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Erika

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Sie arbeitet als Sekretärin in unserer Sozietät. Vor Jahren hatte ich sie eingestellt, weniger wegen ihrer Zeugnisse, die ich nur flüchtig durchblätterte, sondern weil mich ihr umwerfender Busen faszinierte. Damals trug sie die gestärkte, weiße Bluse noch nicht so hochgeschlossen wie heute. Sie gewährte mir einen großzügigen Blick in ihren Ausschnitt, was wohl auch ein wenig Berechnung war. Ich konnte meine Augen einfach nicht von diesem Busengebirge wenden, hörte nur mit halbem Ohr ihre Geschichte. Sie brauchte den Job, war alleinerziehende Mutter eines Jungen, den sie tagsüber in einer teuren privaten Kinderkrippe unterbringen musste. Der Vater dieses One-Night-Stands hatte sich heimlich aus dem Staub gemacht und auch der Pfleger des Jugendamts konnte ihn nicht aufspüren. Doch alleine aus Mitleid habe ich sie nicht eingestellt, diese fleischgewordene Patrona Bavariä. Damals verzehrte ich mich noch für üppige Brüste und kräftige Ärsche, die ja auch etwas Schönes, Mütterliches haben. Sie wurde schnell die gute Seele der Kanzlei und ich registrierte mit Erstaunen, wie sie mich heimlich studierte, sich auf mich einstellte. Es schien ihr Spaß zu machen zu dienen. Schon nach wenigen Wochen hatte sie es sich angewöhnt, mir stillschweigend eine Tasse Kaffee auf den Schreibtisch zu stellen, wenn ich nur Lust darauf verspürte, ohne dass ich darum bitten musste. Sie las mir jeden Wunsch von den Lippen ab noch bevor ich ihn ausgesprochen hatte. Sie wusste, dass ich zwei Stück Zucker in den Kaffee mochte und einen Schuss fettarme Milch. Nie klagte sie über ihre Doppelbelastung als Mutter und Sekretärin, wie es die anderen Mädchen taten. Als sie bei uns anfing, fand ich sie durchaus hübsch, mit ihrem vollen Gesicht, den engelsgleichen blonden Korkenzieherlocken. Auf meinen nächtlichen Streifzügen herrschte gerade eine längere Flaute und sie gefiel mir. Nach vier Monaten studierte ich im Strafgesetzbuch den Paragraphen 174. Mein Studium lag Jahre zurück und ich konnte mich nicht mehr an die spezielle Formulierung des Paragraphen „Unzucht mit Abhängigen“ erinnern. Befriedigt klappte ich das Buch zu, lehnte mich grinsend in meinen Sessel zurück. Am selben Abend, wir waren die Letzten, die noch arbeiteten mussten, schlich ich mich von hinten an sie heran. Sie stand über den Kopierer gebeugt. Ich umfasste ihre großen Brüste, knetete sie leicht, drückte mich an ihren Hintern. Sie tat, als bemerke sie mein übergriffiges Verhalten nicht, ließ sich nicht im Geringsten bei der Arbeit stören. Das brachte mein Blut erst richtig in Wallung. Ich drehte sie zu mir, drängte sie mit dem Rücken gegen die Wand und küsste sie auf den vollen Mund. Neben uns ratterte der Kopierer, spuckte ein Blatt nach dem anderen aus. Sie wehrte sich nicht, ließ es willig geschehen. Ich wühlte mich in sie hinein, schob eine schnelle Nummer im Stehen mit ihr. In ihren Augen konnte ich weder Missbilligung noch Zustimmung erkennen, was mich wunderte. Ich war froh, keine Liebe heucheln zu müssen. Als ich fertig war, ordnete sie ihre Kleider und fuhr schweigend fort Kopien zu machen, so als sei nichts geschehen. Trotz dieses Zwischenfalls hielten wir in der Kanzlei die gebotene Distanz. Dafür war ich Erika dankbar. Sie tratschte nicht, wollte auch nicht bevorzugt behandelt werden.

Ich besuchte sie ein-, zweimal im Monat in ihrer Wohnung, meist wenn ich anderweitig nicht zum Schuss kam. Der Sex mit ihr fühlte sich ein bisschen an wie in einem Restaurant, ich bestellte, konsumierte und ging ohne irgendeine Verpflichtung, musste nicht einmal zahlen. Sie schickte sich geduldig in ihre Rolle, stellte niemals eine Forderung und ich rätselte, was sie sich wohl von ihrer Unterwürfigkeit versprach. Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass sie möglicherweise darauf wartete, dass ich um ihre Hand anhielte. Sie harrte still und unverdrossen aus, war mir stets zu Diensten, wenn ich etwas brauchte, geschäftlich und von Fall zu Fall auch privat. Wie bequem, einen Notnagel für meinen sexuellen Drang zu haben. Mit der Zeit bürgerte sich ein seltsames Ritual zwischen uns ein. Konnte ich es vor Gier kaum mehr aushalten, stellte ich ihr eine rote Rose auf den Schreibtisch. Kurz darauf fand ich in meiner Unterschriftenmappe eine Telefonnotiz: einundzwanzig Uhr bei mir. Nichts weiter. Kein in Liebe E., oder ein angedeutetes Herz, geschweige denn ein Satz wie: ich freue mich, oder ich sehne mich nach dir.

Wir trafen uns mit schöner Regelmäßigkeit in ihrer Wohnung. Sie wollte ihren Jungen nachts nicht alleine lassen und wir mussten warten bis er schlief, obendrein durften wir keinen Lärm machen um ihn nicht zu wecken. Gott sei Dank hatte das Kerlchen einen festen Schlaf und so stand er in all den Jahren nur ein einziges Mal weinend in der Tür und rieb sich schlaftrunken die Augen. Erika lebte in einer Zweieinhalbzimmer-Mansardenwohnung in der Fürstenrieder Straße, direkt unter dem Dach. Eine für Münchner Verhältnisse billige Genossenschaftswohnung aus den 60er Jahren mit einer knarzenden Stiege und dem muffigen Geruch von Sauerkraut und Bohnerwachs im Flur. Das schräge Dachfenster ließ sich nur zum Lüften öffnen, dann brandete der Lärm der vorbeischießenden Autos ohrenbetäubend ins Zimmer. Zur verabredeten Uhrzeit keuchte ich die Treppe hinauf, stand atemlos vor ihrer nur angelehnten Tür. Sie wartete im Wohnzimmer auf mich. Wir wechselten ein paar belanglose Worte. Sie holte aus der Anrichte zwei rosafarbene Schnapsgläser, schenkte sie bis zum Rand voll mit einem widerlich süßen Nusslikör, den sie vor langer Zeit einmal aus Italien mitgebracht hatte und den sie seit dieser Zeit immer wieder nachkaufte. Hoffentlich nicht für mich, denn ich fand das pappige Gebräu scheußlich. Weiß der Teufel, welche Erinnerungen der Likör in ihr weckte. Es kostete mich einige Überwindung den alkoholisierten Zucker hinunterzuwürgen ohne das Gesicht zu verziehen und so zu tun als schmecke mir der Schnaps. So hatte auch dieses Vergnügen seinen wenn auch geringen Preis. Sie zündete sich eine Mentholzigarette an, inhalierte ein paar Züge.

„Wollen wir?“

Ich nickte. Sie erhob sich, trotz ihrer Leibesfülle erstaunlich behände, klappte die Schlafcouch auf und schichtete die Polster sorgfältig neben dem Bett auf. Der Glimmstängel hing noch in ihrem Mundwinkel, während sie ein frisches Badetuch aus dem Schrank fischte und über der Liegestatt breitete. Alles in ihrer Wohnung wirkte billig. Sie legte keinen Wert auf irgendwelchen Schnickschnack, sauber zwar aber mit dem Geruch von Kernseife. Ab und zu fragte ich mich, was ich eigentlich bei ihr wollte. Sie drückte den Zigarettenstummel in den Aschenbecher, kleidete sich langsam aus, faltete Rock und Bluse ordentlich zusammen, legte sie über die Sessellehne. Am Anfang unserer Liaison hatte mich dieser Striptease noch erregt, doch inzwischen sah ich kaum mehr hin. Nackt stand sie vor mir, im Laufe der Jahre ein wenig aus dem Leim gegangen. Es schien sie nicht zu stören. Sie dimmte das Licht herunter und drapierte sich auf dem Bett, die kräftigen Schenkel auseinandergespreizt. Es kam ihr nicht in den Sinn, dass es auch andere Stellungen, als den Missionar geben könnte und ich fühlte mich nicht berufen ihr etwas Neues beizubringen. Der Sex mit ihr war eine unverzichtbare Notlösung ähnlich dem monatlichen Gang zum Frisör, mehr nicht. Sie tat mir leid in ihrer nackten, verwelkenden Schönheit. Hatte sie mich anfangs noch animiert, so missbrauchte ich sie schon seit Jahren nur noch zur Triebabfuhr. Manchmal kam ich mir schäbig dabei vor. Ihr aber schien es nichts auszumachen, dass ich sie schlecht behandelte.

Ich bohrte mich in sie. Sie ließ es über sich ergehen, ohne einen Laut des Missfallens oder ein erregtes Stöhnen. Ihre Augen starrten ungerührt durch mich hindurch, durch die Decke und durch das Dach bis in den Himmel. Des Öfteren machte mich ihre Teilnahmslosigkeit wütend und ich stieß besonders hart zu, wollte wenigstens einen Schmerzenslaut aus ihr herauspressen. Ich biss sie in den Busen, wohl wissend, dass sie tagelang unter den blauen Flecken zu leiden hatte.

Aber sie, die Unnahbare, zeigte keinen Schmerz. Ich zweifelte, ob sie überhaupt Gefühle dabei empfand. Oder wollte sie mir diesen Triumph nicht gönnen? Bewahrte sie sich auf diese seltsame Weise ihr letztes Quäntchen Würde? Im Laufe der Zeit wurde der Sex mit ihr unmerklich so erotisch wie das Diktat eines juristischen Schriftsatzes. Trotzdem wollte ich nicht von ihr lassen. Entsprach diese Art von Beischlaf nicht genau meinen Vorstellungen? War es nicht das, was ich verzweifelt suchte? Sex ohne jede Verpflichtung.

Wälzte ich mich schweißgebadet von ihrem massigen Leib, zündete sie sich als erstes eine Zigarette an. Die Glut leuchtete im Halbdunkel wie ein verängstigtes Glühwürmchen. Wir sprachen nicht. Still rauchte sie während ich meine Sachen zusammenklaubte und in Hemd und Hose schlüpfte.

„Bis morgen“, murmelte ich.

Sie lag wie versteinert, auseinandergeflossen, antwortete nicht, folgte mir nur wachsam mit ihren Rauschgoldengelaugen. Ich zog die Wohnungstüre leise hinter mir zu. Warum nur spürte ich nach dem Sex mit ihr immer so ein mieses Gefühl in der Magengegend. Bei meinen anderen nächtlichen Abenteuern erlebte ich das nicht. Da schlug mich der Reiz des Neuen, des Flüchtigen in seinen Bann. Suchte ich vielleicht tief in meinem Inneren doch noch nach etwas anderem? Allein wonach ich suchte, dass wusste ich nicht.

Im Büro riefen wir uns mit Nachnamen.

Heiße Tage - liebestolle Nächte

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