Читать книгу Schloss der dunklen Leidenschaft | Erotischer SM-Roman - Angelique Corse - Страница 5
ОглавлениеKapitel 2
Am folgenden Morgen war die Stimmung noch immer düster. Nicht nur, dass das Dienstmädchen Celina unsanft aus ihren Träumen riss, es stand auch noch eine unerwartete Einladung auf dem Tagesplan. Die junge Frau verdrehte die Augen, während sie pflichtschuldig ihre Morgentoilette machte. Es war nicht so, dass Celina etwas gegen Besuche einzuwenden hatte, zumal es sich bei dem heutigen um ihre Kinderfreundin Anne mit Familie handelte. Doch sie wollte einfach ihre Ruhe haben und mit niemandem reden.
Die Ereignisse des gestrigen Abends und besonders jene heiße Fantasie hingen Celina noch immer nach. Außerdem plagten sie heftige Kopfschmerzen, die beim Gedanken an Besuch sowie das noch ausstehende Gespräch mit ihrer Mutter merklich schlimmer wurden.
»So ein Mist.« Widerstrebend ließ Celina den Metallkamm durch ihre Haare gleiten. Der unruhige Schlaf hatte es deutlich verknotet und sie würde eine großzügige Menge Puder benötigen, um die dunklen Ringe unter ihren Augen zu verbergen. Gemäß dem Zeitgeist war starkes Make-up in ihrem Elternhaus verpönt, aber in diesem Fall würde sie eine Ausnahme machen. Ein Hauch von Rouge auf ihren Wangen sorgte ein paar Minuten später dafür, dass Celina sich wieder wie ein lebendiger Mensch fühlte, obwohl die Gedanken nicht schwiegen.
Im Gegenteil, ohne Unterlass rasten sie durch ihren Kopf und kreisten um die Frage, wie sie Caroline das plötzliche Verschwinden vom Ball erklären sollte. Gerüchte diesbezüglich hatten mit Sicherheit schon die Runde gemacht. Zuerst war Celina versucht gewesen, irgendeine Ausrede zu erfinden – vorübergehende Unpässlichkeiten waren nicht selten. Doch wie sie ihre Mutter einschätzte, würde diese sich akribisch genau beim Gastgeber erkundigen und es gab ausreichend Zeugen, die ihre Version widerlegen konnten. Welche Dame tanzte mit mehr als fünf Männern, wenn sie sich nicht wohlfühlte?
Celina nagte an ihrer Lippe. Dann musste eben die Wahrheit auf den Tisch, doch jene war noch absurder als die Krankheitsgeschichte. Celina hatte den Ball wie eine Diebin auf der Flucht verlassen, weil sie das Gefühl gehabt hatte, jemand würde sie gierig anstarren.
Rückblickend war das Ganze fast lächerlich, denn Celina hatte den Beobachter weder gesehen noch gab es irgendwelche Anhaltspunkte, dass er überhaupt existierte. Den Restverdacht einer überspannten Fantasie gab es nach wie vor. Sie schaute zu Boden. Wenn der Beobachter tatsächlich nur ein Produkt ihrer Einbildung gewesen war …
Celina konnte sich die Enttäuschung ihrer Mutter lebhaft vorstellen. Zwar würde Caroline gemäß ihrer Natur nicht laut oder gar ausfallend werden, aber die stummen Vorwürfe in ihrem Blick schmerzten fast mehr als ein handfester Streit.
Nur knapp unterdrückte Celina den Impuls, sich die frisch gekämmten Haare zu raufen. Auch weil sie sich bei dem flüchtigen Wunsch ertappte, der Fremde möge wirklich existieren.
Ein dünner Schweißfilm legte sich auf ihre Arme. Was zum Teufel dachte sie da? Sie hatte beileibe keine Zeit, nach einem Traumbild Ausschau zu halten. Die Rettung ihrer Familie stand an erster Stelle.
Zu Celinas Verdruss schlug ihr Herz sofort ein paar Takte schneller und ehe sie sich versah, fuhren ihre Hände erneut über die nackten Oberschenkel. Das weiße Leibchen, das sie heute anstelle eines Korsetts trug, bedeckte nur knapp ihren wohlgeformten Po. Celina zog die Luft ein, sie sollte das nicht tun … nein.
Doch ihr Körper schien anderer Meinung zu sein. Wie ferngesteuert erreichten ihre Hände die Innenseiten ihrer Schenkel und wagten es sogar, leicht zu kratzen. Jener dezente Schmerz entlockte Celina ein Stöhnen, obwohl die Vernunft nicht zögerte, sie über die Unmoral ihres Tuns zu belehren. Erbost schob Celina sie zur Seite und stellte sich stattdessen den Fremden vor.
Wieder stand dieser hinter ihr, betrachtete gönnerhaft ihre leicht unterwürfige Haltung, die durch die Reflexion im Spiegel noch verstärkt wurde.
»Na? Gefällt es dir, deine eigene Zuschauerin zu sein?« In seiner Stimme schwang eine gewisse Belustigung mit.
Celina hingegen hatte das Gefühl, als würde eine Flammenzunge durch ihre Adern rasen, auch wenn sie sich in Grund und Boden schämte und sich alles in ihr sträubte. Ja, es gefiel ihr, sich selbst zu betrachten, während ihr Körper sich verbotenen Fantasien hingab. Der Anblick ihrer erhitzten Haut, der erwartungsvoll zuckenden Brüste und ihrer feuchten Scham, die nach Befreiung lechzte.
»Das habe ich mir gedacht.« Celina konnte das schelmische Grinsen ihres Traumbildes regelrecht sehen.
Ohne die geringste Scheu streichelte er ihre Pobacken und kniff zwischendurch neckisch in das empfindliche Fleisch, woraufhin Celina leise quiekte.
»Hör … auf«, brachte sie stockend hervor und versuchte, sich ihm zu entziehen.
Aber der Fremde lachte nur und griff nach ihrer Hüfte, um eine Bewegung zu unterbinden. »Lüg mich nicht an«, raunte er und seine Hände strichen über ihre Wirbelsäule. »Dir gefällt, was ich tue, und du willst mehr … viel mehr.«
Celina presste die Lippen zusammen und schwieg. Sie hasste unangenehme Wahrheiten, doch ihr Trugbild hatte recht. Celina genoss dieses aus gesellschaftlicher Sicht abartige Spiel und hatte nichts dagegen, dass es noch weiterging.
Für den Bruchteil einer Sekunde liebkoste der Fremde ihre Wange. »Vertraue mir, ich kenne deine Seele.«
Viel zu schnell zog er die Hand zurück und Celina wimmerte protestierend.
»Was würdest du tun, wenn ich dein Leibchen noch ein Stück weiter nach oben schieben würde?« Sein Tonfall erinnerte sie an die Berührung von weichem Samt. »Danach würde ich zuerst deinen Rücken massieren, bis du dich entspannst. Anschließend würden sich meine Hände um deine Brüste legen und sie so lange streicheln, bis deine Nippel hart wären wie Stein.«
Celina fühlte sich, als würde sie in ihrer eigenen Hitze ertrinken. Niemals zuvor hatte jemand mit ihr über solche Dinge gesprochen, geschweige denn eine Erfüllung in Aussicht gestellt. Und nun brachte jener Fremde, der lediglich in ihrem Kopf existierte, ihr Blut so in Wallung, dass sie bereit war, alles mit sich geschehen zu lassen.
Celina bebte. Ihr Körper schrie nach Erlösung, das spürte sie deutlich. Aber sollte sie wirklich?
Ein lautes Rufen von unten zerriss die Fantasie und Celina fuhr ruckartig zusammen. Wie viel Zeit war vergangen? Sie wusste es nicht. Eilig schlüpfte Celina in ihr Kleid und legte noch ein wenig mehr Puder auf, um die verräterische Röte im Gesicht zu verbergen. Ihre schmerzhaft pochende Klit ignorierte sie, so gut es ging. Doch das beklemmende und gleichzeitig so angenehme Gefühl blieb.
Wie ein junges Reh eilte Celina die Treppe hinunter und ging ins Speisezimmer, wo bereits alles für das Frühstück gerichtet war. Als sie die Türschwelle überschritt, fuhr ihr ein winziger Stich ins Herz. Beim Anblick der reichlich bestückten, aufwendig dekorierten Tafel würde niemand auf die Idee kommen, dass die Familie in Geldnot steckte.
Celina schluckte. Ihre Eltern taten wirklich alles, um den alten Glanz irgendwie aufrechtzuerhalten. Es gab verschiedene Sorten Brot und Wurst, außerdem Fisch und Käse sowie kunstvoll aufgetürmtes Obst. Sie zweifelte nicht daran, dass die Getränkeauswahl ähnlich vielfältig sein würde. Wahrscheinlich hatten ihre Eltern es sogar geschafft, Trinkschokolade zu organisieren – ein sehr teures und trotz wachsender Industrialisierung noch immer seltenes Vergnügen.
Auch ein Blick in den Garten vermochte ihre Stimmung nicht zu heben. Zwar wurde dieser nach wie vor optimal gepflegt, doch einem aufmerksamen Blick entging nicht, dass neben den prachtvollen Blumen auch Unkraut wucherte.
»Guten Morgen, meine liebe Tochter.« Celina erwiderte Carolines sanfte Umarmung und musterte sie.
Auch die Mutter hatte für ihre Verhältnisse ungewöhnlich viel Puder aufgetragen. War ihre Nacht ebenso schlaflos gewesen? Eine Welle von Schuldgefühlen übermannte Celina und es kostete sie einiges an Selbstbeherrschung, sich nichts anmerken zu lassen. Im Laufe des Tages würde sie ihre Verfehlung beichten, doch jetzt war der falsche Zeitpunkt. Schließlich konnten ihre Gäste jeden Augenblick eintreffen.
»Wo ist eigentlich Vater?« In Carolines Tonfall lag eine unüberhörbare Sorge und Celina schnitt eine Grimasse.
Dass Alvin unfähig wäre, seinen gesellschaftlichen Pflichten nachzukommen, hätte sie sich denken können. Vermutlich hatte er wieder die halbe Nacht am Spieltisch gesessen. Celina wurde leicht unruhig. Was, wenn ihm etwas zugestoßen war? Und wie sollte sie Anne und ihren Eltern seine Abwesenheit erklären? Die Steins waren zwar über die Generationen hinweg treue Freunde und Geschäftspartner, dennoch wussten sie nur wenig über die Tragödie.
Caroline zuckte mit den Schultern, ihre Mimik verriet pure Resignation. Celina schmerzte es, ihre Mutter so erschöpft und traurig zu sehen. In dem ehemals rotblonden Haar zeichneten sich immer mehr graue Strähnen ab. Ihr Kleid war aus alten Roben geschneidert, die sie vermutlich irgendwo auf dem Dachboden gefunden hatte. Zwar konnte niemand behaupten, dass Caroline dieses Handwerk nicht beherrschte, aber ihr Kleidungsstil war alles andere als modisch. Am liebsten hätte Celina sie in den Arm genommen und getröstet, doch dafür blieb keine Zeit.
Ihre Mutter eilte in den Keller, um dort nach Alvin zu suchen. Manchmal, wenn ihr Vater von allem und jedem genug hatte, verschanzte er sich dort, verloren in Erinnerungen an alte Zeiten.
Sie kommen niemals mehr zurück. Wann begreift er es endlich, dachte Celina säuerlich, ballte die Hand zur Faust und machte sich auf, um im oberen Stockwerk nach ihrem Vater zu suchen.
Irgendwo musste Alvin ja sein, wenn er nicht infolge eines Weinrausches in den Fluss gestürzt war. Celina ertappte sich dabei, dass der Gedanke sie nicht unbedingt traurig stimmte. Der Verlust wäre zwar schmerzhaft, aber dafür würden alle Sorgen verschwinden.
Kaum hatte Celina einen Fuß auf die Treppe gesetzt, vernahm sie schwere Schritte von oben, die die hölzernen Dielen knarren ließen. Erschrocken wich Celina zurück. Was war das? Ein Geist? Sie schimpfte sich selbst eine dumme Gans, zumal wenige Sekunden später Alvin vor ihr stand. Entgegen Carolines und Celinas Erwartung wirkte er – zumindest auf den ersten Blick – sauber und gepflegt. Die halblangen, dunkelblonden Haare waren gewaschen, frisiert und der Anzug mit kariertem Hemd und brauner Jacke zeigte keine sichtbaren Flecken, sondern wirkte lediglich ein bisschen zerknittert.
Celina seufzte erleichtert. Sie hatte befürchtet, ihren Vater als Abbild eines Landstreichers vorzufinden. Nicht auszudenken, was dann geschehen wäre.
»Guten Morgen, Vater«, sprach sie so würdevoll wie möglich und deutete einen Knicks an.
Alvin schätzte es, wenn die übrigen Mitglieder des Hauses ihn nach wie vor als Oberhaupt sahen und entsprechend behandelten, obwohl er nur noch ein Schatten seiner selbst war. Das wurde bei näherem Hinsehen deutlich. Zwar hatte er es irgendwie geschafft, die gröbsten Spuren zu verdecken, aber die glasigen, grauen Augen sowie seine deutlich eingefallenen Wangen sprachen klare Worte. Celina schluckte, um den Schmerz ein wenig zu lindern.
»Guten Morgen.« Alvin lächelte und machte Anstalten, sie zu umarmen.
Zuerst wollte Celina reflexartig zurückweichen, auch weil eine bittere Fahne in ihr Gesicht stieg, besann sich jedoch eines Besseren. Jetzt einen Streit zu provozieren, wäre unklug.
»Du weißt, dass wir heute Besuch bekommen«, versuchte sie eine Unterhaltung.
»Natürlich weiß ich das«, schnitt Alvin ihr das Wort ab und in seinem Blick loderte Zorn. »Trotz allem bin ich noch nicht senil.«
Ach, wirklich nicht?, schoss es Celina durch den Kopf und sie schaute Alvin nach, der nun an ihr vorbeiging.
Um Punkt zehn Uhr verkündete ein Diener die Ankunft von Anne und ihrer Familie. Zum ersten Mal seit ihrem unkeuschen Tagtraum freute Celina sich aufrichtig. Sie kannte die Freundin bereits seit Kindertagen und ihre Verbindung hatte sich als unzerstörbar erwiesen, trotz aller Stürme und Eifersüchteleien in der Zeit des Heranwachsens. Auch Anne strahlte übers ganze Gesicht und zog Celina in eine herzliche Umarmung, die sofort erwidert wurde.
Zarter Fliedergeruch beruhigte Celinas angespannte Nerven und sie strich durch Annes blonde Haarpracht. Jene wies leichte Wellen auf und hatte ihr schon früh den Beinamen »Engel« eingebracht, wohingegen Celina mit Ausgrenzung zu kämpfen hatte. Aber Anne bewies schnell, dass ihr der Tratsch gleichgültig war, und stellte sich tapfer hinter ihre Freundin, wenn es zu schlimm wurde, obwohl sie nur wenig vor der heroischen Stärke eines Engels besaß. Im Gegenteil, sie war schüchtern, zurückhaltend und akzeptierte Regeln ohne Widerspruch. Aus diesem Grund war Celina nicht sicher, ob sie ihrer Freundin von ihrem Missgeschick auf dem Ball oder ihren erotischen Träumen erzählen sollte. Ihre Zweifel, ob Anne es verstehen würde, waren sicher berechtigt.
Energisch schob Celina den Gedanken zur Seite und setzte sich neben Anne an den Tisch. Als ihr Vater erschien, verdüsterte sich ihre Miene für einige Sekunden. Täuschte sie sich oder war der Weingeruch stärker geworden? Hoffentlich würde er sich benehmen und nicht beim kleinsten Anlass die Beherrschung verlieren.
Zunächst schienen Celinas Ängste unbegründet, man widmete sich dem köstlichen Essen und sprach über unverfängliche Themen wie Kleider, Schmuck oder die neuesten Nachrichten aus ihren Kreisen. Sie langweilte sich sogar ein bisschen und konnte nicht verhindern, dass ihre Gedanken sich dem Unbekannten widmeten. Celinas Hände zitterten, zumal ein Teil von ihr sich hartnäckig weigerte, an eine Illusion zu glauben.
»Das ist doch absurd«, murmelte sie so leise, dass es niemand hören konnte.
Ein lauter Knall und ein Ruck an der Tischplatte holten Celina aus ihren Grübeleien und ließen sie erschrocken zu ihrem Vater blicken.
Nein, flehte sie stumm. Bitte nicht.
Doch ein flüchtiger Blick reichte aus. Alvin hatte sich abrupt von seinem Stuhl erhoben und starrte Annes Vater an, als wäre dieser plötzlich zum Todfeind geworden. Der hagere Körper ihres Vaters war sichtlich angespannt und er machte Anstalten, sich auf sein Gegenüber zu stürzen. Der arme Mann hob abwehrend die Hände und seine fassungslose Miene verriet, dass er nicht wusste, wie ihm geschah.
»Wenn du noch einmal solchen Unfug redest, bist du in meinem Hause nicht mehr willkommen.« Alvins Tonfall ähnelte dem Zischen einer Schlange.
Celina verzog das Gesicht. Wahrscheinlich hatte Annes Vater eine unbedachte Äußerung bezüglich der politischen Lage gemacht. Allein deswegen würde ihr Vater so zornig werden. Für den Bruchteil einer Sekunde herrschte im Speiseraum gespenstische Stille. Aus den Augenwinkeln beobachte Celina, wie Caroline langsam auf ihren Ehemann zuging und die Hand auf seine Schulter legte. Ihr Lächeln schien, als bestünde es aus Eis. Gleichzeitig wechselte sie einen Blick mit Annes Mutter, die stumm nickte.
»Anne, Celina. Geht in den Garten.«
Ihre Stimme duldete keinen Widerspruch und die beiden gehorchten sofort, obwohl besonders Annes Mimik wie versteinert wirkte. Die Anspannung ließ erst nach, als die Freundinnen sich circa zehn Meter vom Haus entfernt auf den Rasen fallen ließen. Selbst Celina, welche die ganze Zeit über scheinbar gefasst gewesen war, wischte sich den Schweiß von der Stirn. Auch Anne brauchte ein paar Minuten, bis sie sich beruhigte. Sie starrte ihre Freundin an.
»Was um alles in der Welt ist mit deinem Vater los? So habe ich ihn noch nie erlebt.«
Ich schon, ergänzte Celina in Gedanken und nagte unruhig an ihrer Lippe. Es war nicht einfach, darüber zu sprechen, und besonders Anne gegenüber hätte sie sich gewünscht, es niemals tun zu müssen. Nun atmete sie tief durch und erzählte ihrer Freundin, was in den letzten Wochen und Monaten geschehen war. Selbst ihre verzweifelte Suche nach einem Ehemann verschwieg Celina nicht, lediglich über das gestrige Erlebnis verlor sie kein Wort.
»Bei der Vorstellung, mein Leben lang unter der Knute eines Mannes zu stehen, der mich wie eine unterentwickelte Sklavin behandelt, sträubt sich alles in mir.« Celina streckte sich und genoss kurz die tröstenden Sonnenstrahlen. »Es gibt noch so vieles, was ich gern tun würde – zum Beispiel fremde Sprachen lernen und Bücher lesen.«
Zu Celinas Überraschung lachte Anne irritiert und ihr Blick wirkte, als zweifelte sie am Verstand der Freundin. »Aber das sind doch nur jugendliche Flausen. Die Realität sieht nun einmal anders aus. Frauen haben in dieser Welt nur eine Aufgabe und die ist, eine gute Ehefrau und Mutter zu sein. Wir sind nicht zum Denken geschaffen.«
Celina zuckte wie unter einer Ohrfeige zusammen. Annes Worte schmerzten sie tief. So sehr hatte sie auf den Rückhalt und das Verständnis ihrer Freundin gehofft und jetzt redete sie nicht anders als ihr übriges Umfeld. Celina fühlte, wie ihre Brust sich zusammenzog. Nur knapp gelang es ihr, die Tränen zu unterdrücken. Eine Mischung aus Verzweiflung und Trotz breitete sich in ihr aus.
»Aber so möchte ich mein Leben nicht leben. Das ist nicht meine Vorstellung.«
Zwar wusste Celina, dass ihre Worte die eines aufmüpfigen Kindes waren, dennoch spie sie diese regelrecht aus. Alles in ihr sträubte sich dagegen, dass ihr Weg in diesem Maße vorbestimmt sein sollte. Hoffentlich versuchte Anne nicht, sie auch noch mit ihrem Glauben an Gott zu überzeugen.
Die hob jedoch nur verwundert die Augenbrauen. »Wie hast du es dir denn vorgestellt?«
»Ich habe nichts gegen einen Ehemann an sich, ich möchte ihm nur nicht unterlegen sein, zumindest nicht außerhalb des Bettes.« Ohne es zu merken, fuhr Celina sich mit der Zunge über die Lippen. Den leicht geschockten Blick ihrer Freundin ignorierte sie.
»Wir sollten uns auf gleicher Ebene bewegen, sodass man sich gegenseitig um Rat fragen kann. Außerdem sollte er zulassen, dass ich mich bilde.«
»Aber das …«, setzte Anne zu einer Erwiderung an.
»Wie gesagt, das gilt für mein Leben am Tage oder in Gegenwart von Leuten. Doch bei Nacht …« – unwillkürlich erschien das Bild des Fremden vor ihrem geistigen Auge – »… gehöre ich ganz ihm.«
Am Flügel sitzend spiele ich ein Nachtlied, als ich spüre, dass er hinter mir steht. Seine starken Hände nehmen meine Haare zur Seite und es kostet mich einige Mühe, meine Konzentration aufrechtzuerhalten. Geschickt öffnen seine Finger zuerst das Kleid, dann das Korsett. Mein Atem stockt und ein heftiges Zittern fährt mir durch die Glieder. Ich bin außerstande, die Tasten zu drücken, und will mich erheben.
Nur sein Befehl »nicht bewegen!« hindert mich daran.
Wie durch einen Schleier sehe ich, wie Kleid und Korsett zu Boden fallen und ich nur noch in Strümpfen und einem unschuldig weißen Höschen vor ihm sitze. Eine Gänsehaut kriecht über meine Arme und Oberschenkel, während mein Herz immer eiliger schlägt.
»Wunderschön.« Er haucht winzige Schmetterlingsküsse auf meinen Hals und meine Schultern, woraufhin ich genießerisch die Augen schließe.
Im nächsten Moment zucke ich erschrocken zusammen, als er nach meinen Brüsten greift und diese grob knetet. Es tut weh und ein Funke Widerwillen erwacht in mir. Ich will mich entziehen, doch mein Körper sieht das anders. Wie von selbst richten sich meine Brustwarzen auf und ziehen sich zusammen. Ich kann ein erregtes Stöhnen nicht mehr unterdrücken.
Er lacht auf und streichelt quälend langsam über meinen Oberkörper, anschließend über den Bauch, bis zu Schenkeln hinab.
»Du willst mehr, nicht wahr?«, flüstert er.
Ich schaffe es nicht mehr, zu antworten, seine Finger umkreisen bereits meine Spalte, lassen sich von milchiger Flüssigkeit benetzen. Als er sie zurückzieht, höre ich, wie er sie gierig ableckt, was mein Blut noch mehr zum Kochen bringt. Ich schauere und merke erst spät, dass er meine Hand hält.
Folgsam stehe ich auf, wende mich um und schaue ihn an, als sähe ich ihn zum ersten Mal. Sein Gesicht bedeckt eine Maske, aber die langen schwarzen Haare wecken mein Entzücken.
»Dunkle Schönheit.« Meine Stimme klingt heiser, doch sein Lächeln verzaubert mich.
Wortlos deutet er mir an, mich auf den Flügel zu setzen, was ich etwas verwirrt tue. Er stellt sich vor mich und lässt seine Hände wieder flüchtig über meine erhitzte Haut gleiten. Ich wimmere, sehne mich nach mehr. Er kommt meiner Bitte nach, küsst mich wild und drückt meine Schenkel auseinander.
Bevor ich reagieren kann, versenkt er den Kopf zwischen meinen Beinen. Seine Zunge wandert die Innenseiten entlang, peitscht und liebkost meine Klit. Ich werfe den Kopf in den Nacken. Weiße Sterne tanzen vor meinen Augen und mein Innerstes scheint vor Lust zu ersticken, was ihm nicht verborgen bleibt. Von irgendwoher ertönt ein leises Geräusch, das ich nicht zuordnen kann. Hat er seine Hose geöffnet?
Die Antwort bekomme ich nur Wimpernschläge später, als er hart in mich eindringt. Mein Schrei hallt durch den Raum, ich spüre die lang ersehnte Erfüllung und kralle mich in seinen Rücken, um ihn noch tiefer zu ziehen. Dennoch gelingt es ihm, sich zu bewegen, und wir erreichen gemeinsam den Höhepunkt.
Es dauerte eine Weile, bis Celina in die Realität zurückkehrte, ihre Wangen glühten wie heiße Kohlen. Trotzdem fühlte sie sich erleichtert. Zum ersten Mal hatte sie es geschafft, ihre Fantasien auszusprechen, anstatt sie krampfhaft in sich einzuschließen. Annes entgeisterten Blick sah Celina erst, als diese sie grob schüttelte.
»Diese Lust steht uns nicht zu. Du solltest Gott dafür um Verzeihung bitten.«
Celina schüttelte den Kopf. Nein, das würde sie nicht. Ihr stiller Blick richtete sich auf die schwarzen Berge über ihnen, die schemenhaften Umrisse eines alten Schlosses.
»Schau nicht dahin.« Die flehende Note in Annes Stimme überraschte sie. »Ich habe gehört, dass dieses Schloss verflucht sein soll.«