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1. Regulierungsziele und Regulierungsinstrumente

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Dass die vorhandenen Regeln zu kurz greifen und der Gesetzgeber prüfen muss, wie hierauf zu reagieren ist, wird nicht bestritten. Es bestehen grob zwei Möglichkeiten. Entweder wird auf die Regulierung eines Bereiches ganz verzichtet oder es erfolgt eine durchgängige Regulierung, bei der die Eingriffsgrenzen über De-Minimis-Regeln oder Ausnahmevorschriften gelockert werden können.[128] Jeder dieser Schritte will aber wohl abgewogen sein und muss der Wahrheit Rechnung tragen, dass eine zeitlose Gewährleistung von Medienfreiheiten bei technischer Schnelllebigkeit Züge eines Dilemmas aufweist. Deshalb wird ein Kombinationsmodell vorgeschlagen. Zum einen müssten die Begriffe von Rundfunk und Telemedien modifiziert und an die tatsächliche Praxis angepasst werden, so dass sie weiter Kategorien einer regulatorischen Ausgestaltung sein können. Hierbei ist indes sorgfältig auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu achten, die dem Rundfunk nach wie vor wegen seiner Suggestivkraft, Aktualität und Breitenwirkung eine Sonderrolle zuweist. Zum anderen wird aber eine neue Regulierungskonzeption erwogen, auf die zurückgegriffen werden kann, wenn und soweit der Rundfunk an Bedeutung und somit an Regulierungsbedürftigkeit verliert. Denkbar ist dann eine sog. „Opt-In-Regulierung“, die Anreize für Anbieter schafft, sich bestimmten Regulierungsregimen unterzuordnen. Der Gesetzgeber müsste hierfür die entsprechenden Kategorien zur Verfügung stellen und diese mit (für die Anbieter günstigen bzw. ungünstigen) Rechtsfolgen verknüpfen. Diese Kategorisierung würde dann unabhängig von der jeweiligen Mediengattung oder dem jeweiligen Angebotstypus geschehen. Anknüpfungspunkt für die vom Gesetzgeber zu schaffenden Kategorien wäre dann das Wirkpotential, nicht aber der Verbreitungsweg. Rundfunk, Plattformen und Telemediendienste können hierdurch maßvoll reguliert werden, ohne sie in Hinblick auf Art. 5 Abs. 1 GG pauschal und unnötig einzuengen.[129]

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Insgesamt erscheint es wichtig, sich bei der Regulierung auf Eckpunkte zu konzentrieren. Zu den wichtigsten Zielen der Medienpolitik und -regulierung zählen die Wahrung der von Art. 5 GG verfassungsrechtlich vorgegebenen Aufgaben der Verhinderung vorherrschender Meinungsmacht, die Abwehr staatlicher Einflüsse auf den Rundfunk und die Förderung von Vielfalt und Kreativität.[130] Sie muss aber auch die Medien und insbesondere den Rundfunk als Faktor von Wertschöpfung anerkennen. In dieser Eigenschaft greift der Schutz der unternehmerischen Freiheiten der Art. 12 und 14 GG sowie das Recht auf Gleichbehandlung aus Art. 3 GG. Medienregulierung muss daneben auch soziale, kulturelle und pädagogische Ziele beachten.

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Auf dem Boden des derzeitigen Systems kann der Gesetzgeber bei der Infrastruktur und beim Inhalt regulierend ansetzen. Dazu stehen ihm als Regulierungsinstrumente Ge- und Verbote, wie die im Rundfunkrecht durch das Lizensierungserfordernis vorgeschriebene ex ante Kontrolle, oder Möglichkeiten einer ex post ansetzenden Beanstandungskontrolle zur Verfügung. Letztere reichen von Sperrverfügungen über Ordnungsverfügungen bis zu den Mitteln des Strafrechts.[131] Daneben spielt in der Medienregulierung, namentlich im Jugendschutz, insbesondere nach der Novellierung des JMStV im Jahr 2016,[132] zunehmend die Regulierte Selbstregulierung eine Rolle, welche auf die Eigenverantwortung der Anbieter und eine nachgehende Kontrolle durch die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) setzt.[133]

Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht

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