Читать книгу Deutsche Frauen vor sowjetischen Militärtribunalen - Annerose Matz-Donath - Страница 10

Der Florian

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Weshalb war Irene Kunze nun eigentlich „abgeholt“ worden, wie man damals landläufig sagte? Eines Tages hatte eine flüchtige Bekannte sie angesprochen: Sie habe doch noch von ihrem gefallenen Mann Zivilanzüge im Schrank. Ob sie damit nicht einem helfen könne, der kein Zuhause mehr habe?

„‚Wir haben da so einen Ritterkreuzträger’, sagte die Frau, ‚der lag mit seiner kaputten Uniform im Wald, den mußten wir fast nackt ausziehen, der braucht Anzüge!’ Und so gab ich der Frau dann die gesamte zivile Kleidung meines Mannes mit. Denn was sollte ich noch damit? Ja. Und so kam ich an den Florian. Unter diesem Namen hat er sich vorgestellt, und so haben wir ihn auch genannt, Florian Sowieso. Den Nachnamen habe ich schon lange vergessen. Ritterkreuzträger – ob er das war, weiß ich wirklich nicht. Spielte ja auch keine Rolle. Denn wer hilft nicht einem Menschen in Not?“

Ein solcher Fall und eine solche Bitte waren damals in der Tat nichts Ungewöhnliches. Vielen Menschen war Haus und Heim im Bombenhagel untergegangen. Wer aus den verlorenen Gebieten im Osten und Süden Deutschlands stammte, konnte ja gar nicht mehr nach Hause. Auch dass dieser Florian anfing, Irene zu besuchen, schien unverfänglich. Ob es das wirklich war, darüber denkt sie heute noch manchmal nach:

„Vor allem an ein Erlebnis erinnere ich mich sehr deutlich. Es wurde damals doch immer nur vorübergehend geheizt. Ich hatte den Küchenherd angemacht, um zu kochen, als der Florian kam. ‚Hu‘, sagte er, ‚ist es kalt!‘ Es war ja auch kalt, es war eisiger Januar. Ja, sagte ich, auch der Herd geht gleich aus. Da nahm er einen Küchenstuhl, stellte den auf den Herd und setzte sich drauf. Das machte mich stutzig – irgendwie kam es mir seltsam vor. So östlich – wie bei den Russen. Aber als mir das richtig zum Bewußtsein kam – später, in der Zelle erst, als ich viel Zeit zum Grübeln hatte – da war es zu spät.

An den Ritterkreuzträger – nein, daran habe ich schon damals nicht geglaubt. Aber ob der Florian nicht ein Spitzel war?“

Durch Florian hatte Frau Kunze auch zwei andere junge Frauen kennengelernt, Ursel Liebner und Hanna Schumann, die sich dann mit ihr zusammen vor dem sowjetischen Kriegsgericht wiederfanden:

„Ursels Eltern hatten ein Lokal, eine altdeutsche Gaststube mit einem kleinen Hotel dabei. Hanna und ihre Eltern wohnten damals dort. Hanna half in der Küche aus, wo auch für Russen gekocht werden mußte. Ursel hatte während des Krieges in Frankreich studiert. Sie war gerade erst nach Hause zurückgekommen.

Die beiden jungen Frauen waren befreundet. Und Florian – ja, irgend jemand hatte ihn auch zu Ursels Eltern gebracht. Die hatten ihn aufgenommen und er kriegte da auch was zu essen. So kamen wir alle an ihn, und über ihn wurden wir auch miteinander bekannt. Denn einmal, als die beiden Mädchen ihn suchten, fiel ihnen ein, er hätte meine Adresse genannt. So kamen sie bei mir an, Ursel mit einem Hund, einem Riesenschnauzer so groß wie ein Kalb.

Die beiden fanden es so gemütlich bei mir, dass sie immer wieder kamen und mit den Kindern spielten. Die waren ja wirklich goldig damals, im süßen Alter von zwei und fünf.“

Auch Ursel Liebner und Hanna Schumann, für die Florian zum Schicksal geworden ist, begannen nach ihrer Verhaftung an seiner Identität zu zweifeln. Hanna Schumann heute:

„Es war Silvester 1945. Da kam ein angeblicher Offizier, Ritterkreuzträger, wie er sich ausgab, aus Beuthen in Schlesien. Uns hat er erzählt, er hätte der Irene Kunze eine Nachricht ihres gefallenen Mannes gebracht. Er brachte zwei junge Frauen mit, Thekla Sommer und Erni Kaiser, die inzwischen verstorben ist. Auch Ursel Liebner lebt übrigens heute nicht mehr. Beiden Frauen hatte der Mann, der sich mit Vornamen Florian nannte, versprochen, sie in den Westen zu bringen. Doch vorerst waren alle drei in Suhl gelandet. Sie wohnten in Liebners Fremdenzimmern und aßen in der Gaststube unten. Liebners fütterten alle drei mit durch.

Am Silvesterabend saßen wir Hausbewohner alle im Gastzimmer beisammen. Da sagte dieser bewußte Offizier, es würde nun alles wieder gut werden. Der Russe werde wieder rausziehen. Und wir würden wieder frei werden. Wenn wir mit dem Westen gingen, würde uns nichts passieren. Ja, das hat er so erzählt. Aber was sollten wir schon dazu sagen? Von irgend etwas Politischem war sonst gar nicht die Rede.“

Bei einer Routine-Razzia gegen Jahresende 1945 hatten russische Soldaten auch das Lokal und die Fremdenzimmer durchkämmt. Einer hatte dabei an Hanna Schumanns Armbanduhr zu viel Gefallen gefunden und sie eingesteckt.

„Ja, da hatte also einer meine Uhr mitgenommen. Und jetzt, bald nach dem Sylvesterabend, erscheinen eine Russin und zwei Russen mit Revolvern bei uns. Ursel Liebner hatten sie schon im Hause erwischt und holten nun auch mich aus der Wohnung raus. ‚Anziehen! Kurz mitkommen zur Kommandantur!’ Ich denke, das ist wegen meiner Uhr. Und die Liebners und meine Eltern waren ganz erstaunt, sagten: ‚Was ist denn los da im Hausflur?’

Diese Russin nahm eine Mappe mit all meinen Zeugnissen und Schuldokumenten mit. Wir wurden gar nicht gefragt. Und dann haben sie bei Liebners ausgeräumt! Alles mögliche, was die so an Wertgegenständen hatten.

Wir sollten mit zur Kommandantur. Und kommen runter, da steht schon ein Auto, ein größerer Wagen, und wir zwei da rein. Und wie wir auf den Gefängnishof kommen, in Suhl, da steht dort – im Gefängnishof – schon alles voller Menschen. Der Hund von Liebners ist dem Wagen nachgelaufen bis zum Gefängnis. Das hat man uns hinterher erzählt, als wir nach vielen Jahren nach Hause kamen. Der Hund ist noch tagelang von der Wohnung zum Gefängnis gelaufen und hat uns gesucht.

Ja, dann waren wir also weg, Irene Kunze, Erni Kaiser, Ursel Liebner, Thekla Sommer und ich auch. Auch die junge Hedda Böhler gehörte dazu, eine 16-Jährige, deren Großvater der älteste Kommunist unseres Ortes war. Selbst da haben sie nicht Halt gemacht. Nur der Mann, der sogenannte Florian, der war weg.

Wir wurden nach Schmalkalden geschafft. Dort landeten wir in einem Keller. Vier Wochen weiter wurden wir nach Weimar gebracht. Da war das große Tribunal – und wir waren plötzlich eine illegale Organisation. Dabei war nichts gewesen, als dass wir am Silvesterabend im Lokal zusammengesessen hatten, und der sagte ‚Nun wird alles wieder gut’. Pro-westlich eben. Das war es. Aber wir haben uns nie zusammengetan. Es hat nie eine Zusammenkunft gegeben – nur den einen einzigen Abend am Silvestertag.“

Zwei Frauen – zwei Seiten einer Alltagsgeschichte jener Zeit, so banal wie nur irgend eine. Vor dem Tribunal hörte sich alles plötzlich ganz anders an. Frau Kunze fand sich wieder als Haupt einer Verschwörung – als „Eckmann“, wie sie selbst es beschreibt, zu der sich dreizehn junge Frauen und Mädchen zusammengefunden haben sollten. Manche, wie Hedda Böhler, waren kaum dem Kindesalter entwachsen. Nur sieben stammten aus Suhl, und die meisten sahen sich vor dem Tisch des Tribunals zum allerersten Male. Der angebliche Frontsoldat, dem alle Familien geholfen hatten, war nicht dabei. Und so verstärkte sich der Verdacht, dass er ein Spitzel des NKWD gewesen war. Manche Deutsche verdienten sich seinerzeit in der Sowjetischen Besatzungszone auf solche Weise eigene Straffreiheit für politische Verstrickungen – oder auch nur ein Stück Speck zum trockenen Brot. 3.083 Deutsche zählte, wie man heute weiß, das Spitzelnetz des NKWD schon im Frühjahr 1946. Dazu über 100 Russen und Polen, die schon Anfang 1945 geworben worden waren.

Mehr als 3.000 Spitzel gegen weniger als 17 Millionen Menschen – das war ungeheuer viel, wenn man es mit der Zahl der Denunzianten vergleicht, die in der Nazizeit für die GESTAPO tätig waren: es waren 3.000 bis höchstens 5.000 Personen gegen rund 80 Millionen gewesen. Die STASI in der späteren DDR sollte es gegen 16 Millionen Bürger sogar auf 173.000 ‚inoffizielle Mitarbeiter’ bringen. Ein absoluter Rekord!

Doch zurück zu Irene Kunze. Sie hatte angeblich auch noch einem amerikanischen Freikorps angehört und 150 Russen umgebracht. Dabei hatte sie weder mit einem Amerikaner noch mit einem Russen je auch nur ein Wort gewechselt. In ihrer Hohenecker Gefangenenkarte ist auch nur eine „Mitgliedschaft in faschistischer Untergrundorganisation“ vermerkt.

Irene war nicht die einzige SMTerin, der in den Vernehmungen ein solcher Massenmord angelastet wurde, ohne dass er später als Grund der Verurteilung in den Akten erschien. Ein „amerikanisches Freikorps“ gab es natürlich auch nur in der Phantasie der Vernehmer. Die Anklage machte also nicht allzuviel Sinn. Aber kam es vor sowjetischen Gerichten je darauf an? Irene Kunze:

„Mein Vernehmungsoffizier hat gewußt, dass das alles nicht stimmen kann. Natürlich hat der das gewußt. Aber die kriegten ihre Urteile doch immer fertig – gleich mit Begründung. Das war doch alles schon vorher fertig, haben sie mir jedenfalls von allen Seiten gesagt …“

Der ganze Fall also nichts als eine Provokation, der Phantasie des NKWD entsprungen? Was der russische Historiker Michail Semirjaga inzwischen dazu veröffentlicht hat, legt eine solche Vermutung nahe. Semirjaga war seinerzeit Mitarbeiter der Sowjetischen Militär-Administration in Karlshorst. Über die Lage dort am Ende des Jahres 1945 hält er fest:

„Es häuften sich Fälle von terroristischen Aktionen (…). So wurde es jedenfalls in einem der Rapporte der Führung der Inneren Truppen des NKWD in Deutschland behauptet.

Derartige Ereignisse können in Einzelfällen durchaus vorgekommen sein. Aber sie stellten (…) keine ernsthafte Bedrohung dar. Jedenfalls haben weder ich noch meine Kollegen jemals von solchen Vorfällen gehört. Schon wenige Wochen nach Abschluß der Kampfhandlungen trugen wir keine persönlichen Waffen mehr und fühlten uns völlig sicher. (…)

Aber die Erkenntnis, dass in der Besatzungszone eine im großen und ganzen entspannte Lage herrschte, entsprach nicht den Intentionen General Serows und seiner Untergebenen, die nach einiger Zeit wieder begannen, Alarm zu schlagen. So wurde im Dezember vermerkt, dass (…) ‚eine gravierende Aktivierung der anglo-amerikanischen Aufklärung vor sich ging’.“

General I.A. Serow war als Stellvertreter des obersten NKWD-Chefs Berija in Moskau Chef des NKWD in Deutschland – in der Sowjetischen Besatzungszone. Ihm lag daran – auch das spricht Michail Semirjaga deutlich aus –

„zu demonstrieren, wie wichtig und notwendig es sei, in der sowjetischen Zone über starke Kräfte des NKWD/ Innenministeriums zu verfügen.“

Und so scheute der NKWD kein Mittel, Belege für seine Unentbehrlichkeit und für die Wirksamkeit seiner Tätigkeit beizubringen.

Eine „erhöhte anglo-amerikanische Aufklärungstätigkeit“ also wollten diese Organe um die Jahreswende 1945/46 festgestellt haben. Um die gleiche Zeit, im April 1947, tauchten auch in der Presse der SBZ Schwindelmeldungen über „englische Freikorps“ auf – so seinerzeit im privaten Tagebuch eines Journalisten festgehalten. Kann man es danach noch als Zufall betrachten, dass die Hausfrau Irene beschuldigt wurde, mit den Engländern zu konspirieren?

Am Vollzug der Todesstrafe, die der Vernehmer ihr bündig vorausgesagt hatte, kam sie – begnadigt – gerade noch vorbei. Aber wie viele zitternd-schlaflose Nächte bis zu der Gewißheit, sie dürfe weiterleben!

Und so verlief die Gerichtsverhandlung:

„Es kamen russische Offiziere. Der oberste von ihnen hatte so viele Orden auf der Brust, dass das Blech richtig klapperte. Und er hatte zwei scharfe Hunde neben sich … Ich sehe mich noch da stehen, wie er sagt: ‚Sie sind … im Freikorps, Sie haben 150 Russen …‘ – Ich dachte, die wollten mich veralbern, ich habe wirklich gedacht, die machen einen Witz! Und da sagte er, weil ich so lächelte und ihn anguckte, da sagt er: ‚Haben Sie das verstanden?‘ Ich sage ‚Nein, das habe ich gehört, aber verstehen kann ich das nicht. Es gibt kein Freikorps.‘ – Und ich wollte noch sagen: ‚Ich habe noch nie mit einem Russen gesprochen.‘ Aber dazu kam ich gar nicht. Der ging hoch! Wie ein Wilder! Und die Hunde, so ganz kurz an der Leine, die hatte ich vor der Brust! Diese gefletschten Zähne und diese Augen … !

Da sagt er noch einmal: ‚Verstehen Sie es?‘ Und ich habe vor Angst gesagt: ‚Ja, ich verstehe.‘ – ‚Und unterschreiben Sie?‘ – ‚Ja, ich unterschreibe.‘ – Die Viecher hätten mich gefressen! Die waren ja auf Menschen dressiert!

Scharfe Schäferhunde, ja. Die hatten alle Schäferhunde damals, und die liefen ja auch immer neben uns her. Ich weiß noch – zu Fuß durch die Stadt wurden wir getrieben, nach Bautzen auf dem Transport. Später, in Bautzen, da haben sie solche Hunde mal hinter einem Gefangenen hergeschickt. Er hatte einen Fluchtversuch gemacht, und sie brachten ihn fast stückweise wieder zurück. So was Grausiges hatte ich noch nie gesehen. Ich konnte erst gar nicht begreifen, was es mit diesem armen Blutfetzen da auf sich hatte, den sie auf einer Pritsche vorbeigeschleppt brachten. Da hat die Angst mich nachträglich noch einmal so richtig gepackt!“

Dazu noch einmal Hanna Schumann, die ebenfalls verurteilt worden war – zu zehn Jahren:

„Zehn Jahre – wie ich das getragen habe? Indem ich sagte, das ist ein erlogenes Urteil. Das trifft auch die anderen unverdient, also trage ich es mit.

Ich bin ein Mensch, der sagt, man muß hinnehmen, was gegeben wird. Und wenn es zu unrecht geschehen ist, dann gibt das mir eine innere Ruhe, und ich sage: Ich kann schwören, ich bin kein Freikorps-Anhänger oder irgend etwas gewesen! Und dann ist bei mir ein Strich. Da hört es auf. Ich kann nicht hassen.“

Zehn Jahre Zwangsarbeit waren seinerzeit die höchste zeitliche Strafe. Auch Todeskandidaten wie Irene Kunze erhielten diese zehn Jahre, wenn sie begnadigt wurden.

Irenes Fall-Kameradin Hanna gehörte zu denen, die schon im Januar 1954 nach Hause gehen durften – anläßlich der ersten großen SMTer-Amnestie, die in Moskau erlassen worden war. Auch dazu gibt es wieder eine wahre, bezeugte Geschichte. Eine Haftkameradin, die alle kannten, Raisa Dittrich, spielt darin eine Rolle:

„Manchmal war es unheimlich mit Raisa, was sie so sagte! Wir machten Rundgang im Hof, da sagt sie: ‚Seht Ihr da oben die Saatkrähen auf der Wetterfahne, oben auf dem Turm? Guckt mal, wo die hinzeigen! Eine sitzt so, eine sitzt nach dem Osten, eine nach dem Westen’. Sagt sie. ‚Nun wartet mal ab. Da tut sich was!’ Und es war nur wenige Tage später, wir waren in der Schneiderei, da holt sie uns ans Fenster und sagt: ‚Da drüben werden Sachen abgeladen. Frauenbekleidung’. Sagt sie. ‚Und nun kommen wir bald nach Hause!’

Und wir kommen von der Schicht in den Saal zurück. Da sagt sie zu mir: ‚Hanna’, sagte sie zu mir, ‚laß die Schuhe gleich an. Die rufen dich heute noch.’ Ich sage: ‚Na schön, ich lasse die Schuhe noch an.’ Habe nachgegeben, um sie nicht zu reizen oder zum Widerspruch rauszufordern. Sie war ja oft ein bißchen exaltiert. Und es dauert nicht lange, da geht die Tür auf: ‚Strafgefangene Schumann, kommen Sie mit!’ Ich wurde nach vorne geholt, in die Verwaltung. Und da sagte der Kommandant: ‚Was würden Sie sagen, wenn Sie in wenigen Tagen entlassen würden?’ – Sage ich: ‚Ich lege keinen Wert drauf. Die letzten zwei Jahre von meinen zehn schaffe ich auch noch.’ Sagt er: ‚Da können wir aber nichts tun, das ist ein Gnadenerlaß aus der Sowjetunion.’ Da sage ich: ‚Na, dann muß ich ja gehen!“

Die – scheinbare – Bereitwilligkeit, freiwillig und ohne Not noch zwei weitere Zuchthausjahre durchzumachen, ist erklärungsbedürftig. Mit solchen Schalmeientönen – „Was würden Sie sagen, wenn …“ – begann in der Regel die Anwerbung zu Spitzeldiensten. Hannas brüske Antwort sollte jedem solchen Angebot die Grundlage nehmen.

Als Hanna Schumann dann aus der Verwaltung zurückkam:

„Totenstille im ganzen Saale. Alle starrten mir schweigend entgegen. Als ich alles erzählt hatte, noch immer kein Laut! Weil die Raisa das vorausgesagt hatte. Sie hat viele Dinge uns gesagt, wo wir immer nicht glauben wollten. Aber dann geschah es doch.

An dem Tag war ich die Einzige, die rausgeholt worden ist- wie Raisa vorhergesagt hatte.“

Wenig später als Hanna Schumann wurde auch Irene Kunze entlassen. So hatte auch sie acht Jahre ihrer „Strafe“ verbüßt – zuerst im Zuchthaus Bautzen, dann im sowjetischen ‚Speziallager’ Sachsenhausen, dem alten nationalsozialistischen KZ. Seit 1945 standen beide Orte ja unter sowjetischem Regime. Als Irene 1950 mit allen anderen SMT-er auf deutschem Boden an die Volkspolizei der DDR übergeben wurde, folgten auch für sie weitere schwere Jahre in Hoheneck, der offiziellen ‚Sonderstrafanstalt’ für SMT-erinnen, in dem das gleiche besonders grausamen Regime im Schwange war, wie es in den politischen Männerzuchthäuser galt. Dort, in Hoheneck, war es auch, wo Irene Kunze nach vier Jahren völliger Ungewißheit endlich erfahren hatte, dass ihre Kinder im Westen in Sicherheit waren.

Deutsche Frauen vor sowjetischen Militärtribunalen

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