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Was ist Migräne?
Оглавлениеvon Anna Wichelmann
Migräne ist mehr als Kopfschmerzen. Migräne ist so vieles. Migräne ist unsichtbar. Migräne ist eine der behindernsten Erkrankungen der Welt, laut Weltgesundheitsorganisation (WHO). Migräne ist eine komplexe, neurologische Erkrankung. Migräne wird charakterisiert durch einseitige, pulsierende, starke Kopfschmerzen mit Begleiterscheinungen wie Übelkeit und/oder Erbrechen, Licht- und Lärmempfindlichkeit. Migräne läuft in vier Phasen ab. Die Ursache von Migräne ist genetisch.
Migräne ist eine Reizverarbeitungsstörung des Gehirns. Migräne kann sich chronifizieren und das Leben privat und beruflich beeinträchtigen. Es gibt verschiedene Formen von Migräne. Die klassische Migräne ist die Migräne mit Aura. Auren sind neurologischen Störungen. Im Migräne-ABC kannst Du typische Migräne-Begriffe und ihre Bedeutung nachlesen. Über Migräne selbst ließen sich ganze Bücher füllen.
Kurz gesagt: Migräne ist scheiße.
Aber wir leben damit. Wir machen weiter. Denn Menschen mit Migräne sind Kämpfer.
Wenn Du selbst Migräne hast, wirst Du Dich vielleicht in
dieser Beschreibung wiederfinden:
Meine Energie ist verschwunden, mein helles Licht erloschen. Jede kleinste Bewegung löst eine Schädelexplosion aus. Jeder noch so kleine Schritt ist einer zu viel. Mein Auge ist eingequetscht und zugleich gestreckt, wie auf einer Folterbank.
Ich schreie, doch niemand hört mich. Es ist dunkel, jeder noch so kleine Sonnenstrahl bringt mich weiter, weiter an den Rand der Verzweiflung. Mir ist übel, jedes Aufsetzen führt zu einer Karussellfahrt in einer Geisterbahn. Ich kann kaum sprechen, reihe sinnlos Wort für Wort aneinander und fühle mich betrunken. Die Muräne gräbt sich quälend langsam Zentimeter für Zentimeter durch mein Gesicht. Sie kriecht und sticht mir dabei fast in jede Ecke meines Kopfes. Sie frisst mich von innen auf. Sie kaut auf meinem Auge, kitzelt meine Nerven, sodass sie unerträglich kribbeln.
Meine Zähne fühlen sich glasig an, viele bunte Funken umgeben mich und teilen die Welt in zwei Perspektiven, zwei Bilder mit unterschiedlichen Farben, mit gleichen Mustern. Sie weichen auch nicht der Dunkelheit, die mich umgibt. Die Wahrnehmung verformt sich, diese Brille, mit all den gruseligen Psychotricks, ich kann sie nicht absetzen. Sie klebt wie Kontaktlinsen auf meinen Augen. Meine Sinne fallen aus, ich falle immer tiefer und spüre kaum den Untergrund. Meine Beine werden unsichtbar, meine Arme sind so schwer und brennen. Ich löse mich Pixel für Pixel auf, als sei ich eine Videospielfigur.
Die Muräne kriecht, schleicht, zieht und rennt. Sie trommelt, tanzt mit einem Hammer und lacht. Wäre sie sichtbar, dann würde in jedem Winkel meines Kopfes Blut kleben von all ihren Angriffen. Das Blut, es fließt zu Boden, vorbei an meinen Tränen, vorbei an Erbrochenem und bildet einen See. Ein zweifacher See durch meine Augen, mit bunten Funken die Kreise ziehen. Der pulsierende Druck steigt. Das Schmerzlevel steigt Minute um Minute. Mein Schreien verstummt innerlich. Es wandelt sich in ein leises Flüstern, es greift nach mir und äußert einen Wunsch. Der Wunsch zu sterben. Der Dunkelheit, die mich schützt, der Schmerzen, die mich zermürben und der Muräne die mich immer und immer wieder besucht zu entkommen.
Einige Tage später begrüße ich die Sonne. Möchte sie festhalten und ziehe mich an ihr hoch, tanke Energie und stehe wieder auf. Ich stehe wieder auf. Wir stehen immer wieder auf. Deshalb sind Menschen mit Migräne Kämpfer.