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PT-1: »Absolute innere Ruhe«
ОглавлениеDer Zustand »absoluter innerer Ruhe« ist nach Albrecht durch das Erleben umfassender innerer Ruhe, Leere und Zeitlosigkeit gekennzeichnet. »Wenn die Versunkenheit zum Gegenstand der Innenschau wird, ist sie eine allumfassende Einheit, deren Einzelelemente, nämlich die absolute Leere, die absolute Ruhe und die Zeitlosigkeit nicht mehr zu unterscheiden sind« (Albrecht, 1990, S. 223).
Im »Hui Ming Ging«, dem »Buch von Bewußtsein und Leben« des taoistischen Mönchs Liu Hua Yang aus dem Jahr 1794 findet sich die Schilderung eines solchen Zustands tiefer innerer Ruhe.
Die leere Unendlichkeit
Ohne Entstehen, ohne Vergehen,
ohne Vergangenheit, ohne Zukunft.
Ein Lichtschein umgibt die Welt des Geistes.
Man vergißt einander, still und rein, ganz mächtig und leer.
Die Leere wird durchleuchtet vom Schein des Herzens des Himmels.
Das Meerwasser ist glatt und spiegelt auf seiner Fläche den Mond.
Die Wolken schwinden im blauen Raum.
Die Berge leuchten klar.
Bewußtsein löst sich in Schauen auf.
Die Mondscheibe einsam ruht.
(Aus: Wilhelm & Jung, 1986, S. 158)
In der mystischen Literatur finden sich ähnliche Beschreibungen eines solchen Zustands, z. B. die »sancta indifferentia« der christlichen Quietisten (zit. nach Albrecht, 1990, S. 224), die »stille Einöde, wo niemand zu Hause ist« von Meister Eckhart (1919; zit. nach Albrecht, 1990), die »Weite, die weder Bild noch Form noch Weise hat« (Johannes Tauler, 1923; zit. nach Albrecht, 1990). Zur Veranschaulichung dieses Zustands zieht Albrecht die Beschreibung der vier Bewusstseinsstufen des »Jhâna« im Buddhismus heran (Albrecht, 1990, S. 226–229). Weitere Beschreibungen solcher außergewöhnlichen Bewusstseinszustände finden sich im Alltag (Roberts, 1982; Wren-Lewis 1988, Bock, 1991; Wilber, 1991), bei Entspannungsübungen (z. B. Schultz, 1991) und in unterschiedlichen religiösen Traditionen.
Eine theoretische Erklärung für das Erleben der Zeitlosigkeit liefert die holonome Theorie, die von Karl Pribram und David Bohm auf der Grundlage der Quantenphysik entwickelt wurde. Danach ist das Erleben von Zeitlosigkeit als Resultat des Zugangs zur »spectral domain« (Pribram, 1991, S. 272–273) zu interpretieren; in diese Domäne sind Zeit und Raum »eingefaltet« (Bohm, 1998; Weber, 1987). In jüngerer Zeit gibt es Untersuchungen zu hirnphysiologischen und möglicherweise genetischen Grundlagen eines solchen Zustands (z. B. Hamer, 2004, Ott, 2010).