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IV

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Nun saß Gaston de Vernon seinem neuen Freund Eberhard Mallentin in einem Abteil erster Klasse des Zuges nach Metz gegenüber. Er hatte gehofft, unterwegs gelegentlich etwas Ausführlicheres über die ererbten Juwelenschätze zu hören, und sann, wo Mallentin wohl die Werte aufheben mochte. Wie würde das an der Grenze werden, ob das Mitführen der Kostbarkeiten nicht Schwierigkeiten ergab?

Er fragte ihn kurz entschlossen, wie es damit stände.

Mallentin lächelte. „Bewahre, den Schmuck habe ich nicht bei mir. Der geht versiegelt und mit dem Gesandtschaftssegen an die französische Gesandtschaft in Berlin, wo ich ihn ausgeliefert erhalte.“

Als man aus dem französischen Sprachgebiet heraus war, meinte Mallentin: „Nun sollten Sie Ihre deutschen Sprachkenntnisse, die Sie gelegentlich erwähnten, lüften, Monsieur de Vernon, Sie können sich ja, solange Sie in Deutschland sind neue dazu erwerben.“

„Ik kann kein viel!“ wehrte der andere in drollig klingendem Deutsch ab.

„Uebung macht den Meister“, lächelte der Gutsbesitzer ermunternd.

Sie befanden sich beide allein im Abteil. Der dämmernde Frühlingsabend lag über der Landschaft des Saargebietes, in der Kohlengruben, Eisen- und Hüttenwerke abwechselten und von dem Reichtum dieses Stückchens Erde, aber auch von dem Fleiß seiner Bewohner sprach.

„Wollen uns jetzt deutsch unterhalten, dann sind Sie, bis wir nach Groß-Rampe kommen, schon ein wenig sicher“, riet Mallentin.

Geston redete auch tapfer drauflos, aber es kostete ihm viel Mühe. Und Mallentin mußte oft lachen, so komisch war das, was sein Begleiter vorbrachte.

In Frankfurt am Main blieben die Herren eine Nacht, und die nächste Nacht in Berlin.

Am folgenden Vormittag entschuldigte sich Mallentin bei Vernon, er müsse auf die französische Gesandtschaft.

Der Jüngere konnte kaum seine Rückkehr abwarten, nun würde er endlich den vielgenannten Schmuck sehen.

Er war verblüfft, als Mallentin mit leeren Händen zurückkehrte, wagte jedoch keine Frage, sein schlechtes Gewissen fürchtete, eine Frage könnte auffallen. Eberhard Mallentin erklärte selbst, der Schmuck sei gut gelandet, er hole ihn in den nächsten Tagen nach Groß-Rampe.

Dort kam man abends auf der Station an, wo ein Auto bereitstand. Ein eleganter Mercedeswagen.

Ein schmales Mädchen mit dicken, blonden Zöpfen stürmte auf Mallentin zu.

Gaston erkannte das Mädchen sofort, aber es schien ihm doch hübscher als auf dem Bildchen, das ihm Mallentin in Paris gezeigt.

Mallentin stellte vor. „Das ist meine kleine Fränze, Herr de Vernon.“

Franziska Mallentin sah schon deshalb hübscher aus als auf dem Bild, weil ihre Farben von köstlicher Reinheit waren. Die Augen vom dunkelsten Blau, Brauen und Wimpern fast schwarz, die Haut so rosig wie bei einem Kinde. Das Haar war von der goldenen Farbe des schnittreifen Korns und die Zähne so weiß und ebenmäßig, daß man wünschte, die schlanke Fränze möge nur lachen, damit man die entzückenden Zähne bewundern konnte.

Gaston nahm die ihm gereichte Hand.

„Seien Sie herzlich willkommen bei uns, Herr de Vernon“, sagte Fränze Mallentin mit einer lieben, weichen Stimme. „Ich bin Ihnen so unendlich dankbar, daß Sie mein Herzensväterchen vor einem bösen Tode retteten. Wie dankbar ich Ihnen bin, das läßt sich gar nicht mit Worten ausdrücken.“

Sie sah ihn dabei groß und ernst an.

Dann schritten sie alle zum Auto, und man fuhr durch den märkischen Frühling. Weiße Birkenstämme leuchteten hell auf, das erste Grün lag glasig klar über Baum und Strauch, und die Luft war stark und frisch, führte den Geruch der Ackerkrume mit. Das Wasser eines Sees glänzte auf und schimmerte in der Sonne wie ein leise bewegtes Silbertuch.

Die Herren unterhielten sich, Franziska saß auf dem Rücksitz, hörte zu, beobachtete heimlich den Lebensretter ihres Vaters.

Ein plumper, viereckiger Steinklotz erwuchs in der Ferne, Häuser und Scheunen teilten sich ab.

Eberhard Mallentin wies in die Richtung. „Das ist Groß-Rampe, Herr de Vernon.“

Gaston nickte. „O, das sein viel groß, wie ein forteresse. Ik weiß nicht, wie man sagt das deutsch.“

„Forteresse heißt auf deutsch Festung“, erklärte Fränze. Das gebrochene Deutsch ihres Logiergastes bereitete ihr sichtlich Vergnügen.

Durch ein breites Tor fuhr das Auto in einen großen Hof, hielt vor einer ganz niedrigen Treppe.

Ein junger, schlanker Mann, dessen Aehnlichkeit mit Fränze unverkennbar war, wartete am Fuß der Treppe, begrüßte Mallentin lebhaft.

„Das ist mein Sohn Heinz, und zugleich mein Inspektor!“ stellte ihn der Gutsherr seinem Gaste vor.

Heinz Mallentin gab sich sehr liebenswürdig, schüttelte kräftig die Hand Gastons, fragte lächelnd: „Muß ich mein Schulfranzösisch zusammensuchen, Herr de Vernon?“

„Non, non, non, ik will mir Mühe tun, Ihr Sprak zu verlernen.“

„Es geht schon sehr gut“, lächelte Mallentin der ältere und klopfte ihm auf die Schulter.

Sie traten ins Haus. Eine geräumige Diele mit bequemen Korbmöbeln zeigte sich, viele Geweihe hingen an den Wänden, eine breite Holztreppe führte in den ersten Stock. Dort, im linken Flügel, war ein Zimmer für den Gast vorbereitet.

Heinz Mallentin führte ihn. Gastons Koffer stand schon in der Stube, die geräumig und sehr heimisch eingerichtet war.

Heinz sagte freundlich: „Wir essen in einer halben Stunde, Herr de Vernon, darf ich Sie dann abholen, da Sie noch nicht im Hause Bescheid wissen?“

Gaston sah ihn ein Weilchen an, schien sich über den Sinn der Worte nicht recht klar zu sein.

Dann neigte er den Kopf.

„Bon, Monsieur Mallentin, ik werden warten ier auf Sie, bis Sie mir kommen nehmen!“

Heinz stürmte in langen Sätzen die Treppe hinunter, lachte seine Schwester, die in einem Korbsessel der Diele saß, an: „Bon, Monsieur Mallentin, ik werden warten ier auf Sie, bis Sie mir kommen nehmen!“

„Hat er so gesagt, Heinz?“ kicherte Fränze wie ein echter Backfisch. „Er spricht zu drollig deutsch. Uebrigens, wie gefällt er dir? Sieht er nicht sehr vornehm und elegant aus?“

Heinz zuckte leicht mit den kräftigen Schultern.

„Na, ja, vornehm sieht er aus“, gab er zu, „aber nach meiner Meinung ist er zu sehr der Typ des geschniegelten Bummlers, er hat so was Blasiertes auch im Blick der Augen.“

Die Schwester unterbrach ihn.

„Du, wir haben gar kein Recht zur abfälligen Kritik. Er hat unserem Vater das Leben gerettet, das dürfen wir nicht eine Sekunde lang vergessen.“

Der Bruder ward ein wenig verlegen, gab zu: „Du hast recht, Fränze, daß er Vater das Leben rettete, hebt ihn für uns hoch über jede Kritik. Im übrigen sieht man ihm an, daß er von guter Herkunft ist und von Lebenssorgen keine Ahnung hat.“

Fränze lachte. „Lebenssorgen kennen wir ja, Gottlob, auch nicht, und nun sind wir noch schwer reich geworden durch Urgroßmutters Schmuck.“

„Vater!“ Fränze sprang auf und stürmte dem Vater, der eben sichtbar wurde, in die Arme, schmiegte sich eng an ihn. „Du, Vater, ich bin unsagbar glücklich, dich wiederzuhaben. Ich bin Herrn de Vernon so dankbar.“

„Liebes Kind, ich bin ebenfalls überaus dankbar. Wir wollen ihm aber auch den Aufenthalt bei uns so angenehm wie möglich machen.“

Ich bleib dir treu

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