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IV

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Auf eine Benachrichtigung Frau von Amelunxens sandte Norbert den Landauer nach der Kreisstadt, und am frühen Nachmittag fuhren die Damen vor der kleinen Freitreppe des Gutes an.

Ilma und Norbert standen beide zur Begrüßung bereit, und Ilma mußte ihre ganze Selbstbeherrschung aufbieten, um beim Anblick Eleonores Rasmussens nicht einen lauten Ausruf höchsten Erstaunens auszustoßen.

Eine blendende Schönheit, eine junge Fürstin entstieg dem Wagen.

Die Kleidung war zwar überaus einfach, aber vielleicht unterstrich gerade diese Einfachheit die körperlichen Reize der Gesellschafterin doppelt. Ein ganz schmuckloses Cheviotkostüm von grauer Farbe, ein kleiner Dreispitz vom gleichen Grau gab ihrem Aussehen etwas so überaus Vornehmes, daß Ilma sich zusammenreißen mußte, um sich nicht tief zu verneigen vor der armen Professorentochter.

Eleonore bemerkte Ilmas Erstaunen, und ein leichtes, hauchartiges Lächeln irrte über ihre wundervollen Züge, gab ihnen einen neuen Reiz. Doch gleich kehrte die kühle Ruhe darauf zurück, die ihnen gewöhnlich eigen war.

Nach dem Kaffee suchte man den Wartturm auf.

Eleonore fand die Schwester des Gutsherrn ebenso sympathisch wie ihn und dachte mit heimlichem Aufatmen, wie gut es für sie sei, jetzt in völlig anderen Verhältnissen zu leben als früher, allem fern, was ihr Schmerz und Sorge bereitete. Bei Frau von Amelunxen war Frieden, und Frieden war bei ihren Freunden.

Oder nicht? War dieser Frieden, der sie hier auf Rauberg so wohltuend berührte, nicht echt, war er nur scheinbar, und lauerten unter seiner Decke Stürme und Qualen? Frau von Amelunxen hatte ihr ja kein Hehl daraus gemacht, welcher finstere Geist im Hause der Raubergs umging und das alte, edle Geschlecht dem Untergang weihte.

Doch nicht! Ein Rauberg hatte sich verlobt; aber die Geschwister hier auf dem Gut wollten dem Moloch Vergangenheit opfern.

Sie beobachtete Ilma.

Das hübsche Mädchengesicht trug Spuren von Leid, und um die klugen Grauaugen lagen Schatten, die wohl geblieben als Zeugen durchwachter und durchweinter Nächte.

Eleonore ließ den Blick in die Runde schweifen.

„Sie wohnen in besonders lieblicher Gegend, Fräulein von Rauberg“, sagte sie, „ich habe den Taunus früher nicht gekannt, das heißt, ich habe die Berge nur gelegentlich einer Reise von weitem gesehen. Es ist so heimelig hier. Ich glaube man kann hier hausen und das Leben da darußen in der Welt verträumen, vergessen.“

Ilma schaute die ihr zur Linken gehende hochgewachsene Dame forschend von der Seite an. Was sich die Natur für Launen gestatte! Schuf ein Meisterwerk, gab ihm einen hochgelehrten, aber armen Mann zum Vater und stieß es dann in den Schatten einer dienenden Existenz.

Eleonore wies auf den Wartturm, der plump und massig vor ihnen aus dem kahlen Bergkegel erwuchs.

„Ich bin begierig, das Tuskulum eines alten Astrologen kennnenzulernen.“

Ilma zuckte mit den Schultern.

„War ein landfahrender Herr, der Astrolog, soll aber ziemlich lange auf Rauberg geweilt haben. Unser Vorfahre, unter dem er hier Obdach fand, soll nichts ohne seinen Rat angefangen haben.“

Eleonore nickte. „Ja, die Astrologen haben einmal starken Einfluß gehabt, Es ist ja historisch festgestellt, daß Wallensteins Hausastrologe, Battista Zenno oder Seni genannt, sich in den letzten Tagen des großen Feldherrn ständig in seiner Nähe aufgehalten hat.“

Jetzt war der Berg, zu dem man auf sanftgewundenen Pfaden emporschritt, erstiegen.

Norbert wandte sich der Gesellschafterin zu.

„Ein bißchen Staub und Spinngewebe werden Sie oben mit in den Kauf nehmen müssen, Fräulein Rasmussen. Die Raubergs haben bisher wenig Interesse für das ehemalige Sterndeuterquartier da oben gezeigt. Nur die Plattform ringsum lockt einen oder den anderen von uns hinauf. Der Blick genießt da oben die Schönheiten der Heimat, der Krimskrams alter Scharteken und Instrumente läßt uns kalt.“

Er öffnete mit einem großen, altfränkisch geformten Schlüssel eine kleine Tür, die über und über mit Eisen beschlagen war, und ging den Damen voran.

Schmale, sehr ausgetretene Steinstufen führten zum Turm hinauf. Feuchte, modrige Luft legte sich einem beklemmend auf die Brust, ein Geraschel wie Wind, der über dürre Blätter fährt, ließ den Gedanken an entweichende Ratten aufsteigen. Zweimal machte die Treppe eine Biegung, zweimal konnte man auf einem meterbreiten Viereck ausruhen, ehe man weiter zur Höhe kletterte.

Endlich war ein Vorraum erreicht. Grob und ungefügig drängte sich der Steinbau hier zusammen, und eine vielhundertjährige Vergangenheit hockte zwischen den Quadern und spie ihren muffigen Atem aus, trübte den frischen Hauch der Gegenwart, den die vier Menschen mit sich brachten aus der Helle des sonnigen Tages, der über dem Taunuslande lag.

Eine Truhe stand in dem Vorraum. Sie war von häßlicher Form, mit grober Schnitzerei verziert, niemand mochte bisher Verlangen nach dem unschönen Möbel empfunden haben.

Eleonore Rasmussen blieb davor stehen.

Norbert erklärte, die Truhe enthalte viele alte stockfleckige Bücher, die anscheinend noch keinen Rauberg gereizt hätten.

„Aber eine Professorentochter reizen sie“, gestand Eleonore lächelnd.

Norbert schlug den schweren Deckel zurück. Die Truhe war über die Hälfte mit alten Folianten und allerlei vergilbten Papieren vollgestopft.

„Wenn Sie die Bücher genauer besichtigen wollen, Fräulein Rasmussen, steht die Truhe zu Ihrer Verfügung“, sagte Norbert, und ohne daß er es wollte, lag etwas von der großen Bewunderung, die er für ihre Schönheit empfand, im Blick seiner Augen, im Ton seiner Stimme.

Elenore nahm eins der obenliegenden Bücher empor.

Es war in Schweinsleder gebunden und verfasert, dikker Staub hing daran. Sie öffnete es, schaute neugierig hinein.

Es war ein handschriftliches Exemplar, und sie legte es zögernd zurück, die wenigen Worte, die sie dabei sprach, verrieten, daß sie sich am liebsten sofort damit beschäftigt hätte.

Frau von Amelunxen konnte ein Lächeln nicht unterdrücken.

„Liebe Eleonore, Herr von Rauberg hat Ihnen eben die ganze Truhe zur Verfügung gestellt, er wird Ihnen sicher gestatten, sich dieses Buch bei ihm auszuleihen.“

„Aber natürlich, nehmen Sie mit heim, was Ihnen beliebt“, antwortete Norbert überschnell, froh, Eleonore Rasmussen eine Gefälligkeit erweisen zu dürfen.

Mit Dank nahm Eleonore an und legte sich das Buch zum späteren Mitnehmen zurecht.

Jetzt öffnete Norbert ein schmales Türchen, ein niedriges, kleines Gemach tat sich auf, und man hätte meinen können, um Jahrhunderte zurückversetzt zu sein in diesem Raume, der einmal den Sterndeuter Herrn Ottomar Ehrhards beherbergt hatte.

Ein unförmiger Tisch nahm fast das halbe Zimmer ein. Darauf standen ein rohgeschnittenes Kruzifix und ein Totenkopf, daneben lagen zwei Folianten und ein altes Doppelfernrohr, das noch zu jenen ersten des Holländers Lippershey gehören mochte. Außerdem befand sich auf dem Tische eine Himmelskugel aus über- und ineinandergehenden Ringen gebildet. Ein wurmzerfressener Stuhl befand sich weiter in dem Raume und an den Wänden auf schmutziggelben Kartons einige seltsame Zeichnungen, die Horoskope vorstellten. Eine niedrige Bettstatt, ein paar uralte Krüge war alles, was der Raum sonst noch enthielt, und doch stand Eleonore Rasmussen, als sähe sie ganz besondere Dinge.

Norbert schob einen Vorhang zurück, der die eine Zimmerecke abschnitt. Eine schmale Treppe ward sichtbar, verblüffte hier im Zimmer. Norbert lächelte über Eleonores erstaunten Blick. Er stieg die sechs Stufen hinauf, stieß eine Luke auf. Der blaue Gotteshimmel schaute in das alte Gemach, darin noch der Geist eines längst gestorbenen Jahrhunderts webte.

Eleonore folgte Norbert hinauf zur Plattform. Frau von Amelunxen und Ilma blieben im Zimmer zurück, da die ältere Dame nicht schwindelfrei war.

Die Ummauerung, die in Meterhöhe die Plattform umgab, zeigte Risse und Sprünge. Eleonore sah bewegt hinaus in die Weite, die sich jetzt ihren bewundernden Augen darbot.

„Die herrliche Welt liegt uns jetzt zu Füßen“, lächelte sie, und indem sie hinaufschaute zum Firmament, sagte sie bewundernd: „Ein besseres Heim für einen Astrologen als den Wartturm von Rauberg vermag ich mir kaum vorzustellen. Ich male mir aus, wie er an sternenreichen Abenden hier oben stand und, zum Himmel blickend, die Konstellation der Sterne zu einem Zusammenhang mit den Menschenschicksalen zwingen wollte.“ Sie wandte sich lebhaft an Norbert. „Wenn jener Astrolog kein Charlatan war, der Törichte ausnützte, sondern ein Mann, der selbst glaubte, was er verkündete, hat er von hier aus die Verbindung mit dem Himmelsgewölbe in geradezu idealer Weise herstellen können.“

Norbert neigte den Kopf.

„Das mag wohl richtig sein, Fräulein Rasmussen.“

Ihm war es, als ruhte ihr Blick auf seiner Rechten, die er gedankenlos auf den Mauerrand gelegt hatte. Mit jäher Bewegung zog er sie zurück, dunkler färbte sich sein gebräuntes Gesicht dabei.

Eleonore deutete die Bewegung richtig.

Ihre eben noch lächelnden Züge wurden sehr ernst.

„Herr von Rauberg, bitte, werfen Sie mich bitte nicht in einen Korb mit albernen Zimperliesen, die vor einer Hand erschrecken, weil Natur die Hand ein wenig stiefmütterlich behandelte! Ich weiß von Frau von Amelunxen, welches Leid Sie drückt! Es ist also nicht nötig, es vor mir zu verstecken.“ Ihre Stimme ward leiser, und doch kam jedes Wort hart und fest aus ihrem Munde.

„Ich meine, ein Mann dürfte so einen kleinen Schicksalsstoß nicht derart auffassen, daß er ein Lebensdrama daraus macht. Es laufen so viele arme Krüppel in der Welt herum, die weder Heim noch Geld besitzen. Der Fehler, den die Natur an Ihrem Körper begangen, ist gar so winzig und müßte von Ihnen überwunden werden können.“

Norbert empfand die Worte wie einen scharfen Schlag. Unwillkürlich richtete er sich straffer auf.

„Nun, Fräulein Rasmussen, wenn Sie auch durch Frau von Amelunxen schon Bescheid wissen, erfuhren Sie doch wohl kaum, daß mich weniger die eigene mißgestaltete Rechte schmerzt als alle die anderen rechten Rauberghände, die seit ungefähr drei Jahrhunderten vor mir da waren und von denen manche, nein viele, viel zu viele der meinen glichen. Meine Schwester Ilma und ich werden deshalb einsam bleiben, weil wir den unseligen Fluch nicht weitergeben wollen an die, die nach uns kommen könnten.“ Seine Augen blickten sie mit einem seltsam dunklen Blick an. „Welche Frau, die lebensfroh und von heller, lebensbejahender Gemütsart wäre, würde einen Rauberg mit den drei Fingern wie mich zum Gefährten wählen! Dreimal würde es sich jede überlegen, um dann wahrscheinlich doch nein zu sagen.“

Eleonore hielt dem Blick des Mannes stand.

„Herr von Rauberg, ich bedauere, welche schlechte Meinung Sie von den Frauen haben, aber ich glaube, daran trägt Ihre Verbitterung die Schuld. Sie haben sich in ein Kleid von Verbitterung gehüllt und haben nicht den Willen, das häßliche Gewand von sich zu werfen.“ Sie lächelte ein wenig. „Von verbitterten Menschen geht ein geheimnisvolles Fluidum aus, ähnlich den tückischen Krankheitskeimen, das steckt alle an, die Ihnen nahekommen oder in Ihrer Nähe leben müssen. Es ist wie ein heimlich schleichendes Gift. Und bitte, Herr von Rauberg, nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich, meine einfache Stellung ganz beiseitesetzend, Ihnen zu sagen wage, Sie tragen die Schuld, wenn Ihre hübsche, liebenswürdige Schwester eine früh gebrochene, müde, alte Jungfer wird. Ein weibliches Wesen wie Ihre Schwester ist zur Gattin und Mutter von der Natur bestimmt. Ihr Äußeres, ihre Frische der Bewegung, die Sehnsucht nach Glück in ihren Augen sprechen allzu deutlich.“

„Kann ich dafür, wenn meine Schwester den Fluch fürchtet gleich mir?“ erwiderte Norbert schnell und erregt.

Eleonore gab sofort Antwort.

„Natürlich! Ihre Gegenwart, Ihr Denken beeinflußt Ihre Schwester. Das beste Beispiel dafür bietet doch Ihr Bruder, der fern von Ihnen es wagt, dem Schicksal seinen Manneswillen entgegenzusetzen.“

Norbert lachte. Ein kurzes, rauhes Lachen.

„Sie können so weise reden, Fräulein Rasmussen, weil Sie allem fernstehen, was den Raubergs schon immer Sorge geschaffen.“ Er blickte sie mit leichtem Hohn an. „Die Braut meines Bruders Konrad weiß nichts von dem Fluch, der über unserem Hause liegt, und sie soll nichts davon erfahren, wünscht mein Bruder; er stiehlt sich also gewissermaßen sein Glück, ist nicht offen zu dem Mädchen, das seine Frau werden soll.“

Eleonore zuckte die Achseln.

„Ich meine, Ihr Bruder hätte ruhig offen und ehrlich sein dürfen. Ein Mädchen, das ihn wirklich liebhat, hätte ihm jede Angst vom Herzen gelacht. Liebe ist doch das Stärkste auf Erden, ist doch tausendmal stärker als ein alter Fluch.“

Über Norberts Gesicht zuckte es.

„Wieder möchte ich Ihnen entgegnen, Sie können weise reden, Fräulein Rasmussen, weil Sie allem fernestehen, was den Raubergs schon immer Sorge geschaffen, aber ich tue es nicht, den Einwand vermögen Sie wohl mit irgendeinem anderen abzuwehren. Nein, ich will Sie statt dessen fragen: Würden Sie selbst den Mut aufbringen, eines Raubergs Weib zu werden, vielleicht gar das eines Mannes, der Ihnen eine Hand wie die meine zu reichen wagte?“

Von einer überströmenden, zornigen und zugleich heißen Empfindung, die er nicht völlig zu deuten wußte, dazu bewogen, hielt er der schönen Gesellschafterin seine Hand entgegen.

Eleonore durchzuckte es gleich einem elektrischen Schlag. Was war das, was ihr aus den leuchtenden, bittenden und zugleich forschenden Augen entgegensprang wie ein zündender Funke? Was war das nur, was die Männerstimme durchglutete und in ihr ein Echo wecken wollte? Was war das nur, was einen heimlichen Sehnsuchtsschauer nach Glück in ihr löste und sich wohlig und doch beengt um ihre Glieder spann?

Sie atmete unhörbar tief auf. Ihre Blicke gaben das Antlitz des Mannes frei, schweiften hinaus über Berge und Täler, glitten über still ruhende Dörfer und saugten sich fest an dem lichten Streifen, der weit draußen, fast wo sich Himmel und Erde im Kusse trafen, aufschimmerte. Es war der Main, der im Sonnenglanz leuchtete wie Silber, darauf reicher Kerzenschein fiel.

Sie vermochte den Mann an ihrer Seite nicht anzusehen, sie fühlte sich so unfrei, sie, die selbstbewußte, selbständige Eleonore Rasmussen.

Sollte sie ausweichend antworten? Sollte sie dem Mann dadurch beweisen, daß es wirklich nur Wortweisheit gewesen, die sie gesprochen, daß ihr Denken und Fühlen davon völlig verschieden war? Nein, so niedrig durfte er sie nicht einschätzen, dazu war sie sich zu schade. Sie riß den Blick von der Landschaft los, sah Norbert ernst an.

„Wenn ich einen Rauberg liebhätte, würde ich jauchzend über seine Furcht hinweglachen und mich den Teufel um Vergangenes kümmern. Die Gegenwart würde mein Glück ausfüllen und mit meinem festen Willen zum Glück jagte ich alle Zukunftssorge zu der Vergangenheit. Mit dem Manne, dem meine Liebe, meine Achtung gehören, risse ich den alten Fluch in Fetzen.“ Sie sprach immer freier und rascher. „Und wie altes, faulendes Herbstlaub würde ich den zerrissenen Fluch in die Erdscholle mit einpflügen. In Segen und Frucht gewandelt, müßte er mir daraus wieder keimen und wachsen.“

Norbert schwankte fast, so stark und erschütternd klang es ihm ins Ohr. Sturm umjauchzte ihn, Siegeslächeln strahlte die mächtige Sonne, die blutrot, in unirdischer, blendender Majestät hinter den westlichen Bergen versinken wollte.

Mit einem Laut, der wie ein unterdrückter Schrei war, packte er mit der Rechten die eine Hand Eleonores.

„Ich danke Ihnen, Sie haben aus einem Armen einen Krösus gemacht.“ Er neigte sich, küßte die schmalen, vornehmen Finger, die mit leisem Beben in den seinen ruhten. „Heute zum ersten Male stört mich die Hand nicht, die mir sonst ein tägliches Ärgernis war. Mein Wünschen und Wollen möchte den Himmel stürmen.“

Eleonore verstand. Ein sanftes Rot spülte unter ihrer Wangenhaut hin, purpurner brannten die Lippen in dem edelgeschnittenen, südländisch dunklen Gesicht. Ein heimlich heiliger Ruf schien aus fernen Welten zu ihr zu dringen und in ihrem Herzen festzuhängen, mit leisem Nachhall wiederzuklingen: Wach auf, diesmal winkt dir ein echtes Glück!

Fast heftig entzog sie dem Manne die Hand.

„Herr von Rauberg, wenn es Ihnen recht ist, gehen wir jetzt wieder hinunter.“

Mit stummer Verneigung bejahte der Gutsherr.

Ilma fragte Eleonore Rasmussen, ob ihr die Aussicht gefallen. Und dann verließ man den Turm. Das Buch des Astrologen aber nahm Eleonore mit.

„Ich will es gründlich durchackern“, erklärte sie, „denn es ist im sogenannten Mönchslatein geschrieben. Das reinste Kauderwelsch ist das im Verhältnis zum Caesar. Aber mein Vater verstand viel davon, und manche alte Handschrift, manches seltsame Wort haben wir gemeinsam enträtselt. Ich freue mich auf die anregende Arbeit.“

Als Eleonore in den Wagen stieg, traf sie ein tiefer Blick Norberts, der sie nicht mehr losließ während der ganzen Fahrt. Wie ein schöner, verflogener Falter umgaukelte er sie und flatterte ihr nach in ihren Träumen.

Der Liebe Zaubermacht

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