Читать книгу Wettbewerbsvorteil Gender Balance - Anke van Beekhuis - Страница 8
Raus aus den Klischeefallen
ОглавлениеEines möchte ich gleich zu Beginn klarstellen und damit jenen den Wind aus den Segeln nehmen, die zur einfachsten aller Ausreden tendieren, um sich diesem Thema zu entziehen: Ich bin keine Klischee-Emanze auf einem Kreuzzug gegen das männliche Geschlecht! Mein Motiv ist nicht Rache für all die Ungerechtigkeiten, die mir selbst als junge Frau widerfahren sind. Kurz gesagt: Es geht mir nicht darum, Frauen aufs Podest zu heben und Männer schlechtzumachen! Es geht mir um Balance – Geschlechterausgewogenheit. Sie ist für mich ein Schlüssel zu höheren Umsätzen von Unternehmen, weil sie Lösungen, Dienstleistungen und Produkte ermöglicht, die Kunden erreichen. Wie Unternehmen mit diesem Fokus erfolgreicher werden und diese Balance für einen größeren wirtschaftlichen Erfolg nutzen können, beschreibe ich ausführlich in den nächsten Kapiteln. Ich bin auch davon überzeugt, dass Gesellschaften, die Männer und Frauen gleichbehandeln, von dieser Ausgewogenheit profitieren und die Entwicklung von innovativeren und familientauglicheren Unternehmenskulturen begünstigen. Solche Modelle sind allerdings heute noch rar, weil wir noch immer in alten Denkmustern feststecken.
Gesellschaften, die Frauen und Männer gleichbehandeln, profitieren von dieser Ausgewogenheit.
Ein aktuelles Beispiel: Im französischen Fernsehen schob kürzlich ein männlicher Gast einer Talkshow den Rock einer neben ihm sitzenden Frau nach oben, um »mehr Quote« zu erreichen. Alle Anwesenden flüchteten sich in Gelächter und in die einhellige Auffassung, dass das wohl eine Art »freches Kompliment« gewesen sei. Nüchtern betrachtet, nahm sich der Mann – übrigens ein national bekannter Entertainer – etwas Unerhörtes heraus und tat das, was noch immer als ein Kavaliersdelikt gewertet wird: Er reduzierte die Frau – ebenfalls eine bekannte Künstlerin – auf ihr Äußeres. Oder denken Sie daran, wie oft Sie schon beobachtet haben, dass Männer bei Fotoshootings ganz selbstverständlich die Hand um die Taille einer Frau legen. Haben Sie das jemals umgekehrt gesehen? Oder haben Sie jemals zwei Männer gesehen, die sich die Hand um die Taille legen? Wenn Sie jetzt denken, das seien Kleinigkeiten, dann sind Sie im Zentrum der alten Denkmuster angekommen. Derartige Übergriffe sind keine Kleinigkeiten, sondern werden nur durch Gewohnheit als solche betrachtet. Es sind Grenzüberschreitungen, die in den Augen vieler keiner Kontrolle bedürfen, weil sie ja »nicht böse« gemeint sind.
Ich habe damals auch mit niemandem darüber gesprochen, was ich auf den Baustellen über mich ergehen lassen musste. Ich hatte diese Vorgehensweise für mich gewählt, weil ich nicht infrage stellen wollte, was anscheinend von jedem akzeptiert wird. Erst viel später wurde mir klar, dass genau das der Grund ist, warum sich eine Gesellschaft, ein System oder ein Unternehmen nicht weiterentwickelt.
Gender Balance entsteht durch ein alltägliches neues Verhalten von Männern und Frauen – durch Unterlassen und Ändern jener Kleinigkeiten, die früher »nicht der Rede wert waren«. Erst, wenn ihnen eine bestimmte Wertigkeit zugestanden wird, ist bleibende Veränderung möglich.
Zur Klarstellung: Es sind nicht nur »schreckliche Männer«, die für Starrheit im System sorgen. Es steckt auch nicht immer böse Absicht dahinter. Viel fataler ist, dass Fehlverhalten unbewusst passiert und den Beteiligten völlig normal erscheint. Auch Frauen überschreiten unbewusst Grenzen: Kleidung, die körperliche Reize preisgibt oder überbetont, irritiert Männer zwangsläufig. Kleidung spielt eine wichtige Rolle in der Vorbeugung von Sexismus. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich Frauen wie Männer kleiden sollten! Worum es wirklich geht: Wenn Äußeres zu sehr von Inhalten ablenkt, wird irgendwann nur mehr die »Hülle« beachtet.
Mir ist durchaus bewusst: Sexismus wird nie völlig abgestellt werden können. Dazu geschieht auf zu vielen Ebenen zu viel Zwischenmenschliches. Aber: Männer und Frauen können vorsichtiger und bewusster damit umgehen.