Читать книгу Schloss der dunklen Leidenschaft | Erotischer SM-Roman - Angelique Corse - Страница 4
ОглавлениеKapitel 1
Mit einem lauten Knall fiel die Tür hinter ihr ins Schloss. Normalerweise hätte Celina sich für ein derartiges Verhalten geschämt, aber heute Abend war sie schlicht zu wütend, um solche Empfindungen zuzulassen. Ihr Schmuck erfuhr dieselbe Behandlung. Obwohl es sich dabei um teure Erbstücke ihrer Urgroßmutter handelte, riss sie die Kette und den Ring unsanft von Hals und Finger und warf alles in die nächstbeste Ecke. Ob der Schmuck dadurch kaputtginge oder nicht, spielte für Celina im Augenblick keine Rolle. Ihre Sinne waren einzig und allein von Zorn beherrscht. Halb ausgezogen setzte sie sich auf ihr Bett, ballte die Hände zu Fäusten und schlug auf die Matratze ein.
Wie konnten ihre Eltern nur so etwas Hinterlistiges tun? Sie schüttelte erbost den Kopf. Ihr Verhalten reichte weit über ihren persönlichen Horizont hinaus und war mit Intelligenz nicht zu verstehen. Vielleicht brauchte man dafür eher Stumpfsinn, Abgebrühtheit oder auch Gier. Selbstverständlich wusste sie, dass es mit dem Geld ihrer Familie nicht zum Besten stand, obwohl darüber so gut wie möglich geschwiegen wurde. Aber Celina war kein kleines Mädchen mehr, sondern eine junge Frau von zwanzig Jahren und nebenbei mit Scharfsinn gesegnet. Es war schwierig, ihrer Neugierde auszuweichen oder sie mit undurchsichtigen Erklärungen abzuspeisen, sehr zum Leidwesen ihrer Mutter.
Celinas Wut schwoll erneut an. Sie presste die Lippen zusammen, um sich zu beruhigen, was jedoch nur begrenzt half. Warum zum Teufel sollte Celina sich für ihre Eltern oder vielmehr für die Sünden ihres Vaters opfern? Schließlich war es nicht ihre Schuld, dass sich die Weltordnung in den dreißig Jahren seit der Französischen Revolution grundlegend verändert hatte.
Die Hoffnung wohlhabender Familien, dass nach dem »kurzen Sturm« wieder alles seinen gewohnten Gang gehen würde, hatte sich nicht erfüllt. Im Gegenteil – die einfachen Leute bekamen Rechte, die sie verbissen und notfalls mit juristischer Gewalt durchsetzten. Für die reichen Familienclans, von denen sich nicht wenige noch immer als Stellvertreter Gottes auf Erden sahen, war es keine einfache Situation. Sie hatten ihren Status verloren und würden ihn in diesem Leben nicht mehr zurückerhalten.
Nur einige wenige, die Celina insgeheim bewunderte, trugen die neuartige Lage mit Fassung und versuchten, durch Gespräche Kompromisse mit ihren Arbeitern und Bauern zu finden. Was nicht selten funktionierte. Andere wiederum – und dafür war ihr Vater ein hervorragendes Beispiel – zerbrachen an der vermeintlichen Bürde, nicht länger Herrscher zu sein, und suchten Ablenkung in allen möglichen Dingen.
Alvin von Großmut hatte, zum Verdruss von Celina und ihrer Mutter, das Glücksspiel gewählt und war diesem mehr und mehr verfallen. Alle Versuche, ihn durch Gespräche oder Argumente zur Vernunft zu bringen, scheiterten kläglich und endeten oft in erbittertem Streit. Manchmal beschlich Celina auch der Verdacht, dass ihr Vater die Mutter schlug, wenn er zu tief ins Weinglas geschaut hatte. Bei Celina selbst hatte er Derartiges zum Glück noch nicht versucht.
Celina hasste ihn aus tiefstem Herzen dafür, dass er sich einem fatalen Laster hingab und infolgedessen die ganze Familie tyrannisierte. Vor allem jedoch, weil er das durch Erbschaft und geschickte Anlagen mühsam zusammengesparte Vermögen, das ihnen in diesen unsicheren Zeiten noch einen gewissen Wohlstand sicherte, nach und nach verschwenderisch ausgab. Wie Sand rieselte es zwischen seinen Fingern hindurch und Alvin von Großmut tat nichts, um das drohende Unglück abzuwenden. Celina ballte die Hände zu Fäusten. Sie konnte sich noch sehr gut an jenen Augenblick erinnern, an dem ihre Mutter mit sorgenvollem Gesicht in ihr Zimmer gekommen war.
Normalerweise mochte Celina es nicht, wenn jemand ohne Warnung ihr kleines Reich betrat, auch weil sie gerade noch eines der verbotenen Bücher hatte verstecken können. Doch ein kurzer Blick in die Augen ihrer Mutter hatte ausgereicht, um zu spüren, dass etwas nicht stimmte. Obwohl sie erst fünfundvierzig Jahre alt war, hatte Caroline von Großmut schwerfällig wie eine alte Frau in einem der Sessel Platz genommen.
Celina musterte ihre Mutter unruhig. Täuschte sie sich oder bildeten sich erste Fältchen um die blaugrauen Augen? Normalerweise strotzte sie vor Kraft und Lebensfreude. Warum hatte dieser Zustand sich so schlagartig geändert? Was war geschehen?
Caroline schien die Gedanken ihrer Tochter zu hören und räusperte sich, ehe sie Celina bat, sich ihr gegenüberzusetzen. Celina gehorchte mechanisch, die Spannung ließ ihr den Atem stocken. Zum ersten Mal erzählte Caroline ihr die ganze bittere Wahrheit, ohne Ausflüchte oder Verharmlosung.
»Dein Vater hat nahezu unser gesamtes Vermögen verspielt. Unsere Familie steht kurz vor dem Ruin.«
Celina fühlte sich, als würde ihr jemand den Boden unter den Füßen wegziehen. Ruin? Ihre alteingesessene Familie bankrott? Das konnte nicht sein. Die Ländereien und zahlreichen Erbstücke waren selbst heutzutage fast unbezahlbar. Wie war das möglich? Was hatte Alvin getan?
»Spielsucht ist schlimmer als der Teufel in Person und weitaus zerstörerischer.« Caroline hob den Kopf, ihre Augen schienen seltsam leer. »Dein Vater hat es geschafft, fast unseren gesamten Besitz zu verkaufen oder zu verpfänden, selbst die kostbaren Juwelen unserer Vorfahren. Jene hat er wahrscheinlich unter Wert angeboten, sonst hätte sie niemand gekauft – alles, was an frühere Zeiten oder an die Aristokratie erinnert, ist doch eher ein Makel.«
Celina erstarrte. Niemals hätte sie gedacht, dass die Spielsucht des Vaters so schlimm war. Natürlich bekam Celina mit, dass Alvin oft gereizt und übellaunig war, auch zeichneten sich die ersten Spuren des Alkoholgenusses ab. Doch wer rechnete mit so etwas? Sie zwang sich, ruhig sitzen zu bleiben und ihrer Mutter zu lauschen, obwohl ein Teil von ihr zum Vater laufen und ihn schütteln wollte.
»Wir haben Glück«, fuhr ihre Mutter fort, obwohl sie Celinas Anspannung bemerkte. »Unsere Dienerschaft ist verschwiegen und absolut loyal. Deswegen ist unser guter Name bis jetzt von Schande verschont geblieben …« Caroline stockte und musterte ihre Tochter. »Er ist die einzige Karte, die wir noch ausspielen können.«
Celina schaute zu Boden. Sie ahnte, was das bedeutete. »Was meinst du damit?«, erkundigte sie sich in der Hoffnung auf einen Irrtum.
»Du musst so schnell wie möglich heiraten, Celina. Eine Verbindung mit einem wohlhabenden Mann ist der einzige Ausweg.«
Celina lief ein Schauer über den Rücken. Sie hatte schon befürchtet, dass so etwas kommen würde. Trotz allen fortschrittlichen Denkens war Heirat für eine Frau nach wie vor die beste Möglichkeit, sich ein finanzielles Auskommen zu sichern – besonders wenn die Familie in Schwierigkeiten steckte.
Man munkelte zunehmend, dass Celina als alte Jungfer enden würde, da sie in ihrem »fortgeschrittenen Alter« noch immer keinen Heiratsantrag bekommen hatte. Zwar tat die Mutter ihr Bestes, um das abwehrende Getuschel von Celina fernzuhalten, doch die Worte, die sie durch Zufall hörte, reichten vollkommen aus. Ärgerlich war nur, dass es Celina untersagt war, sich verbal zu wehren. Frauen hatten zu schweigen, besonders in ihren gehobenen Kreisen. Celina grub ihre Zähne in die Lippen, bis das Blut hervorquoll. Sie brauchte eine Weile, um das Gesagte zu verdauen.
Eigentlich hatte sie gehofft, dass der Kelch namens Ehe noch einige Zeit an ihr vorüberziehen würde. Nicht, dass Celina etwas gegen einen Mann an ihrer Seite gehabt hätte. Nur sollte diese Verbindung auf Augenhöhe stattfinden und nicht in ein Unterordnungsverhältnis münden, wie es derzeit als selbstverständlich angesehen wurde. Beim Gedanken daran, unter dem Pantoffel ihres Gatten zu stehen und von diesem getreten zu werden, sträubte sich alles in ihr. Außerdem müsste sie sich dann mit Sicherheit von ihren geliebten Büchern trennen. Doch nun gab es wohl keine andere Möglichkeit.
Celina schluckte. Sie brauchte eine Weile, um den Blick ihrer Mutter zu erwidern. Ihrer Tochter gegenüber diese Bitte zu äußern, hatte Caroline sichtlich Überwindung gekostet, zumal ihr Celinas Einstellung zum Thema Ehemann bekannt war.
»Reicht das Geld noch für eine entsprechende Garderobe?«, fragte sie beiläufig, um nicht zu schweigen. »Wenn ich Bälle besuchen soll, kann ich nicht jeden Abend dasselbe Kleid tragen.«
»Glücklicherweise gibt es Strümpfe«, sagte Caroline und zwinkerte ihr verschwörerisch zu. »Sie sind nicht nur angenehm zu tragen, sondern auch gut dafür, um Dinge zu verstecken. In ihnen habe ich heimlich Geld gespart.«
Celina lächelte, doch der Aufruhr in ihrem Innern ließ sich nicht beruhigen.
***
Zwei Tage später machten Caroline und sie sich auf den Weg zur Schneiderin, während der Vater daheim wieder einmal seine Pflichten verschlief. Gewaltsam hatte Celina den Impuls unterdrücken müssen, ihm eine Ohrfeige zu geben. Nur Alvin und seine Schwäche waren an allem schuld. Für gewöhnlich liebte Celina es, neue Kleider zu kaufen, den unbekannten Stoff auf ihrer Haut zu spüren. Doch diesmal hatte es einen fahlen Beigeschmack. Ihr Leben befand sich im Wandel und würde schon bald nicht mehr dasselbe sein.
***
Am nächsten Abend fand der erste Ball der Saison statt. Celina hoffte, man würde ihr den emotionalen Zwiespalt nicht allzu deutlich anmerken. Vor Kurzem hatte sie gelesen, dass jeder Mensch seine Empfindungen bis zu einem bestimmten Grad nach außen trage – bewusst oder unbewusst. Soweit Celina das beurteilen konnte, war das bei ihr aber nicht der Fall.
Im Gegenteil: Als sie den Saal betrat, folgten ihr einige verwunderte, aber auch neidische Blicke und ihre Tanzkarte war innerhalb von einer Stunde voll. Woran das lag, konnte Celina nicht sagen. Zweifelsohne war sie eine strahlende Erscheinung. Das neue Kleid aus blauem Samt betonte ihre zierliche Figur und harmonierte außerdem perfekt mit ihren roten Haaren. Jene empfand Celina eher als Makel, auch weil es ihr den Beinamen »Hexe« eingebracht hatte. Ihr Verstand spottete heimlich darüber. Aberglaube schien selbst in diesen Tagen noch eine Rolle zu spielen.
Bis zum Schluss hatte Celina sich erfolglos gegen das Korsett gesträubt. Sie hasste das Gefühl, eingeengt zu sein und unter Atemnot zu leiden. Aber Caroline hatte sich in diesem Punkt unerwartet energisch gezeigt.
»Du willst doch einen Ehemann finden, oder nicht?«, hatte sie gefragt und dabei die Schnüre immer enger gezogen, sodass Celina fast die Luft wegblieb. »Also musst du zeigen, was dein Körper zu bieten hat. Oder glaubst du, die Männer legen Wert auf Intelligenz und Rhetorik? Nein. Zuallererst sehen sie dein äußeres Erscheinungsbild und das muss für unsere Zwecke perfekt sein. Außerdem sind Frauen nicht zum Denken geschaffen. Sie sollen heiraten, ihrem Mann den Haushalt führen und ihm Kinder gebären. Das ist die Aufgabe der Frau.«
Celina verzog bei dieser absurden These das Gesicht. Sie konnte einfach nicht glauben, dass Mädchen dafür geboren wurden, um früher oder später als Milchkuh für ihre Babys zu enden. Es musste doch noch etwas anderes geben.
Nur mit Mühe schaffte Celina es, diesen Gedanken aus ihrem Kopf zu verdrängen. Sie war hier, um nach einem reichen Ehemann Ausschau zu halten, der ihre Familie vor der Schande bewahren konnte. Celina straffte die Schultern und schritt entschlossen in Richtung des Buffets. Ein Glas Champagner würde ihr guttun.
Wenige Minuten später perlte das leicht bittere Getränk ihre Kehle hinunter und Celina spürte, wie ihre Steifheit langsam, aber sicher verschwand. Erstmals an diesem Abend huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Vielleicht würde es doch ganz aufregend werden. Ohne Scheu erwiderte Celina die Blicke der zahlreichen Männer, welche an ihr vorübergingen. Es gab ältere, an deren Schläfen bereits die ersten weißen Strähnen glänzten, und jüngere, die kaum älter sein konnten als sie selbst.
Merkwürdigerweise blieben die Augen der älteren immer einige Wimpernschläge länger an ihr hängen, wobei sie offensichtlich vorwiegend auf ihren Busen starrten. Schamesröte durchzog Celinas Wangen und sie verfluchte ihre Mutter für den Zwang, das Korsett tragen zu müssen. Nicht nur, dass Celina es verabscheute, es spiegelte auch genau das wider, was sie eben nicht sein wollte. Sie atmete, so gut es ging. Stumm vor sich hin zu fluchen hatte wenig Sinn, sie musste das Beste aus der Situation machen.
In einer Pause zwischen Handküssen und Kopfnicken griff Celina eilig nach ihrer Tanzkarte. Hoffentlich war diese nicht von alten Säcken beherrscht, in diesem Fall würde sie sofort gehen. Schon die Vorstellung möglicher vermeintlich zufälliger Berührungen ließ sie erschauern. Doch es waren, soweit Celina erkennen konnte, überwiegend junge Männer, die um das Vergnügen buhlten, mit ihr tanzen zu dürfen.
Ein erleichterter Seufzer glitt über ihre Lippen. Die erste negative Hürde auf dem Heiratsmarkt schien erfolgreich überwunden. Denn so heikel und ausweglos ihre Lage auch war – Celina zog ein Leben in Armut einer Ehe mit einem dreißig Jahre älteren Mann vor. Auch wenn sie das Caroline niemals sagen würde. Doch in so einer Verbindung wäre sie niemals mehr als eine mit Ehering geschmückte Hure, einzig und allein dafür zuständig, das verstaubte Bett ihres Mannes zu wärmen.
Die Musiker spielten zum Tanz und Celina erhob sich vom Diwan. Kaum hatte sie das getan, war sie von sechs jungen Männern umringt, die ihr Recht auf einen Tanz einfordern wollten. Celina reichte ihnen willig die mit Spitze bedeckte Hand, obwohl ihr Lächeln nur zum Teil echt war. Ihre Partner waren attraktiv, nach der neuesten Mode gekleidet und von gepflegter Erscheinung. Trotzdem hatte Celina das Gefühl, als würde jeder Einzelne von ihnen sie auf ihr Erscheinungsbild und insbesondere auf ihre hervorgehobene Weiblichkeit reduzieren. Natürlich versuchten sie aus Höflichkeit, den Blick auf ihre Augen oder ihr schmales Gesicht zu richten. Doch Celina spürte, dass die Augen ihrer Gegenüber wie aus einem inneren Zwang heraus immer wieder zu ihrem Dekolleté schweiften. Ebenso waren die Griffe um ihre Taille fester als nötig.
Celina konnte sich lebhaft vorstellen, dass die Herren gern anderes tun würden, als sich nur im Takt der Musik zu bewegen. Obwohl sie nicht prüde war und über eine Menge theoretisches Wissen diesbezüglich verfügte, spürte Celina ein starkes Unbehagen. Trotz der tadellosen Fassade machten diese Männer den Eindruck, als würden sie sie am liebsten sofort ins Bett holen oder schlimmer noch in der nächsten unbeobachteten Ecke verführen. Keiner setzte sich zu ihr oder versuchte, eine Unterhaltung zu beginnen, obwohl ihr Interesse offensichtlich war.
Nach dem gefühlt hundertsten Mal hatte Celina genug. Erschöpft ließ sie sich in die mit Satin bezogenen Kissen sinken und spielte gedankenverloren mit einer Haarsträhne. Verzweifelt versuchte sie, die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Zwar hatte Celina gewusst, dass bei einer schnellen Verlobung körperliche Reize eine große Rolle spielten, aber dass die Männer sie ansahen wie ein Stück Fleisch, welches man ohne nachzudenken billig erwerben konnte, ging entschieden zu weit.
Celina ballte die Hände zu Fäusten und rief sich selbst zur Ordnung. Ihre schlechte Situation erforderte bedingungslose Anpassung. Sie musste einen Ehemann finden, um jeden Preis. So unauffällig wie möglich tupfte Celina sich die Schweißperlen von der Stirn und versuchte, ruhig zu bleiben.
Plötzlich fuhr Celina wie vom Blitz getroffen zusammen. Sie spürte einen intensiven Blick auf sich. Doch dieser Blick fühlte sich anders an als die übrigen an diesem Abend. Sie spürte Finsternis, Gier, aber auch eine gewisse Erhabenheit. Sie schluckte. Ihre Nackenhaare stellten sich reflexartig auf, als spürten sie ihre Angst. Wer beobachtete sie? Und wo befand sich derjenige? Obwohl Celina gezwungen war, ihre Haltung unverändert beizubehalten, ließ sie ihren Blick so unauffällig wie möglich durch den weiträumigen Saal wandern. Alles, was sie sah, waren Öllichter, Kerzen und Fackeln, die alles in ein leicht gebrochenes Licht tauchten. Nebenbei schwirrten die zahlreichen Gäste angeregt umher, junge Dandys und Männer jedes Alters. Erstere tanzten und schwatzten, während Letztere sich bevorzugt dem Genuss von Brandy und Zigarren widmeten.
Wenn sie nicht gerade auf Brüste starren, dachte sie zynisch.
Celinas Herzschlag beruhigte sich ein wenig, doch eine gewisse Unruhe blieb. War das Ganze vielleicht nur Einbildung?
Auf einmal hatte Celina das Gefühl, als stünde der Beobachter direkt hinter ihr. Sein kalter Atem streifte ihren Rücken. Gleich würde er sie von hinten packen. Blut schoss in Celinas Wangen und alles in ihr schrie danach, sich umzudrehen. Aber sie wagte es nicht – aus Furcht, sich lächerlich zu machen. Schließlich war es nicht einmal sicher, ob dieser Fremde überhaupt existierte.
Celina räusperte sich und griff hinter sich nach ihrem Jäckchen. Sie hatte einen Entschluss gefasst. Mit schnellen Schritten flüchtete sie aus dem Ballsaal, ohne nach links oder rechts zu schauen. Die Angst jedoch blieb, sogar dann, als die Mietkutsche sie wohlbehalten ins Elternhaus gebracht hatte.
Immer noch ängstlich zog sie sich in ihr Zimmer zurück. Was würde Caroline dazu sagen, dass Celina den Ball so überstürzt und ohne Gruß verlassen hatte? Die junge Frau kannte ihre Mutter gut genug, um zu wissen, dass diese ihr keine Vorwürfe machen würde. Aber die Enttäuschung in ihrem Blick zu sehen, war fast noch schlimmer, auch weil die Zeit erbarmungslos davonflog. Sie wollte sich gar nicht vorstellen, wie viel Geld Alvin verspielt hatte, während seine Tochter alles versuchte, um die Familie zu beschützen.
Celina stieß einen langen Seufzer aus und kniete sich auf ihr einfaches Bett. Träumerisch wanderte ihr Blick hinaus zum Mond, dessen silbernes Licht ihr Gesicht streichelte. Schon früh hatte sie sich gewünscht, so frei zu sein wie er. Die Menschen zu beobachten, um die Welt zu reisen und dabei vielleicht Wissen zu erlangen, das noch niemand besaß. Celina blinzelte die aufsteigenden Tränen fort und hoffte, dass ihre Träume nicht unwiderruflich der Vergangenheit gehörten.
Du belügst dich selbst, schallte die Vernunft durch ihren Kopf. Das Leben als Ehefrau endet mit dem Tod. Es sei denn, er macht dich zur Witwe.
Energisch versuchte Celina, ihre Gedanken auf etwas anderes zu richten, und erinnerte sich unwillkürlich an den beschämenden, sonderbaren Vorfall im Ballsaal. Jenes Gefühl jagte noch immer eine Gänsehaut über ihren Körper. An eine Einbildung glaubte sie mittlerweile nicht mehr. Jemand hatte sie beobachtet, dessen war Celina sich ganz sicher.
Doch es hatte sich nicht schmierig und vulgär angefühlt wie bei den anderen Männern des Abends, sondern finster, geheimnisvoll und verführerisch. Diese Tatsache löste, wie Celina erst jetzt spürte, ein starkes Prickeln in ihr aus. Etwas Derartiges kannte sie nicht, höchstens vielleicht von ihren nächtlichen Streifzügen in die Bibliothek und vom Genuss verbotener Bücher.
Wild schüttelte Celina den Kopf. Aber es war zu spät. Wie von selbst lehnte ihr Oberkörper sich nach vorn, sodass ihre Brüste kurzzeitig das Fensterbrett streiften. Obwohl diese noch immer durch das eng geschnürte Korsett verhüllt waren, richteten die Nippel sich sofort auf und entlockten ihr einen Seufzer. Ohne es richtig zu merken, leckte Celina sich über die Lippen und ihre Hände begannen, an den Außenseiten ihrer Oberschenkel entlangzustreichen.
Mit jeder einzelnen Bewegung kehrten Celinas Gedanken zu dem Unbekannten zurück. Wer er wohl war? Da sie sein Gesicht nicht kannte, hatte ihre Fantasie freien Lauf. Lange, schwarze Haare, ovales, leicht kantiges Gesicht. Seine Augen konnte sie nicht erkennen, da er hinter ihr auf dem Bett kniete. Sein kühler Atem glitt über ihren Rücken, während eine Hand nach ihrer Schulter griff.
»Du wolltest heute Abend fliehen.« Die männlich tiefe, lockende Traumstimme ließ Celina zusammenzucken. Es war das Angenehmste, was sie seit langer Zeit gehört hatte. »Aber es wird dir nicht gelingen.«
Eine Gänsehaut rieselte über Celinas Körper, während das Trugbild mit kräftiger Hand über die Schnürung rieb, ohne diese jedoch zu öffnen. Sie stieß einen unwilligen Laut aus, was ihn auflachen ließ.
»Du möchtest aus deinem Gefängnis heraus, nicht wahr?«
Celina nickte stockend und vergaß beinahe, dass sich außer ihr selbst niemand im Zimmer befand.
»Nun, es liegt allein in deiner Hand, dich daraus zu befreien.«
Ein flüchtiger Kuss berührte ihren Nacken. Wie von Sinnen versuchte Celina, ihre Brüste herauszuheben, doch die massiven Stäbe hinderten sie daran. Mit jeder Bewegung schienen sie sich noch tiefer in ihre Haut zu drücken. Ärgerlich ballte Celina die Hände zu Fäusten und griff nach den Vorderhaken, um diese zu öffnen.
Caroline würde einen Schreikrampf bekommen, dachte sie, zumal das Kleidungsstück dabei zerbrechen könnte.
Aber Celina kümmerte sich nicht darum. Befreit stieß sie die Luft aus und sah zu, wie ihre Brüste wie reife Äpfel in ihre ursprüngliche Position zurückfielen. Sofort nahm Celina sie, streichelte sanft über weiche, etwas kühle Haut, fasste anschließend die Brustwarzen, um sie erneut zu stimulieren. In Sekundenschnelle verhärteten sie sich, wurden sensibler und die Haut darum kräuselte sich. Celina fokussierte ihre Gedanken auf den Unbekannten und für einen Moment waren es nicht ihre, sondern seine Hände, die das Feuer immer mehr entfachten. Selbst die Kälte in ihrem Zimmer spürte Celina nicht mehr. Sie strich sich über die Arme, erkundete jeden Zentimeter ihres Körpers und knetete ihre Pobacken. Einen Wimpernschlag zögerte Celina. Sie gierte nach mehr, doch war es richtig?
»Tue es.« Der Befehl aus den Tiefen ihrer Fantasie traf sie wie ein Schlag, der sie aufstöhnen ließ. »In einsamer Lust, so lange es dem eigenen Vergnügen dient.«
Celina wusste zwar nicht, was er damit meinte, gab sich selbst jedoch winzige Klapse und streckte ihren Po unbewusst nach hinten. Das Jauchzen in ihrer Kehle unterdrückte sie gerade noch rechtzeitig. Nicht auszudenken, wenn ihre Mutter sie erwischte.
Celina spreizte die Beine so weit wie möglich auseinander. Eine kurzweilige Pause verschaffte nur der Luftzug, der geradewegs auf ihre erhitzten Schamlippen fiel. Sie spürte die einzelnen Tröpfchen, welche in den rötlichen Locken ihrer Schamlippen warteten. Celina teilte ihre Schamlippen, benetzte den Zeigefinger mit jener farblosen Flüssigkeit, welche die Innenseiten überzogen hatte, und rieb über ihre geschwollene Klit.
Ein leichter Schmerz durchfuhr sie, die flüchtigen Berührungen reichten bei Weitem nicht aus, um sie wirklich zu befriedigen.
Wie schön wären jetzt zusätzliche Hände oder auch ein Gegenstand.
Celina wusste nicht, woher dieser Gedanke kam, und errötete bis in die Haarspitzen. Von irgendwoher erklang das schelmische Lachen ihres Traumbildes. Doch für einen Abbruch des lustgetränkten Spieles war es zu spät. Ihre Erregung stieg, die Hitze verschlang sie regelrecht. Ihre Bewegungen wurden schneller, heftiger, ungestümer … und dann endlich entlud sich ihre Lust im Höhepunkt.
Minutenlang blieb Celina regungslos auf dem Bett liegen. Es erschien ihr wie eine Ewigkeit, bis ihr Herzschlag sich wieder normalisierte. Das verführerische Trugbild und ihre eigene Lust verschwanden viel zu schnell. Mit diesem bittersüßen Gefühl schlief Celina ein.