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England, Schottland und die französische Krone
ОглавлениеIN DER ZWISCHENZEIT VERSUCHTEN die Engländer, den Krieg gegen die Schotten wieder aufzunehmen; jedoch gelang es ihnen nicht, das schottische Heer beim Einmarsch in das Tal von Weardale im Juli 1327 erfolgreich zu umzingeln. Grund für dieses Misslingen des englischen Feldzuges war eine gewaltsame Auseinandersetzung zwischen den Soldaten Johanns von Hennegau und englischen Bogenschützen. Unter solchen Umständen sahen sich Eduard III. und seine Berater gezwungen, einem weiteren demütigenden Vertrag zuzustimmen. Am 17. März 1328 versicherte Eduard im Vertrag von Edinburgh (der im Mai in Northampton ratifiziert wurde), dass er „jedweden Anspruch, den Wir und Unsere Vorfahren in Schottland auf jegliche Art vertreten haben“ endgültig aufgebe. Auf diese Weise erkannte er Robert I. als König von Schottland an, ohne von diesem eine Huldigung zu fordern.
In dieser Situation trat ein weiteres Problem auf: die Regelung der französischen Thronfolge. Karl IV. war am 31. Januar 1328 gestorben, woraufhin allgemein die Geburt seines nachgeborenen Kindes erwartet wurde. Am 1. April 1328 schließlich brachte die Königin Johanna eine Tochter zur Welt. Bereits im Februar 1317 hatte eine Ratsversammlung entschieden, dass weibliche Erben von der französischen Thronfolge ausgeschlossen waren. (Diese Entscheidung war unter dem Einfluss der möglichen Thronbesteigung durch eine Tochter Ludwigs X. gefällt worden, die dann zu Gunsten ihres Onkels Philipps V. übergangen wurde.) Aufgrund dieser eindeutigen Rechtslage gab es 1328 so gut wie keine Diskussion über einen möglichen Anspruch der neugeborenen Tochter Karls IV. Der rechtmäßige Erbe war nach vorherrschendem Verständnis Philipp von Valois, ein Cousin des verstorbenen Königs, der für die Zeit der Schwangerschaft Johannas von Evreux bereits die Regentschaft übernommen hatte. Den Grandes Chroniques de France zufolge reiste damals eine englische Delegation nach Paris, um für Eduard III. als Erben zu plädieren. Dieser – so das Argument – sei, als Neffe, näher mit dem Verstorbenen verwandt gewesen als der Cousin Philipp von Valois. Einige französische Rechtsgelehrte mögen dem sogar zugestimmt haben. Allerdings gab es auch das Gegenargument, demzufolge Eduards Anspruch durch seinen Vasallenstatus geschwächt wurde – ganz abgesehen davon, dass er selber auf einer weiblichen Erbfolge beruhte. Durch Philipps Krönung in Reims am 29. Mai wurde die Angelegenheit faktisch beigelegt.
Auch argumentierte man, dass eine Unterwerfung des französischen Königtums unter das englische eine nie dagewesene, auch ganz unvorstellbare Sache sei und dass der König von England ein Vasall und Lehnsmann des Königs von Frankreich sei.
(GRANDES CHRONIQUES DE FRANCE, ZUR FRAGE DER THRONBESTEIGUNG PHILIPPS VI.)
Es ist schwer zu ermessen, wie ernst die Engländer den Anspruch auf den französischen Thron im Jahr 1328 tatsächlich nahmen. Dem Anschein nach unternahmen sie damals nichts, um auf der Grundlage eines solchen Anspruchs bessere Konditionen für ihre Herrschaft im Herzogtum Guyenne auszuhandeln. Ganz bestimmt lässt sich allerdings sagen, dass das Jahr 1328 für beide Länder ein schicksalsträchtiges war. England wie Frankreich hatten einen frisch gekrönten König, dessen Anspruch auf den Thron zwar nicht zweifelhaft, aber doch ungewöhnlich war. Der Ausbruch des Hundertjährigen Krieges hing ganz maßgeblich von der Art und Weise ab, auf die sowohl Philipp VI. als auch Eduard III. im folgenden Jahrzehnt die Durchsetzung ihrer Autorität betrieben – sowohl im Inneren wie auch im Äußeren.