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Welche Selbstmordsituation ich vor Augen habe

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Mögen auch die Anlässe, die zu einem Selbstmord führen, äußerst verschieden sein, der Hintergrund scheint mir in der Regel der gleiche zu sein: Ein Mensch sieht sich nicht mehr in der Lage, dieses Leben unter den gegebenen Bedingungen weiter zu führen. Die meisten befinden sich in einer verzweifelten Situation, der sie nicht mehr standhalten können.

Es gibt aber auch Fälle, wo – besonders junge Menschen -, relativ leichtfertig ihrem Leben ein Ende setzen. Ich möchte einen Fall nennen, wo eine junge Frau den Entschluss fasst, ihrem Leben ein Ende zu setzen und davon ihrer Freundin berichtet. Deren Reaktion war: „Sage mir, wenn du es machst, ich mache mit.“ Das ist wohl für einen erwachsenen Menschen kaum noch nachzuvollziehen, jedenfalls für mich nicht. Es lässt sich wohl nur mit der besonderen Situation eines in der Pubertät befindlichen jungen Menschen erklären, in dem ihm alle bisherigen Maßstäbe durcheinander geraten, er von Weltschmerzstimmungen erfasst wird und man weiß ja, welche Kettenreaktion oft ein Selbstmord nach sich zieht. So etwas ereignete sich in Großbritannien, wo sich eine Reihe von Jugendlichen in Nachbarorten das Leben genommen haben. Dazu kann es wohl aber nicht ohne eine latente Bereitschaft, die den Betroffenen wahrscheinlich gar nicht bewusst war, kommen. Von solchen Fällen möchte ich nicht sprechen. Meine Gedanken richten sich auch nicht auf solche Selbstmörder, deren Selbstmord als Ursache eine Situation hat, die katastrophal in ihr Leben einbricht, worauf sie nicht vorbereitet waren. Ich denke dabei an einen Fall, wo ein Bahnwärter versehentlich eine Weiche falsch gestellt hat, wodurch ein Güterzug entgleiste und eine Flammenhölle verursachte, die mehreren Menschen das Leben kostete. Dass man glaubt, mit dieser Schuld nicht leben zu können, gerade wenn man ein gewissenhafter und pflichtbewusster Mensch war, kann wohl jeder nachvollziehen.

Meine Schrift richtet sich an Menschen, deren Hintergrund zu einem möglichen Selbstmord etwa wie folgt ausschaut: Dass irgend wann im Leben, ganz gleich ob mit oder ohne äußeren Anlass, einem plötzlich alles sinnlos erscheint; dass nichts mehr Bedeutung hat, dass alles, was einem bisher etwas bedeutet hat, plötzlich unerklärlich leer, schal und ohne jede Leuchtkraft ist. Alles ist nur noch grau. Es erscheint alles sinnlos, weil alles sinnlos ist. Es sind nämlich die aufrichtigen Momente im Leben, wo man die Dinge ohne seine Schutzbrille sieht. Deshalb ist die Bestürzung ja so groß, weil man die Dinge sieht, wie sie wirklich sind: Eben leer, sinnlos, kraftlos. Wir haben sie bisher mit Leben, Sinn und Kraft erfüllt und es ist uns plötzlich passiert, dass das nicht mehr funktioniert. Und deshalb befinden wir uns in einem tiefen schwarzen Loch und sind einer nackten Verzweiflung ausgeliefert, deren Ursache uns völlig unerklärlich ist.

Wer dem zustimmen kann, wer das kennt, dem glaube ich etwas sagen zu können.

Selbstmord muss nicht sein -

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