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A. Die Werbung in den Medien

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Werbung spielt immer noch und in immer neuen Formen[1] eine wesentliche Rolle in der Medienwelt. Für den privaten Rundfunk weist § 43 RStV[2] ausdrücklich auf Werbung als zulässige Einnahmequelle hin. Für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist dies in § 13 RStV statuiert. Durch die Werbung wird die Existenz insbesondere der frei verfügbaren Medien ermöglicht und gesichert. Sie dient der Finanzierung von Medien und damit letztlich insgesamt der Informationsvermittlung und der Entfaltung der Meinungsfreiheit. Diesem Aspekt trägt auch die Regulierung Rechnung, indem sie eine Balance zwischen der Erreichung notwendiger Schutzziele einerseits und der Sicherung der Finanzierungsgrundlage für Medieninhalte andererseits herzustellen versucht. In diesem Sinne sind gerade im Rundfunkbereich Deregulierungstendenzen erkennbar, die einhergehen mit der Begrenzung werblicher Betätigungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstalter. Bereits mit der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie) wurde auf die Entwicklungen im Medienbereich und deren Auswirkungen auf die Finanzierung des kommerziellen Fernsehens mit einer Liberalisierung der Werberegeln reagiert.[3] Diese Entwicklung setzt sich aktuell, erkennbar in den Beratungen zur Reform der AVMD-Richtlinie, fort.[4]

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Werbung bezeichnet die kommerzielle Kommunikation zwischen verschiedenen Marktteilnehmern. Da die Regulierung der Werbung unterschiedlichen Zweckrichtungen folgt und sie sich je nach eingesetztem Medium und anvisierter Zielgruppe in ihrer Erscheinungsform unterscheidet, variiert auch das, was gesetzlich unter Werbung verstanden wird, je nach Regelungsnorm. Allgemein geht das Begriffsbild aber dahin, dass Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs ist, die mit dem Ziel getätigt wird, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, zu fördern.[5]

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Das Recht, zu werben, fällt in den Schutzbereich der Grundrechte. So umfasst Art. 12 Abs. 1 GG Werbung als Teil der beruflichen Außendarstellung, Art. 5 Abs. 1 GG zugleich die Werbung als Gegenstand oder Mittel der Meinungsäußerung.[6] Werberestriktionen müssen daher als Schrankenregelung begriffen werden und unterliegen einer entsprechenden Rechtfertigungspflicht. Neben der verfassungsrechtlichen Dimension ist Werbung darüber hinaus in das System der Grundfreiheiten des europäischen Binnenmarktes einzuordnen.[7] Werbebeschränkungen, die nicht produkt-, sondern nur vertriebsbezogene Maßnahmen darstellen, unterfallen dabei grundsätzlich nur dann der Warenverkehrsfreiheit, wenn sie inländische und aus anderen Mitgliedstaaten stammende Erzeugnisse rechtlich wie tatsächlich nicht in gleicher Weise berühren. Sie sind damit regelmäßig als zulässige allgemeine Verkaufsmodalitäten anzusehen, die nicht geeignet sind, den Marktzugang für Waren aus anderen Mitgliedstaaten zu erschweren.[8] Ist eine Dienstleistung Gegenstand der Werbung oder stellt gerade die Werbung selbst eine Dienstleistung dar,[9] kommt die im Verhältnis zu den anderen Grundfreiheiten subsidiäre Dienstleistungsfreiheit zum Tragen. Hiernach sind Beschränkungen der Freiheit des Dienstleistungsverkehrs zumindest dem Grundsatz nach unzulässig; sie können jedoch nach der Ausnahmeregelung des Art. 62 i.V.m. Art. 52 AEUV (ex-Art. 55 i.V.m. 46 EGV) aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sein. Der EuGH hat in seiner Rechtsprechung weitere Ausnahmen zugelassen: Ihm folgend sind (unterschiedslos geltende) Beschränkungen ferner dann zulässig, wenn sie dem Schutz zwingender Gründe des Allgemeininteresses dienen.[10] Ein solches wurde etwa in Form des Schutzes der Rundfunkteilnehmer vor übermäßiger Werbung gesehen.[11] Nationale Werbebeschränkungen bedürfen danach auch aus dem Blickwinkel europäischen Rechts der Rechtfertigung.[12]

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Werberestriktionen erfolgen mit dem Ziel, die Unabhängigkeit der Medien vor der Einflussnahme Dritter sicherzustellen,[13] zum Schutz des Verbrauchers, aber auch eines fairen Wettbewerbs. Sie sind in unterschiedlichen Kodifizierungen zu finden. Hierbei ist zu differenzieren zwischen allgemeingültigen wettbewerbs- oder verbraucherbezogenen Regelungen, die für alle Medien anwendbar sind, wie das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), und spezialgesetzlichen Regelungen, die nur für bestimmte Medien oder bestimmte Produkte bzw. Dienstleistungen gelten. Dazu gehören z.B. die Landespressegesetze, die Landesmediengesetze, die ausführlichen Regelungen für Rundfunkwerbung im Rundfunkstaatsvertrag (RStV), das Telemediengesetz (TMG), das Telekommunikationsgesetz (TKG) oder der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV).[14] Als nicht gesetzliche Maßgaben gelten die im Rahmen der Selbstregulierung auferlegten Verhaltensregeln wie die Publizistischen Grundsätze des Deutschen Presserats (z.B. der Pressekodex) oder die Regelwerke des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft (z.B. die Verhaltensregeln des Deutschen Werberats gegen Herabwürdigung und Diskriminierung von Personen aus dem Jahr 2014) als Leitlinien für deren Mitglieder. Zur Durchführung der gesetzlichen Vorgaben aus den rundfunkrechtlichen Staatsverträgen der Länder sind die Landesmedienanstalten ihrer Ermächtigung und zugleich Verpflichtung nach § 46 RStV zum Erlass Gemeinsamer Richtlinien (so z.B. die Gemeinsamen Richtlinien der Landesmedienanstalten für die Werbung, die Produktplatzierung, das Sponsoring und das Teleshopping im Fernsehen bzw. Hörfunk)[15] nachgekommen („WerbeRL/Fernsehen“ bzw. WerbeRL/Hörfunk“). Die Rechtsnatur der Richtlinien als norminterpretierende oder normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift ist nicht abschließend geklärt.[16] Für die Auslegung und Anwendung der werberechtlichen Vorschriften des § 7 RStV hat das BVerwG jedoch festgestellt, dass den Landesmedienanstalten aufgrund fehlender besonderer Komplexität der Entscheidungsfindung kein Beurteilungsspielraum zukommt und es sich daher bei den hierauf bezogenen Richtlinien lediglich um norminterpretierende Verwaltungsvorschriften handelt.[17] Den Richtlinien kommt insofern dann allenfalls eine interne Bindungswirkung für das Handeln der Landesmedienanstalten als Medienaufsicht zu.[18] Für die Gerichte sind die Richtlinien hingegen nicht bindend und die Entscheidungen der Medienaufsicht vollumfänglich gerichtlich überprüfbar.

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Nachfolgend werden werberechtliche Bezüge des Medienrechts unter besonderer Berücksichtigung des Rundfunks aufgezeigt. Schwerpunkt wird hierbei auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und den Rundfunkstaatsvertrag gelegt.

Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

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