Читать книгу Philosophie für Theologen - Andreas Scheib - Страница 7
Vorwort
ОглавлениеEin Buch für Anfänger und Laien verspricht für den Verfasser nicht dieselbe Reputation wie ein Forschungsvorhaben, innerhalb dessen neue Ergebnisse zu Tage gefördert oder neue Lesarten bereits bekannter Sachverhalte entwickelt werden können. Es wirkt also auf den ersten Blick wenig verlockend, so etwas wie eine ‚Einführung‘ zu schreiben. Hinzu kommt, dass es insbesondere für Fachphilosophen nicht wirklich attraktiv, vielleicht sogar nicht einmal unbedenklich ist, für Theologen zu schreiben – können doch religiöse Überzeugungen den Anforderungen philosophischer Kriterien für Plausibilität, intersubjektive Vermittelbarkeit und epistemologische Transparenz, die ein sinnvolles Gespräch zwischen den Disziplinen möglich erscheinen lassen, niemals standhalten. Beinahe automatisch sieht sich der philosophische Autor so der Gefahr des Vorwurfs ausgesetzt, er lasse seine Ausführungen auf einem religiösen Vorurteil fußen und mache sie zum Ausdruck eigener, philosophisch nicht weiter begründbarer Weltanschauung. Diesem Vorwurf muss entschieden entgegengetreten werden, und eine Einführung in die Philosophie hat folglich vollständig frei zu sein von religiösen Mutmaßungen, Überzeugungen und Vorurteilen. Eigene Nähe zum Gegenstand der Theologie wäre hierfür hinderlich, und nur die kritische Distanz, die eben keine Religionsphilosophie zu betreiben beabsichtigt, kann Garant für den vorurteilsfreien Blick gleichsam von außen auf jene Themenfelder sein, die für das theologische Denken von philosophischer Relevanz sind.
Dennoch ist der Gewinn, den einführende Literatur auch und gerade für ihren Verfasser und eben insbesondere auch im ihm eigentlich fachfremden Gebiet der Theologie bereitzuhalten verspricht, keineswegs gering; denn sie ermöglicht es ihm zum einen, auf jene Aspekte seines eigenen Faches hinzuweisen, die er selbst für besonders gewichtig hält und die so stärker ins Bewusstsein jener gerückt werden können, die sich mit dem Studium der Theologie beschäftigen. Zum anderen gibt jede einführende Erläuterung die Gelegenheit, eigene Standpunkte ganz grundlegend zu hinterfragen und für weiterführende Überlegungen wieder neu zu entdecken und aufzubereiten; und sie dient damit nicht zuletzt der Vermeidung jener Betriebsblindheit, die durch die jahrelange Wiederholung einander ähnelnder akademischer Lehrveranstaltungen entstehen und die eigentlich philosophischen Aspekte der Auseinandersetzung gerade mit theologienahen Themen verschwimmen lassen könnte.
Selbstverständlich kann ein Band wie der vorliegende keine erschöpfende Darstellung dessen leisten, was als das Philosophische im, aber auch gegenüber dem Theologischen zu bedenken ist. Er kann aber im beschriebenen Sinne sensibilisieren – seine Leser ebenso wie seinen Verfasser. Sensibilisieren im Übrigen auch für Realitäten, die im Verlauf der theologischen Ausbildung nicht immer hinreichend Berücksichtigung finden: Das Gespräch der Theologie mit der Philosophie ist ausgesprochen schwierig geworden, und es setzt jene spezifische Bereitschaft auf philosophischer Seite voraus, die Habermas im Gespräch mit Ratzinger vor einigen Jahren, unter Verwendung einer Formulierung von Max Weber, als religiöse Musikalität bezeichnet hat. Die Brüche zwischen theologischem und philosophischem Denken sind unter anderem Resultate historischer Vorgänge der Emanzipation der Philosophie vom Vormund der Theologie, wie sie sich seit der Renaissance, spätestens aber seit der Frühen Neuzeit, allmählich vollzogen haben, auf die wir hier aber nur am Rande hinweisen können.
Aufmerksam machen muss ein Band wie der vorliegende auch und insbesondere darauf, dass die Annahme, die Bibel sei eine Selbstoffenbarung Gottes, eine vollständig außerphilosophische Überzeugung ist, die sich einer Verifikation, auch mit den Instrumenten der Philosophie, grundsätzlich und unaufhebbar entzieht; und dass dasselbe im Übrigen auch schon für die Existenzannahme eines theistischen Gottes überhaupt gilt. Die Gründe dafür, theistische Grundüberzeugungen zu teilen, sind und bleiben damit im philosophischen Sinne vor- oder außerrational, und sie bleiben der Philosophie daher ebenso unzugänglich wie die Behauptung theistischer Offenbarungen. Anders ausgedrückt: Ein Beweis für die Existenz Gottes lässt sich philosophisch nicht führen – auch wenn es zu den Spielarten der klassischen Philosophie gehört, Argumente zu suchen, die wir heute gemeinhin als Versuche von Gottesbeweisen bezeichnen. Ebenso lässt sich die Annahme der Existenz Gottes freilich nicht widerlegen, weil wir hierzu zeigen können müssten, dass der theistische Gott unmöglich ist.
Was Philosophie jedoch kann ist einerseits, sich die Frage nach der Plausibilität des philosophisch Unbeweisbaren zu stellen, also zu fragen, ob es plausible Argumente geben kann, die die Existenz eines theistischen Gottes wahrscheinlicher machen als die Annahme, dass es eben keinen Gott gibt. (In der heutigen Religionsphilosophie werden solche Argumente überwiegend in Form einer Neuauflage des sogenannten kosmologischen Gottesbeweises diskutiert.) Andererseits gehört es zur Leistungsfähigkeit der Philosophie zu zeigen, was im theologischen Denken eigentlich philosophische Argumentation ist. Dazu gehört auch, darauf aufmerksam zu machen, welche philosophischen Voraussetzungen je akzeptiert werden müssen, um das Gerüst der geoffenbarten Inhalte mit jener begrifflichen Interpretation zu füllen, die immer auch Produkte und Erscheinungsweisen von historischen Spielarten der Philosophie sind. Diese Voraussetzungen sind sowohl materialer Natur, sofern philosophische Überzeugungen in das theologische Denken einfließen, als auch formaler, weil die Regeln des methodisch korrekten Philosophierens sich auch weitgehend zu den Regeln der Argumentation im Theologischen machen.
Wenn es dem vorliegenden Buch auf dieser Grundlage gelingt, ansatzweise die Rolle klarzumachen, welche der Philosophie auf diese Weise im Theologischen zukommt und zukam, darf es seine Aufgabe als erfüllt betrachten.
Ich danke der WBG für die Aufnahme dieses Bandes in ihr Programm und ihre fast grenzenlose Geduld in der Phase der Fertigstellung des Manuskripts, die sich aus einer Vielzahl von persönlichen Gründen immer wieder verzögert hat.
Bochum, Sommer 2014