Читать книгу Konsequent überzeugen! - Antje Barmeyer - Страница 14

Achtung: Eisberg voraus!

Оглавление

Nach dem Begründer der Psychoanalyse, dem österreichischen Arzt Sigmund Freud (1856 – 1939), ist das Eisbergmodell ein wesentlicher Bestandteil der Kommunikation. Demnach handelt der Mensch zu 1/7 auf der Grundlage rationaler Entscheidungen – also nach dem Verstand – und zu 6/7 auf der Grundlage der Emotionen – also nach dem Gefühl. Dies trifft übrigens auf Frauen und Männer in gleicher Weise zu.


Unsere Gefühle – also der Bereich unter der Wasseroberfläche – werden geprägt von unseren Wünschen und Bedürfnissen entsprechend unserer bisherigen Lebenssituation. Außerdem finden wir dort unsere Grundantriebskräfte, also alles das, was uns zum Handeln motiviert. Und dort sind unsere Triebe und Instinkte verankert, die uns vor allem unterbewusst steuern.

Vor allem ist in unserer Gefühlswelt unter der Wasseroberfläche unser Gedächtnis, das alle bisherigen Lebenserfahrungen abgespeichert hat, dies von unserer ersten Lebenssekunde an getan hat und täglich aufs Neue tut. Daraus können wir die Erkenntnis ableiten, dass unsere täglichen Erfahrungen unsere Handlungsmuster steuern und beeinflussen. Diese Handlungsmuster versetzen Sie in die Lage, ohne lange nachzudenken, das Richtige zu tun. Ein einfaches Handlungsmuster führt dazu, dass Sie vor einer roten Fußgängerampel stehen bleiben – oder die Straße bei Rot nur mit schlechtem Gewissen überqueren.

Dies ist nun Fluch und Segen gleichermaßen. Es ist Fluch, weil uns unser Unterbewusstsein zu Reaktionen verleitet, die spontan geschehen und die wir nur wenig beeinflussen können. Andererseits ist es aber auch ein Segen, weil wir in der Lage sind, gezielt neue Handlungsmuster einzuüben – und diese dann als neue Erfahrungen abzuspeichern. Das Ganze nennt man dann lernen und üben.

Im negativen Fall führt ein Handlungsmuster dazu, dass Sie in schwierigen Situationen auf eine bestimmte Art und Weise reagieren, obwohl eine andere Handlung vielleicht die viel bessere Reaktion gewesen wäre.

Dazu noch einmal das Beispiel des Grüßens. Diesmal geht es allerdings um Sie: Sie haben an Ihrem Arbeitsplatz 1000 Dinge im Kopf und 100 Dinge gleichzeitig zu erledigen. Es geht also richtig „rund“. In dieser Situation bittet Sie Ihre Vorgesetzte, ihr ein Informationsblatt 20 Mal zu kopieren, weil sie das gleich zu einem Termin mitnehmen will. Sie ‚flitzen‘ zum Kopierer, der natürlich genau in diesem Moment versagt. Das musste ja so kommen, denken Sie. Also suchen Sie in Ihrer Firma schnell nach einem anderen Kopierer in einer anderen Abteilung. Schließlich wollen Sie Ihre Vorgesetzte nicht warten lassen.

Einige Zeit später sagt ein Kollege zu Ihnen: „Sie grüßen wohl auch nicht mehr jeden?“ Es stellt sich heraus, dass Ihnen dieser Kollege auf dem Weg zum Ersatzkopierer begegnet ist, Sie ihn aber überhaupt nicht wahrgenommen und deshalb auch nicht gegrüßt haben.

Ihr erstes Handlungsmuster bei diesem Vorwurf ist sicher, dass Sie Ihr Verhalten erklären und sich verteidigen, dass Sie eben sehr viel zu tun hatten. Hinterher fragen Sie sich, ob es wirklich notwendig war, Ihr Verhalten vor dem Kollegen zu rechtfertigen. Vielleicht ärgern Sie sich sogar über sich selbst, weil Sie nicht einfach nur „Tut mir leid“ gesagt haben und zur Tagesordnung übergegangen sind. Denn schließlich hätte der Kollege auch merken können, dass Sie sehr in Gedanken und in Eile waren und das „Nicht-Grüßen“ keine böse Absicht war, zumal Sie im Kollegenkreis als sehr höflich und freundlich gelten.

Sie fühlten sich jedoch in der Situation überrumpelt, als Ihr Kollege Sie so verbal angegriffen hat. Deshalb konnten Sie Ihr Handlungsmuster nicht überdenken und haben mit einer Rechtfertigung reagiert, obwohl dies gar nicht nötig gewesen wäre.

Das Negative an einer Rechtfertigung ist ihre Wirkung bei den Gesprächspartnern. Etwas flapsig kann man sagen: Wer sich rechtfertigt, hat es nötig. Eine Rechtfertigung beinhaltet immer eine Erklärung des eigenen Verhaltens in bestimmten Situationen. Die Frage ist jedoch, ob Sie sich wirklich so erklären wollen und müssen. Bei genauerer Betrachtung stellen wir fest, dass in der Rechtfertigung oft die Aufforderung zur Diskussion liegt.

Auf das Beispiel des Grüßens bezogen bedeutet es Folgendes: Die Rechtfertigung, mit der Sie Ihr Verhalten erklären, könnte so lauten: „Oh, ich war in Eile, ich musste für Frau Meier schnell 20 Kopien machen und der Kopierer in unserer Abteilung war mal wieder kaputt. Immer wenn man den braucht, funktioniert er nicht. Deshalb habe ich Sie wohl nicht gesehen und habe Sie nicht gegrüßt. Das tut mir leid.“ Wenn Ihr Kollege Sie nun provozieren möchte oder Lust auf ein Streitgespräch hat, könnte der antworten: „War ja klar, dass Sie den Kopierer nicht bedienen können. Dabei sind die Dinger doch so einfach zu handhaben. Ich weiß gar nicht, was Sie immer haben.“ Oder: „Ja, Sie sind ja immer so in Eile, offensichtlich haben Sie so viel zu tun, dass Sie Ihre Arbeit nicht schaffen. Oder sind Sie so unflexibel?“ Sie sehen, in der Rechtfertigung bieten Sie viele Möglichkeiten zum Angriff und zur Provokation, falls Ihr Gegenüber darauf aus ist.

Mit einem einfachen: „Tut mir leid“ hätten Sie keine weitere Plattform für eine Diskussion gegeben.

Kommen wir zurück zu dem Eisbergmodell und den Handlungsmustern. Im Positiven haben wir nämlich die Chance, durch neue Erfahrungen unsere Handlungsmuster aktiv zu verändern. Nehmen wir ein weiteres Mal die Situation des Grüßens und der Rechtfertigung wie oben geschildert. Stellen Sie sich vor, Sie haben sich tatsächlich gerechtfertigt und ärgern sich nun über sich selbst, dass Sie dem Kollegen lang und breit erklärt haben, warum Sie ihn nicht gegrüßt haben. Der Kollege reagiert, indem er Sie provoziert. Wenn Sie nun immer wieder über Ihre Reaktion nachdenken und sich ärgern, dass Sie sich gerechtfertigt haben, verstärken Sie in Gedanken die reale Erfahrung. Ihr Unterbewusstsein speichert diese Erfahrung nun jedes Mal aufs Neue ab. Dies führt im schlimmsten Fall dazu, dass Sie sich ärgern, wenn Sie den Kollegen das nächste Mal nur schon von Weitem sehen.

Es geht auch anders: Stellen Sie sich wie bei einem inneren Film die real erlebte Situation mit dem Kollegen vor und sehen Sie sich diesmal zu, wie Sie sagen: „Tut mir leid“. Spielen Sie sich diesen „Film“ mehrmals im Kopf ab. Das Positive an unseren Erfahrungen und Handlungsmustern ist die Möglichkeit, in Gedanken neue Erfahrungen zu machen und dadurch unsere Handlungsmuster aktiv in bessere Reaktionen umzuwandeln. Das können wir als „Kopf-Kino“ bezeichnen.

Konsequent überzeugen!

Подняться наверх