Читать книгу Nur eine Petitesse - Anja Gust - Страница 7

Der Ausflug

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Zerknirscht wachte Sina am Morgen auf. Nachdem sie sich in der Nacht vor Scham und Wut in den Schlaf geheult hatte, fürchtete sie, jetzt alles verbockt zu haben. Aber ihre Reaktion war Folge der neuen Situation. Dabei hatte sie sich fest vorgenommen, nicht leichtfertig zu sein. Was sollte sie jetzt tun? Freilich könnte sie jederzeit abbrechen und nach Hause fahren. Dann käme sie aber niemals zur Ruhe, zumal sich erste Hinweise ergaben.

Kein Wunder, dass sie sich beizeiten zum Frühstücksbuffet einfand. Dies wurde übrigens von keinem Geringeren als einen in hiesiger Gegend bekannten Sternekoch kreiert. Doch das erschien Sina jetzt nebensächlich, ebenso wie die Reklame um dessen handwerkliche Kunst. Schließlich war sie nicht zum Schlemmen hier. Also setzte sie sich an ihren Tisch, nahm eine Zeitung und beobachtete beiläufig die Gäste. Diese trudelten nach und nach ein und wurden von den Servicekräften höflichst platziert.

Prompt fiel ihr neben einigen Stammgästen, die unschwer an ihrer Vertraulichkeit den Bediensteten gegenüber zu erkennen waren, der lila-grau gefärbte Haarschopf einer Mittsechzigerin auf. Sie trug ein hellgraues Seidenkleid von unglaublichem Umfang und hatte ein fettes hängendes Kinn, das den ganzen Hals verdeckte und kleine boshafte Augen.

Diese Dame führte einen kleinen pinkfarbenen Chihuahua bei sich, der bis zur Unmöglichkeit verunstaltet war. So zierte eine orangenfarbene Schleife den Kopf des Hündchens und silberfarbene Rügen die Vorderläufe. Kurz darauf kredenzte ein Butler mit weißen Handschuhen dem Tier einige Leckerlis in einer eigens auf dem Tisch platzierten Schale. Sogleich tollte der Kleine bellend und quiekend auf dem Schoß seiner Besitzerin herum und begann zunehmend auch die anderen Gäste zu nerven. Aber nicht nur deswegen empfand Sina sofort eine tiefe Antipathie gegen diese Dame. Es lag vor allem an ihrer ständigen Nörgelei.

So hatte sie ihre Servierkraft – eine junge Frau mit dichtem, dunklem Haar und hübschem Gesicht, die irgendwie an die junge Liz Taylor erinnerte – wiederholt ziemlich ruppig angefahren, weil ihr irgendetwas an den drei Spiegeleiern – aber nur mit Eigelb – nicht passte. Zuletzt drohte sie sogar mit einer Beschwerde. Das arme Mädel wusste gar nicht, wie ihr geschah, zumal keinerlei Anlass für eine Verärgerung bestand. Ob der Dame der Tee zu heiß oder die Butter zu hart war, ließ sich nicht feststellen. Vielmehr schienen ihre Vorwürfe einer gewissen Launenhaftigkeit zu entspringen, die bei ewigen Nörglern nun mal vorkamen.

Ohne sich ihrer Lächerlichkeit bewusst zu sein, keifte die Dame lautstark herum und warf nach jeder Tirade, in Erwartung einer Entschuldigung, empört den Kopf zurück. Mittlerweile war aufgrund ihrer schrillen Stimme der halbe Frühstücksraum alarmiert und man schaute verwundert zu ihr hin. In jedem Fall schien sie sich in ihrer Rolle einer gekränkten Leberwurst zu gefallen und nannte die Bedienstete wiederholt unerhört und dreist.

Bald reichte es Sina und sie rief der Krakeelerin zu: „Madame! Ich möchte darum bitten, sich zu benehmen! Ich weiß ja nicht, wo Sie sich sonst herumtreiben, aber wir sind nicht in einer Bahnhofskneipe! C’est incroyable1!“

Die nachfolgende Szene glich einem einzigen Skandal. Während die vor Schreck erstarrte Servierkraft wie elektrisiert zu ihr herübersah und dem Dickerchen vor Entsetzen die Gabel aus der Hand fiel, begannen andere Gäste amüsiert zu tuscheln.

Sofort war hier und da ein unterdrücktes Kichern zu vernehmen, durchbrochen von anerkennenden Bemerkungen. Selbst ein Bravo war von irgendwoher zu vernehmen. Das übrige Personal blieb indes wie in Starre verharrt. Es dauerte eine ganze Weile, bis diese Dame die offenkundige Provokation realisierte.

„Genau, Sie meine ich! Offenbar lässt Ihre Kinderstube zu wünschen übrig!“, setzte Sina nach und fand es seltsamerweise erfrischend, diese Mastgans bis aufs Blut zu reizen.

Es dauerte nicht lange und ein Hotelmanager in Anzug, Krawatte und gestärktem Hemd erschien an ihrem Tisch. Von dem heiklen Vorfall berührt, trat er verlegen von einem Fuß auf den anderen und suchte nach einem möglichst diplomatischen Einstieg. Mit wohlbedachten Worten gab er ihr zu verstehen, dass die Dame nur ihren Unmut über das mangelnde Vermögen der Servierkraft bekundet habe. Das wäre auch ihr gutes Recht, wenn es am Service etwas zu bemängeln gäbe. Man sei schließlich hier ein führendes Haus usw. usf.. Augenblicklich widersprach Sina und behauptete das Gegenteil, obwohl sie von der jungen Frau nicht bedient worden war.

Doch das schien ihr in diesem Moment egal. Sie brach schon aus Prinzip für die Angestellte eine Lanze, nur um dieser eingebildeten Schnepfe eins auszuwischen.

Nach einigem Hin und Her sicherte ihr der Manager eine baldige Klärung zu. Hierfür kehrte er zu der dicken Dame zurück, die dessen Auftritt aufmerksam beobachtet hatte und wechselte mit ihr einige Worte.

Daraufhin guckte sie ihn voller Empörung an und erwiderte etwas, worauf er nur ratlos die Schultern hob. Wutschnaubend warf sie die Serviette auf den Tisch, klemmte pikiert ihr Hündchen unter den Arm und verschwand.

Sichtlich zufrieden kehrte Sina jetzt zu ihrem Frühstück zurück und hätte der Sache sicher keine weitere Bedeutung beigemessen, wäre nicht kurz darauf die betreffende Servierkraft an ihrem Nebentisch erschienen. Und während sie dort eindeckte, flüsterte sie ihr ein unerwartetes: „Danke“ zu.

Sina reagierte darauf mit einem beherzten: „Keine Ursache.“

Die junge Frau lächelte darauf verschämt und verschwand.

Nach dem Frühstück war Sina über ihre Vorgehensweise noch unentschlossen. Sollte sie nochmals das Gespräch mit diesem Chauffeur suchen oder das Terrain auf eigene Faust abklopfen? Ersteres barg ein hohes Risiko, denn im Grunde hatte dieser Maurice nur wenig Entgegenkommen gezeigt. Allein der Umstand, dass ihr seine ungezwungene Art gefiel, bot noch keine Erfolgsgarantie. Andererseits schien er einiges zu wissen und es wäre töricht, das nicht zu nutzen. Kurzerhand forderte sie ihn über die Rezeption mit dem Rolls-Royce erneut an und buchte vorsorglich für den gesamten Tag. Danach frischte sie ihr dezentes Tages-Make-up auf und kleidete sich sportlich-elegant.

Etwa zwanzig Minuten später erschien Maurice im Foyer in seiner mausgrauen Hoteluniform und erwartete sie mit der Mütze in der Hand. Man sah ihm seine Verlegenheit an. Nur knapp brachte er ein ‚Guata Morga‘ über die Lippen. Doch das war unwichtig. Sina war entschlossen, ihn unter allen Umständen für sich ‚abzuschöpfen‘.

Schweigend geleitete er sie zur, vor dem Hotel parkenden, Nobelkarosse. Nachdem er ihr in aller Form die Tür geöffnet und sie sich im Fond des Wagens platziert hatte, setzte er sich hinters Lenkrad und fuhr los.

„Wohin?“, erkundigte er sich mit einem kurzen Blick in den Rückspiegel, während seine Rechte auf dem Lenkrad ruhte.

„Irgendwohin, wo wir ungestört reden können.“ Und während Sina das sagte, öffnete sie beiläufig ihre Tasche und vergewisserte sich, auch alles Nötige dabeizuhaben: Kreditkarte, ausreichend Bargeld, bis hin zur Walther Model 2. Das war eine platzsparende Pistole, die sie sich extra zugelegt hatte. Sie trug sie im linken Ärmel ihres Marccain Fieldjackets. Dort hatte sie sich ein kleines Fach einnähen lassen, welches selbst bei einer Leibesvisitation nur schwer zu finden war.

Verstohlen nahm sie einen kleinen Taschenspiegel heraus, begutachtete kritisch ihr Gesicht und bemerkte den überschüssigen Lippenstift. Hastig zog sie ein Kosmetiktuch hervor und korrigierte es.

„Ich möchte Ihnen danken“, überraschte Maurice sie. „Woher wussten Sie, dass Rosanna meine Schwester ist?“

Irritiert sah sie ihn an und schloss abrupt die Handtasche. „Ihre Schwester?“

„Sie ist die Servierkraft, die Sie beim Frühstück verteidigt haben. Ohne Ihren Einspruch wäre sie garantiert geflogen. Das geht im Badrutt’s schnell. Und mit einer solchen Empfehlung ist sie woanders so gut wie erledigt. Die stecken hier alle unter einer Decke, müssen Sie wissen. Seit Maxis Geburt ist es für sie nicht leichter geworden. Als alleinerziehende Mutter muss man heutzutage sehen, wo man bleibt.“

„Keine Ursache, gern geschehen“, erwiderte Sina sichtlich überrollt.

„Rosanna bat mich, Ihnen das auszurichten, denn so etwas kommt hier von den Gästen selten vor. Die Gäste sind eher launisch und behandeln die Bediensteten von oben herab. In solchen Situationen ist es nicht einfach, die Ruhe zu bewahren … Nach der Geburt meines Neffen habe ich ihr geholfen, in diesem Hotel unterzukommen. Das ist alle Male besser, als vom Staat zu leben.“

„Und ich dachte immer, die Schweiz sei ein Sozialparadies?“

„Von wegen. Dieses Bild wird den Besuchern nur aus Reklamegründen vermittelt“, beklagte Maurice. „Außer Tourismus gibt es nichts. Zudem werden viele Stellen unterbezahlt oder von Leiharbeitern besetzt. Das ist ein großes Problem. Im Extremfall landet man in irgendeiner Schuldenfalle. Ich versuche, Rosanna davor zu bewahren.“

„Das ist sehr lobenswert.“

„Ich denke, eher selbstverständlich“, erwiderte er daraufhin bitter. „Gerade in dünn besiedelten Gegenden, wo es keine Perspektive gibt, versucht man, aus der Not der Betroffenen Kapital zu schlagen. Zum Beispiel werden einem Billigjobs angeboten, die das morgendliche Aufstehen nicht wert sind. Umso mehr danke ich Ihnen für Ihren Einsatz.“

„Ach, das war nicht der Rede wert“, wiegelte Sina ab. „Diese Dame benahm sich einfach unmöglich. Nur traute sich keiner, etwas zu sagen.“

„Umso besser, dass Sie da waren.“

Sina tat es mit einer beiläufigen Geste ab.

„Ja, Sie haben recht! Aber manche Touristen benehmen sich hier tatsächlich wie die Axt im Walde. Nur weil sie bezahlen, glauben sie, sich alles herausnehmen zu können“, begann er sich jetzt zu ereifern, schaute dabei aber immer wieder in den Rückspiegel, als wollte er ihre Reaktion testen. „Leider ist das ganze System so korrumpiert, dass ihnen das Geld einen großen Vorteil verschafft. Und das steigt manchem zu Kopf. Ich erinnere mich an einen Fall, wo ein älterer Herr darauf bestand, mit ‚Exzellenz‘ angeredet zu werden und der Portier vor ihm die Mütze abnahm, im Ernst. In Wahrheit war er nur ein kleiner Nudelverkäufer, wie sich herausstellte.“

„Nudelverkäufer? Oha!“

„Ja, in der Tat. Und er hatte sich den Aufenthalt hier mühsam erspart. Dann lebte er endlich einmal seinen Traum und machte dazu einen auf ‚dicken Max‘, wie man auf Deutsch sagt. Aber das Gefühl, jemand zu sein, war ihm wichtiger als die Realität. Irre, oder?“

„Allerdings“, stimmte ihm Sina zu. „Ich hoffe nur, dass Sie mich nicht für eine Nudelverkäuferin halten!“

Maurice lachte. „Dafür sind Sie ein ganz anderer Typ.“

„Was für ein Typ bin ich denn?“

„Ein sympathischer.“ Er räusperte sich. „Jedenfalls wollen Sie bestimmt nicht mit ‚Contessa‘ angeredet werden“, setzte er schnell hinzu, nachdem er ihre rollenden Augen bemerkt hatte. „Ich glaube, dass Sie humorvoll sind und keineswegs jedes Wort auf die Goldwaage legen.“

„Sie scheinen sich ja auszukennen“, folgerte Sina amüsiert.

„Das kommt dabei heraus, wenn man Chauffeur in so einem Nobelschuppen ist“, gestand er augenzwinkernd. „Dennoch steht man als Fahrer auf der untersten Ebene. Selbst ein Portier ist besser dran. Dabei ist das der stumpfsinnigste Job, den ich kenne. Genau genommen handelt es sich lediglich um einen tradierten Repräsentanten, der für etwas bewundert wird, wofür er gar nichts kann. Oder haben Sie schon mal erlebt, dass ein Portier etwas Qualifiziertes von sich gibt? Wie sollte er auch? Das ist nicht seine Aufgabe. Er öffnet Türen und hält dafür die Hand auf. Einst kannte ich einen, der starrte den ganzen Tag vor sich hin, ohne eine Miene zu verziehen. Stellen Sie sich vor, er reagierte wie ein Automat: Lächeln auf Knopfdruck, gefolgt von einem stumpfsinnigen Glotzen. Als ich ihn fragte, ob das langweilig sei, zuckte er nichtssagend mit den Schultern.“

„Sie mögen keine Portiers?“, folgerte Sina.

„Sagen wir es mal so: Ich kann sie nicht verhindern. Sie gehören einfach zum Repertoire.“

Augenblicklich musste sie die Lippen zusammenpressen, um nicht laut loszulachen. Zu ihrer Verwunderung verspürte sie übel Lust, ihm das Haar zu wuscheln, diesem Lauser, der sich um Kopf und Kragen redete. Offenbar konnte er nur schwerlich sein loses Mundwerk halten.

„Ich bitte Sie, nicht alles so bierernst zu nehmen!“, schwächte er mit schelmischem Blick ab. „Es gehört zu unseren Aufgaben, die Gäste zu unterhalten, egal mit welchen Mitteln.“

„Keine Bange“, beruhigte sie ihn „aus dem Alter bin ich raus.“ Entspannt lehnte sie sich zurück und sah hinaus. Später, nachdem Maurice eine ganze Zeit lang ziellos drauflosgefahren war, fragte er, ob sie ein bestimmtes Ziel favorisiere.

„Irgendwohin, wo es schön ist“, entgegnete sie. „Sagen Sie, warum steckt ständig dieses Mikrofon in Ihrem Ohr?“ Damit spielte sie auf den kleinen Knopf an, der an einer gedrillten Schnur in seinem linken Ohr steckte.

„Ich muss erreichbar sein – jederzeit“, erklärte er überaus sachlich.

„Reicht kein Handy?“

„Nein.“

„Verstehe, die Variante ist abhörsicherer“, bemerkte sie trocken.

„Genau“, gab er unumwunden zu. „Mein Chef hat jederzeit die Kontrolle.“

„Wird er nicht verärgert sein, wenn er das hört?“

„Ach was“, winkte Maurice ab. Dann setzte er verschmitzt hinzu, dass sich das durch einen kleinen Zwischenschalter verhindern lässt.

„Alles andere hätte mich auch gewundert“, bekannte Sina. Dann sah sie zum Fenster hinaus.

„Entschuldigen Sie“, bemerkte er wenig später und räusperte sich. „Dürfte ich Sie etwas fragen, Frau Antonelli?“

„Ja bitte?“

„Nun …“ Er stockte.

„Nur zu“, ermunterte sie ihn, „fragen Sie.“

Wie aus der Pistole geschossen sagte er: „Sehen Sie Männer immer so an?“

Sina errötete. „Wie meinen?“

„Tschuldigung. Ich … Das war dumm … Sie sind mir jetzt böse?“

„Nein, nein.“ Sie schüttelte den Kopf und beugte sich ein wenig vor. „Herr Schönleitner, ich muss gestehen, Sie machen mich neugierig. Wie sehe ich Sie denn an?“

„Prüfend“, erklärte er, ohne den Blick von der Fahrbahn zu nehmen. „Nun gut. Was heißt schon prüfend. Genauer gesagt, Sie examinieren mich. Ich meine nicht wegen des Knopfes in meinem Ohr. Sie versuchen, mich zu ergründen. Dann wägen Sie ab, ob Sie richtig liegen. Noch sind Sie sich unsicher, wähnen sich aber kurz vor dem Ziel. Kann das sein?“

„Ist das nicht normal?“, entgegnete sie.

„Ja, sicher. Aber Sie machen das anders. Ich glaube, Sie inszenieren eine ganze Menge, um ein Bild von sich zu projizieren, das Sie nicht sind.“

„Wow! Woher nehmen Sie das alles?“

Unbeirrt fuhr er fort: „Sie lassen mich glauben, was Sie sein möchten. Das ist mir gestern bereits aufgefallen. Natürlich ist das für eine allein Reisende ein legitimer Selbstschutz. Doch bei Ihnen wirkt das anders. Sie versuchen, mich zu verunsichern, in der Absicht, etwas Bestimmtes zu erreichen.“

„Interessant“, folgerte Sina. „Leider muss ich Sie enttäuschen. Ich mache hier Urlaub – nichts weiter.“

„Sehen Sie? Und genau das glaube ich nicht.“

„Das steht Ihnen frei. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.“

„Komisch. Etwas anderes hatte ich auch nicht erwartet.“

„Warum fragen Sie denn?“

„Aus Neugier“, entgegnete Maurice und sah sie durch den Spiegel an.

„Und? Liegen Sie richtig?“

Er zuckte mit den Schultern.

„Dann habe ich ja offenbar alles richtig gemacht“, spöttelte Sina und zündete sich einen Zigarillo an. „Gestatten?“

„Der Gast ist bei uns König.“

„Mit anderen Worten, es passt Ihnen nicht, wenn Ihnen jemand hier die Luft verpestet.“

„Es geht nicht um mich. Es geht um Ihre Zufriedenheit.“

„Welch’ charmante Art der Maßregelung“. Sie drückte den Zigarillo wieder aus. „Im Übrigen weiß ich jetzt, wohin Sie mich fahren können. Ich möchte gerne zum Diavolezza Massiv.“

„Wieso gerade das? Es gibt andere schöne Orte.“

„Ich würde es aber gerne sehen.“

„In Ordnung!“ Maurice schaltete in den sechsten Gang. Jetzt flogen sie geradewegs über die Route 29 an Pontresina vorbei in Richtung Tirano. Unterwegs entblätterte sich vor ihr die Landschaft in atemberaubender Schönheit. Sina war berauscht von dem wild-bizarren Hochgebirge, in dem es nur geringe Vegetation gab. Ab und an wuchs am Straßenrand eine Mohnblume von lebhaftem Rot, ein bizarrer Farbfleck vor einer schiefergrauen Leinwand. Während der Fahrt erzählte ihr Maurice allerlei Geschichten von den Besonderheiten des Landstrichs, der Natur und den Menschen. Das machte deutlich, wie tief er mit dieser Gegend verwurzelt war.

Auch wenn er kaum von sich erzählte, genügte es, sich ein Bild von ihm zu machen. Hier geboren und auf einem der hiesigen Höfe aufgewachsen, war ihm die Schwere und Mühsal der ländlichen Arbeit nicht fremd. Bald meinte sie, gewisse Parallelen zum eigenen Lebenslauf zu empfinden.

Sicherlich war vieles von dem, was er erzählte, überzogen. Aber es kam von Herzen. Das spürte sie genau. Irgendwie hatte er etwas Besonderes. Aber konnte sie ihm trauen? Wiederholt beobachtete sie ihn aus dem Augenwinkel.

Er schien nur wenig älter als sie, war von mittlerer Größe und schlanker Statur. Seine klaren blauen Augen waren von klugem, bisweilen tiefem Ausdruck, wenngleich auch irgendwie unergründlich. Vor allem, wenn sein Blick nicht unbedingt zur vorgeschützten Lockerheit passte, ahnte man, dass er in Gedanken ganz woanders war. Das war irritierend und beunruhigend zugleich. Ebenso war sein dunkelblondes Haar von eigenartiger Fasson. Obwohl es straff nach rechts gekämmt war, fiel es ihm in unregelmäßigen Abständen über die Stirn und zwang ihn, es zurückzustreichen. Auf diese Weise bestimmte eine stete Unruhe seine Bewegungen, die ihn nervös erscheinen ließ. Zweifellos eine Marotte, die man ihm austreiben sollte.

Aber offenbar tat das niemand, obgleich eine verdächtig helle Stelle an seinem linken Ringfinger auf eine vormalige Verbindung schließen ließ. Wenn er redete, sprudelten seine Worte wie ein Wasserfall. Zudem machte er einen sympathischen und vertrauenswürdigen Eindruck, wie jemand, mit dem man Pferde stehlen konnte, solange man ihn zu nehmen wusste. Kurzum, er wirkte wie ein Edelweiß, das die Bergziegen fürchtete. Festverankert und doch ungeschützt.

Bald darauf hielt Maurice auf einem Parkplatz am Fuß des Massivs. Von hier aus fuhren in regelmäßigen Abständen Seilbahnen hinauf aufs Hochplateau. Kaum angekommen, entschuldigte er sich, stieg aus und entledigte sich seines mausgrauen Jacketts und der Mütze. Nun sah er wie ein gewöhnlicher Tourist aus.

„Ich glaube, das ist Ihnen angenehmer“, erklärte er, nachdem er Sina aus dem Wagen geholfen hatte.

„Mich hätte es nicht gestört.“

„Ich will hoffen, Sie verraten mich nicht. Und jetzt nehmen Sie bitte meinen Arm.“

„Wie bitte?“

„Sie sollten sich lieber bei mir einhaken. Oder wollen Sie den Eindruck vermeiden, den ich damit erzeugen will?“

Sina fühlte sich von seiner Forschheit überrollt. Gleichzeitig wäre es in der Tat sonderbar, von einem Bediensteten begleitet zu werden, der wie ein Dackel in zwei Schritten Abstand hinter einem herlief. Damit nicht genug: Überhastet bestand er darauf, sie einzuladen. Das erinnerte sie an Volker Grimmel. Auch er war stets beleidigt, sobald sie bei einem Ausflug ihr Eis selbst bezahlte. Daher widersprach sie nicht.

Nach einer zwanzigminütigen Seilbahnfahrt, vorbei an Gletscherzungen und kargen Steinwänden, näherten sie sich der Hochebene. Je höher sie stiegen, umso heller wurde es. Bei 2500 Meter durchbrachen sie die Wolkendecke und wurden von einem strahlend blauen Himmel begrüßt. Den Glanzpunkt bildete die Bergkette des Diavolezza Massivs, die sich in Gestalt von schneebedeckten Hängen und Bergspitzen mehrerer Viertausender vor dem Betrachter auftürmte.

Während die gesamte linke Seite des Bergmassivs unter dem Schatten eines großen kupferfarbenen Wolkenfetzens lag, wurde dessen Mitte durch einen breiten Sonnenstrahl erhellt, der ein grelles Gleißen entfachte. Hoch über den Gipfeln, wo die schneebedeckten Spitzen in den blauen Himmel ragten, schien das Gebirge wie von Sonnenstaub umflort, was seine majestätische Anmut ins Unermessliche steigerte. Mit einem sanften Ruck hielt die Seilbahn auf dem Plateau an. Die Türen öffneten sich und die beiden stiegen aus. Dann gingen sie zu einer eigens dafür eingerichteten Aussichtsplattform eines nahegelegenen Restaurants.

Sina hielt angesichts der unbeschreiblichen Schönheit der Umgebung inne und betrachtete die majestätischen Berge. Als ihr Maurice erklärte, dass es abends noch viel grandioser sei, vor allem, wenn die schrägen Strahlen vom Westen die Wolken golden färbten, standen ihr plötzlich Tränen in den Augen. Innig vereinnahmte sie diese Schönheit gleichsam einer bezaubernden, zu Herzen gehenden Klaviersonate.

„Was ist? Habe ich etwas Falsches gesagt?“, erkundigte er sich erschrocken, als er ihre plötzliche Beklommenheit bemerkte.

„Im Gegenteil. Ich habe …“ Sina stockte und versuchte, die sie übermannende Erinnerung an Tom zu verdrängen, der ihr mal etwas Ähnliches gesagt hatte. „Wohin führt dieser Weg?“ Sie wies auf einen kleinen Schotterweg.

„Das ist der Wanderweg zur sogenannten Echoschlucht.“

„Worauf warten wir?“ Sogleich stürmte Sina los.

„Stopp!“ Maurice hielt sie an ihrer Jacke fest. „Dahinten gibt es einen besseren Ausblick.“ Er wies in entgegengesetzte Richtung. „Es gibt eine Abkürzung – wir müssen nur ein paar Meter über eine ungesicherte Strecke gehen.“

„Ist das nicht gefährlich? Vorn habe ich noch gelesen, man sollte so etwas unbedingt vermeiden!“

„Nicht, wenn man sich auskennt“, beruhigte er sie.

„In Ordnung. Führen Sie mich.“ Kurz darauf verließen sie die Piste. Maurice schritt leichtfüßig und trittsicher voran. Da Sina kaum Schritt halten konnte, verringerte er das Tempo. Es ging vorbei an schroffen Wänden und von Geröll überdeckten Flächen. Hin und wieder querten sprudelnde Bäche oder Rinnsale ihren Weg, durchbrochen von kleineren Gletscherzungen. Doch je weiter sie kamen, umso unwirklicher und bizarrer wurde die Landschaft.

Der Wind hatte die Wolken vom Gipfel vertrieben. Jetzt war es beinahe lautlos. Ab und an vernahm man den spitzen Schrei eines Bussards, der hoch oben seine Kreise zog. Sina konnte sich nicht sattsehen an den wundervollen Bergen.

„Der mittlere Berg mit der abgeflachten Spitze, das ist der Munt Pers“, erklärte er ihr abrupt innehaltend und schaute in die Ferne. „Ihn umgibt eine Sage, woraus sich der Name der Diavolezza ableitet. ‚La Diavolezza‘ – die schöne Teufelin. Dort soll einst eine wunderschöne Bergfee gehaust haben. Sie lebte in ihrer Felsenburg hoch oben zwischen Chapütschöl und Munt Pers. Man sagt, sie wurde mitunter von Jägern gesehen, wenn sie über die Felswände zum ‚Lej da la Diavolezza‘ hinüberwechselte, um in einem der kristallklaren Gebirgsseen zu baden. Bei ihrem Anblick war es um die Männer geschehen. Von ihrer wundervollen Schönheit befangen, folgte ihr einer nach dem anderen auf ihr Bergschloss und wurde nie wieder gesehen. Munt Pers bedeutet ‚verlorener Berg‘.“

„Eine romantische Geschichte“, räumte Sina ein und warf einen Blick in die vor ihr liegende Tiefe. Eine leichte Brise wehte von den zerklüfteten Felsformationen herüber. Vereinzelt kraxelten Bergziegen in dem unwegsamen Gelände herum. Abgesehen von einigen Sträuchern, Flechten und Moosen erblickte sie, soweit das Auge reichte, nur noch nacktes Schiefergestein. Ihr Herz raste. Trotz des geringen Tempos wurde sie jetzt sehr kurzatmig, was an der Höhenluft lag.

„Das passt wie die Faust aufs Auge“, stellte sie fest.

„Wie meinen Sie das?“ Fragend sah Maurice seine Begleiterin von der Seite an.

„Es liegt an der Natur. Hier oben gibt es keine Vegetation und somit kein Leben. Nur Schnee, Eis und Felsen. Dennoch ist diese Landschaft atemberaubend schön. Demnach müssen Schönheit und Tod kein Widerspruch sein. Ist das nicht komisch?“

„Es klingt, als wollten Sie dem Tod etwas Schönes abgewinnen“, bemerkte Maurice und wandte sich ihr vollends zu.

„Warum nicht?“, gestand sie. „Nur weil er am Ende des Lebens steht, muss er doch nicht hässlich sein. Ich jedenfalls stelle mir den Tod erhaben und großartig vor, vor allem, wenn er vor einer solchen Kulisse eintritt. Es wäre wie ein Feuerwerk, wenn man rücklings gegen einen Felsen gelehnt, noch einmal das abendliche Verglühen der Sonne am Horizont betrachten könnte.“

„Merkwürdig, wie Sie das sagen.“ Er maß sie von oben nach unten.

„Finden Sie?“

„Es klingt schon seltsam, vor allem, wenn das von jemandem kommt, der auf der Sonnenseite des Lebens steht. Da vergisst man schnell den Schatten … Vorsicht!“, schrie er.

Sina hatte sich unbemerkt einem linksseitig befindlichen Abhang genähert. Als sie instinktiv zurückweichen wollte, stieß sie rücklings gegen Maurice. Dieser war in diesem Moment an sie herangetreten, als wollte er genau das verhindern. Erschrocken fuhr sie um. Als sie dann aber sein starres Gesicht bemerkte, durchfuhr sie ein Riesenschreck. Was hatte er vor? Lag es an dem, was sie jetzt glauben musste? Schon wollte sie zur Pistole greifen. Doch blitzschnell packte er sie am Arm und hielt sie für einen Moment in einer sehr instabilen Lage. Dann aber zog er sie zurück.

„Sie sollten sich nicht so weit vorwagen. Die Kante könnte brüchig sein“, ermahnte er sie. „Seien Sie bitte vorsichtig.“

„Ja, ich … danke Ihnen, aber ich weiß auch nicht ...”

„Was ist mit Ihnen, Frau Antonelli? Sie zittern ja.“

„Es liegt sicher an der Höhe. Ein leichter Schwächeanfall“, schützte sie vor und bat um eine kleine Verschnaufpause.

„Wir sollten besser umkehren“, schlug Maurice vor und führte sie auf dem kürzesten Weg zum Plateau zurück. Danach begaben sie sich in das Aussichtsrestaurant, nahmen vor einem der großen Panoramafenster Platz und bestellten zwei Kaffee.

„Vielleicht war es doch keine so gute Idee, herzufahren?“, fragte er und betrachtete besorgt ihr leichenblasses Gesicht. „Möchten Sie lieber etwas Kühles trinken? Eine Cola? Oder ein Wasser?“

„Nein danke, Alles in Ordnung. Ich war nur für einen Moment etwas durcheinander. Entschuldigung.“

„Da gibt es doch nichts zu entschuldigen. So etwas ist normal ... Sehen Sie, wie sich die Leute drängen?“, fragte Maurice und deutete mit dem Kinn in Richtung Plattform. „Bald wird es ungemütlich. Der Massentourismus bringt zwar Geld, ist aber Gift für die Umwelt.“

Doch Sina hatte gar nicht zugehört. Noch immer war sie tief in Gedanken. Plötzlich legte sie die Hand auf seinen Arm. „Hören Sie, Maurice. Was ich vorhin gesagt habe, entspricht nicht der Wahrheit“, begann sie ihm jetzt zu gestehen. „Ich bin absichtlich hier und habe eine Aufgabe zu erfüllen. Dazu brauche ich Hilfe. Könnte ich dabei auf Sie zählen?“

„Das kommt auf die Aufgabe an“, entgegnete er nüchtern.

„Sie haben gestern recht komisch reagiert, als ich den Namen Carlotta Corleone nannte. Aber genau das interessiert mich. Was hat es damit auf sich?“, fragte sie und brachte ihn damit in erneute Verlegenheit.

„Das ist doch Schnee von gestern“, wehrte er sichtlich nervös ab. „Bei uns gibt es ein Sprichwort: Soihäfeli – Soideckeli! Das heißt so viel wie: Schweineklo und Schweinedeckel. Diese verdammte Vetternwirtschaft! Um es frei heraus zu sagen: Frau Corleone ist laut offizieller Version bei einem Unfall ums Leben gekommen.“

„Und wie lautet die inoffizielle Version?“, setzte Sina unbeirrt nach, wobei ihr Herz bis zum Hals schlug.

„Es gibt Dinge, über die man besser nicht redet. Damit erspart man sich eine Menge Ärger“, empfahl er ihr. Im selben Atemzug benannte er ein paar ungeschriebene Regeln: Hinterfrage nie, was bereits öffentlich erklärt worden war. Bezweifele niemals eine Begründung. Vor allem, falle nicht durch unbequeme Fragen auf.

„So einfach ist das aber nicht – jedenfalls nicht für mich.“ Sie neigte sich ihm vertraulich zu. „Ich suche eine bestimmte Person. Ihr Name lautet Baron von Billow. Ich habe den begründeten Verdacht, dass mir dieser Mensch einige wichtige Antworten geben könnte.“

Unmittelbar malte sich ein Schreck in sein Gesicht. „Sie sind nicht bei Verstand“, flüsterte er nach einer Weile und schaute sich ängstlich um. „Woher nehmen Sie das? Ich meine, wie kommen Sie darauf, dass er etwas damit zu tun haben könnte?“

„Instinkt!“

„Vergessen Sie es. Sie haben keine Chance“, antwortete er knapp.

„Das wird sich zeigen.“

„Wie stellen Sie sich das vor?“

„Indem Sie mir helfen, ihn zu finden.“ Sina hatte vor Eifer rote Wangen bekommen. Ob diese Forschheit ein Fehler war, wusste sie nicht. Doch sie war entschlossen, jetzt alles zu riskieren.

„Tut mir leid. Dafür bin ich eine Nummer zu klein“, antwortete Maurice entschieden.

„Aber Sie kennen jemanden, der die nötige Nummerngröße hat.“

„Ich muss Sie warnen. Ist Ihnen klar, in welche Gefahr Sie sich begeben?“

„Das ist mein Problem. Also? Wer kann mir helfen?“

Maurice überlegte einen Moment. Man sah ihm an, wie er mit sich rang. Dann aber erwiderte er knapp: „Wenden Sie sich an Eddi Corleone. Er verfügt über genügend Verbindungen.“

„Sie meinen den Typen aus dem Casino?“ Sina glaubte sich verhört. „Diesen prolligen Macho?“

„Genau den. Sagen Sie ihm, Sie hätten den Tipp von mir. Er kennt mich und wird Ihnen mehr sagen können. Er hält sich zwar für den Nabel der Welt und schneidet gern auf, aber es gibt kaum jemanden, der besser informiert ist. Und da er sich schon einige Male das Maul verbrannt hat, kommt es auf einmal mehr nicht an. Doch eines noch – hüten Sie sich vor Lola!“

„Wer ist Lola?“

„Eine seiner Flammen. Sie hat überall die Finger drin und weicht ihm nicht von der Seite. Die beiden arbeiten zusammen, müssen Sie wissen.“

„Ich glaube, ich habe diese Lola im Casino gesehen“, meinte Sina, sich jetzt zu erinnern. „Das ist so eine Brünette, nicht wahr?“

„Vorsicht, das kann täuschen. Sie wechselt öfter die Frisur. In der letzten Zeit hat sie sich auf ältere Herren spezialisiert. Eddi ist ihr persönlicher Beschützer.“ Er malte hierzu Gänsefüßchen in die Luft.

„Beschützer?“

Maurice hüstelte. „Oder „Abschöpfer“, ganz wie Sie wollen.“

„Ihr Lude also. Oh!“ Erschrocken hielt Sina sich die Hand vor den Mund. „Nun fällt der Groschen.“ Plötzlich musste sie lachen.

„Was ist daran so lustig?“

„Nichts. Aber irgendwie passt das zu ihm. Ich bin in der Tat noch keinem größeren Stutzer und Maulhelden begegnet. Was meinen Sie, kann man ihm trauen?“

„Natürlich nicht. Deshalb sollten Sie ja auch vorsichtig vorgehen. Am besten, Sie setzen ihn mit irgendetwas unter Druck. Dann hätten Sie eine Chance. Anderenfalls wird er Sie gnadenlos auffliegen lassen.“

„Ich glaube, da hätte ich was“, erwiderte Sina zu seiner Verwunderung.

„Wirklich?“

„Ich denke schon.“

„Seien Sie bloß vorsichtig.“

„Das werde ich. Verlassen Sie sich darauf.“ Kurz darauf entschuldigte sie sich und suchte den Waschraum auf. Sie schaute sich im Spiegel an und atmete tief durch. Im Anschluss ließ sie kaltes Wasser über ihre Arme laufen und überdachte den neuen Anknüpfungspunkt. Eddi also. Na, der konnte was erleben.

Nur eine Petitesse

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