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Kapitel 3

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Silas strich mit seinem Daumen über Rhys' Kiefer, ehe er ihn losließ. Der Amerikaner war tatsächlich gefährlich. Er durchschaute Silas' Illusionszauber ohne Probleme. Noch interessanter war, dass Rhys Silas' wahre Erscheinung sah und nicht davon überwältigt wurde. Zur Lust getrieben, ja – das ließ sich leicht genug erkennen. Aber er behielt die Kontrolle über sich selbst.

Nicht gerade ein menschlicher Zug. Aber Rhys war ein Mensch. Silas schob seine wachsenden Zweifel beiseite. Rhys musste ein Mensch sein, trotz des sanften Stroms an Energie, den er beim Kuss gespürt hatte.

Ein mutiger Schritt. Unerwartet. Verlockend. Silas konnte ihn noch immer schmecken, obwohl er Scotch getrunken hatte. Anscheinend war Rhys die Art von Mann, die ebenso gut austeilen wie einstecken konnte. Silas' Schwanz wurde bei dem Gedanken hart.

Es war außerdem ein Test gewesen, um zu sehen, was im Raum um sie herum passierte. Ein kluger Zug.

Rhys flachzulegen, könnte sehr interessant werden.

»Sollen wir dann?« Silas deutete zum Eingang der Bar.

Rhys zögerte. »Der Scotch?«

»Also magst du ihn doch?« Silas kannte die Antwort bereits, doch er wurde mit einem Hauch Röte auf Rhys' Wangen belohnt.

»Ja, ich mag ihn.« Rhys hielt inne und beugte sich dann zu ihm. »Du sorgst dafür, dass alles besser schmeckt.«

Noch mutiger.

Silas ließ seine Finger über Rhys' Kehle geistern und stahl sich einen kurzen Kuss von seinen Lippen. »Wir werden das irgendwann austesten müssen.«

Oh, das brachte Rhys zum Erröten. Silas war versucht, das Abendessen einfach zu überspringen, Rhys mit in seine Kabine zu nehmen und dessen Mund an die Arbeit zu schicken. Doch das Sonnenlicht draußen warf lange Schatten. Er brauchte keine Uhr, um zu wissen, dass die Nacht näher kam. Nach so vielen Jahren spürte er den Sonnenuntergang in seinen Knochen.

Rhys wäre dann in Gefahr, wenn Silas' Vermutung sich bewahrheitete. Wenn solch eine Sache wahr sein konnte.

»Nimm den Scotch einfach mit.« Silas hob sein Glas an und schlug die Richtung des Restaurants ein, das er ausgesucht hatte. Rhys lief neben ihm her.

Es war nur ein kurzer Weg von der Bar bis zu einem der kleineren und höherklassigen Restaurants an Bord. Gedämpftes Licht, goldene Akzente und strahlend weiße Wände verliehen dem Raum ein griechisch-römisches Ambiente, obwohl die meisten römischen Gaststätten nie derart polierten Marmor gesehen hatten.

Silas nannte dem Oberkellner seinen Namen, woraufhin sie zu dem Tisch geleitet wurden, den er vor gerade einmal anderthalb Stunden reserviert hatte.

Das war die erste Sache, um die er sich nach seiner Dusche gekümmert hatte. Direkt danach hatte er den Manager der Bar ausfindig gemacht, um ihn nach Rhys' Visitenkarte zu fragen. Sein dritter Halt war die Bibliothek des Schiffes gewesen, um ins Internet zu gehen. Der Amerikaner hatte eine sehr interessante persönliche Vergangenheit.

Rhys glitt auf den Stuhl ihm gegenüber.

Eine Kellnerin nahm ihre Bestellung auf. Meeresfrüchte-Feuillantine für ihn, Chateaubriand-Steak für Rhys.

Nachdem sie gegangen war, schaute Rhys sich um. »Wow.«

Silas riskierte einen Kommentar über Rhys' Vergangenheit. »Sicherlich bist du schon in eleganten Restaurants gewesen? Wenn deine Mutter auf Tour war?«

Das erzeugte eine Reaktion. Muskeln verspannten sich. Die Stimme war anklagend. »Du wusstest, wer ich bin.«

Er würde weglaufen.

»Rhys, nicht.« Silas legte so viel Befehlskraft in seine Stimme, wie er sich traute, obwohl er bezweifelte, dass das bei Rhys funktionieren würde. Er fügte ein ehrliches »Bitte« hinzu.

Letzteres, vermutete er, überzeugte Rhys zum Bleiben. Er zitterte noch immer, aber er blieb sitzen.

»Nachdem ich geduscht habe, bin ich zurück in die Lounge und habe den Manager nach deiner Karte gefragt. Danach habe ich mich über dich informiert.«

Ein Teil von Rhys' Anspannung löste sich. »Nachdem du geduscht hast?«

»Als wir uns im Gang… unterhalten… haben, warst du mir vollkommen fremd.«

Rhys rutschte auf seinem Stuhl herum. Mehr Wut verflog, aber nicht alle. »Ich bin seit zwei Wochen in den Nachrichten.«

»Ich achte nicht sonderlich auf die Nachrichten. Schon seit Jahren nicht.«

»Ich bin mir nicht sicher, ob ich das glaube.« Rhys nippte am Scotch. »Und ich bin mir nicht sicher, ob ich das mit der Visitenkarte glaube. Der Kellner wollte mir deinen Namen nicht verraten.«

»Sein Name ist Vasil.«

Rhys starrte ihn an.

»Namen sind wichtig, Rhys. Bemerke sie. Behalte sie.« Silas legte seine linke Hand mit der Handfläche nach oben auf den Tisch. Er war sich nicht sicher, ob Rhys die Geste, die Einladung verstehen würde. »Der Manager, Benjamin, hat mir deine Karte gegeben, weil er gesehen hat, wie du sie mir angeboten hast.«

Das besänftigte Rhys nicht. »Das hat der Kellner auch.«

Er war zu sehr mit seiner Entrüstung beschäftigt, um den Unterschied zu sehen. »Vasil hat gesehen, wie du mir deine Kontaktdaten angeboten hast. Umgekehrt hat er es nicht gesehen. Ich habe dir nichts hinterlassen.«

Das musste zu Rhys durchgedrungen sein, denn er sank in seinen Stuhl zurück. »Oh.«

Silas unterbrach die Stille zwischen ihnen nicht, zufrieden damit, abzuwarten. Einen Moment später nickte Rhys. »Ich hätte dir eine Nachricht hinterlassen sollen.«

»Das wäre vielleicht klüger gewesen, als einen Bestechungsversuch zu starten.« Er hatte seinen Spaß daran zu beobachten, wie Rhys errötete.

»Jaa.« Rhys' Blick fokussierte sich, wanderte nach oben, dann den Tisch entlang, bis zu der Stelle, wo Silas' Hand lag. Er legte selbst eine Hand auf den Tisch und ließ sie in Silas' gleiten. Warme Haut auf Haut, ein kleiner Strom Elementarenergie.

Rhys' Herz hämmerte noch immer wild, doch die Anspannung war verschwunden. Silas drückte seine Hand sanft.

Rhys räusperte sich. »Silas? Was machst du nur mit mir?«

Er antwortete wahrheitsgemäß. »Nichts.«

»Was machst du dann mit allen anderen?«

Er konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Ich zeige ihnen lediglich das, was sie sehen wollen.«

Rhys lachte. »Was bist du dann? Irgendeine Art Magier?«

»Nein, kein Magier.« Er hob sein Glas und trank den letzten Rest seines Scotchs. Dann stellte er es wieder ab. »Ich gehöre zu den Fae.«

Wieder einmal verspannte sich Rhys vor Schock. »Fae. Du meinst, so wie eine Fee?«

»Na ja, ich habe keine Flügel. Und ich fliege auch nicht herum und ziehe eine Spur aus Feenstaub hinter mir her.« Silas streichelte mit seinem Daumen über Rhys' Handrücken. »Und ich bin nicht nur zwölf Zentimeter groß.«

Rhys wurde blass. »Du meinst das ernst.«

»Sehr.«

Rhys öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Der Unglaube war ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Zum Glück wurde ihnen das Essen gebracht, was Silas eine Pause von den ganzen Fragen bescherte.

Er musste Rhys' Hand loslassen, um essen zu können. Das war eine Schande. Er vermisste den Hautkontakt. Allerdings war es besser, Rhys etwas Zeit zu lassen. Von Rhys' Verhalten, das er in der letzten Stunde beobachtet hatte, wusste er, dass Rhys solche Informationen erst einmal gedanklich verarbeiten musste.

Sie unterhielten sich während des Essens nicht, bis Rhys wieder das Wort erhob. »Ähm, ich bin nicht irgendwie dein Diener für die nächsten sieben Jahre, oder?« Da war ein Stocken in seiner Stimme, das schwer zu deuten war. Vielleicht Sarkasmus.

»Thomas the Rhymer. Du kennst also die klassischen Sagen.« Beeindruckend, auch wenn Silas ein Schaudern unterdrücken musste. Sieben Jahre an den Willen eines anderen gebunden zu sein? Das wünschte er niemandem. Er hatte es selbst erlebt, bei Weitem mehr als sieben Jahre lang.

Silas spielte mit einer Garnele auf seinem Teller herum.

Rhys hatte wieder Farbe im Gesicht und rote Flecken zierten seinen Hals.

»Nein, ich kann dich meinem Willen nicht unterwerfen. Es gibt kein Feenreich, das jenseits eines Flusses aus Blut liegt, in das ich dich bringen kann. Ich gehöre genauso sehr zu dieser Welt wie du.«

»Ich schätze, das ist gut. Ich bin nicht bereit, an magische Welten zu glauben, die neben dieser existieren.« Er schaute zu Silas auf. »Wie siehst du wirklich aus?«

Da war wieder dieser Tonfall. Silas legte seine Gabel beiseite. »Du siehst mich so, wie ich wirklich bin. Du hast mich gefragt, warum sonst niemand auf mich reagiert? Für alle anderen sehe ich nicht so fesselnd aus.«

Er verarbeitete das. »Also funktioniert das, was auch immer du tust, bei mir nicht.«

»Es scheint so.«

»Warum nicht?«

Silas begutachtete Rhys. Oh, da war Misstrauen, vielleicht auch Wut. Und warum auch nicht? Gleichzeitig war da das schleichende Bewusstsein der Wahrheit, das tief in Rhys' Innerem schlummerte. »Das ist das, was ich herauszufinden versuche.«

***

Er musste lügen. Rhys wiederholte diesen Satz wieder und wieder in seinem Kopf. Silas musste lügen, denn die Wahrheit war unmöglich. Fae? Glaubte Silas, dass er ein Idiot war? Spielte er mit dem Verstand des naiven, reichen Jungen, weil er daraus irgendein perverses Vergnügen zog? Damit war er zu weit gegangen.

Er klammerte sich an seine Wut. Fae? Auf keinen Fall. »Das ist ein nettes Ausweichmanöver.«

Silas zuckte die Schultern. »Es ist die Wahrheit.«

Was für ein Arschloch. »Du weißt nicht, was mich ach so besonders macht, dass ich durch deine Illusionen sehen kann?«

»Illusionszauber.« Ein Hauch von Genervtheit schlich sich in Silas' Stimme. »Ich habe einen Verdacht, aber keinen Beweis.«

»Du laberst so eine Scheiße.«

Endlich stieg die Wut, die Rhys am Nachmittag miterlebt hatte, in Silas auf. »Tue ich das?« Jedes Wort war eine Herausforderung.

»Ja.« Rhys schob seinen Stuhl zurück. Einen Kerl zu küssen, war eine Sache; das konnten die Leute ignorieren. Er holte tief Luft und schrie dann so laut er konnte: »Hey! Alle mal herhören! Dieser Kerl behauptet, eine verdammte Fee zu sein!«

Die Unterhaltungen im Raum wurden nicht einmal leiser. Niemand drehte sich um. Besteck klimperte, Kellner wuselten umher. Es war, als wäre überhaupt nichts passiert.

Zum Teufel. Rhys' gesamter Körper wurde heiß. Er schaute auf Silas herab.

»Bist du fertig?«

Er ließ sich auf den Stuhl sinken. »Heilige Scheiße.«

Der Hauch eines dunklen Lächelns breitete sich auf den Lippen des Mannes – des Fae – aus, der ihm gegenübersaß.

»Das kann nicht wahr sein. Du kannst kein…« Oh Scheiße. Silas' Aussehen, seine Leidenschaft und Stärke und die Tatsache, dass niemand auf diesem gesamten Schiff ihn anbaggern wollte – so unglaublich es auch klang, die Erklärung passte. Abgesehen von…

»Ich werde nicht verarscht, oder?«

Silas runzelte verwirrt die Stirn. »Ich verstehe nicht, was du meinst.«

Oh. »Ausgetrickst. Hereingelegt.«

»Nein.« Silas erhob sich und überragte den Tisch. »Brauchst du noch mehr Beweise?«

Er hatte Angst davor, Ja zu sagen. Gleichzeitig hatte er Angst, Nein zu sagen. »Was wirst du tun?«

»Ich habe mich noch nicht entschieden.« Er umrundete den Tisch und schaute auf Rhys herab. »Die Wahrheit ist, dass ich dich auf den Tisch legen, dich ausziehen und dir den Verstand herausvögeln könnte, ohne dass auch nur jemand mit der Wimper zucken würde. Danach würde die Kellnerin einfach vorbeikommen und uns einen Nachtisch anbieten.«

Rhys' Mund wurde trocken und sein gesamter Körper fühlte sich an, als stünde er in Flammen. »Das wirst du nicht…«

Silas kniete sich hin. »Nein.« Er umfasste eins der Stuhlbeine des Stuhls, auf dem Rhys saß, und zog es zur Seite. »Das Geschirr ist zu hübsch, um es einfach auf den Boden zu werfen. Ich habe da eine andere Idee.« Er streckte die Hand nach Rhys' Gürtel aus und öffnete ihn.

Sein Vorhaben wurde dadurch blendend klar.

»Silas!« Rhys zischte seinen Namen. »Das kannst du nicht tun!«

»Das kann ich. Und ich werde es.« Silas schaute zu ihm auf. »Es sei denn, du sagst mir, dass ich aufhören soll.«

Rhys starrte in diese bernsteinfarbenen Augen. Oh Gott, Silas sagte wirklich die Wahrheit. Er sollte ihn auffordern aufzuhören, dieses eine Wort über die Lippen bringen. Doch er verzehrte sich mehr als alles andere nach diesem Mann. Fae. Was auch immer er war.

Ein Grinsen breitete sich auf Silas' Lippen aus. Er knöpfte Rhys' Hose auf, öffnete den Reißverschluss und schob dann seine Unterwäsche herunter.

Kühle Luft umgab Rhys' Erektion. Ein Blowjob mitten im Restaurant. Wenn das nicht mal eine verbotene Fantasie war, die wahr wurde.

»Letzte Chance.« Geflüsterte Worte, weich wie Seide.

»Tu es.« Seine eigene Stimme klang kehlig.

Ein leises Lachen, dann umgab Silas' heißer Mund die Spitze von Rhys' Schwanz, während Silas seine Hand um Rhys' Schaft legte.

Die feuchte, weiche Wärme und das Gefühl von Silas' samtiger Zunge, die über den Rand von Rhys' Eichel leckte, sorgte dafür, dass sich ein Kribbeln in seinem ganzen Körper ausbreitete. Tief in ihm öffnete sich ein Abgrund, der nur von Silas' Hitze gefüllt werden konnte. »Oh fuck.« Er vergrub seine Finger in Silas' Haar und stieß nach vorne.

Silas tat ihm den Gefallen und nahm mehr von Rhys' Länge in seinen Mund auf, ehe er sich zurückzog. Die kühle Luft an Rhys' Schaft schickte mehr Feuer in seine Venen und zu dieser schmerzenden Stelle in ihm. Dann nahm Silas Rhys wieder in sich auf.

Elektrische Schläge zuckten über Rhys' Haut. Gott. Silas' Zunge umschmeichelte die Haut seiner Länge, schnellte über seine Eichel und den Schlitz oben. Die Luft, die sie umgab, duftete wie eine regnerische Sommernacht bei offenem Fenster. Feuchte Eichenblätter und ein warmer, nasser Wind, der einen Hauch Heckenkirsche mit sich trug.

Zur Hölle, vielleicht war Silas wirklich ein Fae.

Rhys schaute nach unten. Der Anblick dieser perfekten Lippen, die sich weit geöffnet um seinen Schwanz dehnten, sorgte dafür, dass der Schmerz in ihm pulsierte. Dann summte Silas, ein sanfter Laut voller Lust, der durch jeden Zentimeter von Rhys' Körper drang. Feuer flutete den Abgrund in Rhys und seine Hoden zogen sich zusammen.

»Silas, ich…«

Rhys kam, die Hände in Silas' Haaren geballt, und rief seinen Namen mitten in einem Fünf-Sterne-Restaurant auf einem verdammten Kreuzfahrtschiff.

Offensichtlich war Silas der Typ, der schluckte. Denn er trank jeden Tropfen von Rhys und leckte seinen Schwanz sauber. Danach verstaute er ihn wieder in der Hose, zog sogar den Reißverschluss wieder hoch und schloss den Gürtel.

Rhys hatte bereits Blowjobs bekommen, aber sie hatten ihn sich nie so… vollständig fühlen lassen. Er fuhr mit zittrigen Fingern durch diese schwarzen Locken. »Himmel, Silas. Das war verdammt großartig.«

»Schau dich im Raum um.« Seine Worte klangen rau, aber zufrieden.

Rhys tat wie ihm geheißen. Alles normal. Die Gäste unterhielten sich und lachten. Kellner bewegten sich mit Wein, Getränken und Tellern – sowohl vollen als auch leeren. Niemand schaute auch nur in ihre Richtung.

»Ich glaube dir«, erklärte Rhys.

Silas erhob sich, beugte sich über ihn und küsste ihn. »Das solltest du auch. Ich blase nicht jeden Tag jemanden.« Er war atemlos und unter seiner gebräunten Haut zeigte sich ein Rotschimmer.

Rhys schmeckte sich selbst in dem heißen Mund. »Aber es hat dir gefallen.« Er hatte das lustvolle Stöhnen gehört und die Befriedigung auf Silas' Gesicht gesehen.

»Sehr sogar.« Silas richtete sich auf, ging auf die andere Seite des Tisches und setzte sich. Er nahm eine Serviette und tupfte sein Kinn ab. »Wie ich bereits gesagt habe, ich mag dich.«

Er wusste nicht, wie er darauf antworten sollte. Konnte seine Gedanken nicht schnell genug ordnen.

Er wurde von der Kellnerin gerettet. »Haben die Herren Interesse an einem Dessert?« Sie reichte ihnen beiden eine Karte.

Silas winkte ab. »Nur einen Cappuccino für mich.«

Rhys gab ihr die Karte zurück. »Ich nehme dasselbe, danke.«

Sie nickte und verschwand.

Rhys biss sich auf die Innenseite seiner Wange. Wie konnte er seine Gefühle erklären, wenn er sie selbst nicht verstand? »Silas, ich… Wie viel hast du im Internet über mich gelesen?«

Silas faltete seine Hände. »Nicht viel. Du bist der Sohn einer Cellistin von Weltklasse und eines Antiquitätenhändlers. Du bist selbst ein Künstler – ein Bildhauer. Deine Mutter ist vor zwei Wochen gestorben und du hast elf Millionen Dollar geerbt, von denen niemand wusste, dass sie sie hatte. Das ist alles.«

Rhys lachte. »Ich weiß, dass da draußen noch mehr Informationen herumschwirren.«

»Ja«, sagte Silas. »Aber ich habe schon vor Jahren aufgehört, den Medien meine Aufmerksamkeit zu schenken. Neunundneunzig Prozent Spreu, ein Prozent Weizen. Es ist es nicht wert, das zu trennen.«

Die Kellnerin kam mit ihren Cappuccinos wieder und zog sich dann zurück.

Rhys legte eine Hand um die Tasse. »Meine Familie war siebzehn Jahre lang perfekt. Eine Mutter, die mich singen und tanzen lassen hat, mich die Kunst entdecken lassen hat, bis ich gefunden habe, was ich liebe. Ein Vater, der mir beigebracht hat, wie man Baseball spielt und zu jedem meiner Footballspiele gegangen ist.« Er versuchte, die Bitterkeit aus seiner Stimme zu halten, doch versagte.

»Und dann?« Silas' Stimme war sanft.

Das überraschte Rhys, aber schließlich überraschte ihn alles an Silas.

Er atmete durch und fuhr fort. »Dad hat mich erwischt, wie ich mit einem anderen Jungen herumgemacht habe. Er hätte mich noch am selben Tag aus dem Haus geworfen, aber ich war siebzehn. Mom hat ihn nicht gelassen. An meinem achtzehnten Geburtstag hat er mir Pappkartons gekauft und mir gesagt, ich solle verschwinden. Das habe ich getan. Ich habe jahrelang mit keinem von beiden gesprochen.«

Silas schien all die Informationen in sich aufzunehmen. Er nickte langsam. »Aber du hast dich mit deiner Mutter versöhnt.«

»Ja. So viel das jetzt auch wert ist. Sie und Dad haben sich fünf Jahre, nachdem ich gegangen war, getrennt. Einen Monat später hat sie mich angerufen und mich angefleht, ihr zu vergeben.« Rhys nippte an seinem Kaffee. Es war eine unangenehme, schmerzhafte und wundervolle Unterhaltung gewesen. Aber jetzt war es – all die Ehrlichkeit und Offenheit im Tausch für diese paar Jahre – nichts mehr wert.

»Und dein Vater?«

»Oh, Derrick.« Rhys stieß ein bitteres Lachen aus. »Er hasst mich. Gibt mir die Schuld an der Scheidung. Wahrscheinlich auch an ihrem Krebs.« Er hielt inne. »Machst du immer noch diese Sache, die du machst?«

»Illusionszauber«, sagte Silas. »Du kannst davon ausgehen, dass ich das mache, wenn wir nicht gerade alleine sind.«

»Weil« – Rhys senkte seine Stimme – »ich darf dir nicht sagen, was ich dir gleich sagen werde. Das war die Abmachung. Aber du wirst mich nicht verstehen, wenn ich es nicht tue.«

Silas neigte den Kopf zur Seite, sein Gesichtsausdruck wandelte sich zu intensiver Neugier. »Keiner wird es hören.«

»Ich meine, könnte ein anderer Fae…« Rhys wedelte mit seiner Hand über den Tisch.

»Ein anderer Fae könnte meinen Zauber durchschauen, ja. Aber es ist kein anderer meiner Art auf diesem Schiff. Ich wüsste, wenn es so wäre.«

»Was ist mit jemandem wie mir?«

Silas hielt inne und sprach, als würde er seine Worte sorgfältig abwägen. Selbst sein Akzent wurde deutlicher. »Ich glaube, dass du ziemlich einzigartig auf der Welt bist.«

Rhys grübelte darüber nach. Einzigartig. Er schob die auftretenden Fragen beiseite. Eins nach dem anderen.

»Neun Monate bevor ich geboren wurde, es war der letzte Abend einer Europatournee, hatte meine Mom eine Affäre mit irgend so einem Kerl, den sie getroffen hat, als sie nach dem Konzert Cocktails getrunken hat. Sie kam mit mir nach Hause. Hat niemandem davon erzählt.«

»Aber sie wusste, dass sie von ihm schwanger war?«

»Ja. Und anscheinend hat der Kerl herausgefunden, dass sie sein Kind bekommen hatte und hat ihr einen Haufen Geld bezahlt, damit sie nie jemandem etwas davon erzählt. Nicht einmal ihrem Ehemann. Oder ihrem Sohn.«

Silas rutschte auf seinem Stuhl herum und beugte sich über seinen Kaffee. »So etwas zu tun, ist sehr merkwürdig.«

Das war die Untertreibung des Jahres. »Es ist verdammt abscheulich, so was zu tun. Bei der Verlesung des Testaments musste ich nicht nur der Abscheu und der Wut des Mannes entgegentreten, von dem ich dachte, er wäre mein Vater, ich fand auch noch heraus, dass er überhaupt nicht mein Vater ist. Und dass der Kerl, der es ist, so wenig mit mir zu tun haben will, dass er bereit war, elf Millionen Dollar zu zahlen, damit ich niemals versuche, ihn ausfindig zu machen.« Rhys trank den Rest seines Kaffees. »Innerhalb von einer Stunde habe ich gelernt, dass alles, was ich über mein Leben wusste, eine Lüge war. Meine tote Mutter hat mir ins Gesicht gelogen und ich habe gleich zwei Väter, die lieber mich im Grab gesehen hätten.«

Silas lehnte sich zurück und beobachtete Rhys, sagte jedoch nichts.

Rhys fuhr sich mit einer Hand durchs Haar und senkte seine Stimme. »Weißt du, das meiste von dem, was in der Zeitung steht, ist gequirlte Scheiße, aber manches nicht. Ich bin mit diesen Neuigkeiten nicht gut klargekommen. In Wien habe ich mein Auto sturzbetrunken gegen einen Springbrunnen gefahren. Hab mich fünf Tage lang in einem Hotelzimmer verkrochen, nur in meiner Unterwäsche. Hab einem Fotografen eine reingehauen.«

Silas nickte. »Zorn. Verständlich.«

»Aber das bin nicht ich. Ich war… am Boden zerstört. Zerbrochen. Wochenlang.« Rhys atmete tief ein. »Und dann habe ich dich getroffen.«

»Und?« Ehrliche Neugier lag in der Stimme.

»Ich habe mich wieder ganz gefühlt. Wie ich selbst.« Rhys lachte. »Und jetzt sagst du mir, dass du ein Fae bist, was so ziemlich alles zerstört, was ich über die ganze verfickte Welt weiß.«

»Und?«

»Ich fühle mich, als wäre alles genau richtig. Als wäre mein Leben gerade in die richtige Bahn gelenkt worden.«

Mein geliebter Jäger

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