer innerer Lehrling noch zwischen leidenschaftlicher Ungeduld, blinder Starrköpfigkeit und einem ehrlichen Lerneifer. Er möchte schon voller Tatendrang loslegen, obwohl er gar noch nicht so weit ist, obwohl es ihm noch an Einsicht fehlt… Doch auch wenn bislang noch Ratlosigkeit und Verwirrung herrschen, kann zu unserem Trost gesagt werden, dass mit jedem Schritt und jeder neuen Erfahrung das Bild immer klarer wird.

Naturbild



Unten am Berg kommt ein Quell hervor:

Das Bild der Jugend.

So nährt der Edle durch gründliches Handeln seinen Charakter.

Nach einer langen Phase der unterirdischen Reise durch das Berginnere findet das Quellwasser endlich hinaus an die Oberfläche. Die frische, klare Quelle steht als Metapher für das jugendliche Stadium der Unerfahrenheit, aber auch für den ewig jungen Teil in uns, der sich immer wieder ins Unbekannte wagt. Der Berg wiederum verkörpert die Höhen der Weisheit und Erfahrung, die es zu erringen gibt.

Wenn das junge, lebhafte Quellwasser jetzt nach draußen sprudelt, kommt es in einer völlig fremden Umgebung an. Es strotzt vor Energie, hat aber keinerlei Orientierung. Da es jedoch in seiner Natur liegt, stetig zu fließen, überwindet es auf genau diese Weise auch seine Schwierigkeiten: nach und nach füllt es alle Abgründe, Senken und Vertiefungen aus, die sein Weiterkommen behindern, um schließlich darüber hinwegzufließen.

Genau wie der Bach in den Bergen, muss auch unser Leben seine Bahn finden. Dabei können wir die Umstände, die uns begegnen, zu unseren Lehrern machen. Dieser gründliche Lernprozess erlaubt uns nicht, eine Lektion zu überspringen, er verlangt, dass wir beharrlich alle unsere Wissenslücken ausfüllen. Unser springlebendiges, ungezähmtes inneres Kind kann seinen Weg ja nur durch die Konfrontation mit festen Grenzen finden. Schade wäre es allerdings, wenn seine Spontaneität dabei mehr als unbedingt notwendig eingeschränkt würde.

Berg und Quelle, so unterschiedlich sie sind, brauchen und bereichern einander. Das harte Gestein des Berges ist nötig, um das Wasser zu reinigen und zu energetisieren. Dafür verleiht die Quelle dem schroffen Fels eine Spur freundlicher Heiterkeit.

Genauso ist es mit alten und jungen, kompetenten und unwissenden Menschen, mit Lehrern und Schülern: sie können voneinander viel lernen. Die labile aber formbare Jugend findet beim Alter Halt und Unterstützung, das Alte kann sich durch die frischen Impulse der Jungen aufmuntern und inspirieren lassen.

Die Schule des Lebens

Die Jugendtorheit hat Gelingen.

Nicht ich suche den jungen Toren. Der junge Tor sucht mich.

Beim ersten Orakel gebe ich Auskunft.

Fragt er zwei-, dreimal, so ist das Belästigung.

Wenn er belästigt, so gebe ich keine Auskunft.

Fördernd ist Beharrlichkeit.

Dieses Hexagramm spricht von einem Zustand der Unreife und Unwissenheit: Wir treffen auf eine völlig neue Situation und wissen zunächst nicht, wie wir damit umgehen sollen. Das fühlt sich unsicher und gefährlich an, wir können so viele Fehler machen... Da so vieles noch im Dunkeln liegt, sind wir nicht einmal in der Lage, klar zu artikulieren, wo unser Problem eigentlich liegt. Doch solange man noch am Anfang steht, ist diese Unschlüssigkeit nicht weiter schlimm. Wir werden sie überwinden, wenn wir nur einen geeigneten Lehrer finden - und oft ist dieser Lehrer das Leben selbst.

Wir alle sind stets sowohl Lehrende wie auch Lernende, je nach dem Grad unserer Erfahrung. Dabei stehen Lehrer und Schüler in einem ganz besonderen Verhältnis zueinander. Die erste und wichtigste Regel betrifft ihre korrekte Annäherung: Es ist immer der Schüler, der sich aus eigener Initiative an den Meister wenden muss. Nur wenn er sich seine Wissensdefizite eingesteht, wird er aktiv dazulernen wollen. Diese Art von Bescheidenheit ist die Voraussetzung, dass der Schüler die Lektionen seines Lehrers respektvoll anerkennt. Für den Lehrer heißt das, dass er in aller Ruhe warten soll, bis er angesprochen wird. Nur wenn er sich nicht von sich aus anbietet und ungefragt Ratschläge verteilt, werden seine Lehren erfolgreich angenommen.

Weiterhin sollte ein guter Lehrer sich niemals autoritär oder rigide gebärden. Seine Aufgabe ist es, klare Antworten zu geben, während der Schüler diese Informationen akzeptieren soll, ohne sie weiter anzuzweifeln. Sollte der Schüler allerdings aufdringlich, misstrauisch oder gedankenlos weiterfragen, belästigt er den Lehrer. Ein weiser Lehrer wird sich daraufhin zurückziehen und den unverschämten Schüler schweigend ignorieren.

Dieses Zeichen beschreibt also die Schule des Lebens und die Aufgabe der Individuation, der Selbstwerdung. Am Ausgangspunkt steht ein unreflektiertes, noch kindliches Wesen, das kaum für die Abenteuer des Lebens gewappnet ist. Zugleich wünscht es sich aber nichts sehnlicher, als Hals über Kopf hineinzuspringen. Ob und wie dieser junge Tor seinen Platz in der Welt entdeckt, hängt auch davon ab, dass er sich seine unschuldige Sichtweise, seinen Anfängergeist, bewahren kann. Denn wer unerfahren ist, muss sich aktiv der Welt öffnen, um zu fragen und auch zu hinterfragen.

Wenn wir uns jetzt in der Situation eines solchen Frischlings befinden, sollten wir aufrichtig unsere Ratlosigkeit zugeben und bewusst nach Unterstützung suchen. Auch wenn wir im Moment nicht wirklich wissen, was wir tun, steht die Antwort bereits im Raum, wir können sie nur noch nicht sehen. Wer unentwegt über ein und derselben Frage grübelt, wirbelt nur Schlamm auf und blickt immer weniger durch. Aber selbst das ist in Ordnung: wir müssen nicht vorgeben, dass wir schon wüssten, was das alles bedeutet. Was zunächst wie ein Hindernis aussieht, will uns im Grunde lehren, bewusster zu werden und unsere Einseitigkeit zu korrigieren. Die aktuelle Verwirrung blockiert unseren Handlungsdrang, für den es einfach noch zu früh ist. Doch wenn wir uns mit dem Leben fließend fortbewegen, dann werden wir wachsen und reifen. Mit genug Ausdauer verwandeln wir uns mit der Zeit selbst von Unwissenden zu Weisen.

Darüber hinaus hat die Jugendtorheit noch eine andere Botschaft: Das Hexagramm verheißt Gelingen, weil der junge Tor die Lehren der Zeit in mancher Weise besser versteht als ein ausgewachsener Experte, der meint, sich schon auszukennen. Gerade Spontaneität und Intuition verbinden uns mit dem Strom der Dinge. Manchmal ist es ja durchaus wichtig, seinen Kopf zu verlieren und wieder zum Kind zu werden. Gerade wenn wir uns in den Umständen gefangen fühlen, hilft es oft, ganz simple aber mutige Fragen zu stellen und in aller Unschuld Tabus zu durchbrechen. Wie im Märchen „Des Kaisers neue Kleider“ müssen wir die kollektiven Halluzinationen auflösen, indem wir die Dinge mit den unverdorbenen Augen eines Kindes wahrnehmen und benennen. Nur wenn wir uns als kindliche Narren sehen können, sind wir innerlich klar genug, um unsere Selbsttäuschungen zu entlarven.

Der spirituelle Lernprozess

Bei der Suche nach einer erlösenden Antwort für unsere tiefsten Lebensfragen können wir uns an einen Lehrer, aber auch an ein Orakel wenden. Denn aus ihm spricht unser kosmischer Lehrer, der Heilige Geist.

Wir sollten aber wissen, dass wir immer nur einmal Auskunft bekommen. Diese eine Antwort gilt es, wirken zu lassen und geduldig mit ihr zu arbeiten. Bewusstwerdung und Perspektivenwechsel brauchen ja Zeit, um sich zu entwickeln. Wenn wir die Botschaften der kosmischen Intelligenz anzweifeln und immer wieder nachhaken, trübt sich die Klarheit der Aussagen, bis schließlich völlige Konfusion herrscht. Je mehr wir fragen, desto tiefer verstricken wir uns in unsere Unwissenheit. Die Lösung kommt niemals durch Nachdenken. Sie kann nur aus der geistigen Welt empfangen werden, unverhofft und einmalig.

Solange wir noch neu in der Orakelschule sind, zeigt sich der kosmische Lehrer einfühlsam und nachsichtig angesichts unserer zahllosen Irrtümer und Fehlurteile, wohl wissend, dass wir unser inneres Programm nur schrittweise verwandeln können. Konsequent zieht er unseren Blick immer wieder auf unsere unterdrückte innere Wahrheit. So fassen wir zunehmend Vertrauen zu unseren Gefühlen und verstehen das Wesen des Tao immer besser.

Gerade bei unerfahrenen Orakelschülern mischt sich noch häufig das Ego in die Fragestellung ein. Für diesen Fall warnt uns das Hexagramm Die Jugendtorheit vor einem Irrweg. Vor allem wenn es ohne Wandellinien erscheint, sollten wir vorerst keine Fragen mehr stellen, bis wir uns überprüft und unsere Haltung korrigiert haben.

Wandellinie 1


Um den Toren zu entwickeln,

ist es fördernd, den Menschen in Zucht zu nehmen.

Man soll die Fesseln abnehmen.

So weitermachen bringt Beschämung.

Die Grundgesetze des Lebens

An dieser Stelle sind wir wie junge „ABC-Schützen“, die in einem neuen Lebensbereich ihre ersten Gehversuche machen. Wir haben jede Menge Visionen und Ideen, da wir aber die Materie und das Terrain noch nicht kennen, kommen wir bald ins Straucheln.

Ganz am Anfang eines Lernprozesses gibt es unzählige Unsicherheiten und unbekannte Faktoren. Deshalb müssen wir uns selbst in Zucht nehmen, bis unsere Verwirrung sich allmählich legt und wir zu begreifen beginnen, nach welchen Gesetzmäßigkeiten die Dinge hier funktionieren. Bei diesen ersten Lektionen gibt immer der Lehrer (die Situation) vor, wo es lang geht. Der Schüler hat ja bislang weder eine klare Richtung noch den nötigen Ernst. Um sich zu entwickeln, braucht sein Geist Ordnung und eine feste Hand. Er muss jetzt lernen, sich in Regeln zu fügen und mit Nachdruck bei der Sache zu sein. Natürlich darf Disziplin niemals in Zwang oder Drill ausarten – das würde seine jugendliche Kreativität und seinen Schwung lähmen.

Früher oder später wird dann der Moment kommen, wo der Lehrling selbst um seine Möglichkeiten weiß, von da an muss er aus dem Korsett strenger Regeln wieder entlassen werden.

Zum Erlernen der „Basics“ gehören geregelte Strukturen und Üben, Üben, Üben - auch wenn das zunächst eine ungemütliche Einschränkung bedeutet. Nur wer die grundlegenden Prinzipien, Methoden und Alternativen kennt und beherrscht, kann frei und souverän entscheiden.

Tiefendynamik

Es kommt nichts Gutes heraus, wenn ein Ego das andere belehrt und maßregelt. Wer andere Leute offen zurechtweist, beschuldigt oder bloßstellt, provoziert ihren Widerstand und Groll, bis hin zu gärenden Vergeltungswünschen. Immer wenn wir die Fehler anderer anprangern, mästen wir unser Ego ebenso wie das ihre. Es ist klüger, sich innerlich zu distanzieren, ohne zu urteilen, und die Angelegenheit dem Kosmos zu übergeben. Je neutraler wir uns in so einem Fall verhalten, desto mehr lassen wir dem Universum „freie Hand“ zu korrigierenden Maßnahmen.

Wandellinie 2


Die Toren zu ertragen in Milde, bringt Heil.

Die Frauen zu nehmen wissen, bringt Heil.

Der Sohn ist dem Hauswesen gewachsen.

Verantwortungsbewusstsein

In diesem zweiten Stadium ist unsere Macht noch gering, dennoch verfügen wir bereits über eine geistige Reife, die es uns erlaubt, echte Verantwortung zu übernehmen.

Die Linie zeigt den achtsamen ältesten Sohn, der in Harmonie mit seiner Frau das gemeinsame Kind erzieht – ruhig und ohne Druck auszuüben, dafür mit viel positiver Motivation. Natürlich gibt es zwischendurch immer mal wieder Turbulenzen, doch insgesamt gelingt es ihm, seinen Sprössling einfühlsam, geduldig und großherzig anzuleiten.

Dieser Mensch hier besitzt das seelische Format, vieles zu verstehen und zu verzeihen. Seine kraftvolle Souveränität vereint sich mit freundlicher Zurückhaltung, die anderen genügend Raum für ihre Entfaltung lässt. Da er um seine eigenen Unzulänglichkeiten weiß, kann er auch den Schwächen und Unberechenbarkeiten anderer mit Nachsicht begegnen. Das sind Voraussetzungen, die uns befähigen, Verantwortung zu übernehmen und auf Dauer zu einer geistigen Autorität heranzuwachsen.

Nimm dir die Zeit, in aller Ruhe darüber nachzusinnen, was in deinen Mitmenschen (oder inneren Anteilen) vorgeht und was sie brauchen, um sich wohl zu fühlen. Gerade wer sich zum ersten Mal einer Herausforderung stellt, ist ja auf besonderes Verständnis angewiesen. Der Schlüssel liegt in Offenheit und Feingefühl.

Tiefendynamik

Solange wir am Anfang stehen, ist unser kosmischer Lehrer sehr geduldig mit unseren unzähligen törichten Einbildungen und Interpretationen. Er weiß ja, dass wir in diesem Stadium Fehler machen müssen, das ist natürlich und gehört zum Lernprozess. Genauso normal ist es, dass wir erst einmal Angst davor haben, der machtvollen öffentlichen Meinung die Stirn zu bieten. Der Heilige Geist will uns aber helfen, diese unnötigen Ängste und Unfreiheiten zu heilen. Solange wir aufrichtig lernen wollen, begleitet er uns mit Großmut und Freundlichkeit. Sollten wir aber unverbesserlich immer wieder in die alten Denkmuster und Verhaltensweisen zurückfallen, zieht er sich vorerst wieder zurück.

Wandellinie 3


Nicht sollst du ein Mädchen nehmen,

das einen ehernen Mann sieht und sich nicht im Besitz behält.

Nichts ist fördernd.

Falsche Ambitionen

Dieses patriarchal gefärbte Bild zeigt uns ein Mädchen, das mit seinen Reizen spielt und sich auf einen ehernen Mann einlässt, der mit Geld oder Erfolgen protzt.

Zunächst einmal sehen wir daran, wie leicht wir uns gerade in Liebesdingen selbst aufgeben. Allgemeiner gesagt spiegelt uns die Szene, dass unerfahrene und beeindruckbare Menschen leicht in einen irregeleiteten Ehrgeiz verfallen.

Die hier gezeichnete Person besitzt schwache, unkritische, bisweilen auch manipulative Züge. Sie ist bereit, sich zu verbiegen und anzubiedern, um ihre Ziele zu erreichen. Unreife Menschen neigen ja dazu, sich ein Idol zu suchen, das sie bewundern und nachahmen können. In anderen Fällen streben sie nach einem künstlichen und idealisierten Bild von Überlegenheit. Vielleicht laufen sie aber auch nur wertlosen Launen oder dem Geld nach…

Jedenfalls sind sie, um in den Genuss von Anerkennung oder anderen Vorteilen zu kommen, bereit, ihre Seele zu verkaufen. Ihr Gespür für wahre Werte geht dabei verloren.

An dieser Stelle lassen wir uns von äußeren Faktoren und Begehrlichkeiten aus dem Gleichgewicht bringen. Die Fehler, die wir dabei begehen, erteilen uns aber eine wichtige Lehre. Das Leben hat ja viele Möglichkeiten, unsere Irrwege zu korrigieren, und der effektivste davon ist die Konfrontation mit den Konsequenzen dessen, was wir tun oder unterlassen.

nSei auf der Hut. Wenn du falschen Götzen nachläufst, verlierst du deine Unabhängigkeit und den Kontakt zu dir selbst. Mit diesem unpassenden Eifer erreichst du nichts Lohnenswertes. Innere Sicherheit findest du nur, wenn du dich an deinen eigenen Werten orientierst und nicht irgendjemanden oder irgendetwas „anbetest“, in das du Wunder was hineinprojizierst. - Vielleicht geht es ja gerade darum, dass du lernst, deine eigenen Qualitäten zu schätzen.

Tiefendynamik

Selbstverantwortung ist ein hohes Ziel im kosmischen Lernprozess. Deshalb zieht sich die universelle Intelligenz zurück, wenn jemand das Orakel befragt, um sich vor einer Entscheidung zu drücken. Jeder gute Lehrer ist bestrebt, seinen Schüler zu eigenständigem Denken anzuleiten. Ein spiritueller Lehrer hat die besondere Aufgabe, seinen Anhängern zu vermitteln, wie sie selbst in Kontakt mit dem Göttlichen treten können. Wer aber den Guru spielt oder sich dazu machen lässt, setzt sich selbst an die Stelle des Heiligen Geistes! In diesem Zusammenhang grassieren viele falsche Annahmen, wie: Wer sich spirituell entwickeln will, braucht einen Meister / Ich kann meinem Gefühl nicht vertrauen / Andere wissen es besser als ich…

Wandellinie 4


Beschränkte Torheit bringt Beschämung.

Verblendung

Wer noch unerfahren ist, verirrt sich leicht in leere Einbildungen, Ideologien oder fixe Ideen. Er verliert den Bezug zur Realität und zum wahren Kern der Dinge und versteift sich stattdessen auf unhaltbare Standpunkte. Trotzig und unbelehrbar sträubt sich so ein Mensch gegen jeden guten Rat. Allerdings: je eigensinniger wir auf unseren Illusionen beharren, desto sicherer werden wir uns bloßstellen. Wir blockieren unseren Reifeprozess und stehen uns selbst im Weg. Darüber hinaus stoßen wir leicht auch noch wohlmeinende Menschen vor den Kopf, so dass sie sich von uns zurückziehen.

Dem erfahrenen Lehrer, der diese Situation beobachtet, bleibt nichts anderes übrig, als den verbohrten Schüler eine Weile sich selbst zu überlassen und ihm die zwangsläufigen Peinlichkeiten nicht zu ersparen. Das Leben wird ihm eine Lektion erteilen, die er sich selbst zuzuschreiben hat. Dennoch haben derlei unangenehme Erfahrungen oft eine heilsame Wirkung. Zuweilen sind sie der einzige Weg, um uns aus unserer Uneinsichtigkeit wachzurütteln.

Du bist einem schönen Wahn erlegen, denn du hast dir ein falsches Bild von dir und deinem Leben gemalt. Es ist ein scheußlich beschämendes Gefühl, aus solchen Träumen aufzuwachen. Und doch ist es besser so, denn nur die Wahrheit wird dich nicht verraten.

Tiefendynamik

Wir stützen uns immer wieder auf trügerische Hoffnungen: Wenn ich nur … (hart genug arbeite …, lange genug warte…, ein besserer Mensch werde…), dann bekomme ich, was ich mir wünsche. Wer aber sich selbst für den eigenmächtigen Autor seines Lebens hält, verschließt sich für die göttliche Gnade. Solange unser gesunder Menschenverstand in dieser oder anderer Weise vom Ego blockiert ist, werden wir aus jedem Ratschlag, auch aus den Antworten des Orakels, immer nur das herauslesen, was wir hören möchten und was unser Welt- und Selbstbild bestätigt. So kann uns die Weisheit des Heiligen Geistes natürlich nicht erreichen.

Wandellinie 5


Kindliche Torheit bringt Heil.

Schlicht aber wirkungsvoll

Hier ist ein besonders effektiver Lern- und Lehrprozess dargestellt, der auf der Basis gegenseitiger Wertschätzung zustande kommt. Alle Schwierigkeiten können gemeinsam gelöst werden, was ein tiefes wechselseitiges Vertrauen begründet.

Einerseits sehen wir hier den glücklichen Fall eines arglosen und unbefangenen Schülers. Er ist sich seiner Unwissenheit bewusst, hat aber den aufrichtigen Wunsch zu lernen. Ohne große Ansprüche oder Hintergedanken und mit kindlicher Offenheit sucht er nach Belehrung. Menschen dieser Art haben Anfängerglück. Sie vertrauen Ihren Fähigkeiten, können aber auch einen Rat annehmen, der ihnen einleuchtet. Wer sich aus dieser Haltung der Bescheidenheit an einen Lehrer wendet, wird viel dazulernen und dieses auch dankbar zu würdigen wissen.

Auf der anderen Seite steht der erfahrene Lehrer, der über einen gelassenen und weltoffenen Geist verfügt. Seine gereifte Persönlichkeit wirkt auf junge und einfache Menschen wohltuend und Richtung weisend, so dass sie sich gerne von ihm anleiten lassen. Wenn dieser Lehrmeister sie korrigiert, geschieht das so achtsam, dass es leicht fällt, seine Kritik anzunehmen. Da ihm jegliche Arroganz abgeht, hat er kein Problem damit, seinerseits auch die Anregungen seiner Schüler aufzugreifen und auszuprobieren.

Es ist ganz natürlich, dass du nicht alles weißt und kannst, - dass du nicht perfekt bist. Wenn du das akzeptierst, bist du schon auf dem besten Weg, deine Defizite zu beheben. Bitte um Rat oder um Beistand, dann wirst du die nötige Hilfestellung finden.

Tiefendynamik

Rund um das Thema spirituellen Lernens grassieren viele irrige Vorstellungen. Einige Leute glauben zum Beispiel, sie bräuchten dafür unbedingt einen Lehrmeister oder Guru. Andere wieder behandeln ihre Orakelkarten oder ihr I Ging-Buch mit übertriebener Ehrfurcht. Auch wenn durch dieses Medium die Stimme der kosmischen Intelligenz spricht, kann sie jeder von uns ganz unkompliziert und ohne „autorisierten“ Vermittler zu allem befragen, was ihm auf dem Herzen liegt.

Wandellinie 6


Beim Bestrafen der Torheit

ist es nicht fördernd, Übergriffe zu begehen.

Fördernd ist nur, Übergriffe abzuwehren.

Liebevolle Strenge

Zuweilen muss ein unverbesserlicher Schüler energisch in seine Schranken verwiesen werden, wenn er sich ohne Rücksicht auf die Umstände vordrängt. Manche Menschen lernen ja nur, wenn sie die Folgen ihrer Fehler am eigenen Leib spüren. Gerade in hartnäckigen Fällen tun klare Grenzen letztlich gut, weil sie Halt geben und eine klare Sprache sprechen.

Doch wenn ein Lehrer jetzt tatsächlich autoritär eingreift, darf er sich nicht vom Zorn hinreißen lassen. Seine Mittel müssen rein defensiv bleiben und sich sachlich darauf beschränken, Übergriffe abzuwehren. Eine korrekte Maßregelung ist nie Selbstzweck und Willkür, sie soll lediglich wieder harmonische Verhältnisse herstellen. Alles andere würde auf Unterdrückung hinauslaufen und damit Opposition heraufbeschwören.

Hier sehen wir also einen weisen Lehrer vor uns, der versteht, dass der Kosmos keine Strafen, wohl aber Konsequenzen kennt, und diese zuweilen ziemlich hart ausfallen. Er gibt sein Wissen um die Gesetzmäßigkeiten des Lebens großzügig an seine Schüler weiter, damit sie eine Orientierung auf ihrem Weg haben. Dabei geht er nicht kühl, distanziert oder zornig vor, sondern mit freundlichem Verständnis. Das befreit den Geist seiner Schüler und macht ihnen das Lernen leicht.

Hier ist ein kritischer Punkt erreicht, wo du jede Übersteigerung bei dir selbst oder bei deinen Schützlingen unmissverständlich korrigieren musst. Es wäre allerdings ein grober Fehler, dabei in Wut oder Selbsthass abzugleiten.

Tiefendynamik

Für das kollektive Ego ist es undenkbar, dass auf Macht verzichtet werden kann, wenn die Ordnung aufrechterhalten werden soll. Aus kosmischer Sicht ist allerdings jede Machtanwendung ein Übergriff. Grenzüberschreitungen können auch auf andere Weise zurückgewiesen werden, ihre Urheber können anders zur Raison gebracht werden. Und dabei geht es nicht ums Bestrafen. Die vom Kosmos eingeleiteten Korrekturen sind immer nur so streng wie unbedingt nötig und dienen dazu, uns wieder in Kontakt mit der Stimme unserer inneren Wahrheit zu bringen. Jede Strafe besitzt dagegen einen Aspekt von Rache und Selbstgerechtigkeit, der zum Ego gehört. Es ist nicht unser Job, andere zu bestrafen. Es reicht, wenn wir uns schlicht von ihrem inkorrekten Verhalten abwenden und die Sache dem Universum überlassen.

I Ging

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