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Die Tischkultur der Osmanen
ОглавлениеZweimal am Tag, am späten Vormittag und am Frühabend, kurz vor Sonnenuntergang, versammelte sich die osmanische Familie zum Essen. Aufgetischt wurde nicht in einem eigenen Esszimmer, sondern im Hauptwohnraum des Hauses. Dort nahm man mit unterschlagenen Beinen auf dem Boden Platz. Kissen, Polster und Teppiche boten bequeme Sitzgelegenheiten. In vornehmen Haushalten aßen der Hausherr und sein Harem, also die weiblichen Familienangehörigen, getrennt.
Die Speisen servierte man auf großen runden Holz- oder Metall-tabletts, welche auf dem Boden oder einem niedrigen Untersatz abgestellt wurden. Die Wohlhabenden ließen das Essen in Schüsseln aus verzinntem Kupfer oder Fayence auftragen, aus denen man gemeinsam aß. Am Sultanshof gab es sogar Gold- und Silbergeschirr sowie solches aus chinesischem Porzellan.
Das einzige Essbesteck war der Löffel, mit dem Suppe und Reis gegessen wurden. Er bestand aus edlem Material, z.B. Elfenbein, Messing, Schildpatt oder Holz, das mit bunter Lack- und Goldfarbe bemalt war. War man auf Reisen, führte man ihn gelegentlich in einem am Gürtel befestigten Futteral mit sich.
Seine Benutzung regelten genaue hygienische Vorschriften. Die rechte Löffelhälfte, die “Schöpfseite“ tauchte man ins gemeinsame Essen, aber nur bis zur Mitte des Löffelbodens. Die linke Partie des Löffels, die “Essseite“, führte man an die Lippen. Niemals durfte von der Spitze des Löffels gegessen werden. Die übrigen Speisen nahmen die Osmanen mit den Fingern der rechten Hand, die während des Essens mit Servietten und Wischtüchern gereinigt wurden.
Danach wuschen sie sich die Hände mit Duftwasser, das mit Moschus, Sandelholz oder Blüten versetzt war. Geradezu legendär war die orientalische Gastfreundschaft auch bei den Osmanen. Hatten sie Gäste im Haus, legten sie ihnen während des Essens mit besonderer Höflichkeit und Nachdruck immer wieder nahe, sich erneut zu bedienen. Außerdem war das gemeinsame Mahl von Segenssprüchen auf das Wohl des Gastes begleitet.